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E-Bike-Expedition Teil 4 Vietnam - Online Tagebuch 2016-2017

Untergehendes Weltnaturerbe, die Affeninsel und Freundschaftspreis

N 20°43’43.9’’ E 107°04’42.7’’
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    Datum:
    25.09.2016 bis 26.09.2016

    Tag: 457 – 458

    Land:
    Vietnam

    Provinz:
    Quảng Ninh

    Ort:
    Monkey Island

    Breitengrad N:
    20°43’43.9’’

    Längengrad E:
    107°04’42.7’’

    Tageskilometer:
    40 km mit dem Auto und Boot zurückgelegt

    Gesamtkilometer:
    18.871 km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Gesamthöhenmeter:
    54.661 m

    Sonnenaufgang:
    05:40

    Sonnenuntergang:
    17:46 Uhr

    Temperatur Tag max:
    35°C

    Temperatur Tag min:
    25°C

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

5:30 Uhr. Anmutende Silhouetten einiger Karstinseln werfen ihre schwarzen Schatten auf eine sich im Morgenwind leicht kräuselnde Wasseroberfläche. Der langsam aufsteigende heiße Stern sendet seine ersten blutorangenen Strahlen durch die gemächlich dahin ziehenden Wolkenfetzen. Kaum sind die ersten Lichtstreifen über die Hügel geklettert, reflektiert sich die beeindruckende Himmelsfarbe auf der dunklen Meeresoberfläche. Als hätte das goldene Licht Beine, wandert es auf uns zu bis es unsere Dschunke für wenig Augenblicke im gleichen feenhaften Glanz erhellt. Schweigend sitzen wir da und genießen die Augenblicke des erwachenden Tages in der Halong-Bucht. „Was für ein schöner Morgen“, sage ich andächtig auf das leise Geräusch der kleinen Wellen lauschend, wenn sie an die Bordwand plätschern. Es dauert nicht lange und das faszinierende Farbenspiel weicht dem helleren Tageslicht. „Wer möchte ein Kajak für einen morgendlichen Ausflug?“, fragt Tang der Reiseleiter. Da das Busenwunder und ihre Freundin noch ihren Rausch ausschlafen, sind der Engländer, seine vietnamesische Freundin und wir die einzigen die das Angebot annehmen. Wegen meiner Schulterverletzung fällt es mir nicht leicht durch die aufwachende See zu paddeln. Beim Eintauchen des linken Paddelblattes verspüre ich einen unangenehmen Schmerz. Trotzdem lasse ich mir das außergewöhnliche Erlebnis nicht nehmen. Zähne zusammenbeißend unterstütze ich Tanja, die nur einem Meter vor mir sitzt und den Ausflug mit freudigem Gesichtsausdruck genießt.

„Hier schwimmt ein Haufen Dreck herum“, unterbreche ich die Idyllische Stimmung. „Ja, sieht schlimm aus. Baden sollte man da nicht.“ „Zu spät.“ „Wie zu spät?“ „Na gestern waren wir unweit von hier schwimmen“, erinnere Tanja. „Wo wohl der ganze Schmutz herkommt? Und sie mal, neben den schwimmenden Plastikflaschen hat sich ein richtiger Ölfilm auf der Wasseroberfläche ausgebreitet.“ „Wen wundert’s. Laut einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung wurde die Bucht im Jahr 2015 von 2,2 Millionen Menschen aus aller Welt besucht. Ich bin mir sicher, dass so mancher Dschunkenkapitän seinen Müll einfach ins Wasser kippen lässt. Nach dem Motto: Soll doch jemand anderes ihn wieder herausfischen. Hauptsache wir haben unseren schmutzigen Ballast los.“ „Meinst du wirklich?“, fragt Tanja ungläubig. „Aber klar. Wenn es darum geht noch mehr Profit zu machen, agiert die menschliche Rasse völlig Hirnlos. Das haben wir auf unseren Reisen doch immer und immer wieder festgestellt. Denke nur an die verseuchten Flüsse in China. Oder die alptraumartige Luftverschmutzung vieler Großstädte dort. Und von den Kapitänen hier, oder welcher Narr auch immer seinen Abfall ins Weltnaturerbe kippt, kommt anscheinend keiner drauf, dass er damit früher oder später seinen eigenen Job vernichtet. Oder mit hoher Wahrscheinlichkeit sein eigenes Leben. Die Fische, die hier in dieser trüben Suppe noch herumschwimmen, und irgendwann auf dem Teller landen, sind eher als Sterbehilfe zu betrachten und haben mit einem fangfrischem Fisch aus einem gesunden Lebensraum sicherlich nichts zu tun.“, antworte ich, als wir an einer Dschunke vorbeipaddeln die just in diesem Augenblick einen Eimer mit Unrat ins Wasser platschen lässt. Auch wenn wir gestern einen wunderschönen Tag hatten und heute einen kaum zu beschreibend schönen Sonnenaufgang genossen, kippt meine Stimmung. Dieser teils flächendeckender Dreck auf der Meeresoberfläche stimmt mich traurig, ja ärgerlich und ich frage mich mehr und mehr wie lange die Menschheit dieses Verbrechen an unserem Planeten überleben wird. „Warum haben wir diesen Schmutz gestern nicht wahrgenommen?“, wundert sich Tanja. „Kann mir nur erklären, dass einige Boote die Gunst der Nacht nutzen, um ihren Müll loszuwerden. So werden sie zumindest nicht gesehen“, überlege ich. Später spreche ich den Barmann auf die Sauerei an. Er schiebt die Verschmutzung auf die arme, am Ufer wohnende Bevölkerung. „Wir müssen unseren Müll im Hafen wieder abgeben“, rechtfertig er sich. Ob das jemand in einem durch und durch korrupten System nachhaltig überprüft wage ich zu bezweifeln.

