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Link zum Tagebuch: TRANS-OST-EXPEDITION - Etappe 1

Wissen sie überhaupt wo Burma liegt?

N 47°29'391'' E 009°33'907''
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    Tag: 2

    Sonnenaufgang:
    05:50 Uhr

    Sonnenuntergang:
    21:06 Uhr

    Luftlinie:
    11 Km

    Tageskilometer:
    32 Km

    Gesamtkilometer:
    87 Km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt, Schotter

    Temperatur – Tag (Maximum):
    30 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    25 °C

    Temperatur – Nacht:
    20 °C

    Breitengrad:
    47°29’391“

    Längengrad:
    009°33’907“

    Maximale Höhe:
    400 m über dem Meer

    Aufbruchzeit:
    12.00 Uhr

    Ankunftszeit:
    19.00 Uhr

    Durchschnittsgeschwindigkeit:
    11,50 Km/h

Am frühen Morgen veranstaltet der Regen noch immer sein Trommelsolo auf unserer Zeltbahn. Nacktschnecken kriechen auf dem Innenzelt, den Ortliebtaschen und unseren Schuhen herum. Sie hinterlassen einen klitschigen Streifen und scheinen sich bei der Feuchtigkeit sau wohl zu fühlen. “Mein Gott, das fängt ja gut an”, durchdringt Tanjas schläfrige Stimme das Stakkato des Regens. “Was soll’s, wenn es weiter so schüttet bekommen mich hier keine 10 Pferde raus”, antworte ich und drehe meinen Körper gähnend auf die Seite. Um 10:00 Uhr hört es zu regnen auf. Dunkle Wolken ziehen in gespenstischen Formen über unsere Köpfe. “Wir sollten weiterfahren”, schlägt Tanja vor. Zwei Stunden später haben wir unser gesamtes Hab und Gut auf die Räder und die Anhänger verstaut. Noch finden wir nicht die optimale Gepäckverteilung und verlieren dadurch Zeit. Es kann aber nicht lange dauern bis wir im Schlaf wissen werden welcher Ausrüstungsgegenstand in welcher Tasche sein Zuhause hat.

Unsere Räder schnurren mit ca. 10 bis 15 Stundekilometer über den wunderschönen Radweg. Obwohl das weiß Gott nicht schnell ist müssen wir uns richtig anstrengen. “Hast du auch schon Muskelkader?” frage ich Tanja. “Na klar. Ich glaube wir hätten vorher doch etwas mehr trainieren sollen”, antwortet sie schnaufend. “Ist mir schleierhaft wie wir mit diesem Monstergepäck einen Hügel hinaufkommen”, entgegne ich und konzentriere mich auf den Gegenverkehr. Alle paar Minuten nämlich kommt uns einer der vielen Zweiradfahrer entgegen. Wir sind verblüfft welch ein Radverkehr hier herrscht.

Eigentlich liegt der Bodensee nicht auf unserer Strecke nach Burma. Da wir aber wegen den Pressekonferenzen sowieso in Friedrichshafen waren, dachte ich es wäre eine gute Idee unseren Trip langsam angehen zu lassen und erstmal diesen bekannten Radweg um das Schwäbische Meer als so genannte Trainingsetappe zu beginnen. Natürlich ein Witz für jeden eingefleischten Radfahrer aber für uns Neulinge, vor allem mit den schwer beladenen Anhängern, eine sinnvolle Sache. Wir haben gerade die unsichtbare Grenze nach Österreich hinter uns gelassen als ich auf ein gemütliches Restaurant aufmerksam werde. “Da kehren wir ein”, meine ich und brauche Tanja erst gar nicht zu fragen was sie davon hält nach fünf Kilometern bereits eine Pause einzulegen. “Lasst es langsam angehen”, rieten uns einige Radprofis und ich denke das ist eine verdammt gute Idee. Bei Wiener Schnitzel, Salat gefolgt von einem Nusskuchen und Capuccino lassen wir es uns gut gehen. Unsere Roadtrains haben wir an ein Geländer gelehnt, welches direkt am Ufer des Sees grenzt.

Immer wieder bleiben Touristen und andere Radfahrer stehen, um die schwer beladenen Fahrzeuge zu betrachten. “Was macht ihr denn mit den Solarpaddeln auf euren Anhängern? Betreibt ihr damit einen Motor?” fragt einer. “Ach ihr benötigt die Dinger um euer Satellitentelefon zu betreiben. Da seid ihr bestimmt länger unterwegs?” “Ja wir fahren nach Burma”, antworte ich lächelnd worauf der ältere Herr regelrecht zusammenzuckt. “Wie Burma?” antwortet er. “Na Burma”, entgegne ich. “Meinen sie das Burma da irgendwo in Asien?” “Ja”. “Wissen sie überhaupt wo das ist?” “Klar, diese Richtung, grob Südosten”, antworte ich lachend und deute über den See. “Na da haben sie sich was vorgenommen”, meint er mit erstaunten Gesichtsausdruck und wünscht uns viel Glück. Kaum haben wir das Gespräch beendet fragt ein anderer: “Was machen sie denn mit den Solarpaddeln da? Betreiben sie damit eine Kühlbox für ihr Bier?” “Ne, das ist für unseren Computer und dem Satellitentelefon.” “Satellitentelefon? Für was brauchen sie ein Satellitentelefon am Bodensee?” “Wir radeln nach Burma.” “Nach Burma! Welches Burma?” “Na Burma, gleich hinter China.” Der Herr sieht uns mit geweiteten Augen an und glaubt von uns beschwindelt zu werden. Kopfschüttelnd geht er weiter. Bevor wir uns auf die Räder schwingen stehen schon wieder Menschen um uns herum. “Sie wollen mit dem Solar doch nicht ihr Wasser zum kochen bringen?” “Nein, nein, wir laden damit unsere Batterien für die Kameras und das Satellitentelefon”. “Ach so, dann sind sie bestimmt auf einer längeren Reise unterwegs?” “Jo, wir fahren nach Burma.” “Mit dem Fahrrad?” “Fahrrad, Pferd und Elefant”, antworten wir und erklären unseren Reiseplan. Mittlerweile versammeln sich weitere Touristen und lauschen unseren Erzählungen. Es dauert eine Weile bis wir endlich unsere Radreise fortsetzen und uns von den Zuhören verabschieden.

