Skip to content
Abbrechen
image description
Mongolei/Tuwa Camp MONGOLEI EXPEDITION - Die Online-Tagebücher Jahr 2011

Trotz Maulkorb der größte Jäger aller Zeiten

N 51°27'326'' E 099°17'514''
image description

    Tag: 320

    Sonnenaufgang:
    05:06

    Sonnenuntergang:
    21:36

    Luftlinie:
    12

    Tageskilometer:
    17

    Gesamtkilometer:
    1395

    Bodenbeschaffenheit:
    Gras

    Temperatur – Tag (Maximum):
    28 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    22 °C

    Temperatur – Nacht:
    minus 4 °C

    Breitengrad:
    51°27’326“

    Längengrad:
    099°17’514“

    Maximale Höhe:
    1595 m über dem Meer

Nach einer erholsamen Nacht haben sich die Menisken beruhigt. Die offenen Blasen sind mit Pflastern abgeklebt wodurch ich wieder in der Lage bin rund zu gehen. Weil uns Bilgee in Tsgaan Nuur verlassen wird und sich bisher um die Verschnürung der Ladung gekümmert hat, zeigt er mir vor dem heutigen Aufbruch die spezielle Knotentechnik. Um 12:00 Uhr sind wir dann soweit und verlassen unseren Campplatz. Der Weg ist noch immer sehr schlecht, bessert sich aber sobald wir am ehemaligen Wintercamp der Tuwa vorüberkommen. Wir erreichen offenes Land und lassen die Taiga hinter uns. Jurten und ein paar vereinzelnde Blockhäuser tauchen auf. Ab diesem Zeitpunkt befinden wir uns wieder in der mongolischen Zivilisation. Es ist ein eigenartiges und befreites Gefühl zugleich. Nach knapp vier Marschstunden fordert Bilgee eine Pause für die Pferde. Wir heben die schweren Seesäcke und Kuriertaschen von ihren Rücken und breiten die große Filzmatte, die einst die Unterlage für unser Wandan war, auf dem braunen, trockenen Rasen aus. Erschöpft lassen wir uns darauf nieder, trinken heißen Tee und essen die letzten Scheiben meines gebackenen Brotes.

Kurz bevor wir einen wunderschönen Lagerplatz in einer schattenspendenden Schlucht erreichen, entdeckt Mogi wieder eine Schafherde. Wie zu erwarten schießt er los, um eines der lieblichen Tierchen zu reißen. Zum Glück trägt er einen Maulkorb, den er trotz aller Bemühungen nicht mehr herunter bekommt. Wir kümmern uns nicht um unseren Hund und verlassen die Ebene, um auf einem schmalen Pfad in die Schlucht zu gelangen. Unten angekommen empfängt uns ein kleiner Fluss dessen Ufer von saftigen Grün gesäumt ist. „Ein schöner Ort“, sage ich mich auf das Lager freuend. „Denis! Dort vorne ist Mogi!“, ruft Tanja. „Ja er scheint sich in den Fluten abzukühlen“, antworte ich gelassen. „Siehst du nicht das er ein Schaf hineingetrieben hat?“, fährt mir Tanjas Frage in die Glieder. „Was? Ein Schaf?“, frage ich aufgeregt in die Richtung Blickend aus der das Bellen kommt. Tatsächlich entdecke jetzt auch ich das Schaf. „Hier nimm!“, sage ich aufgeregt, gebe Tanja die Leine von Sar und stürme los. Beim Näherkommen erkenne ich Mogi der mit seinem Körper auf dem Wolltier liegt, um es zu ertränken. Ohne mir die Zeit zu nehmen die Schuhe auszuziehen springe ich in die Fluten und werfe ein vorher am Ufer gegriffenen Ast in seine Richtung. Schon als mich Mogi heranfliegen sieht lässt er von dem Schaf ab und stürmt durch das Wasser davon. Im Adrenalinrausch schnappe ich mir das vor Nässe triefende Wollknäuel und hieve es aufs Ufer. Kaum ist das Tier in Sicherheit stürme ich zu unserem Lager zurück und hoffe darauf vom Schafhirten nicht gesehen worden zu sein. Bilgee hat uns vor wenigen Tagen noch erklärt, dass Mogi auch erschossen wird wenn er die Schaf- und Ziegenherden auseinandertreibt. Da spielt es keine Rolle ob er einen Maulkorb trägt oder nicht. Nervös Blicken wir nach oben zum felsigen Rand der Schlucht ob ein Hirte angewütet kommt, um an unserem Vierbeiner Rache zu nehmen. „Vielleicht hat es keiner gesehen?“, sage ich. „Kann sein diesmal von der Rache des Schäfers verschont zu bleiben“, meint Tanja ebenfalls hoffend. Als der größte Jäger aller Zeiten tropfend vor Nässe zu uns läuft vertreibe ich ihn schreiend. Verwirrt setzt er sich in hundert Meter Abstand zu uns ins Gras und wartet bis ich mich wieder beruhigt habe. „Ab morgen musst du ihn wieder an die Leine nehmen“, bestimmt Tanja. „Was? An die Leine? Es reicht doch aus wenn ich zu Fuß unterwegs sein muss und mein Pferd hinter mir her führe“, antworte ich ärgerlich. „Wenn wir ein weiteres Disaster verhindern wollen ist es besser auch Mogi zu führen. Ist doch nur für 300 Kilometer. Ab Mörön besitzen wir wieder unseren Pferdewagen an den wir ihn binden können“, meint Tanja versöhnlich. „Nur 300 Kilometer!“, rufe ich in Mogis Richtung schimpfend der daraufhin einen größeren Sicherheitsabstand einnimmt.

