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E-Bike-Expedition Teil 4 Vietnam - Online Tagebuch 2016-2017

Prostitution an der Grenze und erste Augenblicke in Vietnam

N 22°20’11.0’’ E 103°50’32.4’’
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    Datum:
    31.05.2016 bis 26.06.2016

    Tag: 339 – 365

    Land:
    Vietnam

    Ort:
    Sa Pa

    Breitengrad N:
    22°20’11.0’’

    Längengrad E:
    103°50’32.4’’

    Tageskilometer:
    37 km

    Gesamtkilometer:
    17.382 km

    Luftlinie:
    22.62 km

    Durchschnitts Geschwindigkeit:
    11.3 km/h

    Maximale Geschwindigkeit:
    37.4 km/h

    Fahrzeit:
    03:10 Std.

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Maximale Höhe:
    1.550 m

    Gesamthöhenmeter:
    43.793 m

    Höhenmeter für den Tag:
    1.558 m

    Maximale Tiefe:
    20 m

    Sonnenaufgang:
    05:20 Uhr – 05:22 Uhr

    Sonnenuntergang:
    18:44 Uhr – 18:52 Uhr

    Temperatur Tag max:
    36°C

    Temperatur Tag min:
    25°C

    Aufbruch:
    09:30 Uhr

    Ankunftszeit:
    16:30 Uhr

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Fünf Tage vor dem Auslaufen unseres Visums kamen wir in der Grenzstadt Hekou an. Wir hatten also einiges an Zeit gut gemacht und nutzten diese, um ein paar nicht mehr benötigte Ausrüstungsgegenstände nach Deutschland zu schicken, einige Updates zu schreiben und unseren Grenzübertritt nach Vietnam vorzubereiten.

Jeden Abend saßen wir in einem einfachen Straßenrestaurant, genossen die tropische Hitze des Tieflandes und beobachteten das pulsierende Leben. Wegen der unmittelbaren Grenznähe gab es in Hekou eine massive Prostitution. Viele der jungen hübschen Frauen kamen aus Vietnam und suchten ihr Glück bei den zahlreichen chinesischen Freiern, die besser bezahlen als ihre Landsleute. 90 Prozent der Gäste unseres Straßenrestaurants waren im horizontalen Gewerbe tätig. Mopedfahrer brachten die Mädchen irgendwohin, wo sie von reichen Männern beschaut und ausgewählt wurden. Oft tuckerte der Mopedfahrer schon nach kurzer Zeit mit seinen drei Schönheiten wieder zum Restaurant zurück. Keine hatte das Glück ausgewählt zu werden. Manchmal aber strahlte der Mann übers ganze Gesicht, den die Sitzbank hinter ihm war leer. Die Konkurrenz war enorm. Ständig flitzten die Mopeds mit ihrer heißen Ware die Straße rauf und runter. Am Tisch neben an saßen Frauen mit ihren Kindern. „Das sind die Vermittlerrinnen“, erklärte uns ein Insider. Jeden Abend parkten extrem teure Sport- oder Geländewagen mitten in der Straße. Die lässig gekleideten Männer stiegen aus, setzten sich an einem Tisch vor uns, bestellten sich etwas zu trinken und unterhielten sich. Wer weiß zu welchem Teil der Maffia sie gehörten? Als Außenseiter war es für uns interessant das Treiben zu beobachten. Obwohl die Prostitution in China offiziell verboten ist, scheint sich die Polizei hier nicht im Geringsten darum zu kümmern. In unserem Hotel geht es abends zu wie in einem Taubenschlag. Ganze Scharen von jungen Frauen in kurzen Röcken gehen mit ihren Kunden auf die Zimmer. Angeblich hat die Prostitution einen hohen Anteil an der chinesischen Wirtschaft. Zehn Millionen Menschen soll sie beschäftigen und der jährliche Umsatz bei 135 Millionen Euro liegen.

