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AUFGELADEN zu den Polarlichtern im hohen Norden - 2020

Die Geschichte des Hilfsprojekts Barnabas-Children-Center

N 63°25'27.7" E 10°20'24.4"
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    Datum:
    01.12.2020

    Tag: 121

    Land:
    Norwegen

    Ort:
    Trondheim

    Tageskilometer:
    154 km

    Gesamtkilometer:
    8909

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Brückenüberquerungen:
    29

    Tunneldurchfahrten:
    14

    Sonnenaufgang:
    09:24 Uhr

    Sonnenuntergang:
    14:50 Uhr

    Temperatur Tag max:

    Temperatur Nacht min:
    – 1°

    Wind
    10 km/h

    Aufbruchszeit:
    12:00 Uhr

    Ankunftszeit:
    15:30 Uhr

 

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

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„Wie kommt man zu so einem Hilfsprojekt?“, frage ich interessiert. „Hm, ist eine lange Geschichte“, antwortet Patrick. „Wir haben doch Zeit“, meint Tanja. „Okay, wenn es euch wirklich interessiert, erzähle ich es euch gerne. „Also wo beginne ich?“ „Am besten am Anfang“, sage ich lachend. „Der Sommer des Jahres 2011 sollte mein ganzes Leben verändern. Ich ahnte nicht was mich erwartete, als ich der Anfrage des Fotografen und Ehrenbotschafters von Kenia, Hartmut Fiebig nachging und ihn als Fotograf für sein Projekt „The 50 Treasures of Kenia“ nach Ost Afrika begleitete.

In den folgenden Monaten lernte ich das Land intensiv kennen. Ich bestaunte nicht nur die atemberaubende Natur- und Tierwelt, sondern verliebte mich in die unendliche Kulturvielfalt, die von modernsten Städten bis zu traditionellen Dörfern und uralten Ritualen reicht.

Neben den modernen und hoch entwickelten Seiten Kenias lernte ich jedoch auch die Schattenseite des Landes kennen und wurde mit bitterer Armut und vielen Problemen konfrontiert. In großen Teilen Kenias gibt es zu wenig Arbeit für zu viele Menschen. Dadurch verlieren sich viele im Drogenkonsum und der Kriminalität. Noch dazu spielt die Korruption in Kenia eine große Rolle. Wird man Opfer eines Verbrechens und hat kein Geld, um die Polizei im Voraus zu bezahlen, hat man selten eine Chance auf Gerechtigkeit. Viele Familien können weder für die Ernährung noch für die Schulbildung ihrer Kinder aufkommen. Es verletzt mich sehr, all dies mit anzusehen, während ich durch das Privileg in Deutschland geboren zu sein, ein so einfaches und sicheres Leben führen kann.

Während meiner Reise durch das ganze Land, lernte ich Harrison Gonah kennen. Er lebt mit seiner Familie an Kenias Küste, in Bombululu, einem kleinen Ort in der Nähe von Mombasa. Harrison erzählte mir begeistert von seinem kleinen Schul- und Waisenhausprojekt, welches er 2009 gegründet hat – dass Barnabas-Children-Center. Er lud mich ein das Barnabas zu besuchen und besser kennenzulernen – für mich war das eine wunderschöne Gelegenheit.

Zu diesem Zeitpunkt bestand das Projekt aus einer kleinen Lehmhütte, in der rund 30 Kinder unterrichtet wurden. Es gab nur einen Raum und Silas war der einzige Lehrer, der die drei Klassenstufen parallel unterrichtete. Wenn in der angrenzenden Hütte das Herdfeuer entzündet wurde, sammelte sich im Klassenzimmer so dichter Rauch, dass das Atmen fast unmöglich war. Alles war sehr improvisiert und dennoch spürte ich die wahnsinnig positive und intensive Energie dieses Ortes. Harrison und Silas steckten all ihre Kraft und Liebe in das Projekt und die Unterstützung der Kinder. Die Schülerinnen und Schüler waren dankbar diese Schule besuchen zu können, da viele Familien die Gebühren einer öffentlichen Schule, bei denen es für viele schon am Kauf einer zwingend erforderlichen Schuluniform scheitert, nicht bezahlen können. Ebenso wurden viele Waisenkinder am Barnabas unterrichtet – nachts wurde das Klassenzimmer zum Schlafsaal für rund 15 der Kinder umfunktioniert.
Harrison kommt selbst aus sehr armen Verhältnissen und hat sich als Ziel gesetzt besonders den ärmsten Familien und Kindern zu helfen. Seine optimistische und enthusiastische Art steckte mich binnen kürzester Zeit an – ich möchte mit anpacken, möchte Harrison bei seinem großen Traum, noch viel mehr Kindern helfen zu können, unterstützen.

Zurück in Deutschland begann ich Spenden zu sammeln. Gemeinsam mit zwei Freundinnen verkaufte ich Drucke meiner in Kenia entstandenen Bilder, hielt die ersten Livevorträge über meine Zeit in Ost Afrika und über das Barnabas-Children-Center und rief andere Spendensammelaktionen ins Leben. Schnell hatte ich genug Geld zusammen, um den Bau eines ersten richtigen Schlafsaales zu finanzieren. Ein erster wichtiger Schritt war getan – viele der Kinder, die bisher auf dem Boden im Klassenzimmer schlafen mussten, verbrachten zum ersten Mal eine Nacht in einem richtigen Bett.

