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Mongolei/Tuwa Camp MONGOLEI EXPEDITION - Die Online-Tagebücher Jahr 2011

Zu tiefst betrübt

N 51°39'155'' E 099°21'977''
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    Tag: 285-290

    Sonnenaufgang:
    05:47/05:38

    Sonnenuntergang:
    20:51/20:59

    Gesamtkilometer:
    1361

    Bodenbeschaffenheit:
    Eis, Schnee

    Temperatur – Tag (Maximum):
    20°C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    12°C

    Temperatur – Nacht:
    minus 15°C

    Breitengrad:
    51°39’155“

    Längengrad:
    099°21’977“

    Maximale Höhe:
    1858 m über dem Meer

Kaum schlagen wir die Augen auf sprechen wir über die neue Situation. Kein Wunder das wir beide nicht sehr gut gelaunt sind. „Ehrlich gesagt habe ich keine Lust mehr. Vielleicht sollten wir die Expedition hier abbrechen und nachhause fliegen?“, sagt Tanja betrübt. „Meinst du das im Ernst? Nur weil ein Mann unsere Expedition verlassen wird werfen wir die Flinte ins Korn?“, antworte ich. „Es ist nicht nur weil Bilgee uns hier sitzen lässt. Es ist die Aneinanderreihung von Geschehnissen. Auch wenn im großen und ganzen alles glatt läuft ist das Leben hier draußen mit diesen Tuwa psychisch und physisch äußerst anstrengend. Jetzt müssen wir wieder einen neuen Pferdemann suchen und darauf hoffen, dass auch er nicht an einem einsamen Ort aufgibt oder keine Lust mehr hat und sich von jetzt auf gleich entscheidet zu gehen. Oder sie sogar stiehlt. Egal was man vorher besprochen hat“, sagt Tanja traurig. „Ja du hast Recht. Auf diese Menschen kann man sich kaum verlassen. Äußerst schwer hier einen Freund zu gewinnen. Meist wird einem was vorgespielt und am Ende stellt sich heraus, dass jeder etwas von einem will. Entweder eine Einladung nach Deutschland, Geld oder andere monetäre Gründe. Aus reiner Liebe oder Freundschaft tut hier kaum jemand etwas. Aber vielleicht ist das auch zu viel verlangt? Ich weiß nicht ob wir schon zu lange hier sind und ich deswegen nicht mehr in der Lage bin den Sachverhalt objektiv zu beurteilen aber ich denke das ist kein grundsätzliches Problem der Mongolen sondern eher ein menschliches Defizit. Zuverlässige, tiefgehende und uneigennützige Freundschaften sind auch in Deutschland eher selten“, gebe ich zu bedenken. Und doch ist mir bewusst in kaum einem Land so häufig übervorteilt worden zu sein wie hier. Es ist müßig zu analysieren warum es so ist. Wenn wir unsere bisher hoch interessante Reise nicht gefährden wollen müssen wir uns mit der Ungewissheit, der Unzuverlässigkeit und der Gefahr ab und an übervorteilt zu werden einfach abfinden. Sind wir dazu in der Lage werden wir noch weitere schöne und außergewöhnliche Momente und Monate vor uns haben. Wichtig ist allerdings nicht an dem ewigen Hin und Her und dem Hickhack auszubrennen. Das wäre zwar verständlich aber ein Ende welches diese Expedition und wir nicht verdienen. Alleine der Gedanke hier aufzugeben wäre ein teures Flinte ins Korn werfen. Wer soll unsere Pferde kaufen? Wohin mit der Ausrüstung usw.? Ich biete Tanja an die Expedition frühzeitig zu verlassen. Möchte sie nicht zu etwas zwingen was ihr keine Freude mehr bereitet. Ich selbst komme zu dem Schluss weiterzumachen und dann mit Ruhe und Besonnenheit Pferde, Pferdewagen und weiteren angesammelten Besitz zu verkaufen. Tanja denkt über ihre Option nach und kommt wenig später zu der Überzeugung gemeinsam weiterzumachen. Ich bin erleichtert da wir zusammen ein unschlagbares Team sind und mir das Reisen hauptsächlich nur in unserer Zweisamkeit Freude bereitet. Ohne Tanja würde ich mich leer fühlen und die Sinnhaftigkeit dieses Unternehmens würde gewaltige Fragezeichen aufwerfen. Tatsache ist allerdings das sie und ich gemeinsam Spaß und Lust an unserem Lebensstil haben sollten.

In den kommenden Tagen zermartern wir uns den Kopf wie wir es fertigbringen sollen mit unseren schwachen Pferden und Fohlen hier herauszukommen. Vorerst treffen wir die Entscheidung solange hier zu bleiben bis sie mehr Kraft aufgebaut haben. Bilgee, so hat er gesagt, wird mit einem Moped, wenn eines kommen sollte, das Camp verlassen. Weil wir hier bleiben wird er schon in spätestens 10 Tagen aufbrechen. Laut seiner Aussage fährt er nach Erdenet und versucht diesen Job zu bekommen. Wenn das klappt bleibt er weg. Wenn nicht kommt er wieder. So einfach ist das. Um mit ihm zu kommunizieren müssen wir eine drei stündige Bergtour auf uns nehmen. Vom Gipfel dieses Berges kann man angeblich SMS empfangen und eventuell telefonieren. Alles recht wage aber so ist es halt.

Da Bilgee noch heute ins Wintercamp reiten möchte, um die restliche Ausrüstung zu holen, erinnert mich Tanja, das ich noch vor seinem Aufbruch Bretter für ein Bett aus einem alten Tuwacamp hole. Ultsan deutet in Richtung Osten, wo sich in etwa einem Kilometer Entfernung eines der vergangenen Lager befindet. Es dauert nicht lange und wir stoßen auf Tipistangen und viele grob gearbeitete Bretter wovon wir genügend auf Bor und Sharga laden und sie ins Camp tragen lassen. Dann sattelt Bilgee sein Reittier Tenger und legt Sharga und Od die Packsättel auf. Wegen der 70 Quadratmeter Tipileinwand und einigen Küchenutensilien die Tanja und er mitgebracht hatten mussten sie einiges unserer Ausrüstung zurücklassen. Aus diesem Grund ist nun ein dritter Gepäckritt erforderlich. In den Tagen seiner Abwesenheit richten wir das Tipi ein und machen es uns soweit möglich gemütlich.

Wir freuen uns über Kommentare!

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