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Link zum Tagebuch: TRANS-OST-EXPEDITION - Etappe 1

Mount Everest

N 48°54'553'' E 011°56'604''
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    Tag: 26

    Sonnenaufgang:
    06:08 Uhr

    Sonnenuntergang:
    20:23 Uhr

    Luftlinie:
    28,06 Km

    Tageskilometer:
    44,70 Km

    Gesamtkilometer:
    722,70 Km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt, 50% Schotter

    Temperatur – Tag (Maximum):
    25 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    20 °C

    Temperatur – Nacht:
    9 °C

    Breitengrad:
    48°54’553“

    Längengrad:
    011°56’604“

    Maximale Höhe:
    480 m über dem Meer

    Aufbruchzeit:
    8:45 Uhr

    Ankunftszeit:
    19:00 Uhr

    Durchschnittsgeschwindigkeit:
    12,71 Km/h

Ein wunderschöner Sonnenaufgang glitzert im taufeuchten Gras. Träge fließt das goldgelbe Wasser der Donau an uns vorbei. Die nahe Brücke wölbt sich über den uralten Fluss. Kein Motorengeräusch stört zu dieser morgendlichen Stunde die zarte Luft. Vögel zwitschern im nahen Geäst. Ein Hase hoppelt über die Wiese, bleibt stehen, richtet sich auf und wundert sich über die einzige menschliche Behausung in seinem Revier. Wir packen das vom Tau klatsch nasse Zelt zusammen und verlassen den friedlichen Ort.

In dem malerischen Städtchen Vohburg kaufen wir uns ein paar Brötchen und setzen uns auf dem Marktplatz unter einen Baum. Wir genießen die lebhafte Stimmung. “Schau mal! Da drüben steht unser Gast von gestern Abend”, sage ich. “Ja, er beobachtet uns”, antwortet Tanja. Wenig später schlendert er mit seiner verdächtig klappernden Plastiktüte an uns vorbei. “Servus!” begrüßt er uns. “Servus!” antworten wir. Ein Passant bleibt neben unseren Rädern stehen.  . Als er erfährt wo wir hinfahren freut er sich. “Das ist fantastisch. Wenn man Zeit hat ist es das Beste was man machen kann. Einfach fahren und das Leben genießen. Sollen doch die anderen manchen was sie wollen. Man braucht nicht viel Geld um glücklich zu sein.”

Meine Zeckenbisse jucken wie Harri. Es hat sich bis jetzt aber noch kein roter Hof gebildet, weshalb ich zuversichtlich bin nicht von der schrecklichen Krankheit heimgesucht worden zu sein. Im schlimmsten Fall müsste ich zum Arzt. Im Frühstation kann man die Borreliose mit Antibiotikum behandeln.

Nach einem befriedigenden Frühstück auf der Parkbank folgen wir dem Donaudamm. Kies und Schotter lässt uns nicht ganz so schnell vorankommen. Plötzlich stehen wir vor dem Auxiliarkastell Abusina, einer Militärstation der Römer aus dem 1. Jahrhundert nach Christus. Auf einer Tafel steht, dass das Kastell zur Grenzsicherung des Donausüdufers errichtet wurde. Die Lage war am Zusammenfluss von Abens und Donau geschickt gewählt, denn hier bei Eining trafen sich mehrere Straßenzüge und nördlich der Donau endete der Limes. “Hätte nicht gedacht das wir hier auf soviel Kultur treffen. Ist eine richtig gute Mischung zwischen Antike und Mittelalter”, sage ich als wir den Berg zur Fährstation von Eining hinunterrollen.

An der Fährstation nutzen viele Radfahrer den schönen Tag. Sie trinken das süffige Bier vom nahen Kloster Weltenburg, essen frische Brezeln und geräucherte Forellen.