Eine weitere Stunde verstreicht. Noch immer ist kein Hirte aufgetaucht. Wir sitzen direkt neben dem Flussufer am Campfeuer und unterhalten uns darüber ob wir in Zukunft ohne Pferdemann weiterreisen möchten oder nicht. Da ich in der Lage bin durch gutes Kartenmaterial und einen GPS-Computer unsere Position zu bestimmen, die Ladung selbst zu verschnüren und wir unsere Pferde mittlerweile kennen, benötigen wir keine dritte Person auf die wir uns wieder einstellen müssen. Auf der anderen Seite warnt man uns ständig vor Pferdedieben oder auch Raubüberfällen. „Zu dritt sind wir stärker und können besser auf unsere Pferde achten“, gebe ich zu Bedenken, da Tanja dafür plädiert alleine weiterzumachen. „Wenn wir einen Mann bekommen sollten der während der Touristensaison finanzierbar und sympathisch ist nehmen wir ihn mit, wenn nicht gehe wir alleine weiter und hoffen auf unseren Schutz unbehelligt durch das Diebesgebiet zu kommen“, schlage ich vor. „Ihr braucht unbedingt einen neuen Pferdemann. Pferde sind keine Kamele und benötigen jeden Tag Wasser“, ist Bilgees eigenwilliges Argument als würden wir unsere Tiere verdursten lassen. „Das wissen wir doch Bilgee“, entgegne ich gelassen. „Aber ihr wisst nicht wo es Wasser und Gras gibt“, erwidert er. „Flüsse und Seen sind in den Karten verzeichnet und Gras ist zurzeit anscheinend überall nicht gut. Die Mongolei braucht dringend Regen. Daran kann ein neuer Pferdemann auch nichts ändern“, sage ich. Bilgee ist bei dem Gedanken, wir könnten alleine weitermachen, sichtlich unwohl. Offensichtlich fühlt er sich für uns mehr verantwortlich als wir dachten. Auch die Pferde und Tuya sind ihm ans Herz gewachsen. In den vielen Gesprächen konnten wir feststellen, dass er diese Reise auch als seine persönliche Reise betrachtet. „Ich komme auf jeden Fall am 20. Juli wieder nach Mörön. Ich werde meine Kinder und zwei Pferde mitbringen. Das ist versprochen. Ich würde ja gerne weiter mit euch nach Mörön ziehen aber meine Kinder wollen mich sehen und ich muss einen wichtigen Job erledigen. Das habe ich euch ja schon erzählt. Ich bitte euch deswegen dringend auf meinen Rat zu hören und in meiner Abwesenheit einen neuen Mann einzustellen“, sagt er sich wiederholend.

Wir freuen uns über Kommentare!

This site is registered on wpml.org as a development site.