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Mongolei/Bach-Camp MONGOLEI EXPEDITION - Die Online-Tagebücher Jahr 2011

Tenger hat seine Kolik überstanden

N 48°58'216'' E 102°26'703''
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    Tag: 401

    Sonnenaufgang:
    06:21

    Sonnenuntergang:
    20:04

    Luftlinie:
    27,98

    Tageskilometer:
    40

    Gesamtkilometer:
    2338

    Bodenbeschaffenheit:
    Gras/Stein

    Temperatur – Tag (Maximum):
    25 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    18 °C

    Temperatur – Nacht:
    minus 8 °C

    Breitengrad:
    48°58’216“

    Längengrad:
    102°26’703“

    Maximale Höhe:
    1690 m über dem Meer

    Aufbruchzeit:
    12:00

    Ankunftszeit:
    18:00

Als die Sonne ihr jungfräuliches Licht über die Bergkämme schickt ist jegliches unangenehme Gefühl, welches in der fremdartigen Dunkelheit in uns erwachte, spurlos verschwunden. An jedem Morgen frage ich mich dann warum Nächte in der Wildnis so etwas wie Angst und Beklommenheit auslösen können. „Ob das aus der Vorzeit herrührt als Menschen noch von Säbelzahntigern bedroht wurden?“, geht es mir durch den Kopf. Kaum aus dem Schlafsack gekrochen laufe ich zu Tenger. Noch immer tropft grüner Schleim aus seinen Nüstern. „Ob wir heute aufbrechen können?“, fragt Tanja. „Wenn Tenger in den kommenden Stunden zu trinken beginnt vielleicht. Wir müssen abwarten“, antworte ich.

Wir trinken gerade Tee und essen einige der üblichen mongolischen Kekse als Tenger tatsächlich seinen Kopf senkt und vorsichtig am Gras zu nippeln beginnt. „Sieh dir das an. Er frisst!“, freut sich Tanja. „Wunderbar. Wenn er auch noch aus der Quelle säuft ist er über den Berg“, sage ich euphorisch. Um 10:00 Uhr frisst und säuft unser Patient als wäre nie etwas gewesen. Kurz bevor wir die Ausrüstung auf die Pferderücken hieven wollen erhalten wir erneut Besuch. Es ist der Motorradfahrer von gestern Nacht. Diesmal mit seiner Tochter unterwegs und nüchtern. Wie ausgewechselt und äußerst freundlich begrüßt er uns. Nichts Bedrohliches ist in seiner Mine zu entdecken. Umgehend hilft er mir die Seesäcke auf die Pferde zu heben. „Eine gute Reise“, wünscht er uns lachend als wir die Quelle am ehemaligen buddhistischen Kloster verlassen.

Im Tal überqueren wir den Fluss Hanu. Wir nutzen die Gelegenheit, um die Pferde erneut zu tränken. Tenger pumpt soviel Wasser in seinen Bauch, dass er eher mit einem Luftballon vergleichbar ist als mit einem Pferd. Dann geht es durch ein Steinlabyrinth vorbei an den Ort an dem wir letztes Jahr von einem Hirten genötigt wurden 37.000 Tugrik (22,50 €) wegen einem angeblichen von Mogi verletzten Schaf zu bezahlen. Der üble Hirte hat dieses Jahr allerdings seine Jurte an einem anderen Ort errichtet, weswegen das weite Tal völlig menschenleer ist. Wir überschreiten einen weiteren 1.700 Meter hohen Pass, umreiten dreimal den Ovol, um Glück und Gesundheit für den weiteren Verlauf der Reise zu wünschen. „Tschu! Tschu! Tschuuu!“, treibe ich die Packpferde. Tanjas Naraa wird immer langsamer. „Ich kann nicht mehr. Mir fehlt die Kraft Naraa anzutreiben. Wollen wir mal Pferde tauschen?“, fragt Tanja. „Okay, dann musst du aber treiben.“ „Mache ich gerne“, antwortet sie. Tatsächlich ist Naraa recht lahm und äußerst schwer zu reiten. Ich habe große Mühe sie in Trab zu halten und verstehen warum Tanja erschöpft ist. „Ist es noch weit bis zum Bach?“, fragt Tanja. „Nur noch ein paar Kilometer“, antworte ich. Als wir den kleinen Wasserlauf erreichen liegt er trocken. „Vielleicht ist das Wasser hier versickert? Wir müssen weiter bergauf“, meine ich und treibe Naraa den Bachlauf entlang. Wir sind erleichtert als das zwischen den Regenwolken durchspitzende Sonnenlicht von einer kleinen Wasserfläche reflektiert wird. „Wasser!“, ruft Tanja. Hinter einem nicht einsehbaren Hügel schlagen wir nach 40 Reitkilometern unser Lager auf. Immer darauf hoffend unentdeckt zu bleiben.

„Oh nein. Naraas Rücken ist wieder offen“, sagt Tanja entsetzt nachdem sie den russischen Sattel abhebt. „Ist nur eine Schürfwunde“, beruhige ich sie. „Aber woher kommt das jetzt schon wieder?“ „Wahrscheinlich war der Sattelgurt nicht richtig festgezogen weswegen die Satteldecke hin und herrutschen konnte“, überlege ich. „Und wie bekommen wir das wieder in den Griff?“ „Mir wird schon etwas einfallen“, beruhige ich sie.

Ein etwa zwölfjähriger Junge kommt aus dem Wald geritten, eine Schaf- und Ziegenherde vor sich hertreibend. Neugierig und überrascht zwei fremdartige Wesen anzutreffen zügelt er sein Pferd auf der anderen Seite des Bachlaufes und beobachtet uns beim Errichten des großen Zeltes. „Wir kommen aus Deutschland und reiten durch dein schönes Land“, erklärt Tanja worauf der Junge schüchtern lächelt und seine Schafe und Ziegen in die Berge treibend davon reitet.

In dieser Nacht bekommen wir keinen Besuch. Nur das Wiehern einer Pferdeherde, das Muhen einiger Kühe und der heißere Schrei eines Vogels aus dem nahen Bergwald dringt an unsere Ohren.

Wir freuen uns über Kommentare!

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