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/Meister-Camp Link zum Tagebch: TRANS-OST-EXPEDITION - Etappe 3

Wie privilegiert wir doch sind!

N 50°03'35.9'' E 059°40'03.1''
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    Tag: 40

    Sonnenaufgang:
    04:55 Uhr

    Sonnenuntergang:
    21:14 Uhr

    Luftlinie:
    90.56 Km

    Tageskilometer:
    101.75 Km

    Gesamtkilometer:
    7860.52 Km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Temperatur – Tag (Maximum):
    27 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    20 °C

    Breitengrad:
    50°03’35.9“

    Längengrad:
    059°40’03.1“

    Maximale Höhe:
    501 m über dem Meer

    Maximale Tiefe:
    350 m über dem Meer

    Aufbruchzeit:
    08.30 Uhr

    Ankunftszeit:
    17.00 Uhr

    Durchschnittsgeschwindigkeit:
    18.22 Km/h

Um 7:00 Uhr eilen wir aus der moskitoverseuchte Schwitzburg. Draußen ist es mit 19 Grad regelrecht kühl. Schnell lassen wir das unschöne Minenstädtchen hinter uns. Am Stadtrand stoppen wir für ein paar Fotos. “He! He! Heiiii!”, dringen Rufe zu uns. “Eins! Zwei! Drei!”, schallen nun die in deutscher Sprache gerufenen Zahlen zu uns herüber weil wir nicht reagieren. Wir blicken auf und sehen ein Haus etwa zweihundert Meter von der Straße entfernt. Ein Mann springt hinter dem Zaun auf und ab und winkt uns aufgeregt zu während ein an einem Pfosten geketteter Hund wild bellend im Kreis rast. Wir erwidern das Winken. “Tee? Wollt ihr Tee?”, trägt der Wind die Einladung zu uns. “Nein danke, wir müssen weiter!”, antworten wir. Dann öffnet der Mann das Tor im Zaun und hetzt über das stoppelige Feld. Wir warten bis er uns erreicht hat. “Ihr kommt aus Deutschland?”, fragt er außer Atem. “Ja mit dem Rad”, antworten wir. Wie gewohnt reagiert er mit völliger Verblüffung. Dann berichtet er, dass in dem gesamten Landstrich hunderttausende von Wolgadeutschen gelebt haben. “Die sind alle nach Deutschland gezogen”, erklärt er. “Hier habt ihr Käse. Der ist selbst gemacht und sehr gut”, sagt er dann und reicht Tanja eine Tüte mit etwa drei Zentimeter langen und zwei Zentimeter dicken Röllchen die in der Tat lecker schmecken. Wir bedanken uns und Tanja verstaut das Geschenk in ihrer Lenkertasche. “Wenn ihr nach Sibirien weiter wollt müsst ihr aufpassen. Da leben keine guten Menschen. Plocho tam”, (Schlecht dort) sagt er ein ernstes Gesicht machend. “Danke für die Warnung”, antworten wir und verabschieden uns.

Dem Meister im Rücken geht es mit bis zu 28 KMH Windstärke über guten Asphalt. Leichte Bewölkung erfrischt uns in regelmäßigen Abständen mit Schatten. Ein Reiter treibt seine Schafe über die Fahrbahn. Er hebt seine Hand zum Gruß. Ab und an kauert eine einsame, halb zerfallene Hütte am Straßenrand. Ein verwitterter Schriftzug weist darauf hin, dass dort etwas zu Essen angeboten wird. Weil es keinen Strom und deswegen keinen Kühlschrank gibt, fragen wir uns ob die dort erhältliche Nahrung überhaupt genießbar ist? Obwohl wir Hunger verspüren werden wir von unserem gesunden Menschenverstand weitergetrieben. Nach 50 Kilometern erreichen wir die äußerste Grenze des Dorfes Bogetsay. Diesmal stoppen wir an der zerfallenen Steppenraststätte. Ein altes Stromkabel baumelt von einem Mast und führt unter das rostige Blechdach der vom Zahn der Zeit zerfressenen Hütte. “Strom gibt es”, sage ich lapidar meinen Roadtrain an die Hauswand lehnend. Mit ein paar Lastwagenfahrern sind wir nicht die einzigen Gäste. Es werden nur Würste, Spiegeleier, Weißbrot und Tee angeboten. Wir lassen die fetten Würste weg und füllen unsere Mägen mit dem Rest. “Haben sie einen Brunnen?”, frage ich um unsere Wasservorräte auffüllen zu können. Die Frau zeigt mir ein paar verbeulte Eimer in denen sich Wasser befindet. “Sieht nicht gut aus”, meint Tanja. “Ich gehe mal ums Haus, vielleicht entdecke ich den Brunnen”, sage ich und stiefele los. Müll, Bauschutt, alte Reifen, Tierlosung, menschliche Exkremente, ein verrosteter Blechhaufen welcher einmal ein Auto war und vieles anderes erschrecken meine Augen. “Da liegt eine Menge Zeugs herum aber einen Brunnen konnte ich nicht entdecken. Keine Ahnung woher sie das Wasser für den Tee herholen”, sage ich, weswegen wir unsere Vorräte mit teurem Mineralwasser aufstocken.

