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E-Bike-Expedition Teil 1 Sibirien - Online-Tagebuch 2015

Heißer Start

N 51°44'43.8’’ E 107°17'10.3’’
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    Tag: 24

    Land:
    Russland / Sibirien

    Ort:
    Iwolginsk

    Breitengrad N:
    51°44’43.8’’

    Längengrad E:
    107°17’10.3’’

    Tageskilometer:
    31

    Gesamtkilometer:
    8.086

    Durchschn. Geschw.
    15 kmh

    Temperatur Tag max:
    56 ° in der Sonne

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Heute ist es tatsächlich soweit. Wir brechen endlich auf. Diesmal werden wir nichts verladen, irgendwohin transportieren, einen Testtrip unternehmen oder eine Kurzstrecke radeln um die Unterkunft zu wechseln. Diesmal brechen wir tatsächlich zu unserer lang geplanten E-Bike-Tour auf. Um die kommende Hitze ein wenig zu umgehen frühstücken wir bereits um 6:00 Uhr am Morgen. Noch sind die Temperaturen angenehm. Ich trage mit Tanja die ersten Satteltaschen vom ersten Stock nach unten und während ich unsere Räder starklar mache schleppt Tanja die noch fehlende Ausrüstung heran. Dann geht sie mit Ajaci Gassi. Weil ich noch nicht routiniert bin und noch einige Einstellungen an den Satteltaschen vornehme, damit sie nicht an der Gabel schaben, dauert es über eine Stunde bis wir startklar sind. „Daßwidanja i charascho putascheswiee!“, (Auf Wiedersehen und eine gute Reise) ruft uns die freundliche Burjatin zu, die in dieser Gastiniza (Unterkunft, Hotel) für die Anmeldung der Gäste und Sauberkeit der Zimmer verantwortlich ist. „Da ßwidanja!“, antworten wir lachend und zu gleich nervös. „Dritter Gang und Stufe Eco“, sage ich zu Tanja, um unseren schwer beladenen Roadtrain aus dem Stand in Schwung zu bringen ohne dass einem das Gewicht gleich auf den ersten Metern zu Boden reißt. „Alles klar?“, frage ich. „Ja, alles klar“, antwortet sie. Alsdann lassen wir zum ersten Mal auf diesem Trip die Tretkurbeln in Richtung Süden zur mongolischen Grenze kreisen. Noch etwas unsicher jonglieren wir die Bikes mit Anhänger um die Löcher im Asphalt. Ajaci quietscht und winselt. Obwohl wir mit ihm das Anhängerfahren schon trainierten ist es für ihn noch immer gewöhnungsbedürftig. „Dort vorne müssen wir rechts!“, ruft Tanja. „Ja ich weiß“, antworte ich und lenke auf die Hauptstraße. Die ersten Autos hupen uns an. Die Fahrer lachen freundlich und halten ihre Faust mit den erhobenen Daumen aus dem Fenster. „Malazee! Malazee!“, (Fantastisch! Fantastisch) rufen einige von ihnen weshalb wir uns gleich wie kleine Helden fühlen. Weil wir bereits mit unseren Fahrrädern ohne Elektrounterstützung 15.000 Kilometer von Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, Serbien, Rumänien, Moldawien, Ukraine, Russland, Kasachstan und Sibirien bis in die Mongolei radelten, wissen wir wie wohlgesonnen die Russen Sportlern gegenüber sind. (Siehe Bücher Trans Ost 1 bis 4)

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Wir wissen welch Ansehen Langstreckenradler in diesen Ländern, vor allem in Kasachstan und Russland genießen. „Ist es nicht großartig?!“, ruft Tanja lachend. „Aber ja!“, antworte ich überglücklich wieder unterwegs sein zu dürfen. Wir lassen unsere elektrifizierten Drehtrösser auf den Platz rollen, wo der riesige Kopf von Lenin steht, um genau vor diesem unsere Anwesenheit in Ulan Ude festzuhalten. „Vy mozhete vzyat‘ fotografii s nami?“ (Können sie uns bitte fotografieren) frage ich einen Mann der vertrauenswürdig aussieht und reiche ihm unsere wertvolle Kamera. „Охотно“, (Gerne) sagt er. Wir stellen unsere Räder vor das Haupt des Revolutionärs, dem marxistischen Theoretiker und Begründer der Sowjetunion, lachen in die Kamera, bedanken uns bei dem Herren und verlassen die Hauptstadt der russischen Teilrepublik Burjatien.

