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E-Bike-Expedition Teil 3 China - Online-Tagebuch 2015-2016

Atemberaubende Gipfel

N 34°31’56.5’’ E 110°04’31.9’’
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    Datum:
    13.01.2016 bis 16.01.2016

    Tag: 199 – 202

    Land:
    China

    Provinz:
    Shaanxi

    Ort:
    Huayin

    Breitengrad N:
    34°31’56.5’’

    Längengrad E:
    110°04’31.9’’

    Tageskilometer:
    60 (Bus)

    Gesamtkilometer:
    11.696 km

    Maximale Höhe:
    2.155 m

    Gesamthöhenmeter:
    13.929 m

    Höhenmeter für den Tag:
    1.755

    Sonnenaufgang:
    07:46 Uhr

    Sonnenuntergang:
    17:48 Uhr bis 17:51

    Temperatur Tag max:
    2°C

    Temperatur Tag min:
    minus 15°C

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Heute sehen wir seit Wochen zum ersten Mal wieder die Sonne. Das Gebirgsmassiv Huashan, dessen bis zu 2.155 m hohe Gipfel, zu den fünf heiligen daoistischen Bergen Chinas gehören, sind heute vom dichten Smog der vergangenen Tage freigegeben. Majestätisch und Respekt einflößend erheben sie sich in den gräulich blauen Himmel und setzen der Stadt Huayin im Süden eine unüberwindbare Barriere. Weil die Luftverschmutzung im Tal noch immer beachtlich ist, haben wir uns entschieden mit der neuen Seilbahn auf den höchsten Berg zu fahren, dort oben eine Rundwanderung zu den fünf Gipfeln zu unternehmen, um dann auf der anderen Seite abzusteigen. Wir sind aufgeregt, weil der Huashan-Trail zu den gefährlichsten Wanderwegen der Welt gehört, aber wegen seiner sagenhaften Naturschönheit, den fesselnden Ausblicken über massive kantige Felsgipfel und den Klöstern, Pagoden, Tempeln, Brücken und Toren atemberaubend schön sein soll.

Nachdem wir uns die Tickets gekauft haben 280 Yuan (38,85 € für zwei Personen) sitzen wir mit chinesischen Touristen im Bus der uns zur Talstation der Seilbahn fährt. „Frage mich wie der Bus ohne Schneeketten nach oben kommt“, wundere ich mich auf die immer öfter auftauchenden Eisplatten und verschneiten Stellen der steilen Passstraße deutend. „Du meinst er könnte ins Rutschen geraten?“, fragt Tanja. „Aber sicher“, antworte ich mit etwas mulmigem Gefühl im Magen, weil ich wie, dass in diesem Land keine europäischen Sicherheitsbestimmungen gelten. Nur wenige Steilkehren weiter hält der Bus am Straßenrand. Während die Gäste sitzen bleiben zieht der Fahrer tatsächlich Schneeketten auf.

Als wir die Bergbahn erreichen, müssen wir zu unserer Verblüffung zwei weitere Tickets kaufen. „Aber wir haben den Eintritt doch schon bezahlt“, moniert Tanja. „Nur den Eintritt und die Busfahrt, aber nicht die Seilbahn“, erklärt uns eine junge Kontrolleurin. Wir löhnen also weitere 240 Yuan (33,32 €) für uns beide. Sollten wir mit der Bahn wieder ins Tal wollen müssen wir uns oben erneut Fahrscheine kaufen. Auch erfahren wir, dass das Busticket ebenfalls ohne Rückfahrt war. Das heißt, wir müssen alleine für Eintrittsgelder auf den Berg plus An- und Auffahrt 106,- € berappen. „Wundert mich, dass die Chinesen nichts fürs Atmen verlangen“, sage ich. „Ha, ha, ha, die schlechte Luft kann man nicht verkaufen“, amüsiert sich Tanja.

Wir sind die einzigen Gäste weit und breit die in eine der vielen Achtmanngondeln einsteigen. Wenn man bedenkt, dass in der Hauptsaison der Berg ab einer Besucherzahl von 50.000 am Tag gesperrt wird, ist es ein Segen solche Touren im Winter zu unternehmen. „Wow! Schau dir das an. Da bleibt ein glatt die Spucke weg“, rufe ich begeistert aus, auf das mit Worten nicht mehr zu beschreibende Panorama blickend. Für ewige Zeiten schien der Berg unzugänglich. Unter absoluter Lebensgefahr schlugen daoistische Mönche, oder solche die es vielleicht werden wollten, schon während der Tang-Dynastie (618-907) Stufe um Stufe in den nackten Fels, um ihn zugänglich zu machen und um in schwindelnden Höhen Rückzugsstätten der Meditation zu errichten. Obwohl ich in meinem Reiseleben schon viel gesehen habe und es wenig gibt was mich noch umhaut, komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Zu aufgeregt um zu sitzen laufe ich in unserer Kabine hin und her. Schweigend blicken wir über ein unwirklich wirkendes Hochgebirge oder in die unendlichen Tiefen unter uns. Uralte Stufen und vom Neuschnee bedeckte schmale Pfade, schlängen sich durch enge, schroffe Schluchten. Alleine die Fahrt mit der Seilbahn ist ein Erlebnis der Superlative. Es ist eine technische Meisterleistung der Österreicher solch eine Konstruktion in eine schroffe, vielleicht tausend Meter steil abfallende Felswand zu bauen. Umso höher wir kommen, desto klarer wird die Luft. Die Smogwolke liegt bei ca. 1.800 m. Ab da atmen wir endlich mal wieder wunderbare Bergluft.

