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Link zum Tagebuch: TRANS-OST-EXPEDITION - Etappe 1

Aus Fiktion wird Wirklichkeit

N 47°32'195'' E 009°43'858''
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    Tag: 1

    Deutschland

    Sonnenaufgang:
    05:48 Uhr

    Sonnenuntergang:
    21:06 Uhr

    Luftlinie:
    23 Km

    Tageskilometer:
    35 Km

    Gesamtkilometer:
    55 Km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Temperatur – Tag (Maximum):
    28 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    25 °C

    Temperatur – Nacht:
    18 °C

    Breitengrad:
    47°32’195“

    Längengrad:
    009°43’858“

    Maximale Höhe:
    420 m über dem Meer

    Aufbruchzeit:
    13.00

    Ankunftszeit:
    18.30 Uhr

    Durchschnittsgeschwindigkeit:
    11,20 Km/h

Mein Gott, das Wasser fließt unter unserem Innenzelt durch!” rufe ich entsetzt und richte den Lichtstrahl meiner Stirnlampe auf das herein schießende Nass. “Oh schau mal die Zeltnähte sind auch nicht dicht. Du hättest sie schon letzte Woche versiegeln sollen”, bemerkt Tanja. Tiefes Grollen lässt den dunklen Himmel erbeben. Lichtfetzen zerreißen die Schwärze der Nacht und erhellen für Bruchteile einiger Sekunden das Zeltinnere. Ein für den Bodensee nicht unbekanntes Sommergewitter bricht mit aller Gewalt über uns hernieder. Starke Windböen reißen an der Außenhaut unserer neuen Behausung. Wuuuummmm! Donnert es in immer kürzeren Abständen. “Es kann doch nicht sein, dass wir gleich in der ersten Nacht absaufen!” rufe ich und schnappe mir die Tube mit dem Nahtabdichter. Wegen dem Vorbereitungsstress unserer Trans-Ost-Expedition war das Abdichten der Zeltnähte das Letzte an was ich dachte. Gegen die eindringende Nässe ankämpfend schmiere ich die Dichtungsmasse auf die Nähte und hoffe, dass sie trotz der Feuchtigkeit eine Verbindung mit der Zeltbahn eingeht.

Von den ersten 35 Radkilometern und den Anstrengungen der letzten Tage geschafft lege ich mich dann neben Tanja auf die Isolationsmatte und beobachte das grelle Aufzucken der gleißenden Blitze. Schemenhaft dringt das beißende Licht durch den Zeltstoff. Die warme, feuchte Luft wabert wie eine dichte Masse über unsere Körper. Mein Blick kreist über die paar Ausrüstungsgegenstände die in unserem Innenzelt Schutz vor dem Gewitter gefunden haben. Ab jetzt beginnt also wieder ein neuer Lebensabschnitt, denke ich mir und weiß nicht ob mir dieser Zustand wirklich gefällt. Vorgestern waren wir noch auf der Outdoormesse in Friedrichshafen und haben in verschiedenen Pressekonferenzen und einer Show über unsere Trans-Ost-Expedition gesprochen. Bis dahin war alles nur in unseren Köpfen, eine Fiktion, ein Wunschbild auf einer weiteren Etappe der großen Reise unterwegs sein zu wollen. Monate haben wir an unserer Idee gearbeitet, um aus der Illusion Realität werden zu lassen und auf einen Schlag ist die Zeit vergangen. Als hätten wir unseren Deutschlandaufenthalt nur geträumt hat sich das Bild verwandelt und wir liegen nicht mehr Zuhause in unserem gemütlichen Wasserbett sondern sind gleich in der ersten Nacht den Elementen der Natur ausgesetzt. Obwohl wir hier auf einem Zeltplatz bei Lindau nicht wirklich bedroht sind, wir also jederzeit vor den wachsenden Fluten Schutz suchen können, ist die Realität wieder in einem Zelt zu wohnen im ersten Augenblick nicht gerade angenehm.

Wir wollten gleich am Tag nach der Messe aufbrechen. Wegen den anhaltenden Regenfällen sind wir aber einen Tag länger bei unseren Gastgebern, der liebenswerten Familie Bodenmüller, geblieben. Aber auch am Montag, also heute am Tag des Aufbruchs, hat es bald unaufhörlich geregnet. “Ihr könnt gerne noch eine Nacht in unserer Ferienwohnung bleiben”, schlug Ingrid Bodenmüller vor. Bald wären wir auf ihre gut gemeinte Einladung eingegangen, zu verlockend waren die Gedanken an die netten Gespräche zu einer leckeren Vesper und ein paar Bier. Tanja und ich sahen uns an und waren uns im Grunde einig. Wenn wir uns jetzt von dem Regen abhalten lassen loszuradeln, wie wollen wir dann einen Winter in Sibirien überleben? Auch wenn bis dahin noch ein Jahr vergehen wird müssen wir uns, und wenn es am Anfang noch so schwer fällt, überwinden die Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten der Zivilisation über Bord zu werfen und das Abenteuer einer langen Reise beginnen. Ingrids Mann Alfred hat uns dann mit seinem Fahrrad bis hierher begleitet. Wenn ihn das Unwetter nicht von seinem Fahrrad gespült hat müsste er jetzt wieder Zuhause sein, denke ich mir und lausche wie die Regentropfen auf die Zeltbahn trommeln.

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