Die Autofahrer verhalten sich rücksichtsvoll und überholen uns meist in einem großen Bogen. „Malazee! Malazee!“, (Fantastisch! Fantastisch) ruft es weiterhin und es wird gehupt was das Zeug hält, fast so als wollten wir gerade heiraten. Wir sind regelrecht gerührt von den Einwohnern Ulan Udes so verabschiedet zu werden.

„Tourist?“, hören wir immer wieder, nicht ohne zu bemerken, mit welch besonderer Betonung man hier dieses Wort ausspricht. Es schwingt fast etwas Bewunderndes, Sehnsuchtsvolles, Leidenschaftliches mit. Es ist ein Klang in diesem Wort, der uns immer wieder daran erinnert, welch außergewöhnliches Geschenk es ist, als Reisender unterwegs sein zu dürfen und die Welt mit eigenen Augen zu sehen. Die meisten Sibirier kommen ihr gesamtes Leben lang nicht in den Genuss ihre Region zu verlassen, geschweige denn ein fremdes Land besuchen zu dürfen.

“Gdje nachoditza ulitsa Iwolginsk?“, (Wo ist die Straße nach Iwolginsk) fragen wir ab und an um keine unnötigen Umwege zu fahren. Dann befinden wir uns auf der Fernstraße A 165. Auch hier begrüßen uns die Autofahrer auf beiden Straßenseiten mit ihren Hupen. Anfänglich fühlen wir uns noch geehrt, doch nach einiger Zeit erschreckt es uns wenn ein großer Lastwagen uns mit seinem lauten Horn fast vom Sattel bläst, um dann freundlich zu winken. An einer Tankstelle steht eine Gruppe Motorradfahrer. Sie sehen uns bei immer heißer werdenden Temperaturen entgegen. Sofort lassen sie alles stehen, zücken ihre Handys um die bunten Fahrradroadtrains zu fotografieren. Damit sie bessere Bilder bekommen halten wir kurz an. „Wo kommt ihr denn her?“, fragen sie auf Englisch. „Aus Deutschland“, antworten wir. „Mit den Rädern?“ „Ja wir sind mit den Fahrrädern bis in die Mongolei geradelt und haben dort mit den Rentiernomaden überwintert.

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Jetzt setzen wir unsere Radreise fort“, erkläre ich. „Wieder in die Mongolei?“, wollen sie wissen. „Ja, aber diesmal wollen wir nach China und Vietnam. Die Mongolei werden wir dabei durchqueren“, „Fantastisch“, sagen die interessant aussehenden Männer, die teils aus der Mongolei, Japan und Russland stammen. Wir verabschieden uns und fahren weiter in Richtung Iwolginsk.

