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Mongolei/Tuwa Camp MONGOLEI EXPEDITION - Die Online-Tagebücher Jahr 2011

Gewaltritt, blaues Eis

N 51°33'337'' E 099°15'341''
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    Tag: 273

    Sonnenaufgang:
    06:11

    Sonnenuntergang:
    20:31

    Gesamtkilometer:
    1341

    Bodenbeschaffenheit:
    Eis, Schnee

    Temperatur – Tag (Maximum):
    minus 0°C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    minus 0°C

    Temperatur – Nacht:
    minus 12°C

    Breitengrad:
    51°33’337“

    Längengrad:
    099°15’341“

    Maximale Höhe:
    1981 m über dem Meer

Die Temperatur ist in der Nacht wieder auf minus 12 °C gefallen. Auch am Morgen wird es nicht viel wärmer. Tanja und Bilgee brechen bei leichtem Schneefall und starkem Wind pünktlich um 9:00 Uhr auf. „Pass auf dich auf! Ich brauche dich noch die nächsten 50 Jahre!“, rufe ich ihr hinterher. „Ja, mach dir keine Sorgen. Es kann spät werden bis wir wieder im Camp sind. Wenn wir Tsagaan Nuur erreichen und der Empfang gut ist rufe ich dich kurz an!“, erwidert sie und schon sind die Pferde hinter den vielen Bäumen verschwunden.

Inzwischen räume ich das Tipi auf, baue das Holzbett, welches ich ursprünglich für Bilgee angefertigt habe, ab und errichte es wieder im Tipi. „Endlich kann man sich auch mal im Tipi hinlegen“, freue ich mich. Dann hole ich zwei Säcke Schnee. Ein junger Hund leistet mir Gesellschaft. Plötzlich fängt er neben mir im Schnee zu graben an. Es dauert nicht lange und es stinkt furchtbar. „Was hast du denn da freigelegt?“, frage ich und entdecke einen großen Haufen menschlicher Ausscheidungen die der Kleine sofort heißhungrig in sich hineinschlingt. „Oh man, und das nur 50 Zentimeter von der Stelle an dem ich den Schnee in die Säcke geschaufelt habe“, sage ich angewidert und beschließe die nächste Schneeladung weiter vom Camp entfernt zu sammeln. Wieder im Tipi beginne ich den Schnee im Wok zu schmelzen und bereite das Zusatzfutter für Naraa und Bor zu die draußen an den Bäumen angebunden sind und mir durch ihre Protestlaute unaufhörlich zu verstehen geben Hunger zu haben. Nachdem die Pferde ihre Sonderration vertilgt haben bereite ich mir eine Suppe. Dann knete ich Brotteig damit Tanja und Bilgee heute Abend frisches Brot genießen können.

