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Mongolei/Tsagaan Nuur Camp 2 MONGOLEI EXPEDITION - Die Online-Tagebücher Jahr 2011

Justizbesuch im Tuwa-Camp

N 51°33'337'' E 099°15'341''
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    Tag: 255-256

    Sonnenaufgang:
    06:50/06:48

    Sonnenuntergang:
    20:01/20:02

    Gesamtkilometer:
    1341

    Bodenbeschaffenheit:
    Eis, Schnee

    Temperatur – Tag (Maximum):
    8°C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    0°C

    Temperatur – Nacht:
    minus 13°C

    Breitengrad:
    51°33’337“

    Längengrad:
    099°15’341“

    Maximale Höhe:
    1981 m über dem Meer

„Wer kommt denn da?“, fragen wir Saintsetseg als ein edler, nagelneuer, weißer Jeep neben Gambas Blockhütte hält und in teuren Anzügen gekleidete Mongolen aussteigen. „Bi medehgüj“, („Ich weiß nicht“) sagt sie und zuckt mit den Schultern. „Es ist der höchste richterliche Beamte aus Mörön“, erfahren wir wenig später. „Was möchte er denn hier?“, will Tanja wissen. Wir erfahren, dass der hohe Beamte erst vor kurzem in sein Amt gewählt wurde und sich nun überall im Land vorstellt. Angeblich möchte er die Korruption bekämpfen und alte, bereits abgelegte Rechtsfälle, neu aufnehmen. Bei einem der Fälle geht es um den Streit zweier Ladengeschäfte in Tsagaan Nuur. Einer der Ladenbesitzer hat sich von dem anderen im Laufe der Zeit ein Vermögen von 16 Millionen Tugrik (9.142,- €) ausgeliehen. Jetzt ist er nicht in der Lage das Geld zurückzubezahlen. Daraufhin haben sich die beiden in die Haare bekommen. Weil der Schuldner illegal Felle der Tuwa in seinem Laden verkaufte klagte ihn der andere aus Rache an. „Der Beamte ist bestimmt hier um uns darüber auszufragen“, hören wir.

Mittlerweile haben sich nahezu alle anwesenden Tuwa in Gambas Blockhütte versammelt und erzählen von ihren Problemen und darüber wie man sie in den letzten Jahren betrogen hat. Der übelste Fall handelt von einer haarsträubende Geschichte über Mord und Totschlag.

Vor ein paar Jahren musste Ultsan seinen Militärdienst absolvieren. Damit er nicht alleine nach Tsagaan Nuur reiten musste wurde er von seinem Vater, seinem Bruder und dem Sohn von Saintsetseg begleitet. Im Ort wurden sie von Grenzsoldaten aufgehalten. Die Soldaten nahmen der kleinen Reitergruppe einen Sattel weg. „Ihr könnt ihn wieder haben wenn ihr 10.000 Tugrik (5,61 €) bezahlt“, forderten sie. Daraufhin muss ein Streit entstanden sein denn die Tuwa hatten nicht soviel Geld dabei und sahen auch nicht ein warum sie die korrupten Grenzsoldaten bezahlen sollten. Anscheinend ließen die Soldaten die Männer weiterziehen. Ultsan verabschiedete sich von seinen Verwandten und betrat die kleine Kaserne. Sein Vater machte sich auf, um einen Verwandten in der Westtaiga zu besuchen, während sein Bruder und Cousin eine Nacht im Ort verweilten. Sie wollten am nächsten Morgen den Rückritt ins Tuwa-Camp antreten. Nachdem sie nicht im Camp auftauchten machte man sich sorgen um sie. Einen Tag später fand man die beiden Männer erschlagen im Tsagaan Nuur treiben. Es gab nie eine richtige Untersuchung. Offiziell hieß es, dass die beiden übel zugerichteten Tuwa-Männer zu viel getrunken hatten und deswegen im See Selbstmord begangen haben. Die unzähligen Verletzungen die man ihnen zugefügt hatte waren kein Anlass, um den Fall näher zu untersuchen. Der hohe Beamte verspricht den Tuwa den Fall erneut aufzunehmen.

„Glaubst du der Beamte wird diesen Mordfall wirklich aufklären?“, fragt Tanja als wir am Abend in unserer Jurte sitzen. „Wir befinden uns hier in einer weit abgelegenen mongolischen Provinz. Die Tuwa haben kein Geld für einen Anwalt. Geschweige denn einen guten Anwalt der sie vertritt. Die Sache ist Jahre her und ich kann mir nicht vorstellen, dass der Mord an die beiden jungen Männer gesühnt wird indem man die Täter findet. Warum sollte sich ein Beamter mit persönlichem Engagement dafür einsetzen? Wer weiß wer hinter dieser üblen Tat steckt? Wer weiß warum man damals die Sache nicht weiterverfolgt hatte? Auch wenn man kein erfahren Dorfpolizist ist musste er gewusst haben das die beiden erschlagen wurden. Und trotzdem war die offizielle Aussage Selbstmord. Der Fall stinkt bis zum Himmel. Und irgendwer hat irgendjemanden gedeckt. Das ist was ich glaube.“

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