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E-Bike-Expedition Teil 3 China - Online-Tagebuch 2015-2016

Tanzende Drachenlöwen und leuchtende Lampions

N 33°31’46.0’’ E 109°22’18.9’’
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    Datum:
    10.02.2016 bis 11.02.2016

    Tag: 226-227

    Land:
    China

    Provinz:
    Shaanxi

    Ort:
    Fenghuangzhen

    Breitengrad N:
    33°31’46.0’’

    Längengrad E:
    109°22’18.9’’

    Tageskilometer:
    112 km

    Gesamtkilometer:
    11.947 km

    Luftlinie:
    64 km

    Durchschnitts Geschwindigkeit:
    23.4 km/h

    Maximale Geschwindigkeit:
    46.3 km/h

    Fahrzeit:
    4:47 Std.

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Maximale Höhe:
    1.500 m

    Gesamthöhenmeter:
    16.748 m

    Höhenmeter für den Tag:
    918 m

    Sonnenaufgang:
    07:32 Uhr – 07:31 Uhr

    Sonnenuntergang:
    18:20 Uhr – 18:21 Uhr

    Temperatur Tag max:
    11°C

    Temperatur Tag min:
    4°C

    Aufbruch:
    09:20 Uhr

    Ankunftszeit:
    16:30 Uhr

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Heute ist es endlich wieder soweit, unsere Reise kann weitergehen. Weil wir auch hier unsere Bikes in der Lobby beladen dürfen ist es ein komfortabler Start. Wir verabschieden uns von Claudia und ihrer Mutter Ren Fangzhen. „Schade, dass ihr schon gehen müsst“, sagt sie. „Schon ist gut“, antworte ich lachend, weil wir in diesem Haus 18 Tage auf unsere Deichselhalterung gewartet haben. „Zaijian!“, (Auf Wiedersehen) verabschieden wir uns. „Zaijian!“ „Zaijian!“, rufen uns die beiden hinterher als wir durch die dunkle Gasse zwischen den Häuserschluchten bis zur Straße rollen.

Schnell liegt Shangluo hinter uns und weil wir uns noch immer in dem nicht enden wollenden Gebirge befinden, geht es stetig auf und ab. Die Flüsse und kleinen gestauten Seen sind teils völlig zugefroren. Ihre grünblauen Eisflächen spiegeln den vormittäglichen grauen Himmel. Oben auf 1.500 m sind die Bäche zu Eis erstarrt. Wir halten an, um eine kurze Rast einzulegen und die neue Deichselaufhängung zu kontrollieren. „Passt alles“, sage ich zufrieden.

Wir gleiten gerade durch ein Tal als wir vor uns einen roten springenden Punkt wahrnehmen. „Was ist denn das?“, wundert sich Tanja. Beim Näherkommen entpuppt sich das seltsame Wesen zu einem drachenähnlichen Löwen der zu den eigenartigen Klängen von Trommel- und Marschbeckenschlägen ekstatisch zuckt, sein Maul aufreißt und über die Straße tanzt. Sofort halten wir an, um das kleine Spektakel zu beobachten. Sobald ein Auto anbraust wird es von den Helfern des tanzenden Löwen aufgehalten. Sie binden ein rotes Glücksband an den Außenspiegel und bekommen dafür ein paar Yuan. Auf diese Weise verdienen sich die zwei Menschen unter dem roten Löwenkostüm, die drei Musikanten und vier Autoanhalter, ihr heutiges Geld. Der Legende zu Folge hatte der damalige bedeutende Kaiser Qianlong (1711 bis 1799) der Qing-Dynastie (1616 bis 1911) einen merkwürdigen Traum von einer geheimnisvollen Kreatur, aus dessen Kopfmitte ein Horn wuchs. Das Fabelwesen stand ihm gegenüber und schüchterte den Kaiser ein. Mit einem Funkeln in den Augen verschwand es plötzlich wieder. Gleich am darauffolgenden Morgen berief er seine Gelehrten und Diener ein. Er berichtete von seinem Traum und ließ diesen auf seine Bedeutung untersuchen. Man kam zu dem Schluss, dass es sich um einen Löwen handelte, der dem Machthaber verständlich machen wollte auf gleicher Ebene mit ihm zu stehen. Qianlong nannte den Löwen ab sofort Ruishi, was übersetzt soviel heißt wie, kaiserlicher Wächterlöwe oder Glückslöwe. Man versuchte nun den Löwen zum Leben zu erwecken indem verschiedene Choreografien von Tanzschritten mit Bewegungen der Kampfkunst vereint wurden. Auf diese Weise entstand im Laufe der Jahre der Tanz des Löwens der uns heute auf der Gebirgsstraße begegnet. Auch uns binden die Autoaufhalter für ein paar Yuan ein rotes Band an den Lenker. Als wir weiterfahren reißt der Löwe sein mächtiges Maul auf und zwinkert uns mit seinen blitzenden Augen zu.

