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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Evakuierung unseres Camps

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    Tag: 31 Etappe Zwei

    Sonnenaufgang:
    06:29

    Sonnenuntergang:
    17:31

    Temperatur - Tag (Maximum):
    14 Grad

Edgar Kampf-Camp — 16.07.2001

Um sechs Uhr am Morgen hat der Sturm wieder seine alte Stärke angenommen. Sintflutartiger Regen bedeckt das Land. „Es geht weiter,“ flüstere ich. „Glaubst du unsere Wälle werden durchhalten?“ „So lange die Ebene in der Lage ist das viele Wasser aufzunehmen ja. Wenn es gesättigt ist geht es uns wie den Menschen in Kiwirrkurra deren Häuser zwei Meter unter Wasser liegen.

Um 8 Uhr hat sich die Situation wieder so zugespitzt wie heute Nacht. „Wir müssen die Dämme prüfen,“ sage ich und erneut beginnt unser Ausfallkommando gegen die Fluten. „Dort müssen unbedingt ein paar Eimer drauf!“ ,brülle ich und schleudere die Schaufel in den nassen Grund der Grube. Tanja schleppt Eimer für Eimer zu den gefährdeten Stellen, um die Deiche zu verstärken. Trotz der nächtlichen Aktion geschwächt schuften wir wie die Wahnsinnigen. Wir geben alles, einfach alles was in unseren Knochen steckt, um von neuem unser Lager zu retten. Einige der Erdwälle die wir nachts gebaut haben führen über Spinifexgrashügel. Das Wasser nutzt die undichten Bereiche, um genau dort die Eindämmungen zu unterwandern. Gefährlich rasch reißen erst kleine Rinnsale den Sand mit sich und füllen unsere Auffangbecken. Unterdessen ist das Loch aus dem ich schon eine ganze Weile den Sand nach oben schaufle recht tief geworden. “Ich bringe den Sand nicht mehr nach oben. Lass uns ein anderes nehmen,“ rufe ich und klettere aus der Grube. Neben unserem Buchbüro sieht es im Augenblick besonders kritisch aus. In Windeseile vertiefe ich das dortige Auffangbecken. Um 9 Uhr 30 sind wir abermals Herr der Lage. Ich laufe zum Funkgerät um mit Jo den vereinbarten Funkkontakt zu halten und über die neuesten Ereignisse zu berichten. „Sehr gut dich zu hören. Ich würde sagen wir befinden uns kurz vor dem Notfall. Wir haben im Augenblick das Wasser im Griff aber es kann sich jeden Augenblick ändern. „Wie ist eure genaue Position?“ „Ich glaube die nützt zu diesem Zeitpunkt niemanden, denn man bräuchte ein Boot um uns zu retten. Aber ich gebe sie dir trotzdem. Wir befinden uns ca. 34 Kilometer hinter dem ersten Wasserfass in Richtung Kunawarritji. Unser Camp liegt an einem vom Track aus leicht erkennbaren dicken Busch. Etwa 300 Meter in Richtung Westen.“ „Hast du die Koordinaten?“ „Ja,“ antworte ich und gebe sie durch. Die Verbindung ist durch den Regen und Windgeräusche schlecht. Ich kaure mich unter den Poncho über das Funkgerät, mein Ohr direkt neben den kleinen Lautsprecher haltend. „Weißt du etwas über die Wetterlage in dieser Region?“ „Ich habe erst vor wenigen Minuten mit Collin gesprochen. Das Tief hat sich wieder neu geformt und kommt direkt auf euch zu,“ schocken mich Jos Worte. „Okay Jo, ich kann nicht mehr weiter reden. In diesem Fall müssen wir sofort unser Camp auf den kleinen Hügel evakuieren. Der See um uns herum sieht jetzt schon bedrohlich aus. Vielen Dank für die Information. Melde mich heute Abend zur vereinbarten Zeit wieder. Alles Liebe, vielen Dank, over and out,“ beende ich den Kontakt. Wie ein Hürdenläufer springe ich über unser Grabensystem zum Ort des Geschehens. „Wir müssen unser Camp evakuieren, die Schlechtwetterfront hat sich wieder neu gebildet und kommt direkt auf uns zu. Bring bitte alles was nicht nass werden darf auf den Hügel. Ich sehe mich in der Zwischenzeit dort nach einem geeigneten Platz fürs Zelt um,“ erkläre ich Tanja und finde unter dem großen Busch den einzigen möglichen Platz für unser Schlafzelt. Er liegt zwischen großen Felsbrocken und ist durch den Busch vom starken Ostwind geschützt. Während Tanja unsere Ausrüstung heraufschleppt erweitere ich mit kopf und faustgroßen Steinen die Liegefläche. Etwa 30 Eimer Sand muss ich auf den Hügel schleppen, um das Steinfundament darunter zu begraben. Nach drei Stunden ist die Plattform perfekt. Ich ziehe alle Zeltheringe aus dem im Wasser versinkenden Boden, um unser Schlafzelt verlegen zu können. Mit allem was drin ist heben wir das Igluzelt an dem Gestänge hoch und tragen es auf die Bodenerhebung. Gegen Mittag hat der Platzregen um nichts nachgelassen doch unser Leben und persönliches Hab und Gut ist fürs erste gerettet. Erleichtert, diesen Gewaltakt der Arbeit hinter uns gebracht zu haben, untersuchen wir unseren Campplatz neben dem immer noch stehendem Buschbüro nach Gegenständen die nicht in den Fluten versinken dürfen. „Ich glaube wir haben alles,“ meint Tanja ausatmend. „Heute Nacht werden wir besser schlafen,“ antworte ich und bin stolz auf unsere Leistung dem Unwetter erst mal entronnen zu sein.

