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Mongolei/Mörön Camp MONGOLEI EXPEDITION - Die Online-Tagebücher Jahr 2011

Ab sofort geht die Berichterstattung in regelmäßigen Abständen weiter

N 49°38'671'' E 100°11'496''
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    Tag: 76-79

    Sonnenaufgang:
    07:28/07:33

    Sonnenuntergang:
    18:44/18:38

    Gesamtkilometer:
    777

    Bodenbeschaffenheit:
    Staub/Schotter

    Temperatur – Tag (Maximum):
    15°C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    10°C

    Temperatur – Nacht:
    0° bis minus 2°

    Breitengrad:
    49°38’671“

    Längengrad:
    100°11’496“

    Maximale Höhe:
    1220 m über dem Meer

Duscherlebnis

Die Tage vergehen schneller als wir es uns wünschen. Die Anforderungsdichte der Vorbereitungen ist derart enorm, dass wir trotz 10 Stunden Arbeit am Tag unter Zeitdruck geraten. Trotzdem dürfen wir unsere Körper nicht völlig vernachlässigen und wollen ihnen nach wochelanger Waschabstinenz etwas Wasser zur Reinigung gönnen. Wir sitzen in einem völlig überfüllten Minibus und holpern über die Schlaglöcher der verstaubten Erdpisten von Mörön. Die Fenster sind offen. Somit werden alle Insassen von dem hereinwehenden Staub gepudert. „Eigentlich ergibt duschen keinen Sinn aber vielleicht kann man damit die dicke der auf der Haut entstandenen Schmutzschicht unter Kontrolle halten“, scherze ich als die Bremsen des betagten Busses aufquietschen. Wir steigen aus und fragen ein paar Jugendliche nach der öffentlichen Duschanstalt der Stadt. „Med ügüj“, („Weiß nicht“) verstehen wir. Daraufhin forme ich mit meiner rechten Hand einen Duschkopf und halte sie mir über den Kopf. Dazu gebe ich den Laut von rauschendem Wasser und als das nicht ausreicht tue ich so als würde ich mit meiner linken Hand den Körper einseifen. „Ha, ha, ha“, lachen die jungen Männer und deuten mit ihren Fingern auf einen schmalen Weg der sich durch zwei Hütten drückt. „Baierlaa“, („Danke“) bedanken wir uns und finden ein paar hundert Meter weiter ein aus Stein gebautes Häuschen. „Das könnte es sein“, meine ich auf das in mongolisch geschriebene Hinweisschildchen deutend. „Und das soll ausreichen für eine ganze Stadt?“, wundert sich Tanja. „Wer weiß wer sich von den Einheimischen eine Dusche leisten kann“, entgegne ich. „Die Menschen werden sich wahrscheinlich Zuhause waschen“, antwortet Tanja als wir die städtische öffentliche Dusche betreten. Eine resolute Dame verbietet uns augenblicklich das Filmen. Anscheinend ist sie ein Überbleibsel der kommunistischen Zeit in der man aus Angst vor dem bedrohlichen Westen keine öffentlichen Gebäude fotografieren oder filmen durfte. Wir antworten mit einem Lachen und schalten die Kamera aus. Dann werden wir in eine der insgesamt vier Duschkabinen geführt, die ebenfalls aus einer Zeit stammen in der das eiserne Regime geherrscht hatte. Aus Platzgründen müssen Tanja und ich zusammen in das heruntergekommene Räumchen. Eine verrostete Eisenheizung hängt an der mit Schimmelpilz befallenen Wand. Ebenfalls verrostete Haken laden nicht dazu ein die Kleidung aufzuhängen. Von dem kleinen Holzbänkchen platzt die Farbe. Darauf zu sitzen ist auf keinen Fall zu empfehlen. Wir drehen und winden uns in der engen Kammer um unsere Klamotten vom Körper zu streifen und an die nicht einladenden Haken zu hängen. Dann stellen wir uns unter die Brause deren Wasserdüse ungefähr so aussieht wie meine Hand mit der ich vor ein paar Minuten den Duschkopf nachahmte. Ich drehe an dem abgebrochenen Eisenrädchen und warte darauf, dass aus dem fingrigen Duschkopf über mir das ersehnte heiße Wasser strömt. Doch das einzige was da rauskommt sind sich schnell aneinander reihende heiße Tropfen. „Uhaa!“, rufe ich vor Schreck als einer der Tropfen auf meiner Haut zischt. Sofort drehe ich an dem Hähnchen und gebe etwas kaltes Wasser hinzu. Doch mit der Einstellung scheinen es die alten Rädchen hier nicht zu haben denn plötzlich schießt eiskaltes Wasser auf uns nieder. „Man oh man, was für ein Duscherlebnis!“, rufe ich lachend aus. Nachdem endlich warmes Wasser aus dem Rohr träufelt springen Tanja und ich im Wechsel unter das Strählchen und versuchen auf diese Weise den Schmutz der letzten Wochen loszuwerden. Es dauert 30 Minuten bis wir uns einigermaßen sauber fühlen und die dampfende Kabine wieder verlassen. In dem ordentlich geputzten Gang vor den vier Duschkabinen gibt es ein paar abschließbare Kleiderschränke und einen kleinen Spiegel aus dem uns rotbackige, bald unbekannte, Gesichter entgegenstrahlen. Wir verabschieden uns von der Chefin die jetzt auch ein Lächeln zustande bringt. Kaum haben wir unsere alte Jurte erreicht sind wir durch die Fahrt wieder von oben bis unten mit feinstem Staub gepudert. „Na dann lass uns mal duschen gehen“, scherzt Tanja.

