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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Sie sind eine Plage

N 22°48’07.9’’ E 126°45’37.5’’
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    Tag: 112 Etappe Zwei

    Sonnenaufgang:
    05:09

    Sonnenuntergang:
    17:32

    Temperatur - Tag (Maximum):
    36 Grad

    Breitengrad:
    22°48’07.9’’

    Längengrad:
    126°45’37.5’’

Nimby-Camp — 05.10.2001

Nach dem nächtlichen Alptraum hebe ich meine müden Knochen um 06 Uhr 45 aus dem Zelt. Die Sonne brennt vom Firmament. Wir frühstücken von dem Weißbrot welches uns Debbie mitgegeben hat. Dann baue ich das Satellitentelefon für die Interviews auf, schleppe die Autobatterie von Sebastians Sattel zu meinem Sitz unter der Wüsteneiche, schließe die Solarpaddel an und stecke die Kabelverbindung meines Toughbook in die kleine aber sehr effektive Powerstation. Dann schalte ich unser Flying Doctor Radio an und erreiche Jo und Tom zur vereinbarten Zeit über Funk. „Ja wir haben Nimby erreicht. Es war ein anstrengender Lauftag aber wir sind froh hier zu sein. Gestern Nacht hat uns übrigens wieder ein Bulle angegriffen. Es war wirklich schrecklich,“ erzähle ich Jo. „Warum?“ „Er wollte nicht sterben obwohl ich ihm mehrer Kugeln in den Kopf geschossen habe. Ich kann es einfach nicht verstehen. Auch scheint es so als würden die Bullen auch außerhalb der Brunftzeit angreifen. Ich habe Schwierigkeiten sie alle abzuschießen.“ „Denis, es gibt da draußen Hunderttausende von Kamele. Immer wenn sie durstig sind kommen sie auf Farmland und zerstören die Zäune. Daraufhin werden sie zu Massen von Stationbesitzern abgeschossen weil sie nicht wollen, dass ihre teuren Rinder abhauen. Abgesehen davon haben einige Farmer erkannt mit dem Kamelfleisch Geld verdienen zu können und bejagen sie nicht mehr so wie noch vor Jahren. Das ist ein weiterer Grund warum es jetzt mehr Kamele gibt als frühe. Tom und ich können dich verstehen. Es ist nicht leicht sie abzuschießen wenn man nicht gerne tötet, aber sie sind eine Bedrohung für euch. Das einzige was ihr tun könnt ist nicht zu lange zu fackeln und sie zu töten wenn sie ins Camp kommen. Sie sind gefährlich und abgesehen davon sind sie in Australien eine Plage. Es gibt zu viele,“ beruhigt Jo mein Gewissen worauf es mir sofort besser geht, denn wir wissen das Jo und Tom Kamele über alles lieben. Nie würden sie uns etwas raten was nicht Hand und Fuß hat und obwohl beide gläubige Menschen sind sehen sie der Realität ins Auge. Nach dem Funkkontakt führe ich die ersten Interviews. Ich lege den Hörer gerade auf als wir Motorengeräusche vernehmen. „Es ist Ray,“ sagt Tanja die aus ihrem Stuhl aufgesprungen ist und über die Erhebung blickt. Kaum hat uns Ray entdeckt lenkt er seinen Toyota zu uns. „Hallo, wie geht es euch?“ „Gut und dir? Ist alles in Ordnung in eurem Camp?“ „Ja, alles klar. Hier, Debbie hat euch wieder ein Brot gebacken und in der Plastiktüte sind Küchenabfälle für eure Kamele und ein paar Leckerein für Rufus,“ sagt er und setzt sich in den von Tanjas angebotenen Stuhl. Wir bedanken uns für die mitgebrachten Sachen und unterhalten uns über den Terroranschlag in New York, dessen Konsequenzen und vielem mehr bis Ray sich wieder von uns verabschiedet. „Ich sehe euch vielleicht noch mal auf dem Track,“ sagt er, steigt in seinen Jeep und fährt davon.

