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E-Bike-Expedition Teil 4 Vietnam - Online Tagebuch 2016-2017

Mausbaby als Markierungsstift – In der Märchenwelt am Mekong

N 10°41’50.7’’ E 105°07’35.9’’
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    Datum:
    26.03.2017

    Tag: 635

    Land:
    Vietnam

    Provinz:
    An Giang

    Ort:
    Châu Đốc

    Breitengrad N:
    10°41’50.7’’

    Längengrad E:
    105°07’35.9’’

    Tageskilometer:
    74 km

    Gesamtkilometer:
    23.208 km

    Luftlinie:
    61 km

    Durchschnitts Geschwindigkeit:
    22.1 km/h

    Maximale Geschwindigkeit:
    32.6 km/h

    Fahrzeit:
    3:20 Std.

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt / Schotter

    Maximale Höhe:
    14 m

    Gesamthöhenmeter:
    70.321 m

    Höhenmeter für den Tag:
    97 m

    Sonnenaufgang:
    06:00 Uhr

    Sonnenuntergang:
    18:10 Uhr

    Temperatur Tag max:
    37°C

    Aufbruch:
    8:00

    Ankunftszeit:
    13:00 Uhr

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Am Morgen sind wir froh das grottige Zimmer verlassen zu können. Wir genießen die noch angenehme Temperatur der frühen Morgenstunde und setzen unseren Weg durch das traumhaft schöne Mekongdelta fort. Schon um diese frühe Stunde herrscht reges Treiben. Vielleicht nutzen die hier lebenden Menschen ebenfalls die erträglichen Temperaturen, um ihre Arbeit noch vor der kommenden Mittagshitze zu erledigen?

Vor uns ist plötzlich die kleine Straße gesperrt. Ein Aufgebot von Polizisten versucht den Verkehr zu regeln. Nur langsam geht es voran, bis wir das völlig demolierte Moped neben einem Tracktor liegen sehen. Eine große Blutlache um einen leblosen Körper zeugt von einem tragischen Unfall. Ein Polizist versucht eine Markierung auf den heißen Asphalt zu zeichnen. Als ich langsam näher komme, und erkenne was er da in der Hand hält, fallen mir vor Schreck fast die Augen aus dem Kopf. Es ist ein Mäusebaby, dessen kleinen Körper er auf die Straße quetscht, um mit dem bisschen Blut einen Strich zu ziehen. Sicherlich ist der Polizist kein perverser Mensch der für seine Markierungsarbeiten eine Maus bevorzugt anstatt ein Stückchen Kreide zu nutzen. Wahrscheinlicher ist eher, dass er sein Handwerkszeug zur Unfallvermessung im Büro vergessen hat und sich nun mit einem Lebewesen aushilft. Warum er allerdings schneller eine Maus anstatt einen Stift an die Hand bekommen hat, wird mir ein Rätsel bleiben.

Nach der Unfallstelle folgen wir einer Straße dessen Anwohner in ihren kleinen Gärten wunderschöne, zurzeit blühenden Blumen, gepflanzt haben. Im Gegensatz zu den meist schmutzigen, tristen Vorhöfen aller Häuser in Südvietnam, sieht es hier richtig gepflegt aus. Die Deltabewohner winken uns nach wie vor freundlich zu. Manchmal halten wir an einem Straßenladen an, um frisches Wasser für unsere leer gesaugten Trinkrucksäcke zu kaufen.

An einer Kreuzung bin ich mir nicht sicher welche Richtung wir einschlagen sollen. Ich frage einen Mopedfahrer. „Ich zeige ihnen den Weg!“, sagt er und düst voraus. Als wir einen mächtigen Arm des Mekongflusses erreichen, endet die Straße. „Wir müssen die Fähre nehmen“, erklärt der freundliche Vietnamese und zahlt die Tickets. Als ich ihm das Geld geben möchte lehnt er vehement ab. „Es freut mich wenn ich ihnen etwas Gutes tun kann“, sagt er lachend und rollt mit uns auf die stählernen Blanken des alten Kahns. Auf der anderen Seite zeigt er uns noch wie wir weiterfahren müssen, verabschiedet sich und verschwindet im Verkehrsgewühl.

