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E-Bike-Expedition Teil 4 Vietnam - Online Tagebuch 2016-2017

Außergewöhnlicher, unvergesslicher Jahreswechsel

N 17°01’12.3’’ E 107°06’35.0’’
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    Datum:
    31.12.2016 bis 01.01.2017

    Tag: 550 – 551

    Land:
    Vietnam

    Provinz:
    Quảng Trị

    Ort:
    Vinh Moc Tunnels

    Breitengrad N:
    17°01’12.3’’

    Längengrad E:
    107°06’35.0’’

    Gesamtkilometer:
    21.338 km

    Gesamthöhenmeter:
    58.012 m

    Sonnenaufgang:
    06:20 Uhr –

    Sonnenuntergang:
    17:27 Uhr – 17:28 Uhr

    Temperatur Tag max:
    16°C

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Um meinem Knie und der Achillesverse eine Chance der schnellen Genesung zu geben entscheiden wir uns länger in dem kleinen, ungemütlichen und feuchten Zimmer des leeren Hotels zu bleiben. Draußen weht ein starker Wind und es regnet ununterbrochen. Sicherlich mit das schlechteste Silvesterwetter auf unseren bisherigen Reisen. Eigentlich deprimierend. Tanja ist trotzdem gut drauf und zuversichtlich. Ich bin wegen meinem überreiztem Knie und Achillessehne geknickt. Die Angst mir eine nachhaltige Meniskusverletzung und Sehnenentzündung zugezogen zu haben, die eventuell das Potential besitzen den weiteren Reiseverlauf negativ zu beeinflussen, schwirrt in meinem Geist herum. Klar, mir ist bewusst, dass Angst der schlechteste Berater aller Zeiten ist und trotzdem versucht sie immer wieder die Macht in unserem menschlichen Denken zu erobern. Ich versuche es mit Selbstmotivation und dem Wissen in einem gesunden leistungsfähigen Körper zu stecken, der sich sicherlich bald wieder erholen wird. Also sitze ich in meinen angeschlagenen, weit gereisten Campstuhl, blicke aus dem von Meersalz und Regen getrübten Fenster auf die nasse, schmale Küstenstraße, und denke an unseren gestrigen Ausflug unter die feuchte Erde. Die Menschen, die dort für Jahre gelebt hatten, von Bomben, Napalm, Agent Orange und Gas einer fremden, gewaltigen Macht täglich bedroht wurden, hatten elementare Probleme. Sie wussten nicht ob sie und ihre Familie die kommende Stunde überleben und ich sitze hier in einem Hotelzimmer und blase Trübsal wegen lächerlichen Knie- und Sehnenschmerzen. Mann was bin ich nur für ein Weichei? Dessen ungeachtet habe ich keine Lust hier länger als nötig zu verweilen. So ist es mit unseren Gedanken. Sie driften von links nach rechts, treiben zwischen Vernunft und Unvernunft hin und her. Es bleibt mir selbst überlassen wie ich sie unter Kontrolle bringe und was ich aus diesem Lebenstag mache. In Trübsal zu verfallen ist sicherlich keine Option. Wer weiß, vielleicht sitze ich übermorgen wieder im Sattel und freue mich über einen wunderschönen Radtag? Könnte doch sein.