Weiter geht unsere Fahrt, vorbei an armseligen Dörfern. Viele der Hütten scheinen verlassen zu sein. Ein halb ausgetrockneter Fluss schlängelt sich durch eine der Siedlungen. Frauen waschen die Wäsche in dem schmutzigen Wasser. Kühe irren herum, stapfen unweit der Wäscherinnen durch den Morast. Die kleinen Gärten um die Häuser sind ausschließlich mit verrosteten Schrottteilen und altem Holz eingezäunt. Der Anblick ist schockierend und die Armut schreit zum Himmel. Kinder spielen im Fluss oder rasen uns mit ihren klapprigen Rädern hinterher. Wir halten an und betrachten die Apokalypse. Ein uralter Lada scheppert durch eine Furt im Fluss, schnauft die Böschung hoch und bleibt klappernd neben uns stehen. “Wo kommt ihr denn her?”, wundert sich der Fahrer unaufhörlich den Kopf schüttelnd und die Räder bestaunend. “Tolle Technik haben die Deutschen”, sagt er zu seiner Frau die im Auto sitzen geblieben ist und uns milde anlächelt. “Na dann eine gute und sichere Fahrt”, meint er mir eine Alkoholfahne entgegen blasend. Zum Abschied schüttelt er mir die Hand, steigt in seine quietschende Kiste und rattert mit spuckendem Auspuff davon. “Unvorstellbar unter welchen Bedingungen Menschen leben müssen”, sinniere ich leise. “Stimmt, die Menschen die hier geboren werden besitzen kaum die Chance ihr Umfeld jemals zu verlassen”, meint Tanja ebenfalls leise. “Wie privilegiert wir doch sind! Vielen Dank dafür!”, rufe ich urplötzlich in den Himmel.

Die Welt aus der Vogelperspektive

Trotz des erbärmlichen Anblicks der Dörfer lassen wir uns die Laune nicht verderben und sobald die Siedlungen hinter uns liegen breitet sich die endlose Steppe in ihrer einmaligen Schönheit vor uns aus. Auf unseren Drahteseln fühlen wir die wilde Freiheit. Wir fühlen uns wie Entdecker, Entdecker der für uns unbekannten Landstriche und auch Winkel und Ecken unseres eigenen Seelenlebens. Wir haben viel Zeit zum Denken und Grübeln und sind uns bewusst welch Luxus es ist hier nicht in einem der Orte unser Leben fristen zu müssen, sondern sie mit den Augen eines Vogels ansehen zu dürfen, um dann, wenn es uns nicht gefällt, weiterzufliegen. Es gleicht einem schönen Traum das Leben eines Nomaden führen zu dürfen. Immer weiter zu ziehen, um sich nur kurzfristig dort niederzulassen wohin einen der Wind, die Gedanken und Emotionen treiben. Nie wird solch ein Leben langweilig. Ganz im Gegenteil benötigen wir von Zeit zu Zeit etwas Ruhe, um all das Erfahrene, das Erlebte, die Begegnungen und das Gesehene zu verdauen. Aber auch dieser Zeitpunkt ist nicht vorher zu bestimmen. Kaum etwas geschieht auf dieser Reise nach unserem alleinigen Willen. Wir lassen uns treiben, treiben von Abenteuer zu Abenteuer. Jeder genau von uns ausgeklügelte Plan wird von Unvorhergesehenen einfach weggefegt. Wir lassen es geschehen. Geben uns damit zufrieden was uns Mutter Erde in den jeweiligen Augenblicken offeriert. Bisher war es immer gut, nicht immer so gewünscht aber gut. Auch heute werden wir aufgeordert unsere Zahnkränze länger kurbeln zu lassen als wir möchten. So weit unsere Augen reichen gibt es nämlich keinen einzigen Baum hinter dem wir unser Zelt aufstellen können. Also fahren wir weiter obwohl wir schon lange müde sind.