Um 18:30 komme ich endlich dazu ein paar Aufzeichnungen in den Computer zu tippen. Um 21:00 Uhr sehe ich alle paar Minuten auf die Uhr. Da die Sonne bereits vor 29 Minuten untergegangen ist beginne ich mir Sorgen zu machen. Tanja hat um 16:00 Uhr angerufen und davon gesprochen Tsagaan Nuur zu verlassen. Eigentlich müssten sie längst hier sein. „Es wird doch nichts geschehen sein?“, denke ich. Um 21:30 Uhr sind sie noch immer nicht da. „Was unternehmen wenn sie nicht kommen? Ob die Tuwa mir helfen sie zu suchen?“, frage ich mich. Das Thermometer zeigt minus 12 °C. Der Wind ist noch immer stark und eisig. Um 22:00 Uhr überlege ich mir eine Leuchtrakete in die Luft zu schießen. „Vielleicht sind ihre Taschenlampen ausgefallen und sie finden den Weg nicht?“, denke ich. „Die Leuchtspurmunition werden sie sehen“, denke ich weiter und frage mich ob es eine gute Idee war sie heute morgen ziehen zu lassen. Kurz nach 22:00 Uhr schlagen die Hunde an. Ich ziehe mir ein Jacke über und spurte so schnell es der niedrige Eingang zulässt in die eisige Nacht. Ein Lichtschein blitzt zwischen den Bäumen hindurch. Einmal, zweimal dann bleibt er und blendet mich. „Hallo! Mein Gott bin ich froh euch zu sehen! Ich wollte gerade eine Leuchtrakete in den Himmel schießen um euch den Weg zu weißen. Geht es euch gut? Alles klar?“, frage ich aufgeregt. „Alles bestens. Hat wunderbar funktioniert“, antwortet Tanja vom Pferd steigend. Schnell sind die Tiere abgesattelt und die Satteltaschen in das warme Tipi getragen. „Oh ist das schön warm hier“, freut sich Tanja. „Und ein frisches Brot habe ich auch für euch auch gebacken.“ „Lecker, das ist ja wunderbar“, meint sie aus ihren Deel schlüpfend. „War es kalt?“, frage ich. „Überhaupt nicht. Wenn man im Sattel sitzt und sich ständig bewegt ist es sogar warm“, meint sie. „Warum kommt ihr so spät? Ihr wolltet doch schon um 16 Uhr aufbrechen?“ „Wir sind erst um 18:00 Uhr losgekommen. Bilgee hatte Schwierigkeiten das Geld zu überweisen und ich fand in ganz Tsagaan Nuur keinen Impfstoff für die Pferde. Habe es in der Apotheke versucht. Die war aber geschlossen. Dann im Krankenhaus. Dort wollte man mir auch nichts geben. Du wirst es nicht glauben wo ich den Impfstoff gefunden habe?“ „Na wo denn?“ „Bei Ajush. Der besaß ihn und hat ihn mir verkauft.“ „Für was braucht er denn diesen Impfstoff?“, unterbreche ich. „Denke er benötigt das Zeug für seine Kühe. Leider besaß er keine Spritzen. Bin dann wieder zum Krankenhaus geritten. Dort bekam ich dann auch die Spritzen und passende Nadeln. Sind riesige Dinger aber Bilgee meint die sind okay. Wir haben alles bekommen. Übrigens brauchten wir nur drei Stunden bis nach Tsagaan Nuur. Sobald wir die Taiga hinter uns ließen lag kein Schneeflöckchen mehr. Wir kamen sehr gut voran. Die einzige Herausforderung war der See. Er ist mittlerweile an vielen Stellen aufgetaut. Ich wollte erst nicht drüber aber Bilgee meinte es sei schon in Ordnung. Wir sind der Fahrspur gefolgt. Links und rechts hat es gedampft. War ganz schön spuki. Jetzt weiß ich auch woher das Wort Eisblau kommt. Die noch vorhandenen Eisstellen hatten diesen wunderschönen Schimmer. War toll anzusehen. Denke das die Eisdecke in wenigen Tagen nicht mehr tragen wird. Sie werden bald die Fähre freimachen haben sie gesagt.“ „Hast du sie gesehen?“, interessiert es mich. „Ja, ist ein einfaches Holzding. Nachdem was ich gehört habe muss man sich selber an dem Drahtseil rüberziehen. Sie befindet sich an einer schmalen Stelle wo der Shishged Fluss in den Tsagaan Nuur mündet. Ich bin auf jeden Fall froh mitgeritten zu sein. War es wert und hat mir viel Spaß gemacht.“ „Ich bin stolz auf dich. Das war eine super Leistung. Immerhin seit ihr in nur einem Tag über 60 Kilometer durch teils schwieriges Gelände geritten“, lobe ich. „Ach es war halb so schlimm. Du weißt doch wie es ist. Wenn man die Strecke im Kopf hat schafft man sie auch. Normalerweise wäre nur der Hinweg anstrengend genug. Aber als wir dort waren wusste ich das es am gleichen Tag wieder zurückgeht. Alles eine Sache der Einstellung. Ajush hat übrigens gemeint wir sollten über Nacht bleiben. Es ist zu kalt und unsere Pferde sind zu schwach, hat er gesagt. Bilgee aber war sehr zufrieden über die Leistung unserer Tiere.“ „Es lief also alles glatt. Da bin ich froh“, wende ich ein. „Na ja bis auf einen Zwischenfall.“ „Was? Ich dachte der Trip verlief Reibungslos?“ „Ist er auch. Aber Bilgees Pferd Od ist auf einer Eisplatte ausgerutscht und gestürzt. Bilgee kam mit seinen dicken Filzschuhen nicht aus den Steigbügel. Er lag wie du letztes Jahr unter dem Pferd. Ich bin erschrocken. Fragte mich was ich tun soll wenn er sich verletzt hat? Ich sprang sofort aus dem Sattel um ihn zu helfen als er endlich seinen Fuß freibekam. Pferd und Reiter sind unversehrt aufgestanden und weiter ging es als wäre nichts gewesen. Du weißt doch wie er ist. Er verliert über solche Zwischenfälle nicht viel Worte.“ „Hm, ich weiß. Od scheint nicht besonders trittsicher zu sein. Bilgee ist doch erst vor ein paar Tagen auf dem Weg zu seinem Camp mit ihm gestürzt?“ „Ja, ich weiß nicht ob es an Od liegt. Der Boden unter dem Schnee war teils spiegelglatt.“ „Na gut das du nicht gestürzt bist“, sage ich nachdenklich. „Ja gut. Da hast du Recht“, sagt sie und beißt in eine Scheibe noch ofenwarmes Brot. Bilgee genießt meine Kreation ebenfalls und lobt mich als den besten Bäcker der Taiga. „Na jetzt übertreibe mal nicht“, sage ich worauf wir herzhaft lachen. Um 23:00 Uhr lässt es sich unser Mann nicht nehmen die Pferde ins Außencamp zu treiben und dort draußen im Hochtal im Zelt zu schlafen. „Die Pferde sind müde und müssen über Nacht fressen“, sagt er und verabschiedet sich von uns.

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