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E-Bike-Expedition Teil 4 Vietnam - Online Tagebuch 2016-2017

Verseuchtes Meer und in positiver Erinnerung

N 16°02’55.0’’ E 108°14’54.2’’
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    Datum:
    27.01.2017 bis 28.01.2017

    Tag: 577 -578

    Land:
    Vietnam

    Provinz:
    Quảng Nam

    Ort:
    Da Nang

    Breitengrad N:
    16°02’55.0’’

    Längengrad E:
    108°14’54.2’’

    Gesamtkilometer:
    21.629 km

    Gesamthöhenmeter:
    59.238 m

    Sonnenaufgang:
    06:18 Uhr – 06:17 Uhr

    Sonnenuntergang:
    17:41 Uhr

    Temperatur Tag max:
    25°C

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

„Wir sind die Radfahrer mit dem Hund. Können sie sich an uns erinnern?“, fragt Tanja am Morgen eine Frau auf der anderen Seite der Telefonverbindung. „Aber ja. Den großen, tollen, weißen Hund werde ich nicht mehr vergessen.“ „Wir haben ein kleines Problem“, sagt Tanja und erklärt der Rezeptionistin namens Duyen das wir meine Stirnlampe in der letzten Unterkunft vergessen haben. „Kein Problem Tanja. Ich werde in meiner Mittagspause umgehend zu dem Gästehaus fahren und nach eurer Lampe fragen. Wenn ich sie bekomme, schicke ich sie noch heute Nachmittag mit dem nächsten Bus nach Da Nang. Dann müsste die Lampe schon heute Abend bei euch sein“, verblüfft uns die hilfsbereite Antwort der jungen Frau. „Das ist echt super. Wir zahlen natürlich die Transportkosten. Wenn du mir Deine Bankverbindung gibst können wir dir das Geld überweisen.“ „Ha, ha, das müsst ihr nicht bezahlen. Die Transportkosten sind gering und ich freue mich wenn ich euch helfen kann.“ „Unglaublich. Es gibt tolle Menschen auf dieser Welt. Wenn das klappt und wir die Lampe tatsächlich wiederbekommen, bist du mein Held“, sage ich zu Tanja lachend.

Nach dem Frühstück gehen wir zum von Unrat verschmutzten Strand, um Ajaci seinen Auslauf zu geben. „Seltsam, gestern hat es hier ausgesehen wie im Paradies und heute wie auf einer Müllhalte“, wundert sich Tanja. „Könnte am Tetfest liegen. An diesen Tagen arbeitet kaum jemand, also hat höchstwahrscheinlich das Strandereinigungspersonal frei“, vermute ich.

Während Tanja mit unserem Hund einen Spaziergang unternimmt, betreibe ich mein tägliches Yogym. Yogym ist eine von mir entwickelte Kombination aus spezieller Rückengymnastik und Yoga. Auf dieses Weise halte ich mich fitt und versuche unter anderem auch die schmerzhaften Folgen meiner Schultereckgelenkssprengung wieder unter Kontrolle zu bringen. 40 Minuten später kommen Tanja und Ajaci zurück. „Du wirst nicht glauben was uns passiert ist?“ „Na hoffentlich nichts Schlimmes?“ „Dort vorne darf man mit Hunden nicht am Strand entlanglaufen. Zwei Security Guards haben mir relativ grob befohlen sofort das Ufer zu verlassen.“ „Echt? Ist ja nicht zu fassen. Da befinden wir uns an einem der verseuchtesten Strände der Welt und Hunde sind verboten, damit man eventuell nicht in Hundescheiße tritt. Welch eine Ironie“, sage ich kopfschüttelnd.

