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E-Bike-Expedition Teil 4 Vietnam - Online Tagebuch 2016-2017

Leben im Reisfeld

N 20°39’14.6’’ E 105°04’01.5’’
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    Datum:
    01.08.2016 bis 05.08.2016

    Tag: 401 -405

    Land:
    Vietnam

    Provinz:
    Hòa Bình

    Ort:
    Mai Chau

    Breitengrad N:
    20°39’14.6’’

    Längengrad E:
    105°04’01.5’’

    Gesamtkilometer:
    18.156 km

    Maximale Höhe:
    190 m

    Gesamthöhenmeter:
    54.835 m

    Sonnenaufgang:
    05:33 Uhr – 05:35 Uhr

    Sonnenuntergang:
    18:38 Uhr – 18:36 Uhr

    Temperatur Tag max:
    32°C

    Temperatur Tag min:
    21°C

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Wir genießen unseren Aufenthalt in der Nature Lodge, eingebettet in den Reisfeldern von dessen Anblick man einfach nicht genug bekommen kann. Das Personal ist äußerst liebenswert und zuvorkommend. Irgendwie haben wir Glück gerade in diesen Tagen hier zu verweilen, weil der Besitzer Man Do 70 Prozent seines im eigenen Schweiß aufgebauten Gästehauses an vier Investoren verkauft hat. Das heißt, es wird in wenigen Monaten mindestens dreimal so groß sein. Nebenan bauen bis zu 30 Arbeiter an weiteren 7 Bungalows, was eventuell zur Folge hat, dass die idyllische familiäre Atmosphäre zwangsläufig darunter leiden wird. Aber egal, jetzt ist es hier absolut angenehm und wir schwelgen im Augenblick des Seins.

Unsere Tage sind gefüllt mit dem Aufzeichnen unserer Erlebnisse, dem Archivieren der vielen Bilder und dem Beantworten von Leserfragen. Während ich kräftig in die Tasten haue, fährt Tanja in die 140 Kilometer entfernte Hauptstadt Hanoi, um unsere Zweitpässe mit dem weiteren Vietnam- und dem Laosvisum abzuholen. Die Firma, die für uns die Visa in Deutschland besorgt, hat die Pässe zur Deutschen Botschaft geschickt, die dort für uns freundlicherweise aufbewahrt wurden. Nachdem Tanja wieder da ist, wir die Visadaten noch mal auf ihre Richtigkeit geprüft haben, machen wir uns an die Reiseroutenplanung nach Laos. „Schaffen wir es in 12 Tagen bis zur laotischen Grenze?“, fragt Tanja. „Es sind knapp 500 Kilometer bis dorthin. Das sollte kein Problem sein. Morgen gehe ich mit Ka (Manager der Nature Lodge) nach Mai Chau, um den Anhänger zu reparieren. Danach sind wir für eine längere Strecke wieder präpariert“, bin ich mir sicher. Noch am gleichen Tag arbeite ich eine Route durch Laos aus. Unser Ziel ist eventuell der Elephant Conservation Center in Nordwestlaos. Dort wollen wir uns erkundigen ob es alternativ zu unserem geplanten Elefantentrip in Myanmar machbar ist, mit einem Elefanten einen Teil von Laos zu durchqueren. Das wird eine Teiletappe auf unserer nächsten E-Bike Tour sein, während der wir Myanmar, Thailand, evtl. Laos, auf jeden Fall Malaysia und Indonesien von Sumatra bis zur Insel Timor erkunden wollen. Weil Elefanten meine Lieblingstiere sind, hege ich schon seit meiner frühen Kindheit den Traum mit einem Dickhäuter unterwegs zu sein. Bereits 1996 hatten wir mit unserer Elefantenkuh Bawan Kumari, übersetzt Jungfrau der Lüfte, das Tiefland Nepals entlang der indischen Grenze durchquert. Allerdings wurde Bawan in der Wildnis gefangen und wurde von den Menschen zur Arbeit gezwungen. Wir kauften sie für die Zeit unserer Reise von der Arbeit frei. Leider hatte man uns verschwiegen, das Bawan verständlicherweise auf Menschen nicht gut zu sprechen war, weswegen sie drei ihrer Mahouts (Elefantenführer) umbrachte. Auch während unserer damaligen Reise versuchte sie mehrfach uns oder andere Passanten zu töten. Zum Glück verletzte ich mir bei einer Attacke nur die rechte Schulter. Bei der nächsten Reise mit einem Elefanten versuchen wir einen mit friedlicher Gesinnung zu bekommen. Der Sinn hinter dieser außergewöhnlichen Elefantenexkursion liegt nicht alleine in der Freude mit so einem großen Tier unterwegs sein zu dürfen, sondern vor allem darin auf die weltweite Bedrohung der Elefanten, den illegalen Elfenbeinhandel, die massenhafte Tötung, 30.000 im Jahr, hinzuweisen. Bevor wir Europäer auf den afrikanischen Kontinent kamen, lebten dort Schätzungen zufolge bis zu 20 Millionen Elefanten. 1979 waren es noch etwa 1,3 Millionen. Von 2007 bis 2014 sind ein Drittel der gesamten afrikanischen Elefantenpopulation meist von Wilderern erschossen worden. In Teilen der Demokratischen Republik Kongo, Kameruns und Sambias sind sie bereits ausgerottet. Die Bedrohung der asiatischen Elefanten steht da um nichts nach. Gründe dafür sind zahlreich. Tanja und ich sind der Überzeugung, dass wir durch eine persönliche Bindung zwischen uns und einem Elefanten und der gemeinsamen Reise viel über dieses Tier erfahren und durch unsere Geschichte viele Menschen erreichen. Ein äußerst spannendes Unterfangen auf das wir uns schon jetzt freuen. Da es sicherlich nicht einfach ist einen Elefanten zu bekommen, ist es nicht verkehrt schon jetzt die Fühler auszustrecken.

