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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Eine traumhafte Lichtung

N 22°42’44.2’’ E 131°01’55.4’’
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    Tag: 160 Etappe Zwei

    Sonnenaufgang:
    05:52

    Sonnenuntergang:
    19:11

    Luftlinie:
    25,5

    Tageskilometer:
    30

    Temperatur - Tag (Maximum):
    43 Grad

    Breitengrad:
    22°42’44.2’’

    Längengrad:
    131°01’55.4’’

Tucker-Camp — 22.11.2001

„Wir haben verschlafen,“ schreckt Tanja nach oben. Tatsächlich ist es schon 3 Uhr 37. Sofort rapple ich mich auf, um unser Schlafsachen zusammenzupacken. Obwohl wir über eine halbe Stunde verloren haben beginnen wir uns nicht zu hetzen. Das Wissen in spätesten 20 Kilometer ein Rastcamp zu erreichen wirkt beruhigend auf uns. 4 ½ Stunden später ziehen wir weiter über das Land von New Haven Station. Gegen Mittag ist es unerträglich heiß. 43 Grad lese ich auf der Skala des Thermometers, was in der Sonne ca. 66 Grad bedeutet. Wir schwitzen fürchterlich und können unseren Durst nicht mehr stillen. Das Wasser in unseren Trinkschläuchen hat die Temperatur der Sonne erreicht und schmeckt wie heißer Tee. Wir laufen im Stechschritt unserem Ziel entgegen und schweigen. Reden ist wie so oft unter solchen extremen Bedingungen viel zu anstrengend. Um 12 Uhr 30 erreichen wir unser Tagesziel die Old Gurner Homstead Bore. Eine Windmühle dreht sich im Wind und lässt uns hier mit Wasser rechnen. Wir lassen die Kamele nieder huschen und sehen uns den Ort an. Alte Zäune bilden einen Kreis der uns verrät das Alex hier mit Rindern arbeitet. Überall liegen alte verrostete Fahrzeuge herum die teilweise Museumswert besitzen. Wellbleche ragen aus dem Boden, ein vergammelter Kühlschrank steht auf einer Erdfläche und vieles mehr zeugt von der einstigen Anwesenheit der Menschen. „Also hier können wir nicht bleiben. Es gibt kaum Schatten. Nichts zu fressen für die Kamele und außerdem sieht es für ein Rastcamp schrecklich aus,“ stelle ich fest. „Ob wir unseren Jungs noch mal etwas zu saufen anbieten sollten?“ ,frage ich wenig später nachdem ich etwas ratlos und enttäuscht herumstehe. „Kann nicht schaden,“ antwortet Tanja, worauf ich die Eimer von Edgars Sattel abbaue. Wir laufen nun zu der von Algen verschmutzten Tiertränke und füllen unsere Kübel. Als ich Sebastian die Flüssigkeit anbiete leert er den Eimerinhalt mit solch einem verzweifelten Durst, das ich glauben könnte er hätte ihn nicht erst vor 1 ½ Tagen gestillt. Wieder laufe ich zur Tränke und schleppe eine weiteren Eimer zu ihm und wieder ist er innerhalb weniger Augenblicke gelehrt. „Die saufen ja wie die Löcher,“ sage ich. „Ja, ich kann es auch nicht verstehen. Insgesamt tragen wir bei 66 Grad in der Sonne 46 Eimer zu ihnen bis sie endlich befriedigt sind. Tanja und ich sind fassungslos. Wir haben ihnen vor 2 ½ Tagen im Emucamp 100 Liter gegeben, dann 360 Liter in Nirrippi und jetzt weitere 440 Liter. Insgesamt vernichteten unsere Jungs dann innerhalb nur 2 ½ Tagen 900 Liter Wasser. „Da soll einer sagen Kamele benötigen wenig Wasser,“ äußere ich mich erstaunt, denn so etwas haben wir noch nie erlebt. „Wir sollten auch für uns Wasser mitnehmen?“ ,meint Tanja. „Ich denke wir füllen weitere 20 Liter ab,“ gebe ich ihr recht. Ich nehme mir zwei leere Sourcebeutel und begebe mich zum Wasserauffangtank an dem eine alte Leiter nach oben führt. Ich klettere sie hoch, stecke das eine Ende eines zwei Meter langen Plastikschlauches in den bis zum Rand gefüllten Tank und sauge an dem anderen Ende. Sofort schießt die Flüssigkeit heraus, worauf ich den Schlauch in den Wassersack stecke. Nachdem ich beide Schläuche gefüllt habe befriedige ich meinen unendlichen Durst und laufe zu den Kamelen zurück. Wegen der schlechten Futtersituation entscheiden wir uns so lange weiterzulaufen bis wir einen guten Tuckerplatz für unsere Kamele finden. Der Weg wird links und rechts von ausgewachsenem, großen Spinifexgras begrenzt. Wir laufen und laufen, doch das Spinifex bleibt uns erhalten. Der Luftdruck ist neben der Temperatur so extrem, dass wir beide glauben jeden Augenblick einfach aus den Schuhen kippen zu müssen. Bösartige, dunkle Gewitterwolken tauchen plötzlich im Westen auf und kommen uns immer näher. „Es sieht so aus als ob sich da wieder etwas zusammenbraut,“ sage ich nach oben deutend. „Bloß kein Sturm. Bitte bloß kein Sturm,“ meint Tanja. Wie von einer überdimensional großen Peitsche getrieben marschieren wir weiter. „Dort hinten sind ein paar Bäume. Wenn du auf die Karawane aufpasst sehe ich mich dort mal um.“ Okay,“ antwortet Tanja müde der schon seit mehreren Tagen die Füße schmerzen. Mühsam bahne ich mir einen Weg durch das stachlige Gewächs und hoffe innig auf eine Lichtung zu treffen auf der es genügend Schatten für uns gibt und Futter für unsere hungrigen Kamelmäuler. Ich bin gerade im Begriff aufzugeben als ich durch das Geäst einiger Büsche einen hellen Flecken in der Landschaft erhasche. „Was habe ich zu verlieren wenn ich mir das ansehe,“ sage ich leise zu mir selbst und stapfe noch fünfzig Meter weiter. Ich durchdringe gerade eine Wand von Gras und niedrigen Nadelbäumen als ich meinen Augen im ersten Moment nicht trauen möchte. Genau vor mir liegt ein paradiesisch, schöner Ort der all meine Vorstellungen um ein Vielfaches übertrifft. Auf einer Fläche von einem Fußballfeld wächst kein Spinifex sondern nur harmloses niedriges Gras. Zwei ausladende Nadelbäume bieten den ganzen Tag Schatten und saftig grünes Buschwerk winkt mir an den Rändern dieser Lichtung vielversprechend zu. „Das ist es;“ rufe ich und verständige Tanja über das Sprechfunkgerät. Sie führt die Kamele durch das Unterholz bis sie ebenfalls die Lichtung erreicht. „Meinst du diese Büsche schmecken unseren Jungs?“ ,fragt sie skeptisch. „Bestimmt,“ nicke ich zuversichtlich. Um sicher zu gehen führe ich Sebastian zu dem Grünzeug und siehe da er mampft es heißhungrig hinunter. Erleichtert lasse ich die Tiere vor dem Schatten der zwei Nadelbäume absetzen. Schnell sind sie entladen und unsere Ausrüstung in den Schatten gebracht. Obwohl auch dieses Land alle Anzeichen hat bei einem starken Regenfall regelrecht abzusaufen denke ich hier die richtige Wahl getroffen zu haben. Das Gewitter wird vielleicht vorbeiziehen und wenn nicht hätten wir auch keine andere Wahl, denn das gesamte Land liegt recht tief. Es sieht so aus als ob hier nichts vor einer Überschwemmung sicher wäre.