Eine Stunde später sitzen wir in der kleinen Schiffsmesse beim Frühstücken. Unser alter Holzkahn schippert indes weiter durch die märchenhaft schöne Welt. Misses Holz-vor-der-Hütte ist mittlerweile wieder auferstanden und arrangiert ihr zerknittertes Gesicht. Mit einem kleinen Pinselchen bemalt sie ihre frisch aufgeklebten künstlichen Wimpern, die nach der Länge zu Urteilen eher Markisen gleichkommen. „Wo ist denn deine Freundin?“, frage ich. „Der geht es gar nicht gut“, antwortet sie gedehnt, klappt ihren Gesichtspiegel zu und schenkt mir ein gequältes Lächeln. Ist schon verrückt. Da befinden sich die beiden verkappten Hundeallergikerinnen zwei Wochen im Urlaub, unternehmen einen teuren Ausflug auf einer Dschunke im einmaligen Weltnaturerbe, und verpassen einen unvergesslichen Sonnenaufgang und einen höchstinteressanten Kajaktrip. „Der letzte Cocktail war wohl verdorben“, entgegne ich, worauf ich einen Gesichtsausdruck ernte der auch ohne Worte ausdrückt was sie von meiner Bemerkung hält. „Lass uns aufs Oberdeck gehen“, fordert mich Tanja auf. „Gute Idee“, antworte ich und folge ihr mit Ajaci der vom Zahn der Zeit angefressenen Holztreppe nach oben. Langsam tuckern wir durch das Labyrinth von Buchten und Felsformationen. Es geht vorbei an Dschunken, deren gelb roten Segel in der Sonne glänzen und in den blauen Himmel ragen. Das obere Ende der Segel verläuft wagrecht, so das man meinen könnte die scheinbare Spitzen verschwinden im Blau des Himmels. „Man braucht nicht viel Fantasie um sich die Piratendschunken vorzustellen die noch vor wenigen Jahrzehnten in dieser Gegend ihr Unwesen getrieben haben“, sage ich vom Anblick der teils alten Schiffe fasziniert. Dann fällt mein Blick wieder auf all den Unrat der auf der Wasseroberfläche zu sehen ist. Riesige Flächen des Müllteppichs zeugen von einer ungeahnten Umweltzerstörung. „Nicht zu fassen“, stöhne ich und leide unter diesen Anblick. „Dabei ist der sichtbare Dreck wahrscheinlich nicht das primäre Problem“, vermute ich. „Was weißt du darüber? fragt Tanja. „Nachdem was ich gelesen habe ist der Tourismus mit seinen negativen Folgen nicht der einzige Grund für die offensichtliche Vernichtung dieser vor ca. 500 Millionen Jahre entstandenen einzigartigen Landschaft, sondern die zunehmende Industrialisierung, die städtische Entwicklung und der Kohlebergbau setzen der Halong Bucht noch schlimmer zu.“ „Kannst du das etwas konkreter erklären?“ „Nun, die stetig wachsende Menschheit fordert immer mehr Energie. Und diese Energie muss irgendwoher kommen. In dieser Region gibt es große Kohlevorkommen und was das heißt haben wir ja schon in China erlebt.“ „Versuche es bitte genauer zu erkläre, so dass ich mir vorstellen kann wie der Abbau von Kohle diese Bucht verschmutz.“ „Zum Beispiel die Stadt Cam Pha liegt nicht weit weg von hier. Dort fördert man seit gut 100 Jahren Kohle. Heute mehr denn je. Der dadurch entstehende Kohlestaub legt sich auf die Äcker, Reisfelder, Straßen, Häuser, letztendlich auf die gesamte Landschaft. Zum Schluss landet er natürlich auch im Essen und knirscht zwischen den Zähnen. Sicherlich keine gesunde Situation für die Bevölkerung. Das noch Fatalere ist allerdings, dass man beim Bergbau sehr viel Wasser benötigt. Und genau darum geht es letztendlich, denn die dabei entstehenden Grubenabwässer, angereichert mit Eisen, Kohle, Mangan, Schwebeteilchen und was weiß ich noch alles, werden ungefiltert in die Flüsse der gesamten Region geleitet und gelangen auf diese Weise in diese wunderschöne Bucht. All das giftige Zeug setzt sich unter anderem als Uferschlamm ab, weshalb das Meerwasser kippt und sauer wird. In saurem Wasser gibt es kaum leben, alles stirbt. Nicht mal Pflanzen können darin gedeihen. Das einzige Kraut was da wächst ist Schilf und zwar nur deswegen, weil es tiefe Wurzeln besitzt wo das saure Gemisch länger benötigt um hinzugelangen. Die positive Nachricht ist allerdings, dass die Regierung das Problem erkannt hat und mittlerweile mit der finanziellen Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Projekte gestartet hat, um die Grubenabwässer zu reinigen.“ „Hm, scheint nicht sehr erfolgreich zu sein wenn man sich die grüne Farbe des Wassers ansieht.“ „Soweit ich weiß sind es bisher nur kleine Pilotprojekte. Die werden noch keinen positiven Einfluss auf die Wasserqualität haben, weswegen ich mich auch frage, ob die Austern die hier gezüchtet werden überhaupt genießbar sind?“, sage ich und deute auf die vielen kleinen schwimmenden künstlichen Inseln der Einheimischen, die sich in dieser Gegend lückenlos am Ufer reihen. „Ist irgendwie frustrierend, dass man in der heutigen Zeit, selbst im vermeintlichen Paradies auf fatale Umweltsünden stößt“, vernehme ich Tanjas gedämpfte Worte. „Ich glaube das liegt auch daran weil wir uns seit Jahrzehnten mit dieser Problematik beschäftigen und genau deswegen sich unsere Beobachtung sensibilisiert hat“, antworte ich. „Kann schon sein. Manchmal wünsche ich mir genau deswegen mit naiveren Blicken die Welt sehen zu können. Mir ist allerdings klar, dass es keinen Sinn ergibt wie der Vogel Strauß den Kopf in den Sand zu stecken, um nichts zu sehen oder zu hören.“ „Genau, denn dann beißt uns das Problem früher oder später in den Hintern“, lache ich.

