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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Heißer Atem brennt in den Lungen

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    Temperatur - Tag (Maximum):
    ca. 30 Grad

Anna Plains Station — 05.05.2001

Nach dem Füttern folgen wir unseren Kamelen in das Trainings und Freizeitgehege in dem sie sich anscheinend am liebsten aufhalten. Heute ist Edgar mit der Husch – Down – Übung dran. Es war gestern nicht einfach Jasper zu fangen, doch im Vergleich zu Edgar ein Zuckerschlecken. Immer wieder reißt er aus und mir das Seil durch die Hände. Nach einer halben Stunde schaffen wir es wieder das sein Nackenseil neben dem Pfosten liegt. Schnell wickle ich es, wie schon bei Jasper geübt, um den Pfosten. Edgar sieht in diesem Augenblick rot und rast wie ein Wahnsinniger im Kreis herum. Dadurch das ich mich direkt am Eisenrohr aufhalte kann ich ohne großen Krafteinsatz seinen Bewegungen ausweichen. Er zieht wie verrückt an dem Pfosten dessen Betonverankerung sich zu lösen droht. „Mein Gott, kann er den Pfosten rausreißen?“ ,ruft Tanja. „Nein, ich glaube nicht. Dazu ist er zu tief in der Erde,“ antworte ich aufgeregt und nervös. Stück für Stück ziehe ich Edgar näher. Plötzlich rast er auf mich zu und scheint mich angreifen zu wollen. Schnell reiße ich meine Hände nach oben und trete ihm einen Schritt entgegen, was ihn veranlasst seinen Angriff abzubrechen, um sofort wieder die Flucht zu versuchen. Das starke Seil hält ihn jedoch davon ab. Der Pfosten erschüttert in seinem Fundament, welches jetzt sichtbar zu bröckeln beginnt. Um die Hebelkraft der extrem gespannten Schnur zu vermindern drücke ich den Knoten weiter in Richtung Boden. Edgar bleibt mit Schaum vor dem Maul wild schnaufend stehen und sieht mich skeptisch und ängstlich an. Plötzlich tritt er mit seinen Hinterfüßen aus und zaubert zwei, drei kurze, schnelle Schwinger in die Luft, dass mir der Atem stockt. „Jasper war im Vergleich ja nahezu zahm!“ ,rufe ich angestrengt. Endlich ist Edgar nur noch knapp zwei Meter vom Pfosten entfernt. Wie Jasper auch geben wir ihm die Chance sich etwas zu beruhigen und an das Festgebunden sein zu gewöhnen. Dann wiederholen wir das was wir gestern an Jasper so erfolgreich durchgeführt haben. Kaum berührt das Seil seinen linken Vorderfuß kickt er diesen ohne jegliche Vorwarnung wie ein Karatekämpfer in die Luft. „Das war knapp,“ sagt Tanja trocken, denn der Schlag ging dicht an ihr vorbei. „Lass es mich versuchen,“ sage ich und versuche mit Toms Stab die Seilschleife zu angeln. Edgar ist anscheinend mit allen Tricks gewappnet. Kaum ist das Seil um seinen Vorderfuß, schießt dieser explosionsartig mehrfach in die Luft und das Seil fällt zu Boden. Wieder beginnen wir von vorne. Es dauert eine kleine Ewigkeit bis wir seinen Fuß in der Schlinge haben und ich das Seil über seinen Rücken werfe. Noch bevor es Tanja greifen kann, rast Edgar wie eine Rakete um den Pfosten herum. In letzter Sekunde können wir uns beide in Sicherheit bringen und aus seiner, um sich tretenden Reichweite, springen. „Puh, der hält uns ja heftig auf Trab,“ sage ich stark schnaufend vor Anstrengung. Geduld und Gelassenheit ist hier gefragt, auch wenn es schwer fällt. Beherrscht und bebend vor Aufregung beginnen wir wieder das Seil zwischen seine Vorderfüße zu werfen. Es berührt dabei die Hinterbeine, worauf Edgar mit einer ganzen Salve von schlimmen Tritten reagiert. Endlich ist unsere Ausdauer von Erfolg gekrönt und ich kann das Seil zu Tanja werfen. Schnell nimmt sie es auf um seinen Vorderfuß hochzuziehen. Edgar reißt es ihr ohne nur mit der Wimper zu zucken brutal aus den Händen. Wir wiederholen das Spiel so lange bis Tanja das Seil in den Händen halten kann und ich es fertig bringe auf die anderer Seite zu rasen um ihr zu helfen. Noch bevor er diesmal Tanja das Seil entreißen kann hängen wir beide daran und zerren seinen Fuß nach oben. Er macht mehrere Schritte zur Seite, zerrt uns dabei wie Fallobst mit, doch wir bleiben dran wie die Kletten. Unser heißer Atem brennt in den Lungenflügeln, trotzdem schaffen wir es uns anzulachen. Denn bis hierher konnten wir uns durchsetzen. Uns ist beiden bewusst das wir diesen gefährlichen Tanz gewinnen müssen, denn würden wir für heute aufgeben, wird es morgen noch schwieriger.