Tatsächlich fressen die Kamele ohne Ende an den Büschen. Vor allem das niedrige Gras lieben sie. Dadurch das ihre Bäuche bis zum Rand mit Wasser gefüllt sind können sie auch all das trockene Zeug fressen welches auf der Lichtung wächst. Wir sind wiedereinmal froh so einen schönen Ort gefunden zu haben. Vor allem weil es höchstwahrscheinlich unser letztes Rastcamp auf dieser Etappe sein wird. An einem kleinen Feuer kocht uns Tanja das Abendessen während ich mir meine kaputten Füße betrachte. Ich bin erleichtert nur noch 50 Kilometer bis zum endgültigen Ziel laufen zu müssen weil ich nicht weiß wie lange die kleinen aufgeplatzten Würstchen, die einmal meine Zehe waren diese Hitze und das ewige Marschieren noch ertragen. Nach einem großen Berg von Nudeln mit Ketchup und Parmesankäse krabbeln wir ins Zelt. „Hast du auch solche Schmerzen beim Wasser lassen?“ ,fragt Tanja. „Ja fürchterlich. Also wenn du auch darunter leidest kann es nur daran liegen das wir tagsüber zu wenig Flüssigkeit zu uns nehmen.“ „Hm, könnte sein und ich habe mir schon Gedanken um meine Gesundheit gemacht,“ meint sie.

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