Das Beiboot unserer Dschunke schippert uns zu einem kleinen Anlegesteg auf der Insel Cát Bà. 1994 hat die UNESCO die 354 km² große Insel zu einem Biosphärenreservat ernannt auf der bereits schon seit 1986 einen Nationalpark eingerichtet wurde. Ein Minibus bringt uns über die 332 Meter hohen Berge auf die andere Seite zu einem weiteren Anlegesteg. „Die größte Insel der Halong Bucht ist für die Region äußerst wichtig. Sie hat eine Bedeutung für den Erhalt der Biodiversität“, erklärt der Tour Guide Tang. „Warum?“, fragt einer der Fahrgäste. „Weil es auf dieser Insel Tiere und Pflanzen gibt die nirgends anders vorkommen. Sogenannte endemische Arten. In dieser einzigartigen Landschaft leben Tiere und Pflanzen die vom Aussterben bedroht sind wie zum Beispiel die Languren und der nur hier vorkommende Goldkopflangur. Letzterer gehört weltweit zu den seltensten und gefährdetsten Primatenarten weltweit. Auf dem Cát-Bà-Archipel gibt es nur noch knapp 60 erwachsenen Tieren, weshalb der Fortbestand dieser Affenart als extrem bedroht gilt“, erklärt er mit ernstem Blick. Aufmerksam schaue ich aus dem Fenster, um vielleicht solch ein seltenes Wesen zu entdecken. Wobei mir natürlich bewusst ist, einem lächerlichen Wunsch nachzuhängen, denn diese Affen werden sicherlich nicht an der Straße herumspringen.