Die Sonne steigt höher, hat ihr warmes gelbrotes Licht verloren. Wir setzen uns unter eine Palme in den Sand und blicken aufs Meer. Nur wenige Touristen schwimmen in den zu dieser Jahreszeit kühlen Fluten. „Denke die wissen nicht, dass das Wasser so verschmutzt ist“, meine ich nachdenklich. Ein Chinese spielt mit seinen zwei kleinen Söhnen. Sie bespritzen sich gegenseitig mit Wasser, kreischen und lachen. Am liebsten würde ich hingehen und den Mann warnen. Etwas weiter draußen surfen ein paar Europäer und Vietnamesen auf ihren Brettern durch die brechenden Wellen. Dahinter schaukeln einige Fischerboote auf und ab. „Bin mir sicher, dass der Fisch, den sie dort fangen, in dem einen oder anderen Restaurant hier landet“, meint Tanja. „Na klar landet er da. Die Menschen müssen ja von was leben, also verkaufen sie ihren Fang. Auch die Restaurants müssen überleben. Dabei spielt es kaum eine Rolle ob der eine oder andere Gast in ein paar Jahren an Krebs eingeht“, antworte ich nachdenklich.

Obwohl ich gestern Abend, nach einem langen und anstrengenden Radtag hundemüde war, habe ich im Netz über die Umweltkatastrophe, die hier vor acht Monaten geschehen sein soll, recherchiert. Unsere Befürchtungen, an einem der verschmutztesten Küstenabschnitte der Welt gelandet zu sein, hat sich leider bewahrheitet. Laut Berichten hat einer der größten weltweit operierenden Chemiekonzerne, die FORMOSA PLASTICS GROUP (FPG), mit mehr als 106-tausend Mitarbeitern und einen Jahresumsatz von 78 Milliarden USD, in der vietnamesischen Provinz Ha Tinh ein Stahlwerk in Betrieb genommen und während der Testphase hochgiftiges ungeklärtes Abwasser über ein 2 km langes Rohrsystem in 17 m tiefes Meerwasser geleitet. Dadurch wurde die furchtbarste Umweltkatastrophe nach dem Vietnamkrieg ausgelöst, in der hunderttausende von Hoch- und Tiefseefischen verendeten und tot an die Strände der zentralvietnamesischen Provinzen Ha Tinh, Quang Binh, Quang Tri, Thua Thien Hue und Da Nang gespült wurden. Nach meiner Berechnung handelt es sich dabei um eine Strecke von knapp 500 Küstenkilometern. Die Existenz von zehntausenden von Vietnamesen war und ist massiv bedroht. Wissenschaftler aus aller Welt gehen davon aus, dass sich das marine Ökosystem erst in 50 Jahren wieder von diesem Schlag erholen wird.