10:20 Uhr. Die Sonne verbrennt mit ihren gnadenlos heißen Strahlen das Land. Alles um uns herum ist trocken und verdörrt. Wer hätte gedacht dass es in Sibirien so heiß werden kann? Um unsere System kennenzulernen fahren wir noch immer auf der leichtesten Unterstützungsstufe Eco. Unser Bordcomputer hat fünf Stufen. Keine Unterstützung, Eco, Tour, Sport und Turbo. Noch wissen wir nicht wie viele Kilometer ein Akku bei dieser Affenhitze, den teils schlechten Straßen und mit der gewaltigen Zuladung von je ca. 150 Kilogramm hält. (inklusive 35 kg Ajaci) In den kommenden Tagen werden wir uns langsam herantasten und herausfinden mit welcher Unterstützungsstufe wir wie lange fahren können. Eine spannende Sache da wir nicht riskieren wollen plötzlich keine Energie mehr zu besitzen. Vor allem wenn wir unsere Systeme auf die vielen kommenden über 900 Meter hohe Pässe strampeln müssen. Schon während unserer letzten Sibiriendurchquerung mit dem Rad mussten wir häufig schieben. Und da hatten wir keinen Hund, Hundefutter, insgesamt sechs Boschakkus, zwei Ladebatterien, zwei große Solarpanels und eine komplette Winterausrüstung für bis zu minus 30° C dabei. Wir waren insgesamt ca. 80 bis 100 Kg leichter. Mein Rad wog damals ca. 100 bis 130 kg. Je nachdem wie viel Wasser wir geladen hatten. Tanjas Bike lag bei insgesamt ca. 80 kg. Es war ein gewaltiger Kraftakt unsere damaligen schweren Fahrräder tausende von Kilometern über die Karpaten, den Ural, das Südsibirische Gebirge, das Baikalgebirge, das Chamar-Daban-Gebirge und die mongolischen Berge bis nach Ulan Bator zu strampeln. Mit den E-Bikes haben wir ein vollkommen neues Zeitalter betreten. Laut Aussage von Bosch und Riese und Müller werden uns die technischen Neuerungenschaften das Leben, trotz mehr Gewicht, leichter machen. Ich kann nur beten, dass sie Recht behalten, denn im Augenblick zeigt das Thermometer 45 Grad in der Sonne und obwohl mich der Elektromotor in der leichten Stufe unterstützt, ist es anstrengend. Klar spielt zu diesem Augenblick unser ausbaufähiger Fitnesslevel eine wesentliche Rolle, denn in der heißen Phase der Vorbereitung trainierten wir für diese Tour nicht mehr als fünf bis acht Stunden in der Woche. Entschieden zu wenig . „Wir trainieren wenn wir unterwegs sind. Wir lassen es einfach langsam angehen“, habe ich jedem geantwortet der uns fragte. Nun sind wir unterwegs und wieder zeigt sich die Realität anders als geplant. Obwohl wir den sibirischen Sommer kennen sind Temperaturen von 40° C im Schatten absolut ungewöhnlich und geradezu brutal Kraft raubend.

