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E-Bike-Expedition Teil 4 Vietnam - Online Tagebuch 2016-2017

Mekongdelta

N 10°50’08.4’’ E 105°40’12.5’’
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    Datum:
    25.03.2017

    Tag: 634

    Land:
    Vietnam

    Provinz:
    Long An

    Ort:
    Tân Hưng

    Breitengrad N:
    10°50’08.4’’

    Längengrad E:
    105°40’12.5’’

    Tageskilometer:
    50 km

    Gesamtkilometer:
    23.134 km

    Luftlinie:
    44 km

    Durchschnitts Geschwindigkeit:
    24.4 km/h

    Maximale Geschwindigkeit:
    28.7 km/h

    Fahrzeit:
    2:00 Std.

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Maximale Höhe:
    10 m

    Gesamthöhenmeter:
    70.224 m

    Höhenmeter für den Tag:
    70 m

    Sonnenaufgang:
    05:58 Uhr

    Sonnenuntergang:
    18:08 Uhr

    Temperatur Tag max:
    34°C

    Aufbruch:
    7:00 Uhr

    Ankunftszeit:
    11:30 Uhr

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Während ich die Bikes lade, geht Tanja zahlen. Jetzt kostet das Zimmer nicht mehr wie gestern Nachmittag vereinbart 110.000 (4,51 €), sondern 250.000 Dong. (10,26 €) Mit überaus freundlichen Worten entschuldigt sich die Inhaberin jetzt doch einen Stundenpreis für ihr 24-Stundenhotel zu verlangen. Wir sind entsetzt, zahlen nicht und verweisen auf ihre Aussage von gestern. Das Gesicht der Frau erstarrt augenblicklich zu Eis und ihre Worte sind plötzlich nicht mehr nett, sondern sie brüllt mich an, stupst mir unaufhörlich mit ihren Finger gegen den Oberarm und fordert lauthals ihr Geld. Ich bleibe gelassen. Ihr Mann eilt herbei und versucht seine Frau zu beruhigen, die wie ein auf geschrecktes Huhn den Gang auf und abstürmt. Um eine weitere Eskalation zu vermeiden einige ich mich mit dem jungen und freundlichen Hausherren auf 200.000 Dong. (8,21 €). Als Tanja ihm das Geld gibt hat er plötzlich ein schlechtes Gewissen und überreicht uns zwei Flaschen Mineralwasser. Ich bin gerade dabei die Geschenke in den Satteltaschen zu verstauen, als der Lodge-Inhaber erneut angelaufen kommt und uns eine ganze Packung Reinigungstücher schenkt. Als wir die Räder aus der Lodge auf die schmale Straße rollen, winkt uns der Mann hinterher und sagt; „Ich hoffe sie kommen bald wieder.“

Mein Magen grummelt noch immer vor sich hin. Auch scheinen die Bakterien von mir auf Tanja übergesprungen zu sein. „Wie geht’s dir?“, frage ich, als wir auf der leeren Straße nebeneinander fahren. „Hoffe es wird nicht schlimmer, denke aber, dass ich das heute schon durchhalte.“ Inzwischen sind wir mitten im Mekongdelta, ein Netz aus Flussarmen, die wiederum durch Kanäle miteinander verbunden sind. Das ca. 39.000 km² große Gebiet, wächst durch die unaufhörlich heran geschwemmten Sedimente jährlich um 80 Meter. Obwohl es in dieser Region nicht die geringste Erhebung gibt, ist die Landschaftsform der Flüsse, Kanäle und riesigen Reisfelder wunderschön. Der Reisanbau wurde erst während der französischen Kolonialzeit begonnen und dessen Anbaufläche verzehnfachte sich bis im Jahre 1930. Heute beschenkt der fruchtbare Boden die Bauern in drei Jahresernten mit 16 Millionen Tonnen Reis.

Abgesehen von der Hitze genießen wir die Fahrt durch das fruchtbare Schwemmland in dem intensive Landwirtschaft betrieben wird. Wir folgen einer kerzengeraden Straße, die links und rechts von je einem Kanal begrenzt wird. Lastenkähne, kleinere Transport- und Langboote tuckern an uns vorbei. Halb zerfallene Holzhütten kauern sich auf dem schmalen Erdstreifen zwischen Straße und Wasser. Die Bewohner dieser Wasserwelt besitzen kleine Boote mit denen sie die zahlreichen Wasserwege nutzen, von denen es hier weit mehr als Straßen gibt. An einer der einfachen Unterstände halten wir an um eine Phở zu bestellen. Obwohl wir erst seit 1 ½ Stunden unterwegs sind und es erst 8:30 Uhr am Morgen ist, fühlen wir uns angeschlagen. „Puh, weiß nicht was schlimmer ist, Kälte oder diese Affenhitze?“ „Für einen Radfahrer ist beides nicht der Knüller“, antwortet Tanja trocken. „Was machen deine Bauchweh?“ „Tun weh.“ „Hm, bei mir grummelt es auch noch. Ob sie uns irgendwo wieder verdorbenes Essen gegeben haben?“, überlege ich und sehe mir in der primitiven Küche, bestehend aus zwei schmutzigen Töpfen und einer Feuerstelle auf dem Boden, das Zubereitete an. Verwelktes Gemüse und in der Sonne schwitzendes Schweinefleisch. „Weiß nicht ob wir hier essen sollen?“, bin ich völlig verunsichert. Nach einigem hin und her bestellen wir eine Phở ohne Fleisch. Ich setze mich in die Hängematte und löffle die gut schmeckende Suppe. Dabei beobachte ich aus dem Augenwinkel die Frau, ihre zwei Kinder und den Mann, die sich gerade alle unter dem Wellblechdach befinden und vor der Sonne schützen. Ob sie zum Volk der Cham gehören? Ein sunnitisch-muslimisches Reisbauernvolk, die hier im Delta eine kleine Minderheitengruppe stellen? Oder gehören sie zu den Khmer, den einstigen Besitzern des Mekongdeltas, die heute nur noch als eine weitere kleine Minderheitengruppe in Vietnam leben und mit 12 Millionen Einwohner die größte Ethnie im Nachbarland sind. Ganz sicher sind es keine Hoa, denke ich mir, weil sie nicht chinesisch aussehen. Die Hoa gehören zu einer bedeutenden, schon lange in Vietnam lebenden, Minderheit. Sie haben sich bis heute nicht wirklich assimiliert, schotten sich ab und bleiben unter sich.