Am Anlegesteg holt uns ein weiteres kleines Holzboot ab, um uns zu Monkey Island zubringen. Als hätte Ajaci nie was anderes in seinem Leben gemacht, hüpft er mit einem großen Satz an Board. Während alle Touristen, auch die Busenfrau und ihre vom gestrigen Besäufnis noch schwer angeschlagene Freundin auf das schattenlose Sonnendeck gehen, um sich einen heftigen Sonnenbrand einzufangen, bleiben wir auf dem zu allen Seiten offenen Unterdeck. Unser Kahn tuckert auch hier durch das Insellabyrinth an dessen Ufern zahlreiche Fischerboote und schwimmende Hütten festgemacht haben. Die Menschen hier leben von der Austernzucht und vom noch handwerklichen Fischfang. „Bin gespannt wie uns Man Dos Ex-Chef auf seiner Insel empfängt“, sage ich in freudiger Erwartung dort ein paar Tage auszuspannen. „Ich auch. Hoffe es gefällt uns dort. Nach der langen Zeit in Mai Chau freue ich mich auf die Abwechslung ein paar Tage auf einer abgelegnen Insel verbringen zu dürfen.“ „Wieviel Zeit haben wir noch bis unser jetziges Visum ausläuft?“, frage ich. „Am 15. Oktober müssen wir das Land verlassen“, rechnet Tanja nach. „Das heißt ab heute noch drei Wochen.“ „Ja.“ „Na wenn wir zehn Tage für die Fahrt von Mai Chau bis zur Grenze einkalkulieren, können wir hier locker 1½ Wochen bleiben. Das klingt in meinen Ohren wie ein Traum“, antworte ich, als auch schon unser Boot um die Spitze einer Felskannte tuckert und den Blick auf eine kleine paradiesisch gelegene Bucht freigibt. „Ist es das?“, fragt Tanja freudig erregt. „Könnte sein.“ Tatsächlich nehmen wir Kurs auf den Strand. Am Fuße zweier runde, vom Urwald bewachsene grüne Hügel, reihen sich Strohhütten hinter einem hellen Sandstrand. Tuuuhhht! Tuuuhhht! Tuuuhhht! Schrillt die Bootshupe. Ihr Klang wird uns von den Bergen als Echo zurückgeworfen. Bei gut 35 Grad im Schatten entern wir den Landesteg. Ein paar Hotelangestellte eilen uns entgegen, um Gepäckstücke zu tragen. Unterm Schatten einer mit Pflanzen überwucherten Veranda werden wir vom Hotelmanager überaus freundlich empfangen. „Manh Do hat sie schon angekündigt. Wir freuen uns sehr über ihren Besuch bei uns auf Monkey Island. Mein Chef und ich hoffen, dass sie lange bleiben. Wir tun alles damit sie sich bei uns wohlfühlen. Wie mit Manh Do besprochen bekommen sie unseren besten Bungalow am Strand. Wenn sie eine Minute warten hole ich schnell meinen Chef damit auch er sie begrüßen kann“, plaudert er und reicht uns die Hand. „Na das ist ein Empfang“, flüstere ich zu Tanja, dem höflichen Manager hinterher blickend. Keine fünf Minuten später erscheint ein etwa 1,60 Meter kleiner, rundlicher Mann. Freundlich lachend begrüßt er uns mit Handschlag. Nach Manh Dos Aussage ist der kleine Mann mehrfacher Millionär, der nicht nur eine 50 jährige Regierungspacht für diese Insel besitzt, sondern auch zwei große Dschunken, Reisebusse, Touristenbüros und andere Häuser. „Mein Ex-Boss hat für die Regierung gearbeitet, hat Kontakte bis weit nach oben und ist sehr einflussreich“, erzählte mir Manh. Schon in seinem Auftreten verspüren wir eine gewisse Autorität. Wachsame Augen mustern uns. „Manh hatte recht. Sie haben tatsächlich Ähnlichkeit mit Buddha“, eröffne ich unser Gespräch, um etwas Nettes zu sagen. „Ha, ha, ha, finden sie?“ „Aber ja“, sage ich, erwähne aber nicht seinen Kugelbauch, was sicherlich auch keine gute Idee wäre. „Ich hoffe sie bleiben für ein paar Tage?“ „Wenn es uns gefällt würden wir in ihrem schönen Resort gerne 1 ½ Wochen verweilen. Ich habe viel zu schreiben und der Blick auf das Meer ist definitiv inspirierend.“ „Absolut, absolut. Ihr Besuch ehrt uns. Sie können gerne auch drei Monate bleiben. Umso länger desto besser. Ha, ha, ha.“ „Vielen Dank für ihre Gastfreundschaft. Trotzdem muss ich sie fragen was uns ein Tag hier im Resort kosten wird?“ „Da machen sie sich bitte keine Sorgen. Sie gehören zur Familie“, antwortet er, reicht mir erneut die Hand und verabschiedet sich. „Ich habe noch ein paar dringende Geschäfte zu erledigen“, ruft er noch, hinter einer Tür verschwindend.