“Ich schalte eine Stufe höher auf Tour!“, klingt Tanjas Ruf zu mir nach vorne. „Alles klar“, antworte ich. Wenig später, als es leicht bergauf geht, erlaube auch ich mir die bessere Unterstützungsstufe. Die Räder surren nach oben. „Dort vorne, das könnte Iwolginsk sein!“, rufe ich mich freuend, da wir geplant haben in diesem Ort eine Unterkunft für die Nacht zu finden. Um 11:00 Uhr halten wir völlig verschwitzt und mit aufgeblasenen Oberschenkeln vor einem Straßenrestaurant im Ort Iwolginsk. Als ich aus dem Sattel steige merke ich erst wie geschafft ich bin. Wir trinken erstmal ein paar kräftige Schlucke aus unserem Trinkrucksack. „Puh, bis hierher waren es nicht mehr als 31 km. Ohne die Unterstützung des Elektromotors wäre das mit dieser Ladung eine echte Herausforderung geworden“, sage ich mir den Schweiß von der Stirn wischend. „Stimmt, aber so war es gar nicht so schlimm“, meint Tanja gut gelaunt. „Ja, du hast Recht. Wenn wir erstmal die anderen Unterstützungsstufen nutzen fliegen wir durch das Land“, scherze ich durch die Fensterscheiben in das Restaurant blickend. „Sieht geschlossen aus“, meine ich etwas enttäuscht. „Ob es in diesem Ort noch eine andere Gastiniza (Unterkunft, Hotel) gibt als die von den Halsabschneidern dort vorne?“, überlegt Tanja. Ich blicke in Richtung des einstöckigen Holzhauses und erinnere mich mit unguten Gefühlen an unsere Nacht die wir dort vor Jahren einmal verbrachten. Damals wurden wir dort nach über 14.000 Radkilometer zum ersten und einzigen Mal von den Inhabern des Schuppens bestohlen. Abgesehen davon, dass die Betreiberfamilie Langfinger sind, wurde in diesem schrecklichen Haus die Nacht über kräftig gesoffen und bis morgens laut herum gegrölt und geschimpft. „Da bringen mich keine zehn Pferde mehr hin“, sagt Tanja als sie bemerkt wo meine Augen hängen geblieben sind. „Vielleicht haben sie sich geändert? Wer weiß? Wenn es keine weitere Übernachtungsmöglichkeit in diesem wüstenähnlichem Kaff gibt müssen wir wohl oder übel da hin“, antworte ich. „Schade dass es in diesem Landstrich kaum Bäume gibt hinter denen wir uns verstecken können um ein Zelt aufzubauen“, überlegt Tanja. „Ja wirklich Schade“, gebe ich ihr erneut Recht und denke an die Geschichte die uns der Neuseeländer Justin erzählte den wir in Ulan Ude kennen lernten. Er ist mit seinem Motorrad von Wladiwostok bis in die Mongolei unterwegs und warnte uns davor im Freien zu campen. „Man hat in dieser Gegend einen Japaner mit 40 Messerstichen hinterhältig abgeschlachtet und um den Mord zu vertuschen seinen Leichnam verbrannt. Angeblich waren es fünf Mörder. Eine wirklich schlimme Sache“, erzählte er. Nun, wir wollen uns von solchen Horrorgeschichten keine Angst einjagen lassen aber es ergibt Sinn nur dann zu zelten wenn man ungesehen bleibt. Nur so kann man ausschließen vor unliebsamen Besuchern verschont bleibt.

Neben dem Restaurant ist eine Autowerkstatt aus der es kräftig heraushämmert. Tanja geht hin und spricht mit einem Mann. „Wo kommen sie denn her? Aus Deutschland? Malazee!“, (Fantastisch) sagt er in offensichtlich bester Stimmung. „Gibt es hier einen Platz zum Übernachten?“, fragt Tanja. „Ja, ich habe eine kleine Gastiniza. Ist gerade erst im Bau aber wenn sie wollen kann ich ihnen ein Zimmer vermieten“, hören wir hoch erfreut. „Sie haben wirklich ein Zimmer?“, frage ich ungläubig dem Werkstattbesitzer in einen Hinterhof folgend, in dem viel Schrott herumliegt. „Aber ja. Es ist nicht fertig aber wenn sie wollen können sie bleiben.“ Wir betreten einen länglichen alten Bau. Drinnen riecht es frisch und ist im Verhältnis zu draußen relativ kühl. „Das wird einmal der Empfang“, sagt der Mann der sich mir als Boris vorstellt auf einen unfertigen Tresen deutend. „Kommen sie nur, kommen sie nur“, meint er. Ich folge ihm durch einen Korridor von dem einige Türen in kleine Zimmer münden. „Ist nicht groß aber sie haben eine eigene Dusche und Toilette“, sagt er. Ich bin überrascht. Solche relativ neuen Zimmer hätte ich hier drinnen nie vermutet. „Die Betten werden noch überzogen“, sagt Boris auf die gebrauchten Laken deutend. „Was kostet die Nacht für zwei Personen?“, möchte ich wissen, wegen meiner Müdigkeit einen hohen Preis zu akzeptieren. „1.000 Rubel.“ „1.000 Rubel? (ca. 17,- €) Das ist aber teuer.“ „Das ist der Preis“, beharrt Boris, worauf ich sogleich einwillige. Schnell haben wir unsere Ausrüstung in das Zimmerchen getragen und die Räder und Anhänger in den schmalen Gang davor untergebracht. „Und du hast nicht gehandelt?“, wundert sich Tanja. „Ich war froh eine Alternative zur Diebesburg bekommen zu haben“, antworte ich. „Ja stimmt. Ist eine gute Alternative. Dann lass uns mal den kleinen Palast genießen“, sagt sie sich auf das ungemachte Bett setzend. Es dauert nicht lange und Boris legt neue, noch verpackte Laken auf ein Bett. „Und was ist mit dem anderen Bett?“, möchte Tanja wissen. „Aber das ist noch nicht richtig gebraucht“, antwortet er. „Egal, für 1.000 Rubel wollen wir gewaschenes Bettzeug auf beiden Betten“, antwortet sie. „Aber das ist noch fast frisch“, versucht sich Boris zu wehren. Tanja bleibt hartnäckig worauf Boris mit dem Kopf schüttelt, davon schleicht und immer wieder sagt, „ja nipanimaju, ja nipanimaju“, (das verstehe ich nicht, das verstehe ich nicht) Eine viertel Stunde später bringt er erneut nagelneues und original verpacktes Bettzeug an. Inzwischen hat Tanja die beiden Betten mit den Laken überzogen die Boris bereits gebracht hatte. Zur Erleichterung von Boris lehnen wir die zweiten gekauften Bettbezüge ab. „Wir nutzen unsere eigenen Schlafsäcke als Zudecke. Du kannst die Bezüge wieder in das Geschäft zurückbringen“, erklärt Tanja. „Aber es wäre schön wenn du die Toilette und Dusche säubern lassen kannst. Da ist sicherlich schon seit Monaten nicht mehr geputzt worden.“