Nur ein paar Kilometer weiter dröhnen uns erneute Trommelschläge und das Geschepper von Marschbecken entgegen. Wieder springt ein Löwe ausgelassen über die Straße der von einem Löwenbändiger zum Tanz motiviert wird. Diesmal folgt ein ganzer Zug von tanzenden jungen Mädchen und Frauen dem Fabelwesen. Sie lachen uns an und freuen sich als wir halten, um sie zu fotografieren.

Bestens gelaunt setzen wir unsere Fahrt über die endlose Bergwelt fort. In den kleinen Dörfern, die wir ab und an durchqueren, hängen vor den Hütten- und Hauseingängen, als Symbol für Glück, zwei rote Lampions. Der Politiker und Stratege Zhuge Liang hat sie bereits vor ca. 1.800 Jahren (181 bis 232 n. Chr.) in der Not erfunden, als er während einer Militäroperation von Feinden umzingelt war. Um seine Verbündeten zu informieren wo er sich befand, bastelte er aus Bambusstangen und dünnen Papier viele Lampions. Als Auftriebsquelle nutzte er aus Petroleum getränkten Stoff, den er anzündete. Die Luft in der Papierhülle erwärmte sich und dehnte sich aus, so dass die kleinen Flugkörper, genauso wie heutige Heißluftballons, aufstiegen und weite Distanzen zurücklegten. Tatsächlich wurde die darin befindliche Standortangabe von seinen Verbündeten gefunden. Sie eilten herbei und befreiten ihn und seine Soldaten. Seither wird Zhuge Liang als Held und
Gott verehrt. Er gilt als sehr weiser Mann, der auch als er Kanzler war volksnah und korruptionsfrei blieb.

Claudia hatte uns erzählt, dass die Farbe der Lampions über verschieden Ereignisse der Hausbewohner informieren. Ein weißer Lampion bedeutet, dass dort eventuell jemand gestorben ist. Die Farbe Blau berichtet von möglicher Krankheit und die Farbe Rot informiert von einer bevorstehenden Hochzeit, Geburt oder wird als Dekoration für das Neujahrs-, Frühlings-, oder Mondfest eingesetzt. Im alten China zeigte die Größe der Laternen von der gesellschaftlichen Stellung der Hausbewohner. Auch heute noch hängen vor manchen Regierungsgebäuden riesige rote Lampions.

Mittlerweile sind wir schon seit fünf Monaten in diesem faszinierendem und kaum zu beschreiben abwechslungsreichen Land. Kein Tag scheint wie der andere zu sein. Hinter jeder Straßenbiegung, hinter jedem Hügel, lauern neue Überraschungen auf uns. Manchmal sind es unangenehme Begegnungen, wie die schreckliche Umweltverschmutzung, unzählige stinkende Lastwägen und bettelarme Menschen. Oft sind es aber atemberaubende Landschaften, wie Wüsten, Gebirge, von Menschen errichtete Reis- und Gemüseterrassen, historische Gebäude, alte Dörfer, hochmoderne Trabantenstädte, Hochhäuser, Einkaufszentren und gigantische Autobahnkonstruktionen. Die Liste ist ellenlang, ja sie macht auf uns den Eindruck als hat sie kein Ende.

So erreichen wir auch heute nach 1.000 Höhenmeter und 112 Tageskilometer hundemüde aber glücklich unsere Bleibe in der wir freundlich empfangen werden und uns das Personal hilft unsere vielen Taschen ins Zimmer zu tragen…

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH http://roda-computer.com/ Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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