„Wenn sie mir bitte folgen würden“, übernimmt der Manger wieder das Wort und führt uns zu einer großen, aus Holz und Stroh errichteten Hütte, in der es vier Zimmer gibt. „Können wir die Räumlichkeit im ersten Stock beziehen?“, frage ich, weil von dort oben die Sicht auf das Meer entschieden besser ist. „Aber gerne“, hören wir und freuen uns, dass Manh Dos Ex-Boss uns tatsächlich wie seine eigenen Familienmitglieder behandelt. „Ich wünsche ihnen einen sehr angenehmen Aufenthalt bei uns. Wenn sie noch irgendetwas benötigen, geben sie mir bitte rechtzeitig und zu jeder Zeit Bescheid“, verabschiedet sich der Manager. Nachdem er gegangen ist versuch ich die Tür zum Zimmer zu öffnen. „Klemmt“, lache ich. Nach ein wenig hin- und herhebeln springt sie auf. „Ist relativ klein hier oder?“, meine ich den Raum betretend. „Na ja, unter superdelux kann man sich etwas anderes vorstellen“, gibt mir Tanja recht. Da der Ventilator wegen Stromausfall nicht funktioniert und die Klimaanlage nur nachts angeschaltet werden kann, ist es in dem dunklen Räumchen extrem heiß. „Kannst du bitte das Fenster öffnen?“ „Klar“, antworte ich. Minuten später versuche ich noch immer das hölzerne Lammelengitter aufzuschieben, jedoch ohne Erfolg. „Das verdammte Ding klemmt“, schnaufe ich. Erst nach vielleicht fünf Minuten und mit gehöriger Gewalt bringe ich es fertig das hölzerne Lammelengitter auf die Seite zu hebeln. „Alles total verzogen. Überhaupt ist die Hütte in einem recht heruntergekommenen Zustand. Denke die hat die letzen 10 bis 15 Jahre nie Farbe gesehen“, stelle ich fest und spüre wie meine anfängliche Euphorie etwas Schaden nimmt. „Auch wenn Manh angedeutet hat, dass uns dieser Aufenthalt eventuell nichts kostet, sollten wir uns das trotzdem so schnell als möglich betätigen lassen.“ „Aber du hast doch den Chef schon nach den Kosten gefragt?“ „Hm, seine Antwort klang mir zu schwammig“, antworte ich auf mein Bauchgefühl hörend. „Na dann lass uns noch mal zum Haupthaus gehen und das herausfinden.“

„Tut mir Leid, mein Chef hält gerade seinen Mittagsschlaf“, entschuldigt sich der Manager. „Wir werden ihnen aber heute Abend Bescheid geben.“ „Okay, kein Problem“, antworte ich. „Genießen sie den Nachmittag“, sagt er noch seinen Kopf senkend, um die Reservierungen einiger Gäste im Computer zu überprüfen.