Es dauert eine weitere Stunde als ein Mädchen aus dem Dorf mit Putzeimer und Lappen ausgerüstet in unser Zimmer kommt, sich aus Angst vor Ajaci in die kleine Toilette einsperrt, und ganz wild zu scheuern beginnt. Es kracht, scheppert und klappert. Ab und an hören wir einen lauten Seufzer. „Lange kann sie das bei der irren Hitze in dem kleinen Raum nicht aushalten“, meine ich als auch schon die Tür aufspringt und das völlig verschwitzte arme Ding nach Luft schnappend ins Zimmer springt. Dort liegt aber Ajaci, worauf sie tierisch erschrickt und aus dem Zimmer stürmt. Fünf Minuten später hat sie sich wieder einigermaßen erholt, bittet uns den Hund zu halten, um ihre Putzaktion in gleicher Manier fortzusetzen. Wieder schnauft, flucht und seufzt es durch die Wände, weshalb wir es mit der Angst zu tun bekommen sie könnte da drin bewusstlos umfallen. Dann öffnet sich die Tür und die von Boris kurzfristig eingestellte Putzkraft torkelt aus dem Zimmer. Boris kommt sofort um ihre Arbeit zu prüfen. Nach ein paar Korrekturen nickt er zufrieden. Dann fällt das Wasser aus. „Kein Wasser mehr“, meint Boris mit stoischer Gelassenheit. Er verschwindet, kommt schnell wieder und sagt er habe Wasser in einen Tank gefüllt. „Das reicht um euch die Hände waschen zu können.“ „Duschen ist wohl nicht mehr drin?“, frage ich. „Die von der Gemeinde haben mir das Wasser abgedreht. Die müssen irgendetwas an der Straße reparieren.“ „Bei 41 Grad im Schatten und jetzt 56 Grad in der Sonne?“ „Das ist Sibirien. Im Winter 40 Grad minus und im Sommer 40 Grad plus. Heute Abend gibt es sicherlich wieder Wasser. Aber ihr könnt ja inzwischen in meinem Restaurant essen“, bietet er an. Wir legen uns erstmal auf die Betten und fallen in einen tiefen Schlaf. Zwei Stunden später hat sich das Zimmer auf ca. 35 Grad aufgeheizt. Schwitzend schlurfen wir ins Restaurant. Wir sind die einzigen Gäste. Die Köchin und der Koch kommen aus Aserbaidschan. Nachdem wir am Anfang nichts verstehen frage ich ob ich mit in die Küche kommen darf, um mir ein Gericht auszusuchen. Der Koch, zumindest glaube ich das der Mann, der eher wie ein Mechaniker für Panzerfahrzeuge aussieht, hier für die Nahrungsmittelzubereitung verantwortlich ist, öffnet den Kühlschrank. „Das hier sind Krautwickel aus meinem Land Aserbaidschan“, sagt er mit Stolz in der Stimme. „Otschin wkusna, otschin wkusna“, (Sehr schmackhaft, sehr schmackhaft) lobt er diese, weswegen ich mutig bin und solche Dinger mal bestelle. Dazu gibt es dann noch einen russischen Eintopf namens Soljanka, zwei Scheiben Weißbrot und gesüßten Milchtee. Obwohl wir Bedenken hatten die Zutaten für das Mittagsmahl könnten wegen ausbleibenden Gästen nicht frisch sein, schmecken die Gerichte wirklich lecker.