Edgar steht nun auf drei Beinen, knirscht vor Unmut mit seinen Zähnen und hat Schaum vor dem Maul als hätte er die Tollwut. Wir stehen nun schon 10 Minuten da und halten sein Bein nach oben ohne das er nur die geringsten Ermüdungserscheinungen zeigt.

Urplötzlich rast Edgar zur Seite und reißt uns das Seil aus der Hand. Machtlos sehen wir zu wie er um den Pfosten tanzt und uns durch einen gemeinen Trick besiegt hat. Durch seine Raserei verwickelt er auch seine Hinterbeine in dem langen Seil. Tanja und ich denken in dem Augenblick das Gleiche. Blitzartig greifen wir zu, zerren mit all unserer Kraft an dem daran und wir können es kaum glauben als Edgar durch diese Aktion auf seine Seite fällt. „Schnell hol das Lasso!“ ,.rufe ich. Dann werfe ich es um den rechten Vorderfuß und binde es ebenfalls an den Pfosten. Um ihn zu zeigen das wir keine Killer sind berühre ich sein Fell und streichle ihn, doch Edgar sieht auch dies als Angriff. Es dauert nur den Bruchteil eines Wimpernschlages bis er es aus mir unerklärlichen Gründen wieder schafft auf seine Beine zu kommen. Tanja und ich schnappen uns das am Boden liegende Seil, dessen Schlaufe immer noch um seinen linken Vorderfuß gewickelt ist, und können so wieder seinen Fuß hochziehen. Am Ende unserer Kräfte halten wir auf diese Weise das Bein hoch. Dadurch das Edgar jetzt auch mit seinem rechten Vorderfuß an dem bedenklich wackeligen Pfosten hängt, hat er keine großen Möglichkeiten mehr auf drei Beinen umherzuhüpfen. Er ist definitiv gefangen.

Mittlerweile halte ich alleine das gespannte Seil über meinen Rücken, um Tanja ein wenig zu entlasten. Nach 45 Minuten brennen mir meine Muskeln als hätte sie jemand angezündet. „Ich kann nicht mehr lange durchhalten! Versuche doch mal mit deinem gesamten Körpergewicht gegen ihn zu laufen, um ihn noch mal umzuwerfen. Er muss sich unbedingt absetzen, denn meine Kräfte sind aufgebraucht,“ rufe ich. „Soll ich Hilfe holen?“ ,entgegnet Tanja klug auf meinen lächerlichen und unüberlegten Vorschlag. „Ja, aber beeile dich,“ antworte ich immer noch sehr angespannt. Tanja rast davon, um irgend jemanden von den Jackeroos zu holen. Es dauert nur Minuten bis Chris der Gärtner und Mark der Mechaniker herbeieilen, über den Zaun klettern und bei mir sind. „Was sollen wir tun?“ ,fragen sie aufgeregt. „Helft mit an dem Seil zu ziehen und sein Bein nach oben zu halten,“ erkläre ich. Dann lasse ich das Seil los, laufe um Edgar herum und versuche ihn mit dem Einsatz meines Körpers auf die Seite zu schupsen damit er endlich die Balance verliert und sich absetzt. Es dauert weitere 10 Minuten bis das jetzt am ganzem Leib zitternde Tier nachgibt und sich auf den Boden setzt. Ohne zu zögern binden Tanja und ich seine Vorderfüße zusammen, um ihn dadurch auf dem Grund zu halten. Dann bürsten wir sein Fell. Edgar soll merken das wir nichts böses von ihm wollen wenn er sich absetzen soll. Er brüllt wie ein gefährliches Raubtier und versucht uns zu beißen. Wir können direkt in sein Maul sehen und seine Zunge, Zähne und Rachen genauer unter die Lupe nehmen. Selten hat ein Mensch so einen guten Einblick in den Schlund eines Kamels.

Nachdem sich Edgar wieder beruhigt, öffnen wir seine Beinseile. Sofort springt er auf. Diesmal sind wir aber schneller als er und sobald er steht ziehe ich an dem Fußseil was immer noch um sein Gelenk gewickelt ist. Ohne große Kraftanstrengung kann ich sein Bein abwinkeln. Es dauert diesmal nur Minuten bis er sich wieder setzt. Dann lassen wir ihn frei. Wir denken das er für heute genug hat und ehrlich gesagt geht es uns nicht viel anders. Nach sechs Stunden in den Kamelgehegen treten wir müde aber zufrieden, das keiner von uns verletzt ist, den Weg zu unserem schönen Haus an.

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