Noch immer im Sand sitzend starren wir schweigend auf das schön aussehende Chinesische Meer. Der Wind weht Musik von einer menschenleeren Strandbar zu uns herüber. Hinter uns erstrecken einige unfertige Hotelbauten ihre hässlichen Gerippe in den heutigen blauen Himmel. „Ob die wegen der Katastrophe nicht fertig gebaut werden?“, fragt Tanja auf die gräulichen Gebilde deutend. „Kann schon sein. Denke, dass viele einheimische Touristen ausbleiben. Wir wurden ja auch von Vietnamesen gewarnt nicht an diesen Küstenstreifen zu gehen und sind hier nur gelandet weil wir die Namen der Städte vergessen hatten.“ „Du sagtest, dass die Regierung mit diesem Verbrechkonzern unter einer Decke steckt?“ „Ja, erst haben sie diese FORMOSA PLASTICS GROUP, deren Inhaber und Manager wegen den größten Umweltverschmutzungen auf unserer Mutter Erde bereits im Jahre 2009 an den Pranger gestellt wurden, indem sie von der Stiftung für Ethik & Ökonomie den Black Planet Award bekamen, in Schutz genommen. Während einer Pressekonferenz sprach der stellvertretende Minister für Ressourcen und Umwelt, Herr Vo Tuan Nhan die Stahl Firma von jeder Verantwortung frei. Und behauptete, dass das Fischsterben von einer Algenblüte und die Einleitung toxischer Chemikalien durch die Bewohner der Region kam.“ „Nicht zu fassen. Die haben wirklich der einfachen Bevölkerung den schwarzen Peter zuschieben wollen? Mann, da verliert man doch den Glauben an die Menschheit.“ „Irgendwie schon. Vor allem wenn man Herrn Chou Chun Fan, den leitenden Manager, der FORMOSA PLASTICS GROUP, lauschte, als er sich für die Katastrophe entschuldigt, aber davon sprach, dass es ganz normal sei das Kollateralschäden entstehen und seine Aussage mit den Worten stützte: „Wollt ihr Fische oder wollt ihr ein Stahlwerk?“ „Was? Das glaube ich nicht.“ „Doch, doch, das hat er offensichtlich gesagt. Man hat den Mann dann entlassen. Aber stell dir vor was solche Manager für einen Schwachsinn von sich geben. Letztendlich führte diese Provokation zu Massendemonstrationen in ganz Vietnam.“ „Gut, sehr gut.“ „Na ja, wie man es nimmt. Die Regierung ging mit äußerster Brutalität gegen die Demonstranten vor. Viele wurden inhaftiert und sogar gefoltert. Von den 500 Millionen Dollar, die FORMOSA den Betroffenen in Aussicht stellte, ist bis heute nichts bei der leidtragenden Bevölkerung angekommen. Denke, dass ein Teil des Geldes in irgendwelche korrupten Taschen sickert und die Verantwortlichen für ihr Verbrechen nie bestraft werden.“

Die Schwere, der vom Menschen verursachten Katastrophe langsam begreifend, bleiben wir noch lange unter der Palme sitzen. Dann kehren wir dem Strand den Rücken zu und laufen mit Ajaci in unser Hotel.

Am Abend ruft uns Duyen an. „Eure Stirnlampe war tatsächlich noch in dem Gästehaus. Ich habe sie bei einer Busgesellschaft abgegeben die täglich nach Da Nang fahren. Heute Abend wird die Lampe bei euch eintreffen.“ „Duyen, das ist fantastisch. Du machst mich echt glücklich. Hätte nicht gedacht, dass ich meine wertvolle Lupine wiederbekomme. Wir würden uns sehr gerne bei dir erkenntlich zeigen. Möchtest du uns deine Bankverbindung geben?“ „Denis, wie ich schon sagte macht es mich glücklich wenn ich euch helfen und dir somit ein kleines Geburtstagsgeschenkt bereiten konnte.“ „Danke, vielen Dank. Obwohl wir uns kaum kennen, werden wir dich nicht mehr vergessen und in positiver Erinnerung in unserem Herzen tragen.“

Am Abend sitzen wir wieder in einem der vielen Restaurants. Mit dem Wissen das Fischessen garantierte Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat esse ich wie Tanja nur Vegetarisches. „Schau mal, der Europäer neben uns hat sich einen Fischteller bestellt.“ „Ja, der wird von dem großen Fischsterben nichts mitbekommen haben“, überlegt Tanja. „Ob ich ihn warnen soll?“, denke ich laut. „Das wird ihm das Essen verderben.“ „Besser das Essen verdorben als die Gesundheit“, antworte ich, gebe mir einen Ruck und spreche den Mann auf die Umweltkatastrophe an. „Ach wissen sie. Ich arbeite hier. Irgendetwas muss man ja essen.“ „Stimmt aber der Fisch ist höchstwahrscheinlich nachhaltig verseucht“, erwidere ich. „Was soll’s, an irgendetwas müssen wir sowieso sterben.“ „Hm, na dann guten Appetit“, antworte ich über die Ignoranz und Dummheit fassungslos…

Wer mehr über unsere Abenteuer erfahren möchte, findet unsere Bücher unter diesem Link.

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