Skip to content
Abbrechen
image description
AUFGELADEN zu den Polarlichtern im hohen Norden - 2020

Geburtstag und am Abgrund

N 59°06.54.3’’ E 005°41’54.0’’
image description

    Datum:
    30.08.2020

    Tag: 028

    Land:
    Norwegen

    Ort:
    Geburtstagscamp

    Tageskilometer:
    90 km

    Gesamtkilometer:
    2915 km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Brückenüberquerungen:
    2

    Tunneldurchfahrten:
    09

    Sonnenaufgang:
    06:24 Uhr

    Sonnenuntergang:
    20:49 Uhr

    Temperatur Tag max:
    17°

    Temperatur Nacht min:
    11°

    Aufbruch:
    11:00 Uhr

    Ankunftszeit:
    19:00 Uhr

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

Hier geht´s zum Podcast!
Link zur aktuellen Reiseroute 

 

 „Guten Morgen mein liebes Geburtstagskind. Meine unumstrittene Nummer eins, mein unschätzbar wertvoller Juwel, wertvoller als der größte Diamant im Universum. Ich wünsche dir weiterhin ein traumhaftes, interessantes, abwechslungsreiches und glückliches Leben an meiner Seite. Ich wünsche dir weiterhin die Offenheit, Großzügigkeit, Gelassenheit und immerwährende Zuversicht, die du in dir trägst. Ich danke der allumfassenden Energie dafür, dass sie Dich in mein Leben geschickt hat, und wünsche dir das dein Licht, deine Freude, deine Lebenslust und Glückseligkeit noch weitere 50 Jahre erstrahlt wie die aufgehende Sonne über einem saftig grünen Tal. Ich werde dich immer mit meinem Leib und Seele beschützen, werde meine Flügel ausbreiten, sie wie einen energetischen Schutz um dich legen. Ich werde dir immer die Freiheit geben, die du dir wünscht und brauchst, damit sich deine große Liebe noch mehr ausbreiten kann, bis sie in die ganze Welt strahlt. Ich bedanke mich jedes Jahr von Neuem, das ich in deinem Licht leben darf, das du jede meiner Zellen unermüdlich mit deiner Liebe erfüllst und mein Leben mit deinem Sein unermesslich bereicherst. Ich reiche dir die Sterne, übergebe sie dir als Dank und Geschenk zu deinem Geburtstag.“ „Das sind wunderbare Wünsche. Vielen Dank.“ „Dann lass uns aufstehen und für deine Geburtstagswanderung auf den Preikestolen (die Kanzel oder wörtlich der Predigtstuhl) fertigmachen“, sage ich mich aus dem Bett schwingend.

Weil heute Sonntag ist und das Wetter für die Wanderung zu einem der touristischen Tophighlights perfekt ist, sind trotz Corona viele Menschen unterwegs. Anders als beim Kjeragbolten wandern hier auch viele ältere Erdenbewohner hoch und so manche Mutter und Vater tragen ihre Kinder auf dem Rücken. Es ist keine besonders schwere Wanderung. Aufgrund des Bekanntheitsgrades sind im Jahr 2018 etwa 300.000 Menschen zur Felskanzel hinaufgestiegen, an dessen Felskante es 604 Meter senkrecht in die Tiefe abfällt. Im Juli 2019 verzeichnete man die Rekordzahl von 5.342 Besucher. 2020 reduzierte Corona die ständig ansteigende Besucherzahl, was der eine oder andere Naturschützer sicherlich mit Wohlwollen betrachtet.

„Hätten wir nicht doch am Montag da rauf laufen sollen? Dann wären wir aller Voraussicht fast allein gewesen“, schnaufe ich ein paar Wanderer überholend. „Heute ist mein Geburtstag. Ich werde mich bestimmt lange an diese wunderbare Landschaft erinnern, werde immer daran denken, was ich an meinem 50 zigsten gemacht habe. Ich blende die Menschen einfach aus und genieße die Natur.“ In der Tat, die Bergwelt ist einzigartig. Mit etwas Fantasie sehe ich, wie sich hier vor 10.000 Jahren riesige Gletscher durchpressten, wie sie die Schluchten und Täler formten, das Eis, Felsen und grobe Blöcke sprengten, sich darüber hinweg schob und wie ein überdimensional großes Schmirgelpapier das harte Granitgestein glatt schliff und die Bergkuppen rundete. Ein Eldorado für Kletterer aus der ganzen Welt. Zwischen dem grauen, bis zu 843 Meter hohen Felsen schmiegen sich heute kleine Seen mit glasklarem Wasser. Die Ufer sind von saftigem Grün gesäumt. Wir überqueren einen beachtlich steilen Höhenrücken, dann geht es über Bohlen durch einen morastigen Sumpf, über ein Geröllfeld und Stufen. Ajaci macht seinem neuen Ruf als Bergziege und Kletteräffchen volle Ehre und springt mit großer Freude von Stein zu Stein, von Fels zu Fels. Nach eineinhalb Stunden erreichen wir das berühmte Plateau. Während sich auf der 25 mal 25 Meter großen Fläche ca. 70 bis 80 Menschen tummeln, sitzen in den Berghängen außenherum mindestens noch mal so viele. Jeder von ihnen möchte eines der begehrten Selfies haben. Die Wanderer stehen in Reih und Glied hintereinander und warten geduldig, bis sich ein Mongole von seinem Kumpel an der steil in den fast 40 Kilometer langen Lysefjord abfallenden Felskante fotografieren hat lassen. Keiner drängelt, keiner schimpft. Jeder kommt dran. Auch wenn es nach Aussage eines Einheimischen heute nicht voll ist, dauert es gut und gern eine ½ Stunde, bis wir an der Reihe sind. Dann setzen wir uns auf einen Gesteinsblock in der Gebirgswand, genießen unsere Vesper und sehen dem Treiben zu. Afrikaner, Chinesen, Amerikaner, Europäer. Auf dem Plateau ist die Welt vertreten. Sogar die wilde Verfolgungsjagd des Actionfilms Mission Impossible: Fallout fand auf der Hochebene seinen Höhepunkt. Einer der Besucher hat eine Landesfahne dabei, die er wie wild schwängt, um sich an dem exklusiven Ort verewigen zu lassen, andere erscheinen in Tracht, während eine Instagram-Bloggerin sich mit ihrem Freund in Pose wirft, um sich im Final des Shootings wild zu küssen. „Eine verrückte Welt“, sage ich amüsiert. „Ja und ein unvergesslicher Geburtstag“, lacht Tanja.

Wieder am Parkplatz zahlen wir die 25,- € die jedes Fahrzeug abdrücken muss. „Lass uns einen ruhigeren Platz für den Abend suchen“, sagt Tanja. Nur 70 Kilometer weiter erreichen wir einen kleinen gemütlichen Ort, auf dem wir letztes Jahr schon mal genächtigt hatten. „So ein Zufall“, freue ich mich, da ich genau diesen Flecken Erde in positiver Erinnerung behalten habe. „Mein Geburtstagscamp“, sagt Tanja bestens gelaunt. Ich klappe die Unterfahrbleche aus, die ich wieder als Kochplattform nutze, um zur Feier des Tages Lachs zu braten. Tanja hat die Kabinenwand der Terra mit kleinen Lampions geschmückt. Über den See, an dessen Ufer wir stehen, weht der kühle Abendwind. „Uuaahh! Ist echt kühl“, sage ich den fertig gebratenen Fisch in die Terra tragend. Wir schließen die Tür, lassen den Wind draußen und genießen ein leckeres Geburtstagsabendessen…

This site is registered on wpml.org as a development site.