Fehlende Baumreihen

Nach wie vor möchten wir nicht unser Nachtlager in Sichtweite der Straße errichten. Nicht das wir Bedenken haben die Kasachen könnten uns überfallen, trotzdem gibt es in dem Land sehr viele Menschen die aus Frust oder Lust über den Durst trinken. Betrunkene sind auf der gesamten Erde nicht immer angenehm. Auch auf Reisen mussten wir mit ihnen das eine oder andere Mal schlechte Erfahrungen sammeln. Die Wiederholung wollen wir unter allen Umständen vermeiden. Also treten wir unsere Böcke den nächsten Hügel hinauf und lassen sie auf der anderen Seite wieder in die Senke gleiten, immer nach der Suche eines für uns geeigneten Nachtlagers. “Dort vorne sieht es nach einer Baumreihe aus!”, rufe ich erleichtert nachdem wir heute schon wieder über acht Stunden und 100 Kilometern unterwegs sind. Tatsächlich entpuppt sich die Baumreihe als brauchbar. In drei Reihen hat man hier Bäume neben der Straße gepflanzt. Hinter der dritten Reihe sind wir für die Autofahrer unsichtbar. Wir warten einen Augenblick bis kein Fahrzeug zu sehen ist, drehen und wenden uns noch mal um auch von eventuell anwesenden Hirten nicht entdeckt zu werden und lassen unsere Bikes die Böschung hinunter in hohes Gras holpern. Dann, in einem großen Kraftaufwand, schieben wir unser Gewicht auf Rädern über Erdanhäufungen, Baggerspuren, vorbei an dicken Ästen und Gesträuch bis wir kurz vor dem Zusammenbrechen hinter der ersten Baumreihe stoppen, um Luft zu holen. “Da kommt ein Auto!”, warnt Tanja. Sofort drücke ich meine 130 Kilogramm weiter und schlüpfe mit all der Ausrüstung durch die zweite Baumreihe. Tanja schnauft mir hinterher. Vögel werden aufgescheucht und verlassen ihre Nester. Ein Adler kreist über uns, seinen hellen Warnruf in den Himmel stoßend. “Komm, das schaffen wir noch!”, motiviere ich und presse mein Interconinental durch eine kleine Lücke der dritten Baumreihe. “Hier kann uns keiner mehr sehen”, atme ich erleichtert aus. Wir lehnen die Lastenzüge gegen einen Baum und blicken erstmal über die baumlose Prärie die sich vor uns auftut. Gewitterwolken türmen sich am Horizont. Blitze durchzucken sie von Zeit zu Zeit. Leichter Donner grollt zu uns herüber. Hügel schwingen sich in harmonischen Bögen durch das Grasland. Insekten surren zu tausenden. Kaum kommen wir zur Ruhe stürzen sich winzig kleine Stechmücken auf uns. Durch die Gewitterstimmung beißen sie was das Zeug hält. Sofort sprühen wir uns mit der Jaico Anti-Mücken-Milch ein. Dann suche ich den unebenen Boden nach einer geeigneten Stelle für unser Zelt ab. Es dauert eine Weile bis ich einen Platz gefunden habe auf dem wir beide einigermaßen gerade liegen können. Wir treten das hohe Gras flach, legen eine Folie darüber und errichten unser Zelt. Da es heute nur etwa 27 Grad hat müssen wir bei der Arbeit nicht so schwitzen wie sonst. Schnell hat Tanja die Isomatten und Schlafsäcke in unsere Stoffbehausung gelegt während ich mir einen Platz zum Aufschreiben unserer Tageserlebnisse suche. Routiniert sind die Aufgaben zwischen uns verteilt, so dass keine unnützen Fehlzeiten entstehen. Obwohl es bis nach 22:00 Uhr hell bleibt, müssen wir gegessen, unsere Arbeiten erledigt und uns vor den zunehmenden Moskitoüberfällen ins Zelt gerettet haben.