„Habt ihr Lust auf eine Wanderung zur anderen Seite der Insel? Dort kann man auch die Affen sehen die in den Wäldern leben“, fragt Tang der Guide. „Du meinst die Affen nach der die Insel benannt ist?“ „Na klar.“ „Gerne“, antworten wir. Wenig später ersteigen wir mit Ajaci, und ein paar anderen Touristen hinter dem Resort einen felsigen Weg. Ajaci stürmt freudig voraus und bricht mit seinen vier Pfoten sofort in tiefe und extrem scharfkantige Risse und Löcher ein. „Wird der Weg dort oben besser?“, frage ich Tang, weil ich mir Sorgen um die Gesundheit unseres Hundes mache. „Nein, eher schlechter.“ „Na da kann Ajaci auf keinen Fall mit. Er würde sich auf diesen löchrigen Felsen sicher die Beine brechen.“ „Du hast recht Denis. Das Risiko ist zu groß. Ich gehe mit Ajaci zurück. Wir können ja morgen noch mal zusammen rauf gehen wenn du den Weg kennst“, schlägt Tanja vor. „Okay“, antworte ich. Nur 20 Meter weiter oben krabble ich auf allen Vieren, um auf dem messerscharfen Felsen mit seinen unzähligen Löchern und Vertiefungen nicht zu stürzen. Wegen meiner verletzten Schulter fällt mir die Kraxelei schwer. Vernünftig wäre es, wenn auch ich jetzt umkehren würde. „Ist es noch weit?“, frage ich. „Nein, nein. In zehn Minuten sind wir oben“, antwortet Tang. Verblüfft blicke ich gen Himmel als sich neben mir ein nackter Fuß auf die Rasierklingenfelsen setzt. „Klar, so dämlich kann einfach nur ein Europäer sein“, geht es mir durch den Kopf. „Na du bist mutig“, sage ich auf seine angeschlagenen Füße deutend. „Jeder braucht ein Abenteuer“, antwortet er. „Was weißt du schon von Abenteuer“, möchte ein erneuter Gedanke vom Gehirn in den Mund rutschen, lasse es aber und klettere weiter. Dann kommen uns etwa 18 jährige Touristinnen in Flipflops entgegen. Eines der Mädels wird von einem Guide gestützt. „Was ist denn geschehen“, frage ich. „Passt bloß auf diese scheiß Felsen auf. Die sind Scharf wie geschliffene Messer. Habe mir mein Knie aufgeschlitzt“, warnt sie und deute auf ihre Verletzung. „Na wie viel verletzte Touristen habt ihr hier am Tag?“, frage ich Tang. „Ach nicht so viele“, ist seine lapidare Antwort. Dann sind wir auch schon oben. „Nicht anfassen!“, ruft Tang als ein Europäer den wilden Primatenmacho mit seinen dicken Eiern zwischen den Beinen streicheln möchte. „Aber warum denn nicht?“ „Weil die Affen aggressiv sind.“ „Aber der sieht doch friedlich aus.“ „Wilde Affen lassen sich nicht gerne anfassen. Ihr Biss kann sehr weh tun. Abgesehen davon könnten sie Tollwut übertragen.“ „Tollwut?“ „Ja Tollwut, wobei ich glaube, dass diese Affen gesund sind.“ „Okay dann besser nicht anfassen“, meint der Urlauber, hebt seine Kamera, um das Tier zu fotografieren. Genau in diesem Moment schwingt sich der Affenmacho von seinem Baum herunter, landet federnd auf einen Felsen und springt in einem mächtigen Satz dem Fotografen auf die Schulter. „Umpf! Auuuu!“, schreit dieser als er die Krallen des Tieres in seinem Fleisch spürt. Unter dem Gewicht des Primaten geht er in die Knie und erhebt sich wieder als dieser in einem Baum hinter ihm verschwindet. „Wow! Das war schnell!“, stellt der Tourist fest, dessen von der Sonnen gerötetes Gesicht schlagartig jegliche Farbe verloren hat. Als wir den Strand auf der anderen Seite der Insel erreichen, begegnen wir einer weiteren Affenbande. Sie springen wie wild auf dem Dach der aus Bambus gefertigten Bar herum. Immer auf der Lauer den Touristen das eine oder andere zu klauen, unterbrechen sie ihre Tollerei und beobachten die großen Zweibeiner. „Aaaahhhhhhh!“, fährt mir ein Schrei des Entsetzens in die Glieder. Als wäre der Teufel höchst persönlich hinter ihm her, rast ein junger Mann über den Strand. An seinen Fersen heftet einer der haarigen Diebe. Aaaahhhhhhh!“, schreit der wild Flüchtende erneut, hebt seine Kamera nach oben und stürzt sich in das rettende Meer. „Was war denn los?“, frage ich ihn als er wie ein begossener Pudel aus dem Wasser kommt. „Dieser scheiß Affe wollte mich beißen. Da habe ich mich in die Fluten gerettet. Man weiß ja nie welche Krankheiten die Viecher übertragen.“ „Hm, stimmt. Aber warum bist du mit deiner Kamera ins Wasser gerannt. Das Salzwasser wird sie zerstören?“, interessiert es mich. „Ich wollte sie retten. Habe gehört das Affen auch Kameras klauen.“ „Kann sein. Na dann noch einen schönen Tag. Ach ja, wenn du im Hotel bist reinige sie so schnell wie möglich mit Süßwasser.“ „Ja mache ich. Danke.“

