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Mongolei/Tuwa Camp MONGOLEI EXPEDITION - Die Online-Tagebücher Jahr 2011

Dramatisches Unglück

N 51°33'337'' E 099°15'341''
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    Tag: 278

    Sonnenaufgang:
    06:01

    Sonnenuntergang:
    20:39

    Gesamtkilometer:
    1341

    Bodenbeschaffenheit:
    Eis, Schnee

    Temperatur – Tag (Maximum):
    2°C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    minus 6°C

    Temperatur – Nacht:
    minus 20°C

    Breitengrad:
    51°33’337“

    Längengrad:
    099°15’341“

    Maximale Höhe:
    1981 m über dem Meer

Auch heute schneit es leicht. In der Basis ist es ruhig da sich die meisten Männer im Frühjahrscamp befinden. Tanja war schon am Morgen auf der Lichtung, um nach Tuya zu sehen. Er hat die erste Nacht ohne Probleme überstanden. Naraa scheint jetzt genügend Milch zu besitzen so das wir uns um seine Ernährung keine Sorgen mehr machen müssen. Seine Anwesenheit empfinden wir als ein wunderbares Geschenk.

Da wir nicht wissen wie lange es dauert bis der Kleine sich auf den Weg machen kann, lege ich die Bretter, mit denen ich die Unebenheiten des Vorzeltes ausglich, ins Tipi. Dann hänge ich meine Solarpanel wieder an die Tipiplane, um Strom für meine Berichterstattung zu generieren. Wir richten es uns soweit möglich häuslich ein und machen es uns gemütlich.

