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E-Bike-Expedition Teil 3 China - Online-Tagebuch 2015-2016

Vom rasenden Fortschritt Chinas übersehen

N 37°57’57.8’’ E 109°17’04.9’’
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    Datum:
    16.11.2015 bis 17.11.2015

    Tag: 141-142

    Land:
    China

    Provinz:
    Shaanxi

    Ort:
    Hengshan

    Breitengrad N:
    37°57’57.8’’

    Längengrad E:
    109°17’04.9’’

    Tageskilometer:
    82 km

    Gesamtkilometer:
    10.758 km

    Luftlinie:
    51.43 km

    Durchschnitts Geschwindigkeit:
    23.6 km

    Maximale Geschwindigkeit:
    44.3 km

    Fahrzeit:
    3:28 Std.

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Maximale Höhe:
    1.120 m

    Gesamthöhenmeter:
    8.381 m

    Höhenmeter für den Tag:
    120 m

    Sonnenaufgang:
    07:22 Uhr bis 07:23 Uhr

    Sonnenuntergang:
    17:31 Uhr bis 17:31 Uhr

    Temperatur Tag max:
    12 °C

    Temperatur Tag min:
    1 °C

    Aufbruch:
    10:30 Uhr

    Ankunftszeit:
    15:30 Uhr

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Obwohl der Wetterbericht für heute Sonnenschein vorhergesagt hat liegt wie jeden Tag dichter Nebel über Yulin. Während Tanja mit Ajaci die Morgenrunde dreht, beginne ich unsere Bikes zu packen. Wegen dem Klingeln meines Smartphones unterbreche ich meine Arbeit. „Ja Tanja? Hoffe bei Dir ist alles okay?“, frage ich etwas beunruhigt weil sie erst vor kurzem gegangen ist. „Alle klar bei uns. Ich wollte dir nur sage, dass du dir beim Packen Zeit lassen kannst. Der Nebel ist hier draußen auf der Straße viel stärker als wir dachten. Man sieht die Hand vor den Augen kaum. Alle Autos fahren mit Warnblinkanlage und hier hat es auch schon einen Unfall gegeben.“ „Okay, ich mache langsam. Danke für die Info.“

Um 10:30 Uhr wagen wir uns auf die Straße. Der Nebel hat sich ein wenig gelichtet. Die Signalleuchten an unseren Rädern warnen die Autofahrer. Im Zickzack navigiere ich uns durch die 3.4 Millionenmetropole. Zum Glück besitze ich das neue GPS. Damit fällt mir die Navigation entschieden leichter als vorher. Dann spuckt uns Yulin aus. Wir folgen einer breiten Straße. Hunderte von Lastwägen warten auf dem Seitenstreifen. Eigenartig, denke ich mir, bis wir auf ein Sperrschild treffen, dass den gesamten Verkehr nach rechts leitet. Wir stoppen unsere Roadtrains. Die sich im Bau befindliche Straße vor uns ist weder im MAPS.ME sowie im GPS zu finden. Sie führt aber genau in die Richtung in die wir wollen. „Wenn wir den vielen Lastwägen folgen müssen wir nach meiner Schätzung 20 km Umweg in Kauf nehmen“, erkläre ich Tanja. „Und wenn wir geradeaus weiterfahren?“ „Tja, das ist die Frage. Die Straße ist gesperrt aber mit unseren Rädern können wir uns durch die Absperrung durchschlängeln. Es kann aber sein, dass diese Verkehrsader im Niemandsland endet und uns zum umkehren zwingt.“ „Was sagt dein Gefühl?“ „Das wir den neuen Fahrweg nutzen sollten“, antworte ich nach einer Weile. „Also worauf warten wir?“, ruft Tanja. „Okay, lass es uns versuchen“, beschließe ich und trete mein Ross durch die Absperrung. „Ein Traum!“, jubiliere ich, auf einer nagelneuen, völlig leeren Autobahn dahin gleitend, die sich ihren Weg mitten durch die Wüste Mu us bahnt. Zu unserer Rechten erheben sich immer wieder Überreste alter Wachtürme der Chinesischen Mauer. „Lass uns eine Pause einlegen“, schlage ich vor, auf einen restaurierten Wachturm deutend. Wir stellen unsere Räder ab und erklimmen die steinernen Stufen. Von hier oben bietet sich ein beeindruckender Rundblick über die Mu us Wüste, die sich im Zentrum des Ordos-Plateau befindet, welches im Norden und Osten vom großen Bogen des Gelben Flusses umrahmt wird. Jahrhunderte war die Wüste von nomadischen Reitervölkern besiedelt, die von hier aus ihre Kriegszüge gegen China führten. Die gelbfarbenen 12 bis 15 m hohen Dünen bestehen meist aus Ton und Sand. Von unserer Adlerperspektive blicken wir gebannt in die scheinbare Unendlichkeit. „Du siehst wieder so nachdenklich aus. Was geht dir durch den Kopf?“, möchte Tanja wissen. „Oh, ich habe gerade an unsere Wüstendurchquerung in Australien gedacht. Irgendwie vermisse ich es mit unseren Kamelen über die Dünen zu ziehen, mit dem Fernglas die ideale Linie zwischen den Sandbergen auszukundschaften, nach Wasserstellen Ausschau zu halten, und einen guten Campplatz zu finden an dem es genügend Fressbares für unsere Jungs gibt“, sage ich verträumt. „Ja es war schon etwas Besonderes mit unseren Tieren unterwegs zu sein.“ „Vermisst du diese Lebensform?“ „Manchmal schon.“ „Vielleicht sollten wir auf einer unserer kommenden Reisen Afrika durchqueren?“, denke ich laut. „Du meinst mit Kamelen den afrikanischen Kontinent erforschen?“ „Ja, warum nicht. Wäre eine große Sache. Allerdings ist das wegen den unaufhörlichen Kriegen und Unruhen ein extrem riskantes Abenteuer.“