„Denis! Was ist los? Du siehst so nachdenklich aus.“ „Habe tatsächlich gerade überlegt welchem Volk diese Menschen hier angehören?“ „Was dir so alles durch den Kopf geht?“ „Liegt wahrscheinlich an der umfangreichen Dokumentationsarbeit“, antworte ich, denn es gibt kaum Momente in denen ich nicht über die Probleme, die die Umweltverschmutzung mit sich bringt, über die Menschen, die in diesen Ländern leben, welchen Religionen sie anhängen und Unmengen mehr, nachdenke. „Und was glaubst du welchen Gott sie anbeten?“, fragt Tanja, nachdem ich ihr über meine Überlegungen der hier ansässigen Minderheiten erzählte. „Woher soll ich das wissen?“ „Den Moslems sieht man ihre Religionsangehörigkeit an. Ich habe im Delta schon einige Frauen mit Kopftuch und Männer mit der Moslemkappe gesehen.“ „Ja, klar, den Moslems sieht man es an, aber bei den anderen Volksgruppen verrät es die Kleidung nicht. Ich weiß nur, dass hier neben vielen Buddhisten, Katholiken und den von dir erwähnten Moslems auch Cao Đài und Hòa Hao gibt.“ „Cao Đài und Hòa Hao? Was ist das denn“ „Der Caodaismus wurde 1926 im Süden dieses Landes gegründet. Nachdem was ich gelesen habe hat der Religionsstifter die Offenbarung durch spiritistische Sitzungen empfangen. Dieser Glaube lehrt die Seelenwanderung und hält die moralischen Grundsätze wie Vegetarismus, Alkoholverbot, Selbstlosigkeit, Nächstenliebe und Armut als moralische Pflicht. Interessanterweise ist es die drittgrößte Religion des Landes.“ „Echt? Wie viele Caodaisten, oder wie man die nennt, gibt es denn?“ Da ist man sich nicht einig. Die Schätzungen liegen zwischen zwei und acht Millionen Gläubigen.“ „Wow, das hätte ich jetzt nicht gedacht. Und was hat es mit den Hoa Hao auf sich?“ „Soweit ich weiß wurde diese buddhistische Religion, ich glaube man nennt sie Hoahaoism, im Jahre 1939 von einem jungen Mann gegründet der hier im Flussdelta lebte. Zur Zeit des Vietnamkrieges war die Hoa Hao Sekte eine gut organisierte und bewaffnete Widerstandsgruppe die im Süden Vietnams große Gebiete beherrschte und sich gegen die Regierung und Besatzer stellte. Heute gibt es in ganz Vietnam zwei Millionen Anhänger. In manchen Regionen des Mekongdeltas praktizieren sogar über 90 Prozent den Hoahaoism.“ „Lass uns weiterfahren. Es wird mit jeder Minute wärmer“, unterbricht Tanja unseren Ausflug in die Religionen des Deltas.

Auf unseren weiteren Weg durch die Fluss- und Kanallandschaft, die zum Königreich der Khmer gehörte, später von der vietnamesischen Herrschern an Vietnam angegliedert wurde, in dem zwischen dem 18. und 19. Jh. Seuchen herrschten und es sicherlich deswegen nur schwach besiedelt war, beobachten wir heute reges Treiben. Nachdem Vietnamkrieg, während dessen das Mekongdelta einer der Hauptschauplätze der Kämpfe zwischen den NLF-Guerilleros und den US-Streitkräften war, welches immer wieder von den Roten Khmer angegriffen wurde, weil sie es aus historischen Gründen für sich beanspruchten, herrscht zurzeit zum Glück Frieden.

Nach 50 km erreichen wir den Ort Tân Hưng. Dort finden wir ein blau angestrichenes Hotel in dem es kein einziges Fenster gibt. Weil heute Samstag ist, und deswegen nahezu alle Gästehäuser und Hotels in der kommenden Grenzstadt, hauptsächlich durch einheimische Reisende, ausgebucht sind, beziehen wir für 200.000 Dong eines der schäbigen dunklen Zimmer…

Wer mehr über unsere Abenteuer erfahren möchte, findet unsere Bücher unter diesem Link.

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH http://roda-computer.com/ Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung. Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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