Der Tag vergeht wie immer im Flug und wie so oft kann ich die Fülle meiner Aufgaben und Arbeiten kaum bewältigen. Trotzdem genieße ich es einmal wieder unter einem richtigen Baum zu sitzen. Noch nie in meinem Leben habe ich bemerkt welch angenehme, ja mächtige Ausstrahlung so ein majestätischer Baum besitzt. Ich betrachte mir die ausladende Krone die uns den angenehmen Schatten spendet und frage mich wie viele Jahre es wohl gedauert hat bis er diese Größe erreicht hat und wie viel Buschfeuer sein Stamm schon abwehren musste? Es ist nicht zu glauben das Menschen in der Lage sind solch eine wunderschöne Kreatur der Erde für ein Schneidebrettchen oder Weideflächen oder sonst etwas einfach umzuhauen oder sogar niederzubrennen. Jeder Mensch sollte einmal für Monate durch eine Wüste laufen, um am eigenen Leib erspüren was so ein Baum an Energie ausstrahlt. Welche Aura ihn umgibt. Wie schön es ist das Rauschen des Windes in seiner Krone zu hören. Wie erholsam es ist ihn einfach zu betrachten, ihn anzufassen, zu lieben und zu schätzen.

Am Abend fülle ich unsere Wassersäcke mit der Handpumpe auf und helfe Tanja die Kamele ins Camp zu bringen. „Schau mal Sebastian reagiert eigenartig. Als würde er im Morast versinken,“ sagt sie. „Wie meinst du das?“ „Ich habe gesehen wie er seine Vorderfüße nach oben geschleudert hat und jetzt sitzt er da als wäre nichts gewesen.“ „Stimmt zu dieser Zeit sitzt er nicht sondern frisst. Lass uns schnell nachsehen,“ antworte ich und laufe los. Als wir Sebastian erreichen bestätigt sich Tanjas Beobachtung. Er ist bis zum Bauch im Morast versunken der sich unweit von dem kleinen See gebildet hat. „Der Boden trägt,“ sage ich mich vorsichtig ihm nähernd. „Ruhig Sebastian. Wir bekommen dich da schon wieder raus,“ beruhige ich ihn. Dann greife ich langsam nach seiner Führungsleine. „Epna! Epna Sebastian,“ befehle ich ihm aufzustehen worauf er sich aufbäumt und mit den Vorderfüßen den Schlamm durch die Luft schleudert. Als seine Vorderbeine wieder den Untergrund berühren versinken sie augenblicklich bis zum Anschlag. „Epna! Komm mach schon. Du schaffst es,“ rufe ich und ziehe ihn mit der Führungsleine in eine andere Richtung. Sebastian bäumt sich noch ein paar mal auf und bringt es fertig seinen schweren Körper aus dem Sumpf zu befreien. Erleichtert atmen wir auf. „Wie schnell so ein großes Tier im Morast versinken kann,“ meine ich nachdenklich. „Ja, sehr schnell. Ich kann nur hoffen, dass wir unsere Karawane heile durch das Seen und Sumpfland bei Kiwirrkurra bringen,“ antwortet Tanja.

Durch den Zwischenfall mit Sebastian dauert das Anbinden der Kamele länger als geplant. Als wir dann endlich zu Abendessen ist es dunkel und die Moskitos quälen uns. Um 20 Uh 10 gebe ich noch ein Interview. Es fällt mir nicht leicht über unsere Erlebnisse zu berichten da ich mich im gleichen Augenblick überall kratzen möchte. Kaum habe ich den Hörer aufgelegt packe ich das Satellitentelefon in den Koffer und räume die Technik an ihren Platz. Schnell hechte ich mich dann in unsere sichere Burg. Kratzattacken halten mich wach. Es fällt mir schwer mir nicht einfach die Haut vom Leib zu scheuern. Endlich kann ich mich beherrschen und meine Hände von den juckenden Stellen fern halten, solange bis ich in einen tiefen Schlaf falle.

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