Maulkorb und Mogis endlose Trickkiste

Um Mogi davor abzuhalten weitere Schafe und Ziegen in den Hintern zu beißen habe ich gestern einen Maulkorb auf dem Markt erstanden. Nachdem dieser eher für einen Löwen als für einen Hund gedacht war fand ich einen Schuster der mir die Konstruktion so verkleinerte, dass sie auch für mittelgroße Hunde passt. „Na komm Mogi. Der Maulkorb ist zwar nicht schön aber er verschafft dir relative Freiheit. Wenn du ihn brav trägst kannst du in Zukunft ohne Leine durch die Steppe jagen“, sagt Tanja und streift ihm das Ledergeflecht über die Schnauze. Mogi schaut Tanja mit traurigen Augen an und versucht sogleich das Ding mit seinen Pfoten abzustreifen. Als wir ihn laufen lassen springt er wie ein Irrer hin und her, wirft sich mit der Nase voran in den Boden und pflügt mit ihr den Staub als wolle er in kurzer Zeit einen Acker anlegen. „Ha, ha, ha!“, ist ja unglaublich. Das sollten wir filmen!“, rufe ich mir den Bauch haltend vor Lachen. Es dauert nur wenige Minuten bis der Maulkorb an seiner Kehle hängt und Mogi uns triumphierend entgegen springt. Schwanz wedelnd steht er nun neben Tanja und scheint übers gesamte Gesicht zu grinsen. „Na, die Aufgabe habe ich doch schnell gelöst. Meint ihr nicht auch?“, scheint er mit Stolz geschwellter Brust zu bellen. Nun kommt unsere Ideenmaschine Bilgee ins Spiel. Er verknotet den Maulkorb an Mogis Halsband derart das selbst der beste Ausbrecher keine Chance hat diese Verbindung zu knacken. Mogi beginnt wieder mit derselben Aktion wie vorher. Nur das er es diesmal noch wilder treibt. Er springt mit allen Vieren in die Luft, wirbelt derart schnell um die eigene Achse, dass schon alleine die Fliehkraft den Maulkorb davon schleudert. Dann knallt er mit der Schnauze in den Staub von Saraas Hof und pflügt ihn bis zum Eingangstor. Dort angekommen reißt er mit beiden Pfoten an der offensichtlich sehr lästigen Beißhemme. Mit der Muskelkraft eines freiheitsliebenden tibetischen Klosterwachhunds, scheint sich das aus dicken Leder gearbeitete Halsband derart zu dehnen, bis er es doch tatsächlich fertig bringt sein Maul frei zu bekommen. Leicht außer Atem sieht er uns grinsend an und kommt erneut mit dem Schwanz wedelnd auf uns zu. „Da müsst ihr euch schon etwas Besseres einfallen lassen. Solche Herausforderungen löse ich mit links“, bellt er uns wieder an. „Ist bestimmt ein chinesischer Maulkorb. Der taugt einfach nichts“, vermute ich, mich am Kopf kratzend. Bilgee lächelt versöhnlich und schreitet zum dritten Akt. Wieder knotet er den Maulkorb an dem nun straffer gezogenen Halsband. Um sicher zu gehen, dass Mogi diesmal keine Aussicht auf Erfolg hat, zieht er zusätzlich zwei Lederriemen bis zum Brustgeschirr des Hundes. „So, das sollte genügen“, meint unser Pferdemann zufrieden. Nach den ersten verzweifelten kraftvollen Versuchen und dem Fliehkrafttrick scheint Mogi tatsächlich aufzugeben. Er legt sich geschlagen auf den Boden und bleibt stocksteif liegen. Aus dem eben noch agilen und lebensfrohen Hund ist ein müdes Häufchen Elend geworden. „Na du wirst dich schon daran gewöhnen“, tröstet ihn Tanja. Mogi, dessen Maulkorb jetzt bis zu den Augen hochgezogen ist, blinzelt uns traurig an. „Jetzt wird er keine Schafe mehr reißen. Das ist sehr erleichternd“, freue ich mich. Wir beobachten ihn noch eine Weile und kehren ihm dann den Rücken zu, um in die Jurte zugehen. Mogi erhebt sich wie ein uralter Mann und trottet uns hinterher. Plötzlich scheint ihn ein mächtiger Energiestrahl zu treffen. Er springt wie gehabt in die Luft und wirbelt in einer kolossalen Drehung herum. Doch diesmal schafft es die Fliehkraft nicht nur einen Millimeter die Verbindung zu lockern. Dann kommt der Ackerpflugtrick. Viel länger und schlimmer als vorher. Jedoch am Tor angekommen ist sein gesamter Kopf mit Staub überzogen aber der Maulkorb ist da wo er hingehört. Nun setzt der Unerbittliche, der Unnachgiebige seine Muskelkraft der beiden Vorderläufe ein und verkrallt sich mit den Zehen seiner Pfoten in das lästige Leder. Er zerrt und zerrt. Man könnte glauben er bricht sich ein paar der Zehennägel ab. Der Maulkorb wird dabei immer länger, jedoch bringt er ihn nicht über die Schnauze. „Knoten die Pferde kontrollieren sind halt doch zu stark für dich!“, rufe ich ihm zu. Mogi beginnt nun mit dem gleichen Spiel von vorne. Wirbel, Pflug und Reißen was das Zeug hält oder nicht hält. Und, siehe da. Es hält nicht. Der Maulkorb hängt erneut an der Brust. Ein wenig hechelnd springt er zu uns als wäre nichts gewesen. „Ein schönes Spiel. Was machen wir als nächstes?“, bellt er laut und nachhaltig. „Bestimmt eine chinesische Produktion! Das ist ein echtes Scheißding! Gekauft zum wegwerfen!“, fluche ich laut. „Was machen wir jetzt?“, fragt Tanja. „Keine Ahnung. Mir wird schon etwas einfallen. Bin doch cleverer als ein Hund“, meine ich es für heute gut sein zu lassen.

