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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Eine tolle Überraschung und weitere Schreckensnachrichten

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    Tag: 98-99 Etappe Zwei

    Sonnenaufgang:
    05:28

    Sonnenuntergang:
    17:35

    Temperatur - Tag (Maximum):
    39 Grad

Gewitterstimmungs-Camp — 21.09.2001 – 22.09.2001

Nach einer heißen Nacht stehen wir auf und sehen einem neuen Tag entgegen. Obwohl wir nur zwei Lauftage hinter uns haben verbringen wir in diesem Camp zwei weitere. Freitags geben wir Interviews und außerdem möchte ich mit den Aufzeichnungen nicht ins Hintertreffen geraten. Auch heute ist der Himmel mit dunklen Wolken verhangen und von einer trockenen Hitze ist nichts zu spüren. Das Thermometer klettert auf durchschnittliche 36 Grad und wenn die Sonne durch die Wolken bricht auf 39 Grad. Um bei dieser irren Hitze überhaupt arbeiten zu können spannen wir unsere Silberfolien auf und setzen uns darunter. Es ist ohne Zweifel eine Wohltat und macht das Schreiben möglich. Wir sind erleichtert um 9 Uhr 30 Kontakt mit Jo und Tom zu bekommen. Das Funkgerät funktioniert. Es lag also tatsächlich an irgendwelchen atmosphärischen Störungen. „Es sollte eigentlich eine Überraschung sein Denis aber manchmal ist es schöner sich auf etwas freuen zu können,“ sagt Jo als ich über die Hitze jammere. „Was ist es denn?“ ,frage ich neugierig. „Ich habe euch ein Buschbüro aus Schattenspendenden und Luftdurchlässigen Material genäht. Es hat die gleiche Form wie dein Zelt welches du während der Regenzeit verwendet hast um deine Updates zu schreiben.“… Ich bin wieder einmal sprachlos und weiß im ersten Augenblick nicht was ich sagen soll. „Jo, was soll ich sagen. Tausend Dank. Ich kenne keinen Menschen außer meinen und Tanjas Eltern die so etwas für uns tun würden. Was ihr beide unaufhörlich für uns tut ist mit Worten nicht mehr zu beschreiben. Vielen, vielen Dank.“ „Es bereitet uns eine große Freude euch zu helfen Denis und ist überhaupt keine Belastung. Ich hoffe mit dem Schattenzelt fällt dir das Schreiben am Computer etwas leichter.“ „Ganz bestimmt. Wenn es funktioniert sollten wir ein Patent anmelden und eine Firma gründen,“ sage ich lachend. „Eine gute Idee,“ antwortet Jo ebenfalls lachend. Dann frage ich sie ob sie Carl anrufen kann um die genaue Position von dem Wasserloch zwischen hier und Jupiter Well herauszufinden. „Ich werde ihn anrufen und fragen Denis.“ „Jo, es ist unglaublich, gerade eben wurden wir von der Sonne zusammengebrannt und jetzt beginnt es zu regnen. Ich muss schnell etwas über den Computer und das Satellitentelephon legen. Ich rufe dich in 10 Minuten wieder an,“ beende ich den Kontakt und stürme los. Wenig später hat der Regen wieder aufgehört worauf wir uns über die Geschehnisse der letzten zwei Tage unterhalten und einen weiteren Kontakt für den Nachmittag vereinbaren.

Wird sich das Weltgefüge jetzt schon ändern?