Am Abend laufen wir bei strömenden Regen und Dunkelheit zum Strand und setzen uns in die offene, ungemütliche Kneipe. Die Brandung des Chinesischen Meers faucht wie ein brüllendes, entfesseltes Ungetüm und frisst gierig am ausgefransten Ufer. Der Wind bläst feuchten, salzigen Niesel unter das klappernde Vordach. „Xin chào“, (Hallo) begrüßen wir zwei Frauen die auf einer einfachen Liege zusammengekauert ruhen. „Xin chào“, erwidern sie unseren Gruß freundlich. Mit steifen Gliedern erheben sie sich und gesellen sich zu ihren einzigen Gästen. Wie auch gestern bestellen wir Reis, Eier, Tofu mit Tomaten ohne Geschmacksverstärker. Die Frauen lachen und geben die Bestellung an die Köchin weiter die in der Küche auf einem Stuhl eingeschlafen ist. „Und weil heute Silvester ist feiern wir den Abend mit warmen Büchsenbier“, sagt Tanja bestens gelaunt. „Eine verdammt gut Idee. Sollten gleich 10 Dosen bestellen.“ „Aber für jeden von uns“, antwortet Tanja laut lachend. Wegen mangelnder Gäste gibt es heute keine Tomaten. „Sie können gerne gedünsteten Kohl haben“, bietet die Kellnerin an. „Kohl ist doch ein wunderbares Silvesteressen“, sage ich. „Hmmmpppff“, prustet Tanja belustigt. „Hhhhuuuuu!“, stimmt Ajaci laut heulend mit ein. Sofort zücken die Frauen ihre Smartphones, um sich mit unserem weißen Wolf verewigen zu lassen. Für sie ist der heutige Tag ein ganz normaler Samstag in der Woche. Das Neujahr wird in Vietnam nicht am 31. Dezember gefeiert, sondern am 28. Januar des kommenden Jahres. „Wir nennen es Tet-Fest. Es ist der wichtigste Feiertag in unserem Land“; verstehen wir die drei durcheinander schnatternden Frauen. Die Vietnamesen feiern, genauso wie die Chinesen, das Fest des neuen Jahres, also den Beginn des Frühlings, nach dem Mondkalender. In diesem Tagen besuchen sie ihre Familien und Tempel. Auch gibt es sicherlich besseres Essen als gedünsteten ungewürzten Kohl, Reis und ein paar gebratene Eier. Aber egal, Tanja sagt immer: „Da wo wir gerade sind, sind wir richtig.“ Eine gute Ansicht über die unveränderbaren Dinge, die das Leben in vielen Situationen entschieden einfacher macht.

21:00 Uhr. Die Palmen biegen sich im Sturmwind. Gischt weht über den schwarzen, vom Moosbewuchs glitschigen, löchrigen Asphaltstreifen. Wir folgen dem Lichtkegel unserer Stirnlampen. Ajaci springt aufgeregt hin und her. Für ihn ist es ein toller Spaziergang. Drei betrunkene Mopedfahrer eiern die Straße entlang. Die Scheinwerfer ihrer Mopeds lassen den Lichtstrahl hin und her tanzen. Dann ist es wieder finster. Der Hotelbesitzer öffnet für uns die Tür. „Ich wünsche ihnen eine angenehme Nacht“, sagt er freundlich dreinschauend. „Danke, ihnen auch“, antworte ich. In unserem Zimmerchen schlüpfen wir in unsere Schlafsäcke, lesen noch ein paar Zeilen und schlafen in das neue Jahr.

Am nächsten Morgen, nach ein paar Spiegeleiern und Weißbrot, beginnen wir das neue Jahr mit einem Spaziergang am aufgewühlten Chinesischen Meer. Es regnet, wie auch schon die letzten Wochen, in Strömen. Dennoch lassen wir uns die Laune nicht verderben und spielen Ajacis Lieblingsspiel „Fangdenball“. Unermüdlich rast er seinem Ball hinterher, den ich beharrlich von mir schleudere. Die Kulisse ist dabei einmalig. Das Meer tobt, die Wellen rauschen und brechen unweit von uns mit Urgewalt an den Strand. Der Himmel ist trüb und dunkel, von noch mehr Regen geschwängert. Außer uns zeigt sich keine einzige Menschenseele. Wir sind alleine auf dieser Welt, zumindest scheint es so. Der Strand, die Palmen, die verlassenen Restaurants, das tobende Chinesische Meer, der unendliche Himmel, einfach alles ist ein Teil von uns und wir ein Teil von allem was ist. Welch ein außergewöhnlicher, unvergesslicher Jahreswechsel…

Wer mehr über unsere Abenteuer erfahren möchte, findet unsere Bücher unter diesem Link.

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH http://roda-computer.com/ Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung. Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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