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AUFGELADEN zu den Polarlichtern im hohen Norden - 2020

Atlantik Straße – Bauwerk des Jahrhunderts

N 63°01'05.8" E 7°21'52.5"
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    Datum:
    04.12.2020

    Tag: 124

    Land:
    Norwegen

    Ort:
    Atlantik Straße

    Tageskilometer:
    52 km

    Gesamtkilometer:
    9189

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Brückenüberquerungen:
    10

    Tunneldurchfahrten:
    1

    Sonnenaufgang:
    09:38 Uhr

    Sonnenuntergang:
    15:01 Uhr

    Temperatur Tag max:

    Temperatur Nacht min:

    Wind
    20 km/h

    Aufbruchszeit:
    12:00 Uhr

    Ankunftszeit:
    13:00 Uhr

 

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

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Am Morgen liegt die Bucht friedlich vor uns. Gleich nach Sonnenaufgang spazieren wir zum Meer. Von der gestrigen mystischen Stimmung ist bei Tageslicht nichts mehr zu spüren. Ein paar grobe Holztische, Bänke und Feuerstellen zeugen davon, dass der wunderschön gelegene Ort während der wärmeren Jahreszeit von Touristen aufgesucht wird. Das klare Wasser schwappt friedlich ans Ufer. „Woouuiii!“, jault Ajaci und würde am liebsten in die kalten Fluten springen. „Nein!“, halte ich ihn zurück, weil es bei diesen Temperaturen ewig dauern würde, bis sein Fell wieder trocknet. Wir setzen uns auf eine der Holzbänke und sehen auf der anderen Seite des Fjords eine beeindruckende Brücke. „Müssen wir dort drüberfahren?“, fragt Tanja auf die 1.257 Meter lange Gjemnessund-Brücke deutend, die das Festland mit der Insel Bergsøya verbindet. „Ja“, antworte ich unseren Hund im Auge haltend, der sich mit meinem Nein offensichtlich nicht abfinden möchte. „Ist eine imposante Brücke“, meint Tanja. „Eine der längsten Hängebrücken Norwegens und unter den Top 100 der Welt“, antworte ich.

Gegen Mittag lassen wir die alte Siedlung aus der Bronzezeit hinter uns und überqueren 43 Meter über dem Fjord die Hängebrücke. „Wow, schau dir die vielen Vögel an!“, ruft Tanja begeistert. „Großartig anzusehen aber ein echtes Problem für die Behörden!“, antworte ich. „Wieso das denn?“, wundert sich Tanja. „Weil ihr Kot und Urin Ammoniak enthält und diese aggressive Mischung und das salzhaltige Wasser den Beton und Asphalt beschädigen. Ein Thema für viele Brücken Norwegens. Die Behörden können den schnellen Verfall der Brücken nur entgegenwirken indem sie regelmäßig gereinigt werden und der Beton mit einer elastischen Membran abgedeckt wird die ihn vor den schädlichen Inhalten schützen“, erkläre ich. „Puh, das klingt nach hohen Instandhaltungskosten.“ „Absolut. Ich denke Norwegen kann sich seine 22.700 Brücken nur leisten, weil die geschätzten Erdölreserven des Landes bei ca. 5,5 Billionen Euro liegen. Dazu kommen noch etwa 252 Milliarden Euro durch die Erdgasvorkommen dazu. Soweit ich weiß, ist Norwegen das fünftreichste Land der Welt. Im Vergleich dazu liegt Deutschland auf Rang 18.“ „Unglaublich, dann sind die Kosten für den Erhalt der Brücken nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.“ „Kann man so sagen“, meine ich, als uns wenige Kilometer weiter wieder einer der 900 Tunnel Norwegens in sich einsaugt. Die tiefste Stelle des über 5 Kilometer langen einröhrige Freifjordtunnel liegt bei 130 Meter unter dem Meeresspiegel, weswegen es erst mal verblüffend lang nach unten geht. Nachdem wir bald ein halbes Jahr in diesem Land verbracht haben, es vom äußersten Süden bis in den äußersten Norden und wieder zurück erkundeten, ist so ein Tunnel nichts mehr aufregend Neues für uns. Trotzdem bleiben wir neugierig und erfreuen uns über jeden gefahrenen Kilometer, über jede Naturschönheit und historischen Überlieferungen der frühen Siedler.

„Das ist die berühmte Atlantikstraße“, sage ich begeistert, als wir kurz hinter der Stadt Kristiansund auf die schmale Reichsstraße 64 stoßen. Obwohl diese zu den norwegischen Landschaftsrouten zählende Straße abseits unserer Route liegt, hat man uns mehrfach versprochen, dass sich der 200 Kilometer lange Umweg absolut lohnt. „Sieht gar nicht so spektakulär aus, wie ich dachte“, ist Tanja im ersten Moment enttäuscht. „Der interessanteste Abschnitt ist nur etwas über 8 Kilometer lang und liegt zwischen den Dörfern Kårvåg und Vevang. Der muss noch vor uns liegen“, antworte ich, gespannt darauf wartend ob die Versprechungen einiger Norweger sich bewahrheiten werden. Und tatsächlich, windet sich die Straße plötzlich auf einem von Menschen errichteten Damm an dem links und rechts die Wellen klatschen. Sie führt über Viadukte und sieben Brücken. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts hat man hier eine Eisenbahnstrecke geplant, um die Inseln und Schären miteinander zu verbinden, jedoch wurden diese Pläne bereits 1935 wieder aufgegeben. 1970 aktivierte man die Pläne erneut und begann 1983 mit dem Bau der ca. 12 Millionen Euro verschlang. Während der sechsjährigen Bauzeit unter teils extremen Bedingungen mussten die Arbeiter insgesamt zwölf Wirbelstürme überstehen.

„Sagenhaft“, staune ich fast im Schritttempo fahrend, um nichts zu verpassen. Obwohl wir uns viel Zeit lassen, erreichen wir viel zu schnell das Ende der Atlantikstraße, die im Jahre 2005 zum norwegischen Bauwerk des Jahrhunderts erklärt wurde. „Lass uns noch mal zurückfahren“, schlage ich vor. „Klar, die Strecke sieht von der entgegengesetzten Richtung bestimmt ganz anders aus“, ist Tanja sofort einverstanden. „Absolut, vor allem können wir ein paar gute Spots zum Fotografieren finden“, überlege ich. So kommt es das wir auf dem außergewöhnlichen Werk menschlicher Baukunst mehrfach hin und herfahren, um immer wieder zu fotografieren. „Kein Wunder das diese Strecke als eine der schönsten Straßen der Welt bezeichnet wird“, meint Tanja als wir den Sonnenuntergang über der beeindruckend 260 Meter langen Storseisundet-Brücke genießen. „Was machen wir jetzt? Wollen wir weiterfahren oder bleiben wir über Nacht hier?“, überlegt Tanja. Es wird bereits dunkel. Ich denke wir sollten hier auf dem Parkplatz bleiben. Da kein weiteres Fahrzeug und kein einziger Mensch hier ist wird uns auch keiner vertreiben“, sage ich, weil das Übernachten hier nicht erlaubt ist…

 

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