Wir folgen dem Radweg. Lassen die Stadt Bregenz hinter uns und werden unaufhörlich von Radfahrern überholt. “Was macht ihr denn mit den Solarpaddeln?” hören wir die sich wiederholenden Fragen worauf wir versuchen wahrheitsgetreu zu antworten. Die Reaktionen sind häufig ähnlich, worauf wir uns jetzt schon überlegen beim Überqueren der Landesgrenzen, vor allem in die Ukraine, Russland, Mongolei und China die Solarpaddel zu verstecken. Wir müssen ja nicht um jeden Preis die Beamten dazu verleiden in unserem Gepäck herumzuwühlen.

Am Nachmittag endet der Radweg an einer steilen Treppe. “Ich glaube wir haben es geschafft uns zu verfranzen”, meine ich kopfschüttelnd. Neben der Treppe ragt grobes Felsgestein aus der nassen Erde. Ich überlege ob es besser wäre umzukehren und den richtigen Radweg zu suchen oder diese kleine Herausforderung als Training, für die mit Sicherheit kommenden unbefestigten russischen Straßen, anzunehmen. Sofort entkopple ich die Anhänger von den Rädern und bin überrascht wie stark ihr Gewicht die steile Böschung herunter schiebt. Nur mit großem Kraftaufwand kann ich sie vom rasenden Sturz nach unten halten. Eigentlich bräuchte ich Tanjas helfende Hände, doch sie versucht unser erstes Hindernis filmisch festzuhalten. “Ich glaube die Filmkamera ist kaputt. Die Farben sehen recht seltsam aus”, meint sie mir die Kamera reichend. Tatsächlich muss ich feststellen, dass wir gerade mal 40 Km weit gekommen sind und sich unsere Filmkamera bereits verabschiedet hat. “Hm, meine Mutter soll uns die Ersatzkamera zu den Bodenmüllers schicken. Wir können dort auf dem Rückweg vorbeischauen”, grummle ich vor mich hin und packe das jetzt nutzlose Ding in die Tasche.

Kaum sind wir wieder startklar fragt uns eine Spaziergängerin was wir da unten wollen. “Das ist ein reiner Fußweg. Da werden sie mit den Rädern nicht weit kommen. Am besten sie kehren da vorne wieder um”, rät sie uns.

Eine Stunde später überqueren wir eine Brücke über den Fluss Alt Rhein und befinden uns somit in der Schweiz. Auf einem unbefestigten Weg radeln wir durch einen dunklen Wald direkt an der steilen Uferböschung des Alt Rhein entlang. Häufig drehe ich mich nach hinten, um zu sehen wo Tanja bleibt. Sie ist im Laufe des Tages immer langsamer geworden. Oftmals muss ich alle Kilometer warten wo sie bleibt. Offensichtlich ist für ihr Eigengewicht von ca. 56 Kg. die Ladung ihres Hängers viel zu schwer. Wieder drehe ich mich auf meinem Gefährt nach hinten und als ich nach vorne sehe verreißt es mir den Lenker. “Huuuaaahhh!” rufe ich aus als ich mit meinem schwer beladenen Rad nur wenige Zentimeter am Abgrund der Uferböschung vorbeijongliere. Etwa fünf Meter weiter unten strömt der vom Hochwasser gesättigte Fluss in beängstigender Geschwindigkeit vorbei. Zum Absteigen ist es zu spät. Rudernd versuche ich das Gleichgewicht zu erlangen. Noch ein weiterer Zentimeter nach rechts und die ganze Sache rauscht inklusive mir in den gurgelnden Fluss. Ich selbst hätte mit Sicherheit kein Problem da wieder mit heiler Haut raus zukommen, gesetzten Falle ich bleibe nicht an einem der Baumstümpfe da unten hängen. Aber das Rad mit Anhänger und Ausrüstung würde in den Fluten auf nimmer Wiedersehen verschwinden. In wirklich letzter Sekunde schaffe ich es den Roadtrain auf den sicheren Weg zu bringen. “Puhh”, schnaufe ich erleichtert aus und bleibe erst mal stehen. Mein Herz rast vor Aufregung wie wild. Beinahe hätte ich unsere gesamte Technik im Alt Rhein versenkt. Das wäre das Ende unserer Reise gewesen. Und das hier an einem gut ausgebauten Radweg am Bodensee. Mein Gott wie peinlich. Kann mir gut die spöttische Überschrift in einer Zeitung vorstellen: “Das auf fünf Jahre geplante Fahrradabenteuer endet bereits am zweiten Tag. Oder: “Aus unersichtlichen Gründen ist Denis Katzer mit seinem Fahrrad im Alt Rhein versunken.”

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