Die Feuerholzfrage

Am Abend, als Bilgee wieder mit den Pferden auf der Weide ist, besprechen wir mit Saraa weitere Schritte der kommenden Überwinterung in der Taiga. „Wir müssen uns Gedanken machen woher wir Feuerholz für euch bekommen“, überlegt sie. „Feuerholz? Wieso? Ist das wohl schwierig?“, wundere ich mich erschrocken da die Taiga das größte zusammenhängende Nadelwaldgebiet der Erde ist. „Kann sein. Die Bewohner von Tsagaan Nuur schlagen ihr Holz bereits im Herbst. Wenn es recht viel schneit kommt man an Holz schlecht ran.“ „Da ist doch überall Wald. Warum kommt man da schlecht ran?“ „Es müssen bereits abgestorbene Bäume sein. Ihr braucht trockenes Holz zum heizen. Frisch geschlagenes Holz ist nicht geeignet.“ „Das leuchtet ein. Aber warum gibt es im Winter kein abgestorbenes Holz?“ „Wenn die Bäume zugeschneit sind ist es schwieriger sie zu finden und zu erreichen. Aber ich frage mal meinen Cousin Ayush. Vielleicht kann er Holz besorgen. Sein Sohn hat ja den russischen LKW mit dem er euch wie besprochen über den Shishged fahren wird. Ich rufe ihn gleich mal an“, sagt sie und tippt die Nummer in unser Handy. „Kein Problem. Wir können Holz besorgen. Ihr müsst aber bitte das Geld im Voraus überweisen“, hören wir erleichtert. „Was kostet ein Lastwagen voller Holz?“ interessiert es mich. „Bei uns in Mörön ca. 400.000 Tugrik (229,- €). Wegen der Holzmenge in der Osttaiga nur 80.000 Tugrik (46,- €). „Und was glaubst du wie viel Holz wir für einen Winter benötigen?“ „Ayush meint zwei LKW-Ladungen reichen aus.“ „Zwei LKW’S? Eine Menge Holz.“ „Ja aber dort wird es nicht selten unter minus 50 Grad. Ihr müsst also den Ofen ständig beheizen.“ „Gibt es denn Holz bei den Tsaatans?“, fragt Tanja. „Nein, die Tsaatans legen ihren Wintervorrat auch frühzeitig an und holen sich die abgestorbenen trockenen Bäume mit ihren Rentieren. Wenn ihr im Dezember dort hinkommt dürfte es schwer sein Brennholz zu besorgen. Es ist besser ihr bringt es mit.“ „Das heißt wir müssten nicht nur unsere Ausrüstung und Behausung mit einem Lastwagen über den Fluss transportieren sondern auch noch mindestens 1 ½ Ladungen Feuerholz?“, überlege ich. „Das wäre die beste und sicherste Variante. Wir müssen nur Ayush fragen was er für eine Hin und Rückfahrt über den Fluss zum Winterlager der Nomaden verlangt“, überlegt Saraa. „Meinst du nicht die Tsaatans werden dann versuchen unser Holz zu stehlen?“ „Könnte sein. Das müsst ihr mit einkalkulieren. Hier in Mörön ist Holzdiebstahl an der Tagesordnung.“ „Na das sind ja beruhigende Aussichten“, stöhnt Tanja. Wegen der fortgeschrittenen Stunde verschieben wir die Kostenfragen der LKW-Transporte auf morgen. „Das bekommen wir schon hin“, ist Saraa zuversichtlich als sie unsere Jurte verlässt. „Hoffe schon. Sind viele Herausforderungen zu meistern an die wir nicht im Traum gedacht hätten. Aber mit deiner Hilfe schaffen wir es bestimmt“, meine ich und brate wieder frischen Fisch vom Tsagaan Nuur.