Heute ist es soweit. Wir verlassen das Land der Mitte. Um 9:30 Uhr radeln wir durch das hektische Treiben von Hekou. Weil wir die Tage vorher schon den Weg zur Grenze ausgekundschaftet haben, wissen wir an welcher Stelle wir mit unseren Rädern rüber kommen. Zahlreiche, schwer beladene Lastenfahrräder rollen uns entgegen. Das Gewusel ist im Grenzbereich so enorm, dass wir aufpassen müssen nicht mit einem der hin und herfahren Räder zu kollidieren. „Kommen sie mit“, fordert mich ein Beamter freundlich auf. Während Tanja auf unsere Bikes und Ajaci aufpasst, folge ich dem jungen Mann. Er führt mich in das Abfertigungsgebäude, in dem ich vor einem viertel Jahr schon mal war. Als wäre es gestern gewesen, erinnere ich mich an mein kleines Abenteuer, wegen einer Visaverlängerung China für nur 20 Minuten verlassen zu haben, um dann gleich wieder einzureisen. Weil wir zwei Pässe besitzen, ich mit einem abgelaufenen Visum ausgereist und mit meinem Zweitpass, mit neuem Visum, wieder eingereist bin, wäre das fast schief gelaufen. Anscheinend hatten sie noch keine Ausländer die offiziell mit zwei gültigen Pässen reisen. Wie auch immer, es ging gut. Trotzdem stehe ich jetzt ein wenig nervös am gleichen Abfertigungsschalter. Zum Glück hat dieser Grenzposten viele Mitarbeiter. Der Mann hinter der Scheibe ist mir nicht bekannt. „Hat es ihnen in China gefallen?“, fragt der Beamte freundlich. „Wir hatten eine fantastische Zeit“, antworte ich ehrlich. Tock, tock!, saust der Stempel in den Pass. Mein Begleiter bringt mich wieder zu Tanja. „Alles prima gelaufen“, sage ich, worauf nun sie mit dem Offizier in das Gebäude läuft.

Nur zehn Minuten später schieben wir unsere Biketrains auf die Brücke, die den roten Fluss, der hier China und Vietnam trennt, überquert. Auf der vietnamesischen Seite empfängt man uns mit ernsten Gesichtern. „Hoffe sie lassen Ajaci ohne Problem ins Land“, sage ich, weil man nie weiß ob es am Ende doch noch ein Problem mit irgendwelchen fehlenden Papieren gibt. Tock! Tock!, rauscht auch hier der Stempel in unsere Pässe und ehe wir uns versehen rollen unsere Räder auf vietnamesischen Boden. Das Gewusel und Treiben auf der Straße ist von Hekou nicht zu unterscheiden, nur dass hier offensichtlich mehr Mopeds über die Straßen knattern. „Welcome in Vietnam!“, ruft uns jemand zu. „You want change money?“, fragt ein Geldwechsler. Weil man von Schwarztauschern nicht selten über den Tisch gezogen wird verneinen wir und suchen eine Bank auf. Dort tauschen wir unsere letzten Yuan in vietnamesische Dong.

„Wo geht’s nach Sa Pa?“, frage ich einen Taxifahrer. Er deutet lachend auf eine Ampel und gibt uns zu verstehen dort rechts abzubiegen. Obwohl sich das Landschaftsbild erstmal nicht von China unterscheidet, strahlt Vietnam eine andere Stimmung aus. Irgendwie weicher, runder und die Menschen scheinen noch freundlicher zu sein. „Hello! Hello! Hello!“, ruft es uns aus allen Ecken und Enden entgegen. Kinder freuen sich über den Anblick unserer Biketrains. Vor allem Ajaci erregt hier wieder große Aufmerksamkeit. Die Menschen rufen freudig und lachen. Autofahrer hupen und winken unaufhörlich. Sogar viele Lastwagenfahrer betätigen ihr lautes Horn, um zu zeigen wie ihnen unser exotischer Auftritt gefällt. „Toller Empfang!“, rufe ich Tanja gut gelaunt zu. „Ich glaube wir werden eine gute Zeit in diesem Land haben“, antwortet sie über beide Backen grinsend. Jedoch vergeht uns das Lachen schnell. Nur wenige Kilometer hinter der Grenzstadt Lao Cai führt die stark befahrene Straße in die Höhe. Weil wir wissen, dass das Gebirgsstädtchen Sa Pa recht hoch liegt, erstmal keine Überraschung für uns, jedoch macht uns das extrem schwüle und heiße Tropenklima ernsthaft zu schaffen. Immer wieder sind wir gezwungen anzuhalten, um zu verschnaufen. In China bewegten wir uns fast immer im Hochland über tausend Meter. Nie führte uns die Strecke in so tiefe Regionen wie die Grenzstädte Hekou und Lao Cai am roten Fluss. Jetzt arbeiten wir uns vom tiefsten Punkt der gesamten bisherigen Reise erneut nach oben. Die Temperaturen im Tal sind mörderisch, vor allem weil wir kaum eine Chance hatten uns zu akklimatisieren. Die wenigen wirklich heißen Tage im chinesischen Gebirge liegen schon wieder über zwei Wochen hinter uns.

