Wir wollen keine Rekorde aufstellen
Tag: 14-17
Sonnenaufgang:
06:59
Sonnenuntergang:
17:20
Frenches-Camp — 25.05.2000 – 28.05.2000
Auf Grund unser körperlichen Verfassung sind wir uns einig, hier einige Tage zu bleiben. Natürlich könnten wir morgen weiterhalfen, doch habe ich mir selbst versprochen nicht durch Australien zu hetzen. Tanja und ich wollen dieses Land genießen und es mit all seiner Schönheit und Einmaligkeit erleben. Unsere Expedition soll nichts mit Zeitdruck zu tun haben und wir sind trotz der Olympiade in Australien bei keinem Rennen. Wie ich schon in der Einleitung geschrieben habe, geht es uns nicht darum einen Rekord aufzustellen sondern unser Leben im Jetzt und im Augenblick zu leben. Obwohl ich mich selbst immer wieder daran erinnern muss den Bogen nicht zu überspannen fühle ich mich mit dieser Lebensphilosophie sehr wohl.
Da es hier wunderschön ist, gibt es also nicht den geringsten Grund weiter zu eilen und sich noch mehr auszubrennen. Die letzten eineinhalb Jahre der Vorbereitung waren für uns so hart, dass ich mich nicht selten gefragt habe warum und wofür wir solche Entbehrungen auf uns nehmen. Jetzt aber weiß ich es wieder. Es ist einfach unbeschreiblich schön wieder im Schoß der Mutter Natur sein zu dürfen. Eigenartig ist es nur, wie anstrengend es auf der anderen Seite ist sich von unserer Zivilisation loszueisen.
Ich fühle mich an diesem Morgen frisch und sprinte mit Rufus zu dem kleinen Fluss, um einige Steine für die Feuerstelle zu suchen. Am Samstag werden uns unsere Freunde Claudia und Angelika besuchen und ich möchte ihnen wenigsten ein echtes Campfeuer präsentieren. Ich glaube, dass ich schon erwähnt hatte, dass für mich das Bauen einer Feuerstelle nichts mit Arbeit zu tun hat, ganz im Gegenteil empfinde ich es wie ein Ritual das mein Inneres, mein “Ich” befriedigt.
Tanja und ich verbringen drei Tage alleine im Camp, denn Tom hat seine liebe Jo abgeholt. Wieder ist sie für die Expedition unterwegs. Sie möchte alle Bauchriemen der Kamele kürzen, denn durch das Buschtacker (Grünfutter) hat sich ihre Körperform verändert. Heu bläst ihre Bäuche auf und das Buschtacker bringt sie in eine völlig andere Form. Um es mit anderen Worten zu erklären; Heu ist mit Weißbrot zu vergleichen und Buschtacker mit T-Bonesteaks.
WUNDERBARE BUSCHDUSCHE
Am Nachmittag nehme ich eine heiß ersehnte Dusche. Wir besitzen einen großen Blecheimer den ich mit Flusswasser gefüllt auf die Glut des Feuers stelle. Schon nach kurzer Zeit ist es heiß. Dann ziehe ich mich nackt aus, schnappe mir den Eimer und einen Ortliebbeutel der am unteren Ende einen Schraubverschluss besitzt. Mit Seife und Kopfwaschmittel ausgerüstet begebe ich mich dann zum Fluss. Dann fülle ich den Beutel mit dem heißen Wasser und hänge ihn an einem Ast. In gebückter Haltung stelle ich mich unter die selbstgebaute Dusche, drehe den Verschluss auf und angenehm heißes Wasser rinnt auf meinen durstenden Körper. Schnell Seife ich mich ein, nicht ohne vorher den Verschluss wieder zuzudrehen, um das kostbare Wasser zu sparen, denn mehr als knapp 10 Liter habe ich nicht zu Verfügung. Es langt gerade noch um mir das Kopfwaschmittel aus den Haaren zu spülen.Rufus der dicht neben mir sitzt sieht mir neidisch zu und möchte am liebsten auch unter meine wunderbare Dusche springen. “No Rufus, das ist für mich. Du kannst ja in den Fluss gehen,” sage ich worauf er beleidigt wegsieht. Schlotternd vor Kälte trockne ich mich mit meinen Handtuch ab und begebe mich zum wärmenden Feuer zurück.
Die Tage im Camp 6 vergehen wie im Flug. Am Freitag gebe ich Interviews über das Satellitentelefon zu einigen ABC Radiostationen, Radio Berlin, Radio Gong in meiner Heimatstadt Nürnberg und der “West Australian”. Ich freue mich den Hörern über den bis jetzt gut verlaufenden Beginn der Red Earth Expedition berichten zu können. Die Temperaturen fallen in der Nacht auf minus 2 Grad, doch die Tage bleiben trotz einiger aufziehenden Wolken regenlos.
Nachts sitze ich mit Tanja am Feuer und wir bestaunen unaufhörlich die klare Sicht zu den Sternen. Die Milchstraße hier draußen scheint zum greifen nahe zu sein. Manchmal kommt einer der Güterzüge vorbeigedonnert. Ich nenne diesen Zug “Geist”, weil man ihn schon minutenlang vor seiner Ankunft hört. Dann zerschneidet der Scheinwerfer der Zugmaschinen die Nacht und taucht einen Teil der Lichtung in ein gleißendes, unechtes Licht, um nur Bruchteile weniger Sekunden danach wieder im Nichts zu verschwinden. Die Kamele gewöhnen sich mehr und mehr an diese unheimlichen Erscheinungen. Nur noch selten laufen sie nervös auf und ab und ziehen an ihren Beinseilen. Während den Nächten stehe ich ab und zu auf um zu sehen ob es ihnen gut geht und sie sich nicht in die Seile verwickelt haben.
Am Sonntag Nachmittag kommen Jo und Tom. Jo hat tatsächlich alle Bauchgurte gekürzt und viele andere kleinere Arbeit erledigt. Tom bringt uns frisches Regenwasser zum trinken. Wir sind in der glücklichen Lage, dass er uns immer wieder einmal mit dem nötigen Trinkwasser versorgt, denn hier in den von Menschen bewohnten Gebieten wollen wir noch kein Wasser aus den Bächen und Flüssen trinken. Zu viele der Farmer benutzen heftige Chemikalien zur Düngung die sich auch leicht in den Flüssen wieder finden.