Plötzlich kommt uns eine nicht enden wollende Rikschaschlange entgegen. Jeder Rikschafahrer befördert eine massiv übergewichtige Frau oder Mann, die entweder laut lachen, sich gegenseitig etwas zurufen oder wie wild herum fotografieren. „Das sind Kreuzfahrer“, stellt Tanja fest. „Kreuzfahrer?“, wundere ich mich. „Ja, hast du bei der Überfahrt nicht das riesige Kreuzfahrtschiff gesehen?“ „Nö, habe wahrscheinlich die ganze Zeit in die andere Richtung geblickt.“ „Das Schiff fährt unter amerikanischer Flagge“, meint Tanja, was wiederum erklärt warum die Touristen wegen dem Überkonsum von Fastfood unter der wahnsinnigen Dickleibigkeit leiden. Ich hebe meine Hand, um die Ausländer zu grüßen. Keiner von ihnen nimmt uns wahr oder reagiert auf die wohlgemeinte Geste. „Die sind in ihrer Welt. Sehen ständig Weiße auf dem Schiff. Da fallen wir mit unseren Rädern und Hund nicht auf“, erklärt Tanja.

Wir biegen in eine Seitengasse ein die uns an einem kleinen Nebenarm des Mekongs entlangführt. Als hätten wir das Tor zu einer anderen, längst vergangenen Welt durchfahren, befinden wir uns urplötzlich in einem ursprünglichen Vietnam. „So hat es hier bestimmt auch schon vor zweihundert Jahren ausgesehen“, bin ich begeistert. Grüne, ausladende Bäume beugen ihre teils mächtigen Äste über den unbefestigten schmalen Weg. Menschen sitzen vor ihren Holzhütten, trinken Tee, unterhalten sich, oder diskutieren. Andere liegen in ihren Hängematten und beobachten das Treiben vor ihrem Häuschen. Manche essen gerade zu Mittag oder glotzen in einen alten Fernseher. Vor einigen Hütten ist ein aus Bambus oder Holz errichteter Viehstall, in dem die hiesigen Bewohner ihren größten Schatz, ein Rind oder Wasserbüffel, halten.

Auf dem Nebenarm des Mekongs tuckern Langboote auf und ab. Alle paar hundert Meter knattert ein kräftiger Dieselmotor, um Wasser aus dem Fluss auf die nahen Felder zu pumpen. In unregelmäßigen Abständen führen Holz- oder auch Stahlhängebrücken über den Fluss. Mopeds, mit allem Erdenklichen und Unerdenklichen Gütern, nutzen diese Möglichkeit, um auf die andere Seite zu gelangen. Da der kleine Track nicht auf der Karte ist navigiere ich mehr oder weniger nach Gefühl. Ein Grund warum auch wir öfter die Flussseite wechseln, um zu sehen ob und wie wir auf der anderen Uferseite weiterkommen. An einer Überdachung, unter der drei Männer gerade einen riesigen, einst wunderschönen Tropenbaum zerkleinern, frage ich erneut nach dem Weg. Die überraschten Zimmerleute deuten auf eine der Brücken zur anderen Seite. Ich bedanke mich und düse mit Schwung auf die über den Fluss hängende Konstruktion. Auf der anderen Seite geht es steil nach unten und am Ende in eine enge Kurve. Ich warte auf Tanja. Auch sie fährt die abschüssige Brücke hinunter. Als sie um die Kurve kommt ist sie sehr langsam. Sie verliert das Gleichgewicht, kann ihr schwere Rad nicht mehr halten, welches auf die Seite kippt. Tanja ist wie durch ein Wunder nichts geschehen. Auch das Rad hat bis auf ein paar Schürfungen an den Satteltaschen nichts abbekommen. „Bin froh dass du heil bist“, sage ich erleichtert, worauf wir unsere Fahrt durch die vietnamesische Märchenwelt im Mekongdelta fortsetzen.

Bei 37 Grad im Schatten erreichen wir völlig verschwitzt und müde, aber wohlbehalten unsere Unterkunft. Weil wir schneller vorangekommen sind als geplant, haben wir in der interessante Stadt Châu Đốc ein paar Tage, bis wir die letzten 100 Kilometer zur Grenzstadt Hà Tiên in Angriff nehmen. Somit geht in diesem vielseitigen, tragischen und zugleich wunderschönen Land eine für uns unvergessliche Zeit zu Ende…

Wer mehr über unsere Abenteuer erfahren möchte, findet unsere Bücher unter diesem Link.

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH http://roda-computer.com/ Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung. Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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