“Soll ich euch zum Kloster Dazan bringen?“, bietet uns Boris an als wir mit dem Essen fertig sind. „Das haben wir während unserer letzten Radreise schon besucht“, antworten wir. Obwohl das Kloster, welches in einem weiten Tal des Chamar-Daban-Gebirges liegt, heute das Zentrum für buddhistische Philosophie und tibetische Medizin in Russland ist und es viele schöne klassische buddhistische Gebäude zu bewundern gibt, sind wir zu müde um uns bei der Hitze noch mal dorthin aufzumachen. „Aber ihr müsst doch unbedingt den 1927 verstorbenen vom Hambo Lama Daschi-Dorsho Itigelow sehen. Sein Leichnam zeigt keine Spuren der Verwesung. Das ist ein offizielles Wunder“, lässt Boris nicht locker sich ein paar Extrarubel als Taxifahrer zu verdienen. „Soweit wir wissen ist der Leichnam nur im Monat November für die Öffentlichkeit zugänglich. Jetzt ist es viel zu heiß um den armen Lama ans Tageslicht zu bringen“, antworte ich worauf das Thema gestorben ist.

Am Abend stehe ich mit dem immer freundlichen Boris vor unserem Zimmer auf dem Gang. Wegen der Hitze sind wir beide nur mit einer Unterhose bekleidet. In Sibirien scheint das völlig normal zu sein. Wir unterhalten uns über die verschiedenen Gäste die hier ab und an vorbeikommen. „Ich kann fast alle Gäste verstehen. Wenn die Sprache nicht ausreicht dann mit Zeichensprache. Nur bei den Chinesen funktioniert das nicht“, meint Boris und ahmt die Sprache derart perfekt nach dass wir in die Knie gehen vor Lachen. Im Laufe des Gespräches erfahre ich dass Boris sein Geschäft schon seit Jahren aufbaut und auch in Ulan Ude eine Werkstatt besitzt und sich nur ab und zu in Iwolgisk aufhält. „Stück für Stück arbeite ich an meinem Geschäftsaufbau. Irgendwann ist es fertig und meine Familie kann dann ohne Probleme davon leben“, erklärt er. Es ist 23:00 Uhr als wir uns eine gute Nacht wünschen und in unsere heißen Zimmer gehen. Mittlerweile funktioniert die Dusche tatsächlich. Alle Stunde stelle ich mich unter den eiskalten Wasserstrahl, der aus dem kühlen Inneren von Mutter Erde kommt, um meinen Körper auf normale Temperaturen zu bringen. Dann feuchte ich noch ein Handtuch an und wickle es mir um die Füße. Auf diese Weise bringe ich es fertig in einen unruhigen und kurzen Schlaf zu fallen, um für den morgigen Tag ein wenig Energie tanken zu können. Tanja hingegen macht Hitze relativ wenig aus. Sie könnte, so glaube ich, sogar in einer Sauna schlafen.

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