Warten auf Bilgee und die Pferde
N 49°38'671'' E 100°11'496''Tag: 69
Sonnenaufgang:
07:18
Sonnenuntergang:
18:59
Gesamtkilometer:
777
Bodenbeschaffenheit:
Staub/Schotter
Temperatur – Tag (Maximum):
20°C
Temperatur – Tag (Minimum):
18°C
Temperatur – Nacht:
minus 5°
Breitengrad:
49°38’671“
Längengrad:
100°11’496“
Maximale Höhe:
1220 m über dem Meer
„Was ist das?“, fährt Tanja hoch. „Keine Ahnung“, flüstere ich. „Da klaut jemand unsere Pferde“, erschreckt sie mich. Bilgee und ich schießen aus der Jurte. Nichts zu sehen. Tenger schabt aufgeregt im Staub. Er hat offensichtlich. Hunger. Ich gehe wieder in die Jurte während Bilgee Holz für uns und Saraa hackt. Beim des Frühstücken schlägt Bilgee vor mit den Pferden aus Mörön raus zu reiten um sie in der Steppe grasen zu lassen. „Hier werden sie verhungern“, meint er. Da wir kein Heu mehr bekommen haben ist das ein fantastischer Vorschlag. „Ist es nicht zu schwer als einzelner Mann mit sechs Pferde aus der Stadt zu reiten?“, fragt Tanja. „Ha, ha, ha“, lacht Bilgee freundlich. „Also nicht schwierig“, verstehe ich sein Lachen.
Nach dem Frühstücken bringen wir unsere Reittiere zur Wasserausgabestelle, um sie kräftig zu tränken. Bilgee bindet sie dann zusammen, sattelt Tenger, schwingt sich auf seinen Rücken und reitet, die anderen Fünf führend, aus der Stadt. Die Pferde fallen sofort in einen schnellen Trab. Ihre Hufe wirbeln den Staub auf. Menschen bleiben stehen und sehen ihnen nach. „Sieht irre kraftvoll aus“, sage ich ihm hinterherblickend. „Jetzt sind eure Pferde weg“, meint ein Mongole feixend. „Die sind nicht weg. Das dort ist unser Freund“, antwortet Tanja Bilgee voll vertrauend. Weil ein Blockhaus mit etwa 400 qm Grund ca. sieben Millionen Tugrik (4.000 €) kostet und unsere Pferde alleine einen Wert von knapp drei Millionen Tugrik (1.714 €) besitzen, stellen sie in der Mongolei ein kleines Vermögen dar. Kein Wunder das Diebe gerne in ihren Besitz kommen möchten.
Nachdem Bilgee mit unserem Besitz hinter den Bretterzäunen und Holzhütten verschwunden ist bringen wir in unserer Jurte Ordnung. Dann repariere ich wieder meine Energiebox. Gestern berührten sich zwei 12 Voltstecker und haben eine Sicherung geschossen. Da ich die Box mittlerweile mehrfach zerlegt und wieder zusammengesetzt habe ist der Schaden schnell behoben und wir besitzen in unserer Jurte wieder die wichtige Energie für die zwei Laptops, Taschenlampen, Kameras usw. Gott sei Dank ist das Wetter noch immer sehr schön. Die intensiven Sonnenstrahlen prallen auf unsere Solarpanel die auf dem Jurtendach liegen und spenden genügend Strom. Tanja geht in die Stadt, um das Internet zu checken. Nach vielen Wochen haben wir hier die Gelegenheit unsere Mails abzurufen.
Es ist bereits dunkel und Bilgee ist noch nicht zurück. Hoffen ihm ist nichts geschehen. Saraa hat Angst er könnte überfallen worden sein und man hat ihm die Pferde gestohlen. Wegen unseren schlechten Erfahrungen blitzt mir auch der Gedanke durchs Gehirn ob er sich wohl mit den Pferden aus dem Staub gemacht hat? Das ist natürlich ein absurder Gedanke aber wir haben hier auch viel Absurdes erlebt. Plötzlich klingelt mein Handy. „Hallo Denis. Hier spricht Taagi“, höre ich die Stimme unseres ehemaligen Übersetzers. „Hallo Taagi! Wirklich schön von dir zu hören. Wie geht es dir?“, frage ich. „Sehr gut und euch? Ich habe im facebook alles verfolgt. Tolle Bilder. Gratulation zu eurer Ankunft in Mörön. Ich hätte vielleicht doch mitgehen sollen. Wie hat sich Ulzii gemacht? Ist sein Englisch besser geworden?“ Ich erzähle ihm von unserer Reise, von Ulzii, seiner Aufgabe kurz vor seiner Heimatstadt und von Bilgee, dem wir zu verdanken haben, unser Etappenziel erreicht zu haben. Mittlerweile ist es 21:00 Uhr und Bilgee ist noch immer nicht da. Ich frage Taagi nach Bilgees zweiter Handynummer. „Ich muss in meinem Adressbuch nachsehen. Wenn ich sie finde sende ich dir eine SMS. Denis, ihr müsst um die Region von Mörön sehr auf eure Pferde aufpassen. Es gibt viele arme Menschen die nicht ausreichend zu Essen haben. Eure Pferde können leicht in irgendeinem Kochtopf landen. Das meine ich ernst“, warnt er uns. „Alles klar. Wir passen auf“, sage ich. Bevor wir das Gespräch beenden versprechen wir uns in Kontakt zu bleiben.
Um 21:10 Uhr hören wir Wiehern am Tor. Sofort springen wir aus der Jurte. „Ist das schön dich zu sehen, Bilgee!“ rufe ich. Wir öffnen das Tor und lassen ihn mit den Pferden hereinreiten. In der Schwärze der Nacht ein ebenfalls beeindruckender Moment. Kaum ist Bilgee mit den Pferden im Hof, verriegle ich das Tor und sperre es mit unserer Kettenkonstruktion ab. Dann helfen wir unserem Begleiter die Pferde einzeln an den Holzzaun zu binden. Bevor Bilgee die Jurte betritt wäscht er sich Gesicht und Hände. Als er in die geheizte Behausung kommt freut er sich über die Wärme. „Die Pferde haben gut gefressen und konnten auch Wasser saufen“, sagt er zufrieden. „Sie sehen wirklich prächtig aus. Ihre Bäuche sind voll wie Tonnen. Baierlaa (danke)“, bedankt sie sich Tanja für die seine gute Arbeit. „Zugeer, zugeer“, (gerne geschehen, gerne geschehen) antwortet er wie immer bescheiden. Tanja hat von unserem Schafsfleisch eine leckere Suppe mit Kartoffeln, Zwiebeln und Karotten zubereitet. Dazu trinken wir ein paar Gläser Bier. „Oh ist das lecker“, sage ich mich in unserer mongolischen Behausung sau wohl fühlend. „Ene ich sajchan amttaj bajlaa“, („Das war sehr gut“) lobt Bilgee sich zufrieden, über seinen vollen Bauch streichend, Tanjas Kochkünste.
Nach dem essen unterhalten wir uns mit der Hilfe eines Sprachführers und Gestik mit Bilgee. So wie es aussieht scheint er sich ebenfalls sehr wohl zu fühlen. Trotz Sprachbarriere lachen wir viel und kommen erst um 24:30 Uhr in unsere Schlafsäcke.
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