Totgefahrene Schlangen liegen platt gewalzt auf dem schwarzen Asphalt. In bunter Tracht gekleidete Bäuerinnen der hier lebenden Bergstämme Hmong, Red Dao oder Tay sitzen im Schatten einiger Bäume. „Hello! Hello! Hello!“, rufen sie uns freundlich entgegen und versuchen uns frisch geernteten Mais oder Süßkartoffeln zu verkaufen. Saftig grüne Reisfelder schmiegen sich an steile Berghänge. Wasserbüffel stehen am Straßenrand und glotzen uns apathisch an. „Wie hoch sind wir?“, fragt Tanja mit von der Anstrengung rot gefärbtem Gesicht. „700 Meter“, antworte ich heftig schnaufend. Manche Bereiche der Straße sind jetzt so steil, dass wir Mühe haben sie zu erklimmen. Am Straßenrand legen wir eine Pause ein, um auszuruhen. Weil wir uns in Hekou bald eine Woche kaum bewegten, ist unsere Kondition dahin. Unsere Muskeln brennen trotz der Unterstützung unserer Elektromotoren. Aber ohne sie gäbe es wie so oft auf dieser Reise keine Chance unsere Bikes solche Steigungen nach oben zu bringen. „Zsssschchch!“, zischt es plötzlich neben mir. Eine große Schlange schnellt mir vor dem Helm. Im Augenwinkel sehe ich einen Mann, der das zwei Meter lange Tier etwas unterhalb des Kopfes festhält, und mir ihren Körper entgegen schwingt. Vor Schreck falle ich fast aus dem Sattel. Als ich einen Laut des Entsetzens von mir gebe lacht er herzhaft. Seltsamer Scherz, geht es mir durch den Kopf, froh darüber in meiner ruckartigen Ausweichbewegung nicht gestürzt zu sein.

Dichte Wolken verschlucken die Sonne und ziehen sich plötzlich über die Straße. Die abnormale Hitze ist gewichen. Es beginnt zu regnen. Mopedfahrer düsen uns entgegen. Mit billigen Plastiküberzügen schützen sie sich vor dem immer stärker werdenden Tropenregen. Stunden später erreichen wir auf ca. 1.600 Meter Höhe Sa Pa. „Wir haben es geschafft“, freut sich Tanja trotz der Nässe. Wir radeln an unzähligen kleinen Hotels und Straßenrestaurants vorbei, denn die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz hat sich seit einigen Jahren zu einer Touristenhauptattraktion entwickelt. 1922 errichteten hier die Franzosen eine Bergstation, die sie wegen dem angenehmen Temperaturen im Sommer als Luftkur- und Erholungsort nutzten. Obwohl wir während unserer Reisen nicht unbedingt scharf darauf sind im Zentrum einer Touristehochburg zu sitzen, ist uns bewusst, dass solche Orte nicht umsonst der Anziehungspunkt vieler Besucher geworden ist. Sa Pa, mit seiner faszinierenden Bergwelt, den unzähligen saftig grünen Reisterassen, und den traditionell gekleideten ethnischen Minderheiten, ist zweifelsohne einen Besuch wert. Wir sind uns sicher, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben hier die nächsten Wochen zu verbringen, um unsere letzten Erlebnisse über unser Chinaabenteuer zu schreiben und unser erstes E-Bikebuch zu einem Abschluss zu bringen bevor wir Vietnam für uns erkunden.

Nach einigem Herumfragen parken wir unsere Bikes vor der Unterkunft die Tanja noch von China aus vorgebucht hat. „Ihre Fahrräder können sie nicht mit ins Haus nehmen“, hören wir die uns bekannte Aussage. „Ich glaube es nicht. Ich dachte, dass wäre alles geklärt?“, sage ich zu Tanja. „War es auch“, meint sie und versucht jetzt noch mal mit dem Inhaber des kleinen Hotels zu sprechen. Es stellt sich heraus, dass er von der Größe unserer Radtrains regelrecht geschockt ist. „Wir können die Anhänger abkuppeln und wenn wir die Satteltaschen abgeladen haben sind es ganz normale Fahrräder“, versucht sie ihn zu überzeugen. Die Antwort ist ein ganz energisches Kopfschütteln. Ich bin schon bereit die 28 US$ zu opfern, die wir bezahlen müssen auch wenn wir nicht bleiben, als wir endlich die Erlaubnis bekommen unsere Bikes in den ersten Stock tragen zu dürfen. „Die Anhänger müssen aber draußen bleiben. Dafür habe ich keinen Platz“, sagt der Mann der früher selbst mal Biker war.

Am Abend schlendern wir durch das Touristenstädtchen, finden eine Pizzaria und genießen seit bald einem Jahr eine echte Pizza mit echtem Käse die noch dazu außergewöhnlich lecker schmeckt…

Wer mehr über unsere Abenteuer erfahren möchte, findet unsere Bücher unter diesem Link.

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH http://roda-computer.com/ Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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