Lieber Leser unseres Tagebuches!!!

Gerne schreiben wir unsere Erlebnisse hier nieder. Gerne teilen wir mit Euch unsere Erfahrungen. Jedoch hat unsere Reise für uns auch eine Bedeutung, einen tieferen Sinn. Nur für die Lust und Laune setzen wir uns solchen Anstrengungen nicht mehr aus. Dafür haben wir zuviel erlebt. Natürlich ist es noch immer unsere Motivation Völker, Kulturen, deren Sitten und Gebräuche zu erleben. Noch immer erforschen wir mit ungestilltem Wissensdurst die für uns unbekannten Winkel unserer Mutter Erde. Es gibt uns Energie und Lebensinhalt. Jedoch haben wir bei all dem Positiven auch viele Schattenseiten der menschlichen Zivilisation erlebt und erfahren. Wir haben mit eigenen Augen ungeheuer viel menschliches Leid und Umweltvernichtung gesehen. Es schmerzt uns als würde ein Messer tief in unsere eigene Haut eindringen. Unsere Lebensprojekt “Die große Reise” hat für uns schon seit Jahren eine andere Dimension erreicht. Es geht uns während der Reise, während unseres Reiselebens auch darum etwas Ausgleichendes zu tun. Etwas an den geplagten Planeten zurückzugeben. Nicht aus Egoismus oder Befriedigung oder Selbstverherrlichung, sondern um wirklich nachhaltig etwas zu tun. Etwas für uns Menschen zu tun. Für unsere Kinder. Damit auch sie morgen noch frische Luft atmen können. Damit auch sie unter freiem Himmel im Sandkasten spielen können, in sauberen Flüssen baden können. Wir wünschen uns für alle Wesenheiten dieses wunderbaren, fantastischen Planeten eine lebenswerten Zukunft. Also bitte wir sie dringend vielleicht einmal im Monat wenigstens einen Baum für die Grüne Ader zu pflanzen. Infos dazu findet ihr auf unserer Webseite. (Ein Baum 5,- Euro) Wir allein können es nicht schaffen. Wir haben nicht die finanziellen Mittel dazu. Noch nicht. Nur wir gemeinsam können etwas bewegen. Unsere Motivation liegt nicht nur darin zu wissen dass unsere Texte von im Augenblick zwischen 40.000 und 50.000 (vierzigtausend und fünfzigtausend) Menschen im Monat gelesen werden. Unsere Motivation liegt darin gemeinsam etwas Nachhaltiges für unsere Menschenzukunft zu schaffen. Gemeinsam heißt mit Euch allen zusammen. Dafür schreiben wir, dafür könnt ihr die Texte ohne finanziellen Einsatz lesen. Also bitten wir um eine Spende an das Bergwaldprojekt. Ein Projekt das ohne Profit arbeitet. Ein Projekt nachdem wir Jahre gesucht haben, um unseren Namen dafür zu geben. Ein Projekt dem wir vertrauen. Wir bitten Euch darum Bäume zu spenden. Bäume die uns Luft zum Amten schenken. Lebensraum für Insekten und Vögel. Lebensraum für die Erdbevölkerung in den zukünftigen Jahren. Von den Spenden haben wir nicht den geringsten finanziellen Vorteil. Alles was ihr gebt kommt Mutter Erde zu Gute!!! Dafür garantieren wir mit unserem Lebensprojekt und unserem Namen.

Spenden sind herzlich willkommen unter:
Bergwaldprojekt e.V.
Stichwort:Grüne Ader
GLS Gemeinschaftsbank
BLZ 43060967
Kontonummer 8022916200

Mutter Erde lebt!

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