Am nächsten Morgen sprechen wir mit Bilgee über die kommende Kälte. „Wenn du möchtest kaufen wir dir einen Deel. Saraa hat einen mit Fell gefütterten aufgetrieben. Möchtest du ihn mal anprobieren?“, fragt Tanja. „Gerne“, antwortet er lachend und schlüpft in den schweren Mantel. „Er ist schön aber zu kurz für mich. Ihr braucht mir keinen Deel kaufen. Ihr gebt schon genug Geld aus. Ich werde mir selber einen besorgen“, antwortet er bescheiden. Wegen unseren teils unerfreulichen Erfahrungen in Geldsachen sind wir angenehm überrascht solche Worte aus dem Munde eines Mongolen zu hören. Da wir ihn nicht überreden wollen belassen wir es dabei. Es macht keinen Sinn einen teuren Deel zu kaufen der ihm dann nicht gefällt.

Aufhebens um einen alten Stuhl

Nachmittags gehen Tanja und ich wieder auf den Markt. Wir suchen schon seit Tagen ein Geschäft in dem es Campingstühle zu kaufen gibt. Immer wieder waren wir erfolglos. Heute jedoch finden wir es. Leider ist die Auswahl eine Katastrophe. Es gibt gerade mal ein verschmutztes, teils kaputtes Exemplar welches hier schon seit Jahren stehen muss. „Wir benötigen auf jeden Fall einen Stuhl für dich. Du kannst doch nicht ein dreiviertel Jahr auf den Knien herumrutschen“, sage ich zu Tanja die sich das traurig aussehende Objekt skeptisch betrachtet. Wegen den vielen Besorgungen und der endlos erscheinenden Vorbereitungen unserer Überwinterung lasse ich mich müde in den betagten Campingstuhl sinken. Tanja macht es sich mir gegenüber in einem ebenfalls nicht mehr frischen Sofa bequem. Fast apathisch sitzen wir nun in einer Art mongolischen Möbelhaus und schweigen vor uns hin. Nach einer halben Stunde sage ich: „Wir sollten uns entscheiden. Hier herumzusitzen bringt uns definitiv nicht weiter.“ „Stimmt. Sollen wir nun den Stuhl kaufen oder nicht?“ „Wie soll ich das wissen? Es dreht sich dabei um deinen Stuhl.“ „Ich kann mich nicht entscheiden.“ „Das ist ja das Problem.“ „Na dann entscheide doch du.“ „Oh man. Ich habe einen Klappstuhl der ebenfalls einige Jahre auf dem Buckel hat und ebenso nicht besonders gut aussieht“, meine ich und würde am liebsten meine Augen zumachen um ein Nickerchen zu halten. Mittlerweile kommt der Verkäufer mehrfach bei uns vorbeigeschlichen. Wahrscheinlich wundert er sich über die Europäer die solch ein Aufheben um so einen lächerlichen Stuhl machen. „Was soll denn dieses alte Teil kosten?“, geht es mir endlich über die Lippen. „25.000 Tugrik (14,28 €). Sie können ihn aber für 20.000 Tugrik (11,42 €) kaufen. „20.000 Tugrik für den kaputten Stuhl?“, wundert sich Tanja, worauf der Verkäufer etwas die Augenbrauen hebt und wieder verschwindet. Nach einer weiteren viertel Stunde meine ich: „Wir sollten uns wirklich entscheiden. Ansonsten wird es glaube ich etwas peinlich.“ „Mir egal. Ich bin saumüde. Sollen die doch denken was sie wollen“, entgegnet Tanja. „Hm.“ „Wer weiß wie viel tausend Menschen schon ihren Hintern da reingesetzt haben. Und dann soll ich ihn sieben oder acht Monate benutzen?“ „Wenn er so lange hält.“ „Na wenn nicht musst du ihn halt reparieren.