Zwischen Asphalt und Stacheldraht
N 22°03’22.0“ E 147°07’42.0“Tag: 217 Etappe Drei / Expeditionstage gesamt 608
Sonnenaufgang:
05:24
Sonnenuntergang:
18:52
Luftlinie:
19,2
Tageskilometer:
35
Gesamtkilometer:
6267 km
Temperatur - Tag (Maximum):
38,5° Grad, Sonne ca. 59°
Temperatur - Nacht:
20,9° Grad
Breitengrad:
22°03’22.0“
Längengrad:
147°07’42.0“
Laurell Hills-Camp — 19.12.2002
Nach weiteren 12 Kilometern erreichen wir die Gregory Developmental Road die uns direkt nach Clermont führt. Es ist eine gut ausgebaute Asphaltstraße auf der in regelmäßigen Abständen Autos, Lastwägen und Roadtrains vorbeidonnern. Gott sei Dank gibt es nur etwa 20 Meter neben der Hauptstraße einen geräumten Erdstreifen auf dem wir mit unserer Karawane entlang schreiten können. Auf diese Weise sind die großen Roadtrains für unsere Tiere nicht ganz so erschreckend. Besonders Jasper und Edgar sind noch sehr ängstlich und springen bei jedem laut vorbeirauschenden Roadtrain zur Seite. Da die Beiden seit dem Verlassen der Westküste, also seit über 4000 Kilometern, kaum die Bekanntschaft mit motorisierten Fahrzeugen gemacht haben, glauben sie nun von jedem der Lastzüge regelrecht gefressen zu werden. Ihre Angst ist unkontrollierbar und Tanja und ich haben große Bedenken, dass sie in ihrer Panik einfach in die Straße laufen, um dann überfahren zu werden. Bis jetzt brachten wir es fertig uns und unsere Tiere ohne großen Verletzungen durch den gesamten Kontinent zu bringen. Natürlich wollen wir auf den letzten 600 Kilometern nichts mehr riskieren.
Direkt rechts neben uns befindet sich ein Grenzzaun einer Station der die Rinder vom gefährlichen Asphaltstreifen abhält. Von Stacheldraht und Straße eingeengt haben wir somit schlagartig die Freiheit und Einsamkeit des Outbacks hinter uns gelassen. Viele der Autofahrer winken uns freundlich und wohlgesonnen zu. Manche von ihnen halten an, um mit uns zu sprechen. Obwohl wir es nicht mehr gewohnt sind ständig Kontakt mit Menschen zu haben sind wir über diese Situation sehr froh, denn hier wird uns klar wie nahe wir unserem Ziel gekommen sind. Langsam wird uns bewusst was wir in den letzten Jahren geschafft haben. Glücksgefühle und Energiewallungen durchströmen jetzt von Zeit zu Zeit meinen Körper. Wir sind enorm motiviert und schreiten mit einer Geschwindigkeit von 5.7 Stundenkilometern voran.
Gegen Mittag begegnen wir den Stationbesitzern von Laurel Hill „Der Wasserdamm auf der rechten Straßenseite ist völlig ausgetrocknet. Wenn ihr möchtet seid ihr recht herzlich eingeladen eure Tiere auf der anderen Seite zu tränken. Der Damm dort hält noch genügend Wasser,“ sagt der freundliche Mann, worauf wir sein Angebot dankend annehmen.
Nach knapp sieben Stunden Laufzeit erreichen wir den beschriebenen Damm. Wir haben heute 35 Kilometer zurückgelegt und bauen müde unsere Camp auf. Rufus, der wegen der ständigen Gefahr der vergifteten Dingoköder unaufhörlich reitet, ist auch geschafft und verkriech sich schnell unter einem Sattel. Schon seit Tagen tränen ihm die Augen. Sie sind entzündet und geschwollen. „Ich glaube die grellen Sonnenstrahlen sind der Grund für diese Entzündung. Ich werde ihm ein paar Augentropfen geben,“ sage ich nachdenklich. „Was für Augentropfen?“ ,will Tanja wissen. „Na unsere. Wir haben doch Tränenflüssigkeit dabei die bei leichten Reizungen helfen. Das ist auch gut für unseren Rufus,“ meine ich und hole die Tropfen aus dem Toilettenbeutel. „Komm her Rufus,“ befehle ich ihm, worauf sich sein Körper rückwärts unter dem Sattel hervorrobbt. „Das wird dir gut tun mein Freund,“ sage ich halte eines seiner Augen mit den Fingern offen und lasse einen Tropfen hineingleiten. Als auch sein anderes Auge bedient ist verschwindet er sofort wieder unter dem Sattel. „Morgen geht es ihm bestimmt wieder besser,“ äußere ich mich zuversichtlich und zünde das trockene Holz unter der Thermet an, um Wasser fürs Abendessen zu kochen.