Am Westgipfel angekommen steigen wir über unzählige Stufen durch eine wunderbare Winterlandschaft weiter nach oben. Bäume und Tempel sind von blütenweißem Pulverschnee verzuckert. „Unglaublich. China ist in der Tat ein Land der krassen Gegensätze“, sage ich begeistert, tief ein- und ausatmend. Wir erreichen das Kloster am Westgipfel. Unweit von hier erfuhr der in die Geschichte eingegangene Mönch Chen Tuan (871-989) in einer Höhle die Erleuchtung. Auch hier treffen wir zu dieser Jahreszeit auf nur wenige Menschen. Wir genießen die Ruhe des heiligen Ortes der nach Beschreibungen im Sommer von den ungeheuren Massenaufläufen chinesischer Touristen seine Heiligkeit schon längst verloren haben soll. Dann machen wir uns zum Südgipfel des Huashan auf. Mit seinen ca. 2155 m ist er der höchste Berg des Gebirgszuges. Oben angekommen inhalieren wir die Weitsicht, blicken auf die Smogwand ein paar hundert Meter unter uns und in den klaren blauen Himmel über uns. Hier wird mir wieder bewusst wie schön die Farbe Blau ist, die Farbe unseres Planeten, der Weltmeere und tiefen klaren Bergseen. Welch Energie sie in sich trägt. Welch eine Reinheit. Ich starre in sie hinein, in die Kühle die sie ausstrahlt, die Harmonie, die Sehnsucht. Sie erregt meine Fantasie, lässt mich fallen in eine andere Welt. Vielleicht in die Welt der frühen Daoisten die hier oben ihre Erleuchtung gefunden haben? Erst jetzt spüre ich wie ich sie vermisst habe. Erst jetzt ist mir bewusst, dass diese Farbe mit Gesundheit zu tun hat, denn da wo der Himmel so blau ist gibt es keinen von Menschen verursachten Feinstaub. Auf dem Fels sitzend essen wir eine Banane, die bei minus 15 Grad beginnt steif zu frieren.

Dann, nachdem wir vier Stunden Treppen, Stufen und vereiste Wege rauf- und runtergelaufen sind, beginnen wir unseren Weg zum Nordgipfel und dem Abstieg. Eine Route, die erstmals im 3. und 4. Jahrhundert erschlossen wurde und sehr gefährlich sein soll, denn er führt über steile Grade und senkrechte Abgründe. Der „Himmelsweg“, so wird ein Teil des Wanderweges genannt, den wir jetzt begehen wollen, klammert sich streckenweiße in nur 30 cm breiten Brettern an die kantige Felswand. Nur ein einziger Fehltritt und man würde tausend Meter in die Tiefe stürzen, wären da nicht die Stahlseile, an denen jeder seiner mutigen Begeher gesichert sein muss. An manchen Stellen wiederum geht es so steil nach oben oder unten, dass der „Pfad“ eher mit einer Leiter vergleichbar ist. Die im Fels eingeschlagenen Stufen und Löcher sind von der Witterung glatt geschliffen. Jeder Tritt muss sitzen. In den gefährlichsten Bereichen sind Eisenketten befestigt, an denen wir uns sichern können. Im Sommer würde ich mich an solch eine Tour nicht wagen, da viele schlecht ausgerüstete Touristen, mit Sandalen oder Ballerinas, sich in Massen in schwindelnde Höhen oder Tiefen hangeln. Sollte nur einer der oberen seinen Halt verlieren, gäbe es eine schreckliche Kettenreaktion, denn er würde die sich unter ihm befindlichen Wanderer mit in die Tiefe reißen. Schon so mancher Besucher hat hier sein Leben gelassen oder sich schwer verletzt. Heute allerdings ist es kalt und wir sind zu dieser Stunde auf diesem Weg die einzigen Wanderer. Da es aber erst geschneit hat, könnte es sein, dass es glatt ist. „Mal sehen ob die Tagessonne den Schnee weggeschmolzen hat“, meine ich als uns tatsächlich eine kleine Gruppe junger Chinesen entgegenkommen. „Ihr könnt da nicht weiter. Absolut unmöglich. Außerdem ist der Weg heute gesperrt“, warnen sie uns in gutem Englisch. Tanja sieht die Enttäuschung in meinem Gesicht. „Wer weiß für was es gut ist? Lass uns umkehren und mit der Seilbahn wieder ins Tal fahren. Es war doch auch so ein unvergesslicher Tag“, meint sie offen lachend…

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH http://roda-computer.com/ Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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