In Weltenburg angekommen stellen wir unsere Lastenzüge zu den anderen Zweirädern und setzen uns in den übervollen Biergarten. Bei den sommerlichen Temperaturen und der guten Stimmung schmeckt uns das Mönchsgebräu fantastisch. “Bis zum Zeltplatz sind es nur noch drei Kilometer”, sage ich worauf wir uns noch eine Halbe bestellen. Während Tanja auf unseren Besitz aufpasst besuche ich das Klostermuseum. Ich beginne mit einem Mönch, der mir über dem Weg läuft, über das Leben zu philosophieren. Wir sind in unser Gespräch so vertieft, dass ich fast vergesse mir das Museum anzusehen. “Was soll man schon tun?” sagt der Mönch. “In der heutigen Zeit ist es in der Wirtschaft auch nicht mehr sicher. Da bleibe ich lieber hier. Ich habe Theologie studiert. Was könnte ich damit draußen in der freien Wirtschaft schon anfangen? Hier könnte ich Priester werden. Aber ich weiß nicht ob das meine Situation verändern würde. Bei den Benediktinern ist nicht alles so wie man sich es vorstellt. Einiges liegt auch hier im Argen”, erzählt er. “Man braucht Ziele. Das ist wichtig. Jeder Mensch braucht Ziele, auch sie. Das wissen sie”, antworte ich. “Wenn man an seine Ziele glaubt, wirklich fest glaubt, kann man sie erreichen. Das weiß ich und sie wissen das auch”, füge ich noch hinzu, worauf der Mönch bedächtig mit seinem Kopf nickt. “Der Glaube versetzt Berge, aber was erzähle ich ihnen. Sie sind Mönch und der Glaube ist ein Teil ihres Alltages. Ich denke sie sollten Ziele haben. Vielleicht ist es gut Priester zu werden”, meine ich noch. 20 Minuten später bedanken wir uns gegenseitig für das fruchtende Gespräch.

Da ich den Eintritt schon mal bezahlt habe suche ich jetzt das Museum auf. Ein Werbefilm über das älteste Klosterbier der Welt regt meinen Appetit an. Kaum habe ich das Museum verlassen bestellen wir noch ein Bier. Tanja und ich vergessen die Zeit und den vermeintlichen Berg vor uns. Am frühen Abend brechen wir auf, um den Campingplatz zu suchen. Viele Besucher versperren uns den Weg. Vorsichtig betätige ich meine Radglocke. Eine Frau sieht mich vorwurfsvoll an. “Das ist keine Kiiiirchturmglocke sondern eine Fahrrrradglocke”, versuche ich zu witzeln, worauf der Blick der Frau mich noch mehr abstraft. “Du sprichst jetzt mit Keinem mehr”, warnt mich Tanja. Überlass das Reden mir”, sagt sie noch worauf ich bloß herzhaft lache. Kaum haben wir die Klosterbrauerei hinter uns zwingt uns die Steigung aus den Sätteln. Es geht immer steiler bergauf, worauf wir uns mit vollem Körpereinsatz gegen das massive Gewicht der Räder werfen müssen. “Nur durchhalten”, flüstere ich mir selbst zu und muss die ersten Minuten über den sich vor mir aufbauenden Berg kichern. Es dauert nur Augenblicke und das Kichern bleibt mir im Hals stecken. Der edle Mönchstoff rast auf meine Stirn und verlässt meinen Körper aus sämtlichen vorhandenen Poren. Der Hügel entwickelt sich glatt zu einem Mount Everest. Gigantisch ist noch untertrieben, rast es mir durchs Gehirn. Meine Muskeln beginnen zu zucken. Sie verkrampfen regelrecht. Immer wieder halte ich mein Zuhause auf Rädern an, ziehe die Vorder- und die Hinterradbremse, um das Ding vor dem Abschmieren zu hintern. Meine Lunge fast aus dem Schlund spuckend, lege ich mich hechelnd über den Sattel. Kreisel drehen sich in bunten Variationen vor meinen Augen. Nach dem ich wieder einigermaßen klar sehe blicke ich zu Tanja hinunter. Beruhigt erkenne ich, dass auch sie ihren Einspänner stetig höher treibt. Weitere 10 Minuten später ist nichts mehr von der ehemaligen Lustigkeit zu verspüren. Schlagartig habe ich mich nüchtern geschwitzt. Auch Tanja ergeht es nicht anders, wobei sie in weiser Voraussicht nur Radler konsumiert hat.

Oben angelangt geht es einen Waldweg hinunter, nur um sich gleich darauf wieder nach oben zu schlängeln. “Oh wie ich Berge verachte”, fluche ich leise. Wieder oben angelangt höre ich Tanjas Warnung: “Mach bloß keinen Blödsinn. Langsam ist schneller, vor allem sicherer!” “Ja, ja, ich pass schon auf”, erwidere ich und lasse mein Räderwerk verhalten den Hang hinabrollen. “Da vorne geht es auf die Straße! Ich glaube wir sollten den Waldweg verlassen!” rufe ich Tanja zu. Kurze Zeit später fliegen wir mit wehenden Ohren und tränenden Augen den Asphalt hinunter. Ausgelassen und glücklich über den schönen Tag schaffen wir auch die nächsten 10 Kilometer bis zum Campplatz nach Herrensaal, wo wir auf einer saftigen Wiese unsere Villa aufstellen.

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