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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Der Tag nach Goolas Tod

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    Tag: 50 Etappe Zwei

    Sonnenaufgang:
    06:22

    Sonnenuntergang:
    17:38

    Temperatur - Tag (Maximum):
    32 Grad

Edgar Kampf-Camp — 04.08.2001

Wieder ist es ein windstiller heißer Tag. Die Trauer um Goola überdeckt die Stimmung. Istan unser zweiter Patient beginnt mehr Karotten zu fressen. Auch säuft er einen halben Eimer Wasser. Unser Aufbruch hängt von seinem Zustand ab. Wir hoffen auf seine baldige Genesung. Heute befinden wir uns schon den dreiundzwanzigsten Tag in diesem Camp. Bald sind wir einen gesamten Reisemonat im Rückstand. Das heißt ca. 500 Kilometer. Nach meiner ursprünglichen Planung müssten wir in den nächsten Tagen die Aboriginegemeinschaft Kunawarritji erreichen. Nach dem was wir gehört haben beginnt ungefähr zwei bis dreihundert Kilometer nach Kunawarritji das Hochwasser und macht ein Weiterkommen unmöglich. Vielleicht trocknet es bis zu unserer Ankunft aus. Wer weiß, könnte es sein, dass unser Aufenthalt hier doch einen tieferen Sinn hat? Wichtig ist nun Istans Genesung. Tanja und ich sprechen darüber die Zelte hier am kommenden Mittwoch abzubrechen. Wenn wir Istan kaum beladen könnte es funktionieren. Wir müssen allerdings wichtige Ausrüstungsgegenstände hier im Camp zurücklassen. Da Colin uns auf jeden Fall noch mal besucht kann er dann die hier versteckte Ausrüstung nachbringen. Wir werden sehen was uns die Zukunft bringt. Anscheinend macht es wenig Sinn zuviel darüber nachzudenken, denn es kommt sowieso ständig anders als geplant. „Denis bist du auf Empfang?“ ,krächzt es aus dem Lautsprecher des Funkgerätes. Sofort lasse ich alles stehen und liegen und sprinte zu unserem wichtigsten Kommunikationsgerät. „Ja Jo. Wie geht es euch?“ „Sehr gut Denis und euch? Ich hoffe ihr habt einen besseren Tag?“ „Ja, viel besser.“ „Ich habe ein paar gute Neuigkeiten. Wir sind einem Kamel auf der Spur. Er heißt Max. Es ist ein sieben oder acht Jahre junger kastrierter Bulle. Er hat schon mal einen Packsattel für 200 Kilometer getragen. Die Besitzer leben 180 Kilometer weg von hier und wollen ihn verkaufen. Sollen wir ihn uns ansehen?“ „Jo, das ist ja eine wunderbare Neuigkeit. Klar wenn ihr das tun würdet wäre es großartig. Habt ihr schon eine Idee wie wir ihn hierher in die Wüste bringen können falls er für uns geeignet ist?“ „Lass ihn uns erst ansehen und darüber nachdenken wenn es soweit ist,“ antwortet sie womit ich natürlich sofort einverstanden bin.

Mit neuer Energie suche ich nach dem Gespräch auf unserer kleinen Erhebung eine Schattenplatz zum Schreiben. Die windstillen Tage sind mittlerweile so warm, dass es unmöglich geworden ist in unserem Buschbüro zu arbeiten. Auch unter Tanjas Schattenbäumchen ist kaum genügend Raum für zwei. Auf der schattigen Südseite (In Australien steht die Mittagssonne nicht im Süden sondern im Norden) des Feigenbaumes unter dem auch unser Schlafzelt kauert finde ich einige Stellen die für mein Vorhaben perfekt geeignet sind. Sie sind allerdings durch die herumliegenden Felsen so uneben, dass ich erst mal kräftig Hand anlegen muss. Mit Schaufel und Eimer bewaffnet mach ich mich auf eine Plattform für meinen Stuhl zu bauen. Ich suche mir eine Zahl faustgroßer Steine zusammen und werfe sie in die Felsspalten um die Hohlräume zu füllen. Dann schleppe ich eimerweise Sand auf den Hügel und schütte ihn darüber. Eine Stunde später sitze ich im Schatten des Feigenbaumes. Ich freue mich über den traumhaft schönen Schreibplatz mit Blick auf die ewige Ebene der Great Sandy Desert.