Vor dem Abendessen studieren wir die Speisekarte. „Abgefahren. Die Preise sind bald viermal so hoch wie auf dem Festland“, erschrecke ich. „Was möchtest du? Darf ich euch ein Bier ausgeben?“, fragt Manh Dos Ex-Boss als er gerade vorbeikommt. „Gerne“, antworten wir und bevor ich noch etwas sagen kann ist er schon wieder verschwunden. Dann eilt der Manager der Anlage herbei. Wir setzen uns an einem Tisch. „Also, ich habe jetzt mit meinem Chef über die Preise gesprochen. Weil sie Freunde von Manh sind macht er ihnen wie versprochen einen absoluten Freundschaftspreis, Familie sozusagen.“ „Also kostet uns der Aufenthalt doch etwas“, geht es mir durch den Kopf, möchte aber nicht unzufrieden sein weil ein Freundschaftspreis auch ein tolles Angebot ist. „Und was werden sie für eine Nacht verlangen?“, möchte ich nun endlich wissen, da es der Manager echt spannend macht. „Für das Bungalowzimmer nur 80,- US$ Dollar am Tag.“ Wie vom Donner gerührt und vom Blitz getroffen sitze ich da und glaube mich verhört zu haben. „Nur 80,- US$?“ „Ja“, grinst er. „Am Tag oder in der Woche?“ „Am Tag natürlich.“ „Mit Vollpension für uns beide?“, frage ich obwohl auch das für einen Freundschaftspreis eine gnadelose Unverschämtheit wäre. „Nein, aber ihr Frühstück ist inklusive.“ Tanja und ich sehen uns an. Da wir in den letzten 25 Jahren viele Jahre in Asien verbracht haben weiß ich wie wichtig es ist seine augenblickliche Emotion nicht offen auf dem Gesicht zu tragen. Ich spiele das bereits verlorene Pokerspiel also weiter und sage: „Hm, und was ist der absolute Sonderpreis unsere Bootstour?“ „Nur 160,- US$.“ „Nur 160,- US$?“ „Yes.“ „Für uns beide?“, frage ich nach, weil wir in der Zwischenzeit wissen, dass unsere Mitreisenden für die zweitägige Bootstour mit Übernachtung auf der Dschunke und im dem Resort 120,- US$ pro Person bezahlt haben. „Äh, das weiß ich nicht. Wenn sie einen Augenblick warten möchten? Ich frage schnell mal meinen Chef.“ „Gerne“, antworte ich. Minuten danach setzt er sich mit einem jetzt etwas gequälten Gesichtsausdruck an den Tisch. „Also, äh… 160,- US$ pro Person. Das heißt 320,- US$ für sie beide. Normalerweise verlangen wir 180,- US$ pro Person. Wie gesagt, das ist ein super Freundschaftspreise.“ „Mieser Betrüger“, denke ich mir und lache ihn an. „Also unsere Mitreisenden bekamen die Tour im Reisebüro zu einem offiziellen Preis von 120,- US$ pro Person. Das heißt ihr super Freundschaftspreis kostet uns 80,- US$ mehr. Warum?“ „Äh, wenn sie bitte noch mal einen Augenblick warten wollen?“, entschuldigt er sich mit einem Faltengebirge auf der Stirn und verschwindet. Dann kommt er wieder. „Ich habe gute Neuigkeiten. Der Preis für sie ist ebenfalls 120,- US$ pro Person. Sorry, dass ich ihnen den falschen Preis genannt habe. „Riesenarsch“, geht es mir durch den Kopf. Nur mit Mühe kann ich mein Gehirn davor abhalten ein Signal an meinen Mund zu senden, dieses unanständige Schimpfwort herauszuschreien. Ganz im Gegenteil lächle ich. „Okay, der Preis für die Bootstour ist wohl offensichtlich geklärt. Aber beim Zimmerpreis ist noch Handlungsbedarf. Wissen sie, wir leben