Danach suchen wir wieder die Kamele auf. Goola sitzt in einer riesigen Wasserfläche und lässt sich nicht mehr bewegen. „Er muss da unbedingt raus,“ meint Tanja zu tiefst traurig. „Ja, dringend,“ gebe ich ihr recht. Wir binden die Nasenleine an seinen Nasenpflock und klicken die Führungsleine an seinen Halfter. „Epna Goola! Epna!” ,rufe ich doch er will sich nicht bewegen. Es dauert eine ganze Weile, bis wir das am ganzem Körper zitternde Tier aus seiner misslichen Lage zerren. Wir führen unseren lieben Goola zu einem anderen Busch, wo es nicht ganz so nass ist. Sofort setzt er sich wieder und versucht sich vor der Kälte und dem unendlichen Nass zu schützen. Auch Istan und Jasper zeigen sich ähnlich apathisch und wollen sich nicht mehr bewegen. „Sie fressen schon seit gestern nichts mehr. Ich mache mir wirklich Sorgen,“ sagt Tanja nachdenklich. „Ja, sieht nicht gut aus. Hoffentlich hört dieser verdammte Regen endlich auf. Wir brauchen jetzt dringend ein paar Sonnenstrahlen.“

Um 18 Uhr spreche ich nochmals mit Jo. „Hoffentlich haben sie sich keine Lungenentzündung eingefangen. Ich möchte dir keine Angst einjagen Denis, aber daran können sie sterben. Ich rufe gleich morgen Früh den Tierarzt an und frage ihn um Rat.“ Von ihrer Aussage wie vom Blitz getroffen bin ich die ersten Sekunden nicht in der Lage zu antworten. Was ist wenn sie sterben? Ein nicht auszudenkender Gedanke. Mein Gott wie lange soll diese Katastrophe noch anhalten?… „Das klingt nicht gut Jo,“ finde ich nach einem Gedankensturm meine Worte wieder. „Ja, tut mir leid dir solch schlechten Neuigkeiten geben zu müssen aber du musst es trotzdem wissen.“ „Klar Jo.“ Da die Verbindung furchtbar schlecht ist verlegen wir unser weiteres Gespräch auf den nächsten Tag.

Ausgehungert, von den enormen Anstrengungen und durch die allumfassende Feuchtigkeit frierend sitzen wir in unserem Zelt mit Beinfreiheit. „Wir brauchen dringend etwas Warmes im Bauch,“ meint Tanja. „Ja, unbedingt. Ich packe unseren Kocher aus. Wo ist er denn?“ „Draußen in der Schuhe und Werkzeugtasche,“ antwortet sie. Bibbernd begebe ich mich wieder in niederschlagsreiche Nacht um den kleinen Notfallkocher zu suchen. In den letzten 2466 Kilometern war es nicht einmal nötig mit ihm zu kochen. Obwohl wir auch starken Regen hatten gab es immer eine Möglichkeit ein Lagerfeuer zu entfachen, doch in unserer jetzigen Situation ist daran nicht zu denken. Nachdem ich ihn im Schein meiner Stirnlampe endlich gefunden habe eile ich wieder ins Zelt. Schnell brennt eine blaue effektive Flamme unter dem Billy und schon nach 15 Minuten verschlingen wir eines der leckeren Reiteressen. Durchnässt aber satt steigen wir um 19 Uhr 30 auf die vom Rest des Landes abgehobene Ebene. Wir kriechen in unsere feuchten Schlafsäcke und fallen in einen tiefen Schlaf der Erschöpfung.

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