Zwischen den Funkkontakten schreibe ich weiter an unseren Erlebnissen und gebe mehrere Interviews zu australischen und deutschen Radiosendern. Ich bin überrascht von jedem der Moderatoren auf den Terroranschlag von Amerika angesprochen zu werden und geschockt welche Konsequenzen er bereits nach sich zieht. So wie es aussieht wird die gesamte Erdbevölkerung von einer entsetzlichen Welle der Angst überflutet. Fluglinien entlassen zu Zehntausenden ihr Personal. Musikgruppen stornieren ihre Tourneen. Reisebüros und Veranstalter haben gewaltige Buchungseinbrüche. Versicherungen sind kurz vor der Pleite, die Börse steuert auf eine Krise zu und viel, viel mehr. Ich habe begonnen den Anschlag gegen die Menschheit und deren Zivilisation zu verdauen und jetzt treffen uns die Ausläufer der Schreckensflutwelle mitten in der Gibson Desert. Wieder bin ich geschockt und verzweifelt. „Wir warten jeden Augenblick darauf das der Krieg ausbricht,“ sagt die aufgeregte Stimme einer Radiosprecherin. „Sei froh so weit weg vom Geschehen zu sein,“ sagt eine andere. „Oh Gott wir bekommen gerade im Augenblick die Meldung eines Bombenalarms der Londoner Börse herein,“ rüttelt mich die nächste brandaktuelle Aussage. Ich höre von dem Anschlag auf eine Fabrik in Frankreich, dem Drunter und Drüber und als ich den Hörer auflege ist mir schlecht. Auch wenn es lächerlich klingen mag, wir haben uns durch den jetzt kürzeren Weg wieder Hoffnungen gemacht Ende Dezember nach Deutschland zu kommen. Wir haben uns bis vor wenigen Sekunden riesig auf unsere Familie gefreut. Auf ein heißes Bad, ein wenig Luxus, ein weiches kuscheliges und wohlriechendes Bett. Wir haben uns darauf gefreut mit unseren Lieben und Freunden zusammen zu sitzen und eine winterliche Atmosphäre in unserer vertrauten Heimat zu genießen und plötzlich scheint die Seifenblase der Emotionen geplatzt zu sein. Das Einzige was wir uns jetzt noch wünschen ist Frieden für die Menschheit. Wer weiß wohin sich diese entsetzliche Situation entwickelt? Bedeutet dieser neue Krieg das Ende unseres Wirtschaftssystems? Bedeutet es den Beginn einer langen Leidensphase für alle Menschen? Es ist ein Naturgesetz, dass alles was wächst auch irgend wann einmal vergeht. Alles unterliegt diesem Gesetz es ist nur eine Frage der Zeit. Blumen und alle anderen Pflanzen und Bäume erwachsen aus einem Samen und reifen heran bis sie verblühen. Tiere werden geboren um nach einer befristeten Lebenszeit wieder zu sterben. Auch uns Menschen ergeht es in diesem Fall um keinen Deut anders. Ja selbst Gebirge wachsen im Laufe von Jahrmillionen immer höher bis sie irgendwann von der Erosion zu endlosen, flachen Wüsten abgetragen werden. Ganze Kontinente werden von einander getrennt bis sie in für den Menschen unvorstellbaren Zeitspannen wieder zueinander finden. Alles unterliegt einer ständigen und unaufhörlichen Bewegung. Es ist wie das Ein und Ausatmen. Auch unser jetziges Wirtschaftssystem unterliegt diesem Gesetz und was heute noch als unumstößlich gilt ist morgen nicht mehr existent. Natürlich liegt es mir fern an dieser Stelle und zu diesem Augenblick Schwarz zu malen, doch irgendwann kommt der Zeitpunkt an dem alles endet und Neues beginnt. Ich stelle mir die Frage ob dieser Zeitpunkt jetzt schon da ist? Mir war und ist klar, dass er kommen wird, doch kann und will ich nicht glauben ein Zeuge eines allumfassenden Umbruches zu werden. Ist unser System wirklich so anfällig und unsagbar sensibel, dass ein paar abnormale Selbstmörder das gesamte Weltgefüge zum erzittern bringen? Und wenn ja ist es ein gesundes ausbaufähiges und zukunftsorientiertes System? Nach dem Anschlag auf Amerika muss ich mir diese Fragen stellen. Aber was kommt danach? Wie geht es weiter? Wo ist ein neues zukunftsorientiertes System mit dem die Erbbevölkerung glücklich leben kann? Wie soll es aussehen? Wird es wirklich durch Krieg entstehen oder ist der Mensch in der Lage es auch ohne Reibung, Schmerz, Mord und Todschlag zu entwickeln? Mein Gott, nie im Leben habe ich damit gerechnet hier am Ende der Welt so weit abgelegen von jeglicher menschlicher Zivilisation mich mit den Fragen einer Apokalypse beschäftigen zu müssen. Aber vielleicht ist es die Wüste und die Einsamkeit die mich veranlasst ohne Unterbrechung über das Warum, Weshalb, Wohin und Wie nachzudenken. Wir haben keine Ahnung wie die Sache sich entwickeln wird und wahrscheinlich geht es den Menschen in den Städten, in der sogenannten Zivilisation nicht anders?

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