vom und durch unsere Schreibarbeit. Wenn wir längere Zeit in einem Hotel bleiben verhandeln wir mit oder ohne Familierabatt oder Superfreundschaftspreise Sonderkonditionen. Wenn uns ein Hotel einlädt, um die Anlage zu fotografieren oder etwas darüber zu berichten, räumt man uns meist einen sehr guten Rabatt ein. In manchen Fällen ist der Aufenthalt inklusive Kost und Logie kostenfrei. Es ist ungefähr so zu vergleichen als würden sie ihren Chef jeden Tag Geld bezahlen, um hier arbeiten zu dürfen. In solch einem Fall würden sie hier nie arbeiten. Verstehen sie?“ „Äh, nicht richtig.“ „Anders erklärt. Wenn wir für ein Hotel schreiben, und so wie ich verstanden hatte waren sie daran interessiert, bekommen wir einen kostenfreien Aufenthalt als Gegenleistung. Das ist eine Win-Win-Situation. Wir haben trotz unserer Arbeit einen schönen Aufenthalt und das Hotel muss für diese Arbeit nichts bezahlen. Verstehen sie?“ „Absolut.“ „Gut. Wir werden keine 80,- US$ am Tag für das Zimmer bezahlen ob wir für sie etwas schreiben oder nicht. Bitte fragen sie ihren Boss nach den wirklichen Freundschaftspreis.“ „Wenn sie bitte einen Augenblick warten wollen?“ „Gerne.“ Diesmal stöhnt der Mann beachtlich als er sich uns gegenüber in den Stuhl sinken lässt. „Das letzte Angebot meines Chefs ist 60,- US$ pro Nacht.“ „Zu teuer.“ „Im Internet verlangen wir 180,- US$ pro Nacht für das Bungalow in dem sie zurzeit wohnen.“ „180,- US$?“ „Yes.“ „Warum zahlt unser Nachbar mit dem ich heute Nachmittag gesprochen habe nur 100,- US$?“ Diesmal antwortet der Manager mit ausgiebigem Schweigen. „Ich denke wir kommen hier zu keiner Lösung. Unter diesen Umständen werden wir morgen abreisen“, sage ich entschlossen. „Wir würden sie sehr gerne länger hier haben. Wenn sie wollen können sie für nur 50,- US$ in einem der hinteren Bungalows einziehen.“ „Die hinteren Bungalows sind so klein, dass man sich darin kaum rühren kann. Wie sie wissen, haben wir einen großen weißen Hund dabei. Zu dritt passen wir da nicht rein. Abgesehen davon ist es in der zweiten und dritten Reihe wegen dem dichten Urwalbewuchs sehr dunkel. Da bekomme ich als Schreiber nur Depressionen. Und außerdem sind 50,- US$ pro Nacht für die kleinen Bungalows der ganz normale Nachsaisonpreis. Und wir befinden uns doch gerade in der Nachsaison oder?“ „Gewiss.“ „Nun, dann bedanken wir uns für ihre außerordentliche Gastfreundschaft und den wunderschönen Aufenthalt. Es wäre schön wenn sie bis morgen Früh die Rechnung fertig machen. Wir werden abreisen.“ „Ja gewiss. Ich wünsche ihnen noch eine schöne Nacht.“ „Ihnen auch“, sage ich als wir uns erheben und den Tisch verlassen. „Nun das lief nicht so wie geplant aber mir gefällt es hier sowieso nicht so gut wie erwartet“, meint Tanja. „Ja, irgendwie ist das Resort auf den schnellen Massentourismus eingestellt“, antworte ich auf die 50 Gäste deutend die gerade am Buffet anstehen. „Dann fahren wir eben wieder nach Mai Chau zurück. Da wissen was wir haben, die Preise sind fair und das Tal ist paradiesisch schön.“ „Deiner Meinung. Auf nach Mai Chau.“…

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