Link zum aktuellen Australienbuch von Tanja & Denis Katzer


Leseprobe:
http://www.delius-klasing.de/sixcms/media.php/9/Karawane_durchs_Outback_Leseprobe.pdf

Nachdem wir unseren Radlerhunger mit Trockenbananen und Mandeln gestillt haben setzen wir unsere heutige traumhafte Fahrt fort. „So macht das Radfahren Spaß!“, rufe ich, als ich erst verschwommen, dann aber ganz klar, ein großes Schild erkenne. Zweifelsohne ist darauf das Ende des Bauabschnitts ankündigt. Tatsächlich wird nur hundert Meter weiter die Autobahn abrupt von der Wüste gestoppt. Zum Glück kreuzt an dieser Stelle eine andere Straße die breite Fahrbahn. Ich frage ein paar Lastwagenfahrer die am Straßenrand einen der großen Reifen flicken. „Zhe shi ton gang Hengshan de lu ma?“ (Ist das die Straße nach Hengshan?) „Ongeng?“, fragt einer der Fahrer. Obwohl das Wort mit Hengshan nichts gemein hat überlege ich eine Weile und sage: „Ja nach Ongeng?“ „Shide“, (Ja) antworten die Männer. Wir fahren weiter, darauf hoffend, das Ongeng Hengshan ist. „Irgendwie klingt es doch ähnlich“, scherze ich. „Absolut. Ich weiß gar nicht warum du dir überhaupt Gedanken machst“, lacht Tanja.

Am Nachmittag beißt sich die Sonne restlos durch den immer wieder aufkommenden Nebel und wärmt ein wenig unsere Körper. Der furchtbar schlechte Asphaltstreifen windet sich durch kleine Dörfer, an denen immer wieder Reste von alten Befestigungsanlagen der großen Mauer zu sehen sind. Wir kommen uns vor als würden wir eine längst vergessene Zeit bereisen. Eine Zeit die vom rasenden Fortschritt Chinas einfach übersehen wurde. Wir holpern über den Teer, der sich an einem Fluss schmiegt. Links und rechts ragen bizarre, etwa 100 Meter hohe Fels- und Lösswände auf, in die zu Zeiten, als hier noch Kaiser herrschten, eine Vielzahl von Felsenhöhlen gegraben wurden. Eine beachtliche Anzahl von ihnen ist heute noch bewohnt. Die schroffen Lösswände sind vom Zahn der Zeit, von Kälte und Hitze, von Regen und Stürmen geformt worden. Bald jeder Abschnitt dieser beeindruckenden Begrenzungen des schmalen Tals, besitzt seine eigene Struktur, seine eigene Form. Manche der Lösswände haben verblüffende Ähnlichkeit mit den Hautfalten eines Hundertjährigen, manche sehen aus wie Gesichter, wie Fratzen von Fabelwesen. Nur einen Kilometer weiter glaube ich die langen Finger einer Hand zu sehen, die aus dem Erdinneren nach oben greifen. Der Variantenreichtum der sich unaufhörlich verändernden Erdformen ist vielfältig, kaum zu beschreiben und nach dem Lastwagenwahnsinn der vergangenen Tage ein großes Geschenk für unsere Augen und Seele.

Nach 82 Tageskilometern erreichen wir am Nachmittag Hengshan. Schnell haben wir unseren Übernachtungsplatz gefunden. Wie so oft sind die Angestellten überaus freundlich und helfen uns die E-Bikes und Anhänger ins Innere zu bringen. Wieder dürfen unsere Räder direkt in der Lobby neben dem Empfangstresen nächtigen. Unser Zimmer ist groß und zu unserer Freude geruchsneutral. Weil für morgen eine weiterer Tag mit heftigen Regenschauern über die Region zieht, ein guter Platz um zu verweilen. Da ich mit meinen Aufzeichnungen hinterherhinke, würde ich gerne bleiben, jedoch verspricht der Wetterbericht für den darauffolgenden Tag ein paar Stunden Sonnenschein. Wir nutzen sie, um unsere Reise durch diese eigenwillige und schöne Landschaft fortzusetzen…

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH www.roda-computer.com Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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