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RED EARTH EXPEDITION - Stage 2

Ich durchlebe Sekunden eines unwirklichen Alptraums

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    Tag: 25 Etappe Zwei

    Sonnenaufgang:
    06:31

    Sonnenuntergang:
    17:31

    Luftlinie:
    25

    Tageskilometer:
    26

    Temperatur - Tag (Maximum):
    30 Grad

Packsattel-Camp — 10.07.2001

Ich habe wunderbar geschlafen und neue Kräfte getankt. Das Laden der Kamele bereitet uns heute keine Probleme. Um 8 Uhr 40 befinden wir uns wieder auf dem Track. Wir folgen den Kamelspuren die ohne Unterbrechung in die rote Erde des Weges gedruckt sind. Sie sehen frisch aus und wir rechnen damit den Wüstentieren hinter jeder Biegung oder kleinen Erhebung zu begegnen. Obwohl ich neugierig bin wieder einer wilden Kamelherde gegenüber zu stehen sind meine Gefühle gemischt. Bereits Wie in früheren Tagebucheinträgen habe ich über die Gefährlichkeit wilder Kamelbullen in der Brunft berichtet und da die Kamele sich genau in diesen Monaten in ihrer sexuellen Zeit befinden, sind meine Gefühle berechtigt. Trotzdem lassen wir uns nicht aus der Ruhe bringen. Für den Fall das wir wirklich von einem Kamelbullen angegriffen werden besitzen wir zu unserer Verteidigung ein Gewehr. Ich muss es nur rechtzeitig aus dem Halfter bekommen.

Unabhängig meiner Gedanken sind wir guten Mutes. Das Wetter ist traumhaft und die Temperaturen ideal um wieder eine gute Strecke zurücklegen zu können. „Denis, ich glaube Rufus braucht dringend etwas zu trinken.“ „Kamele udu!“ ,rufe ich um die Karawane zu stoppen. Tanja nimmt die Plastikflasche mit Trinkwasser, welches für Rufus gedacht ist, aus einer kleinen Tasche die am vorderen Teil von Sebastian Sattel befestigt ist. Dann holt sie aus der rechten Satteltasche die Trinkschüssel von Rufus und füllt das Wasser hinein. Während ich meinen Oberkörper abbeuge, um mich zu dehnen, geht Tanja zu Hardie und streckt Rufus die Schüssel nach oben. Rufus säuft als wäre er am verdursten. Jafar, der an Hardie gebunden ist, möchte auch aus der Schüssel trinken und drängelt nach vorne. „Lass das Jafar. Du bist ein Kamel und brauchst nicht soviel Wasser,“ schimpft ihn Tanja, doch Jafar nimmt ihre Worte nicht ernst und drängelt weiter. Gierig streckt er seinen langen Hals nach vorne und drückt mit seinem riesigen Kopf den armen Rufus glatt auf die Seite. Ich bin zu müde, um mir das tägliche Gerangel um das Wasser anzusehen. Gedanken versunken stehe ich neben Sebastian und streichle seine Schnauze. Er brummt wie immer unzufrieden. „Ahhh!“ reißt mich Tanjas Schrei aus meinen Gedanken und lässt mich vor Schreck und unermesslicher Angst einen sekundenlangen Alptraum durchleben. „Um Gottes Willen was ist los?“ ,rufe ich und sehe wie sie am Straßenrand liegt. Hardie hat sie getreten wirbelt es durch mein Gehirn und würde am liebsten zu ihr rasen, um ihr zu helfen, doch kann ich auf keinen Fall Sebastians Führungs- und Nasenleine einfach loslassen.

„Alles in Ordnung! Ich bin okay!“ ,beruhigt mich Sekunden später ihre Antwort. „Geht es dir wirklich gut?“ ,frage ich immer noch neben Sebastian stehend. „Ja, kein Problem. Jafar wollte wieder aus der Schüssel von Rufus saufen und hat dabei Hardie nach vorne gedrückt,“ sagt sie während sie aufsteht und sich den roten Staub von den Hosen klopft. „Und weiter? Was ist dann geschehen?“ ,möchte ich wissen. „Hardie ist mir dann auf den Fuß gestiegen und hat mich gleichzeitig mit seiner Brust nach vorne gedrückt. Ich habe daraufhin das Gleichgewicht verloren und bin gefallen,“ antwortet Tanja mit einem Lächeln auf den Lippen. „Gut das dir nichts geschehen ist. Ich dachte schon er hat dich getreten. Mein Gott du hast mir wirklich einen gewaltigen Schrecken eingejagt,“ sage ich und umarme sie.