Abends sitzen wir in der kleinen Gartenanlage und unterhalten uns mit Touristen die größtenteils direkt aus Hanoi nur für einen Tag in das Tal der üppigen Reisfelder kommen, um mit einer kleinen Radtour oder Wanderung die Schönheit der Gegend zu erkunden. „Na du siehst ja richtig genervt aus“, spreche ich einen jungen Engländer an der missmutig auf dem Stuhl hockt und auf den Boden blickt. „Ich bin angepisst. Das stimmt. Auf dem Weg von Hanoi bis hierher ist das Moped von meinem Freund Ben acht Mal zusammengebrochen. Es war eine üble Fahrt und jetzt sitzen wir hier fest weil die Werkstatt geschlossen hat.“ „Sorry, klingt vielleicht etwas blöd, aber alles was geschieht hat einen Sinn. Vielleicht sollt ihr an diesem wunderschönen Ort ein paar Tage bleiben und das Leben genießen“, erkläre ich, worauf sich seine Gesichtszüge erhellen und wir ins Gespräch kommen. Es dauert nicht lange und sein Freund Ben sitzt mit am Tisch. Unsere Wellenlänge stimmt vom ersten Augenblick und aus der anfänglichen Frage entwickelt sich ein Gespräch bis morgens um 2:00 Uhr. Die beiden wollen innerhalb von drei Wochen Vietnam von Nord nach Süd durchqueren. Eine irre Strecke, die, wenn man etwas von dem Land sehen möchte, nicht zu bewältigen ist. Am nächsten Tag sind sie noch immer in der Lodge weil das Moped von Ben nach einer erneuten Reparatur wieder kaputt ist. Jetzt will der Mechaniker das Ding generalüberholen. Mittlerweile können sie über die Situation lachen und versuchen das Beste aus ihrem Zwangsaufenthalt im Paradies zu machen.

Am nächsten Tag fahre ich mit Ka in das Städtchen Mai Chau. Der hilfsbereite Manager hat eine metallverarbeitende Werkstatt ausfindig gemacht. Wir zeigen dem Handwerker die Stelle an der die Bodenwanne verstärkt werden soll. Er nickt, schwingt sich auf sein Moped und knattert davon. Fünf Minuten vergehen als er mit einem dreieckigen, etwa 2 Millimeter starken Blechstück, wieder auftaucht. Bedeutsam zeigt er wie er aus dem schwer angerosteten Teil einen passenden Streifen rausflexen möchte. „Okay“, sage ich, worauf er seine Arbeit beginnt. „Schau dir das an“, sagt Ka und deutet auf den Riss in der Bodenwanne, der nach dem Abschrauben des neuen Deichselschaftes zu sehen ist. „Wow, das hätte nicht mehr lange gehalten“, antworte ich erschrocken und erleichtert mit dieser Aktion gerade noch rechtzeitig eine schwere Panne vermieten zu haben.

Eine Stunde später haben Ka, der Werkstattbesitzer und ich mit dem angefertigten, jetzt polierten Metallstreifen, die Bodenwanne verstärkt. „An dieser Stelle wird sie sicherlich nicht mehr reißen“, lache ich. „Was bin ich dir schuldig?“, frage ich den freundlichen Mann. „90.000 Dong“, (3,60 €) sagt er. Ich bedanke mich. Da ich in Sa Pa für vier gebohrte Löcher 200.000 Dong (8,- €) berappen musste, freue ich mich ganz besonders über die Ehrlichkeit des Mechanikers. Auf der Rückfahrt in die Lodge ist kein Knacken mehr zu hören, weswegen ich hoffe dieses Problem ein für allemal aus der Welt geschafft zu haben.