Am Nachmittag erkundige ich mich erneut nach dem Aufbruchstermin unserer Nachbarn. „Morgen geht es los, egal wie das Wetter ist. Morgen werden auch die anderen Familien die restlichen zurückgebliebenen Gegenstände und Rentiere von hier wegschaffen. Das heißt, dieses Camp wird absolut verwaist sein“, vernehme ich. Plötzlich geht die Holztüre der Baishin auf. Hadaa, Huchee, Gamba und Ganaa treten ein. Sie sprechen aufgeregt durcheinander. Die Stimmung ist unangenehm und in Wortfetzen verstehe ich das irgendetwas Schlimmes geschehen ist. „Was ist denn los?“, frage ich Tsaya die mit ernster Miene dem Gespräch folgt. „Sage ich dir gleich“, antwortet sie nicht für eine Sekunde ihren Blick von den Männern nehmend. 20 Minuten später verlassen die Tuwa mit ernsten Gesichtern die Baishin. „Und? Was ist geschehen?“, hake ich nach. „Ein furchtbares Unglück. Kannst du dich an den Mann erinnern der an eurem Dankeschönfest keinen Tropfen Alkohol trank?“ „Ja natürlich“, antworte ich und denke daran, dass er zu den Besuchern gehörte die Tsaya als Bastarde und schlimme Säufer betitelte. „Nun, dieser nette nur 23 Jahre junge Mann ist tot.“ „Was? Er ist tot? Wie ist das passiert?“, frage ich fassungslos. „Ganaa, der Tuwa der sich die Finger im Winter erfror und ebenfalls zu den Männern gehörte die uneingeladen euer Fest besuchten, brach am folgenden Tag nach der Feier mit seinem Sohn, einem weiteren Mann und dem 23 jährigen Udee zur Bärenjagd auf. Jeder hat noch gesagt du kannst doch den jungen Mann der aus der Gobiwüste kommt nicht mitnehmen. Er hat keine Ahnung von der Bärenjagd und war noch nie in der Taiga. Er kennt das Klima nicht und wer weiß ob er mit der Kälte zurechtkommt.“ „Wie gelangt ein Mann von der Gobi zu den Tuwa?“, frage ich. „Er ist der Verlobte einer Verwandten von Ganaa. Er war das erste Mal in dieser Region, um sich bei seinen zukünftigen Verwandten vorzustellen. Sein großer Wunsch war es mal auf eine Bärenjagd zu gehen. Ganaa erfüllte ihm den Wunsch. Sicherlich nicht uneigennützig da alleine schon das Fell eines Bären viel Geld einbringt. Er hätte nicht aufbrechen sollen. Da sieht man wohin einem die Gier bringt.“ „Wieso Gier?“ „Er hat viel Geld mit der Jade gemacht. Da braucht man nicht auf die Bärenjagd zu gehen.“ „Aber wenn er doch seinem zukünftigen Verwandten einen Gefallen getan hat und abgesehen davon ist er bestimmt wie alle Tuwa ein leidenschaftlicher Jäger“, erwidere ich. „Ich bin sicher es war Gier.“ „Und wieso ist der nette Junge umgekommen? Er wurde doch nicht von einem Bären angefallen?“ „Nein. Eine Lawine hat ihn mit sich gerissen.“ „Eine Lawine?“ „Ja. Ganaa ritt mit seinem Rentieren voraus, sein zukünftiger Verwandte folgte ihm. Dann kam sein Sohn und eine weitere Person. Sie querten in großen Höhen einen Bergflanke. Ganaa erreichte die andere Seite des steilen Hanges unversehrt. Sein Sohn bemerkte die abgehende Lawine weil plötzlich seine Rentiere scheuten. Er schrie, um den vor ihm reitenden Udee zu warnen, sprang aus dem Sattel und rannte um sein Leben. Der Gobimann schaute herum. Wahrscheinlich dachte er an einen Bären aber nicht an eine Lawine die auf ihn zudonnerte. Die Lawine riss ihn, vier Rentiere und einen Hund in die Tiefe.“ „Mein Gott. Das ist ja schrecklich.“ „Ja. Ganaa, sein Sohn und der vierte Mann überlebten. Sie gruben den gesamten Tag nach dem Vermissten, fanden ihn aber nicht. Es war nasser, schwere Schnee. Du weißt ja wie viel es die letzten Tage geschneit hat. Sie ritten unverzüglich los und kamen vor einer Stunde hier an.“ „Und Ganaas Sohn konnte sich offensichtlich retten?“ „Ja, er rannte der gezogenen Spur folgend zurück. Die Lawine verfehlte ihn nur knapp.“ „Und wie kam der Vierte davon?“ „Er hatte Schwierigkeiten mit einer rutschenden Ladung und blieb zurück um sie zu richten. Er hatte Glück. Wobei wir glauben das es Bestimmung war. Ganaa konnte die Bergflanke ohne Schwierigkeiten passieren. Sein Sohn sah das Unglück rechtzeitig und konnte sich retten und der vierte Mann wurde von einer rutschenden Ladung abgehalten die Flanke zu betreten. Das ist kein Zufall. Die Zeit des jungen Mannes war anscheinend abgelaufen. Auch wenn es tragisch klingt. Jetzt kann es allerdings sein das Ganaa ins Gefängnis muss. Er bat uns auf seine Familie zu achten.“ „Wieso das denn?“ „Erstens hatte er keine Waffenlizens und zweitens hatte er den Jagdtrupp illegal über die Grenze nach Russland geführt weil es dort mehr Bären gibt. Das Unglück geschah auf russischer Seite. Wir hoffen nicht das dieser Vorfall ein politisches Nachspiel zur Folge hat. Auf jeden Fall will keiner von uns nur einen Tag länger hier bleiben. Die Polizei könnte Nachforschungen anstellen und feststellen, dass wir Waffen besitzen. Sind wir erstmals im Frühjahrscamp erreicht man uns nicht mehr so leicht“, erklärt sie. „Und weiß es die Verlobte des Gobimannes bereits das ihr Geliebter tot ist?“, frage ich traurig. „Nein. Keiner traut es sich ihr zu sagen. Sie ruft ständig auf meinem Handy an aber ich kann es ihr doch nicht am Handy mitteilen? Ganaa, sein Sohn und der andere brechen in wenigen Minuten auf, um nach Tsagaan Nuur zu laufen. Er wird es der 20 Jahre jungen Frau mitteilen. Es wird bestimmt schlimm für sie. Ich habe gehört sie sei schwanger.“ „Oh mein Gott. Welch ein Drama. Danke das du mir die Geschichte erzählt hast“, sage ich und mache mich auf, um Tanja von dem Unglück zu berichten.

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