Um 14 Uhr 15 erreichen wir unseren Campplatz im knie hohen Spinifexgras. Wir entladen die Karawane und als ich Goolas entleerte Satteltasche nach oben schlage, entdecke ich dass sich der Sackleinen des Sattels auf die Größe einer Handfläche aufgerieben hat. „Das sieht nach Arbeit aus,“ sage ich und zeige Tanja die Stelle an der die Strohfüllung offen liegt. „Und ich dachte ich kann mich ein wenig ausruhen,“ stöhnt Tanja die Hoppel von Goola schließend. Als wir dann Jafars Sattel entladen stelle ich fest, dass ein tragendes Holzstück nach hinten verschoben ist. Mit einem Ruck biege ich es gerade als es unangenehm kracht und genau an der Stelle bricht an der es nie brechen darf. „Ich glaube es nicht. Das sieht nach einer großen Reparatur aus,“ fluche ich und weiß in diesem Augenblick das nicht nur der Nachmittag gelaufen ist. Nachdem wir alle Kamele entladen und zum fressen in den Busch entlassen haben beginnt Tanja sofort mit ihrer Näharbeit. Mit dem Pickel beseitige ich das lästige Spinifexgras, um für unser Zelt und unsere Campküche eine Fläche zu bekommen. Nach 26 Laufkilometern ist es eine ewige Schufterei. „Denis kannst du mal nach den Kamelen sehen ob sie sich vom Camp zu weit weg entfernen?“ ,fragt Tanja die auf der Erde sitzt und mit einer übergroßen Nadel das Sackleinen repariert. Ich werfe einen Blick in das Buschland und stelle zufrieden fest, dass sich unsere Jungs an einem Busch, der ihnen anscheinend recht gut schmeckt, festgefressen haben. „Kein Sorge, sie sind nur ca. 200 Meter von uns entfernt und knabbern an einem Busch,“ antworte ich Tanja die aus ihrer Position die Tiere nicht sehen kann.

Es ist schon stockfinster als ich immer noch da sitze und den gebrochenen Ast am Sattel austausche. Da es hier keine geeigneten Bäume gibt, um einen ähnlichen Ast für den Sattel zu fertigen nehme ich einen der Abstandhalteräste die dafür sorgen, dass das Gepäck nicht direkt auf dem Sackleinen des Sattels aufliegt. Auf dem weiteren Weg werden wir bestimmt auch Bäume vorfinden aus denen ich mir Ersatzäste zusägen kann. Um 20 Uhr bin ich mit meiner Arbeit fertig. Es sieht zwar nicht besonders gut aus aber es wird halten. Mit Rückenschmerzen krieche ich dann zu Tanja ins Zelt und hoffe nicht jeden Tag solche Reparaturarbeiten durchführen zu müssen. Bevor ich einschlafe lausche ich in die klare Sternennacht. Hoffentlich kommen uns keine wilden Kamele im Camp besuchen. Alles was ich jetzt benötige ist Ruhe und die Erholung aus einem tiefen Schlaf. Mein Körper wimmert an den verschiedensten Stellen. Zwei Blasen machen sich nach der kurzen Strecke bereits bemerkbar. Ich werde sie morgen früh behandeln verspreche ich mir selbst. Zentimeter für Zentimeter wandere ich gedanklich meinem Körper entlang und nehme jeden Beschwerdepunkt zur Kenntnis. Am meisten jammert die Sehne am Fußspann. Durch die letzten 2300 Kilometer hat sich in der Mitte dieser Sehne ein schmerzhafter Knoten gebildet der einfach nicht mehr gehen möchte. Während Tanja auf der ersten Etappe unter unzähligen Blasen litt waren es bei mir meist die Sehne im Fußspann. Ich hoffe wirklich nicht größere Schwierigkeiten mit dieser Überreizung zu bekommen. Noch lange überdenke ich die kleinen Wehwehchen bis ich in einen unruhigen Schlaf falle.

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