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Russland/Kharantsy Link zum Tagebuch TRANS-OST-EXPEDITION - Etappe 4

Die Insel auf der Insel

N 53°13'36.1'' E 107°24'47.1''
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    Tag: 52-56

    Sonnenaufgang:
    06:13 – 06:20 Uhr

    Sonnenuntergang:
    21:38 – 21:31 Uhr

    Gesamtkilometer:
    12365.53 Km

    Temperatur – Tag (Maximum):
    31 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    19 °C

    Temperatur – Nacht:
    8 °C

    Breitengrad:
    53°13’36.1“

    Längengrad:
    107°24’47.1“

Tanja

Mit der Aussicht nun endlich den legendären Baikal-See zu sehen und gemeinsam mit Denis erleben zu dürfen bereitet mir die Ankunft in Irkutsk eine unsagbare Freude. Die Nacht vor unserer Überfahrt mit der Bargusin, dem Schiff ab Irkutsk, bin ich so positiv aufgeregt, dass ich immer wieder aufwache.

Froh den Anhänger zurück gelassen zu haben durchradeln wir einmal die Insel der Länge nach. Teilweise denke ich, ich sei zum Weichei mutiert, weil mir das Fahrradfahren durch den Sand doch recht anstrengend vorkommt. Dafür werden wir mit wunderschönen Camps belohnt. Wir genießen zauberhafte Lagerfeuer und einen sagenhaften Blick. Trinken heißen dampfenden Tee. Ich nehme den besondern Anlass hier zu sein war, um mehr als sonst von unseren köstlichen Rapunzel Speisen zuzubereiten. So sitzen wir nun Essen Pasta mit Basilikum-Pesto und lauschen den Wellen und dem Prasseln des Feuers. Wir sind uns unseres Glücks bewusst und in der Freude diese Natur hautnah erleben zu dürfen.

Spüren wir schon intensiv die Insel Olchon als Kraftplatz, so haben Simone und Leonid eine Insel auf der Insel geschaffen. Sobald wir das Anwesen betreten, fühle ich mich wohl und geborgen. Wir sind hingerissen von dem schönen Garten mit Gemüse und Blumen: Der nach der Methode von Maria Thun bearbeitet wird. Der liebreizenden fachgerechten Bauweise der Häuser und Häuschen. Leonid arbeitet daran seit Jahren hingebungsvoll und detailgerecht. Liebenswert laden uns die beiden ein mit ihnen zum Strand zu gehen. Sie zeigen uns ihren Einstiegsplatz, um im Baikal schwimmen zu gehen. “Bikini brauchst du keinen, wir schwimmen immer nackt”, ruft Simone noch als sie schon auf dem Weg ist und sich ihr Badehandtuch überwirft. Warten mögen die Zwei nicht besonderst gerne. Es gibt ja immer so viel zu tun. “Wir laufen schon mal voraus. Biegt da vorne links ab, dann findet ihr uns”, sagt Simone. Schnell springe ich noch und hole Denis. Mir bleibt fast die Spucke weg, als ich beobachte wie gekonnt sich Simone die Felsen hinunter hangelt. Leonid hüpft den letzten Teil und schneller als wir gucken können, sind die beiden splitterfasernackt und Leonid kopfüber in den Baikal gestochen. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass Simone fast 70 Jahre und Leonid 68 Jahre alt ist. “Im Winter gehen wir zum Eisbaden, das frischt immer ganz angenehm auf. Wir stehen danach gerne in der Sonne auf dem Eis. Nach dem Bad ist das dann gar nicht mehr kalt”, erzählt Leonid mit strahlenden Augen. In der Zeit unseres Aufenthalts genieße ich es für Denis und mich in der zur Verfügung stehenden Küche zu kochen. Simone nimmt mich im Auto mit nach Chushir um Lebensmittel einzukaufen. Die Fahrbahnen sind wegen kräftigen Regens zu Matschpisten mutiert. Während Simone Teile aus ihrem interessanten Leben erzählt, surft sie uns über den rutschigen Untergrund. Wieder zurück kaufen wir Quark bei einer Nachbarin. Um abzukürzen nehmen wir einen kleinen Fußweg und Simone klettert über einen Holzzaun. Ihr folgend kann ich mir ein breites Grinsen nicht verkneifen. So könnte ich, fasziniert von dieser ansteckend lebensfrohen und lebensbejahenden Frau, Buchseiten füllen, die von ihrer körperlichen, geistigen Energie und Wendigkeit und ihrem großen Herz sprechen.

Bernhild Halemeyer wird allgemein Simone genannt. Entstanden durch ihren Mädchennamen Simon. Für die Sibirier lässt sich Simone besser aussprechen. 1940 wurde sie um 7:00 Uhr morgens geboren. Ihr Vater meldete sich noch am gleichen Tag um 9:00 Uhr freiwillig zum Krieg gegen Russland und ist 1942 gefallen. 25 Jahre ihres Lebens war Simone Pfarrfrau und hat ihren Mann leider durch einen Sturz vom Baum verloren. Ihren heutigen Partner Leonid hat sie bei einem Lehmhausbau Projekt für Familien in Tschernobyl Minsk kennen gelernt. Gemeinsam sind sie vor 15 Jahren als Touristen nach Sibirien gefahren. Weil die beiden so von der Landschaft und den Menschen beeindruckt waren haben sie sich hier auf der Insel Orchon nieder gelassen. Immer wieder reist Simone zurück nach Deutschland, um ihre drei Söhne und Enkel zu sehen und berichtet in ihrer Kirchengemeinde über die schrecklichen Umstände wie hier Kinder lebten und leben. Sie richtet ein Konto ein und Fördergelder werden zur Unterstützung der Kinder in verschiedenster Form und für die Ausbildung und Studium eingesetzt. Während sie mir so einiges darüber berichtet und sich an die Zustände von damals erinnert füllen sich ihre Augen mit Tränen.

Mein Herz hat sich mit positiven Erfahrungen und dem wunderbaren Vorbild von Simone und Leonid gefüllt und erweitert. Unvergesslich werden mir die Landschaft, der Klang der Wellen des Baikals und die abendlichen Feuer mit dem berauschend schönen Blick in Erinnerung bleiben, weswegen ich im Austausch einen Teil meines Herzens hier lasse.

Wir freuen uns über Kommentare!

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