“ „Genau. Da kaufen wir wieder so ein abgewirtschaftetes Ding, höchstwahrscheinlich in China produziert, nur damit ich es wieder repariere“, antworte ich genervt. „Du musst nicht immer auf China herumhacken. Die machen bestimmt auch gute Sachen.“ „Na davon habe ich hier noch nichts mitbekommen. Aber du hast Recht. Zumindest hat uns Air China eine Menge Freigepäck spendiert.“ „Stimmt. Also lass mal die Chinesen aus dem Spiel.“ „Es geht hier nicht um die Chinesen sondern um diesen dämlichen Stuhl. Willst du ihn nun haben oder nicht?“ „Keine Ahnung. Entscheide du“, scheint sich unser Gespräch im Kreis zu drehen. Ich erhebe mich um über eine ebenfalls etwas angeschlagene Anrichte zu gucken. Als ich den jungen Verkäufer erblicke versuche ich zu lächeln und winke ihn freundlich zu uns. „Also was soll dieser Stuhl kosten?“, frage ich erneut. 25.000 Tugrik. Für sie aber 20.000 Tugrik“, antwortet er freundlich. „Der freut sich bestimmt wenn er diese Fehlinvestition verkaufen kann“, meint Tanja. „Ne Fehlinvestition muss es wohl sein. Ansonsten würde er hier nicht jahrelang herumstehen“, entgegne ich. „Wir zahlen doch keine 20.000 Tugrik für ne Fehlinvestition. Frag mal ob du ihn für 15.000 Tugrik bekommen kannst?“ „Frag du ihn doch. Ich kann einfach nicht mehr verhandeln“, meine ich den Verkäufer so freundlich wie möglich anlächelnd. „Wir zahlen 15.000 Tugrik und keinen Heller mehr“, sagt Tanja zu dem Mann und deutet auf die abgenutzte Sitzfläche, auf die eingerissene Armlehne und Rückenteil und die sich lösenden Schrauben. „Okay, sie bekommen ihn für 15.000 Tugrik“, antwortet er ohne lange überlegen zu müssen. „Das ging aber schnell. Ich glaube wir haben den Preis zu hoch angesetzt“, meint Tanja. „Ist doch egal. Bei 8,57 € können wir nichts verkehrt machen“, entscheide ich. „Das stimmt. Vielleicht sollten wir auf dem Markt noch einen schönen Stoff kaufen den ich reinlegen kann. Und wenn du ihn mir reparierst bist du bestimmt neidisch auf meinen schönen Stuhl.“ „Kann schon sein. Ich hoffe ich darf mich dann auch ab und zu reinsetzen?“ „Vielleicht“, antwortet Tanja lachend. Als wir dann nach einer geschlagenen Stunde bezahlen wollen fragen wir ob es für den Campstuhl auch eine Tasche gibt. „Die ist verloren gegangen“, entschuldigt sich der Verkäufer. Bevor wir uns es noch mal anders überlegen können stürmt er in den hinteren Teil der Halle, kramt ein wenig herum und bringt zwei kleine Taschen. Die eine stülpt er über die eine Seite unserer Errungenschaft und die zweite über die andere. „So, hier haben sie ihre Tasche“, sagt er lächelnd. Wir bedanken uns und verlassen, die schmuddelige Sitzgelegenheit unter dem Arm geklemmt, das Geschäft. „Vielleicht sollten wir uns für unsere Jurte doch einen richtigen Holztisch und zwei stabile Holzstühle kaufen. Ich habe da etwas auf dem Markt gesehen“, überlege ich. „Hm, denke sollten wir daran nicht sparen.“ „Ich gehe morgen noch mal auf den Markt und sehe mir den Tisch an“, antworte ich und spüre wie wieder etwas Energie in meinen Körper aufsteigt.

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