Die Tage vergehen schnell. Spätnachmittags unternehmen wir manchmal kurze Ausflüge in die Reisfelder und sehen den Bauern bei der Arbeit zu. Ein Mädchen sitzt am Flussufer im Schatten eines Baumes und wacht über ihre Wasserbüffel, die gerade ein Bad nehmen. Armselige Hütten stehen auf armseligen Stelzen mitten im sonnenüberfluteten Reisfeld. Eine Bäuerin wäscht ihre Kleider in einem Bewässerungskanal. Der romantische Anblick der Szene kann die Armut mancher hier lebenden Menschen nicht überspielen. Die Meisten von ihnen gehören zu den ethnischen Minderheiten des Thaivolkes. Sie wohnen nach wie vor in den traditionellen Stelzenhäusern, in dessen einzigen Raum das gesamte soziale Leben abläuft. Nachts wird diese luftige Räumlichkeit das Schlafzimmer für die Familie und tagsüber wird dort gegessen, geruht, diskutiert und manchmal auch gefeiert. Die Thai tragen bei festlichen Anlässen bunte handgewebte Kleidung die sie am Webstuhl unter großen Aufwand selbst herstellen.

„Eigentlich würde ich hier gerne länger bleiben“, sage ich zu Tanja, während einer kurzen Wanderung, noch nicht ahnend was das Schicksal für uns vorgesehen hat. „Mir gefällt es auch sehr gut aber du hast selbst gesagt, dass wir mindestens 10 Tage bis zur laotischen Grenze benötigen.“ „Ja, ja, ich weiß. Die blöden Aufenthaltsbegrenzungen in den Ländern sind echt nervig.“ „Auf unserem weiteren Weg gibt es auch schöne Plätze.“ „Du hast ja recht“, antworte ich wissend nicht ewig bleiben zu können und mich auch darauf freuend was in Laos auf uns wartet.

Dooong! Doong! Dong!, rufen uns die Trommelschläge zu der abendlichen traditionellen Tanzveranstaltung einer ethnischen Gruppe. Wir laufen zu dem Platz an dem bei gutem Wetter die Gäste ihr Essen einnehmen oder sich zur Unterhaltung treffen. Eine grobe, von Tropenpflanzen überwucherte Felswand begrenzt das kleine Gelände der Lodge. Etwa 10 Besucher sitzen auf ihren Stühlen und sehen den Frauen und Männern bei ihrem Tanz zu. Bunte Kleider, lachende Gesichter, grazile Tanzbewegungen, die fremdartige Musik und der Rhythmus der Trommelschläge versetzen uns in eine andere Zeit. Meine Blicke gleiten über die etwa 50 Meter hohe Felswand, die im diffusen Licht düster schimmert und verlieren sich in der Schwärze einer kleinen Höhle. Auf einem aus Holz errichteten Altar werden in ihrem Zentrum Weihrauch und Obst den Göttern geopfert. „Weil die französische Luftwaffe während des Indochinakrieges unser kleines Krankenhaus in Mai Chau kaputt gebombt hatte sind die Ärzte in diese Höhle ausgewichen, um die Schwerverletzten mit einfachsten Mittel zu operieren. Du kannst spüren wie kalt es in der Höhle ist. Dabei ist es egal welche Temperaturen außen herrschen, hier drinnen ist es für die Patienten immer angenehm gewesen. Für uns ist diese Höhle ein Mahnmal an diesen schrecklichen Krieg. Es ist für uns ein heiliger Ort, an dem wir an unsere verstorbenen Ahnen denken und täglich opfern“, erklärt mir Ka.

Abends trinke ich mit Louis und Ben noch ein paar Bier. Sie sind heute Morgen mit ihren reparierten Bikes aufgebrochen. Bens Moped ist nach wenigen Kilometer erneut zusammengebrochen, weswegen sie mittags zurückkamen. Morgen wollen sie ein neues Moped kaufen, um endlich ihre Tour durch Vietnam starten zu können. „Also dann bis morgen. Ich drücke euch die Daumen, dass es diesmal klappt“, sage ich, als ich mich von den netten Jungs verabschiede…

Wer mehr über unsere Abenteuer erfahren möchte, findet unsere Bücher unter diesem Link.

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH http://roda-computer.com/ Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung. Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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