Am Abend, nachdem Tanja die Kamele vom Fressen zurückgebracht hat setzen wir Jasper den Sattel von Goola auf seinen Rücken. Wir haben uns dazu entschieden, dass er Goolas Afghanpacksattel übernehmen wird. Edgar ist noch zu nervös. Wir wollen ihn noch ein paar hundert Kilometer mit dem Stahlsattel laufen lassen bis wir vielleicht die zwei neuen Afghanpacksättel von Jo und Tom bekommen. Wir wissen zwar noch nicht wie die Lieferung in die Wüste funktionieren wird, verlassen uns da aber auf Jo und Toms Organisationstalent. Da der Afghanpacksattel von Goola viel größer und ausladender ist als der schmale Stahlrahmensattel müssen wir Jasper erst daran gewöhnen. Er protestiert lauthals und schreit seinen Unwillen in die Abenddämmerung. Wir bleiben neben ihn stehen und jedes Mal wenn er versucht sich auf die Seite zu werfen, um das große Ding loszuwerden, schimpfen wir ihn und vordern ihn auf gerade zu sitzen. Nach einer halben Stunde entlassen wir Jassper und belohnen ihn mit einer Orange. Auch alle anderen bekommen jetzt jeden Tag fünf Orangen. Istan hat immer noch etwas Durchfall und mag sie nicht und da Goola tot ist müssen wir die zwei Kisten Orangen an unsere Jungs verfüttern. Wir binden sie mittlerweile direkt neben unseren Camp an. So können wir ihnen das von Colin mitgebrachte Heu anbieten. Die zwei Säcke mit Mohrrüben sind für unseren Istan reserviert. Er frisst sie gerne und es sieht so aus als will er jeden Tag mehr davon. Wenn alles gut geht reichen sie bis zu unserem Aufbruch, dann muss sich Istan wieder vom Buschtucker ernähren.

Als wir ins Bett gehen wollen ist Rufus plötzlich verschwunden. „Rufus! Rufus komm her,“ rufe ich doch nichts rührt sich. „Er hat sich wahrscheinlich schon in seinen Schlafsack gelegt,“ sage ich und räume meine Sachen zusammen. Mein Gefühl aber veranlasst mich in der Apside unseres Schlafzeltes nachzusehen. „Er ist nicht da,“ rufe ich zu Tanja die noch am Campfeuer sitzt. „Vermutlich ist er bei dem toten Kamelbullen,“ sagt Tanja. Postwendend machen wir uns auf um ihn dort zu suchen. Im Schein unserer Taschenlampen sehen wir wie er uns bemerkt hat und langsam von dem toten Kadaver wegschleicht. „Rufus du bist ein böser Junge,“ schimpfe ich und schreie ihn an. „Geh zurück ins Camp aber schnell,“ befehle ich ihn, worauf er sich mit eingezogenem Schwanz davon trollt. Der Gestank den der Leichnam verbreitet haut uns fast um. Tanja wollte sich das einst mal stolze Tier ansehen doch als ich mich bis auf zwei Meter nähere höre ich ein Millionenheer von Maden fressen. Mich kraust es als ich einen Blick des bereits augenlosen Schädels erhasche und drehe mich auf der Stelle um. „Du siehst ihn dir besser nicht an. Komm lass uns zurückgehen,“ sage ich zu Tanja.

Als sich Rufus später in die Apside auf seinem Schlafsack zusammenrollt zieht der schreckliche Verwesungsgestank durch unser Schlafgemach. „Oh Rufus mach das du da raus kommst!“ ,rufe ich entsetzt und werfe ihn mit samt seinen Schlafsack aus dem Vorzelt. Um zu verhindern, dass er sich nachts wegschleicht, um sich ein zweites Abendessen einzuverleiben kette ich ihn noch an einen kleinen Baum vor unserem Zelt.

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