Durch diesen schnellen und großartigen Erfolg erkannte ich, mit welch einfachen Mitteln ich in Kenia Großes bewirken kann. In den folgenden Jahren startete ich immer wieder neue Spendensammelaktionen und machte damit mehr Menschen auf das Projekt aufmerksam – so entstand nach und nach ein Kreis verschiedener großartiger Unterstützer, die Harrison helfen das Barnabas-Children-Center weiter auszubauen.

In den vielen Jahren, die ich das Projekt begleite und unterstütze, wird mir immer mehr bewusst, was für ein unglaubliches Glück ich hatte, Harrison und das Barnabas kennenlernen zu dürfen. Harrison wurde über die Jahre zu einem sehr guten Freund von mir und ich merkte, dass ich selbst mindestens genau so viel von dem Projekt profitierte, wie das Projekt von meiner Arbeit.

Ich lernte viel über das Leben in Kenia, erkenne, dass die Kenianer uns Deutschen in vielen Bereichen weit voraus sind. Unter den Menschen und in den Dörfern gibt es oft sehr starke Communitys und eine unvorstellbar intensive Nächstenliebe. Alle halten zusammen und unterstützen sich gegenseitig – widerfährt jemandem ein Unglück, wird er von allen aufgefangen. Aber auch der technisch fortschrittliche Stand begeisterte mich. Bereits bei meinem ersten Besuch im Jahr 2011 war es nahezu im ganzen Land gängig alle Einkäufe mit dem Handy zu bezahlen. Selbst auf kleinen Gemüsemärkten kann man bequem Bargeld- und kontaktlos mit „M-Pesa“ bezahlen. Auch die Mobilfunk-Netzabdeckung funktioniert um Welten besser, als ich es aus Deutschland gewöhnt bin.

Unsere Wahrnehmung gegenüber vielen Ländern, besonders in der Dritten Welt, ist oftmals, völlig unbewusst, noch sehr durch die Kolonialzeiten geprägt. Ich denke es gibt kaum ein Thema, dem man als Fotograf und Berichterstatter mehr Beachtung schenken sollte, als der ausgewogenen Darstellung der bereisten Länder.
Auch ich habe bei meiner Arbeit als Fotograf schon den Fehler gemacht, die bereisten Länder zu einseitig darzustellen. Dies ist, denke ich, auch verständlich. Wenn man beispielsweise durch ein spannendes Land wie Kenia reist, möchte man bei seiner Rückkehr natürlich in erster Linie Bilder von wilden Tieren, traditionell gekleideten Massai Kriegern und den Extremen des Landes präsentieren. All das woran wir denken, wenn wir “Kenia” hören. Bilder von den modernen Stadtteilen, die den unseren sehr ähnlich sind, oder Menschen, die den gleichen Kleidungsstil tragen wie wir, sind für uns erst mal nichts Besonderes – also nichts was sich lohnt zu fotografieren. Dennoch gehören diese Bilder genauso zu dem Land. Wenn ich diesen Teil jedoch nicht fotografiere und präsentiere, entsteht beim Betrachter meiner Bilder ein völlig falscher Eindruck des Landes. Es hat den Anschein, als würde das Land nur aus wilden Tieren, traditionell gekleideten Völkern und Lehmhütten bestehen – obwohl dies nur einen Teil des Landes ausmacht.

Inzwischen wird die Schule von rund 500 Schülerinnen und Schülern besucht. Wir beschäftigen 25 Mitarbeitende und bieten ein Waisenhaus, in dem 50 Kinder und Jugendliche Zuhause sind.

In den vergangenen Jahren konnten viele großartige Projekte, wie der Bau von soliden Schulgebäuden, sanitären Anlagen, Schlafsälen, eine Gemüse- und Tier Farm und vielem mehr umgesetzt werden. Harrison und alle Lehrer, Betreuer, Köche und das Sicherheitspersonal leisten eine tolle und wichtige Arbeit.

Zur nachhaltigen Gestaltung des Projektes gehört natürlich auch die Unterstützung unserer Waisenkinder und Schüler/innen nach ihrem Schulabschluss. Wir versuchen so vielen Kindern wie möglich ihr Studium oder ihre Ausbildung zu finanzieren, um ihnen den Weg ins Berufsleben und damit in eine gute Zukunft zu ermöglichen. Auch wird bei uns am Projekt wichtige Aufklärungsarbeit über Krankheiten wie AIDS und Malaria, das Problem der Überpopulation und vielen weiteren Themen geleistet.
Immer wieder bin ich in Kenia vor Ort, um das Projekt auch fotografisch zu begleiten. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht zu Tränen gerührt werde. Die Herzlichkeit, Nächstenliebe und das freundliche Miteinander der Kinder und Mitarbeitenden ist intensiver als ich es irgendwo anders auf der Welt kennenlernen konnte.
Viele der Kinder kommen aus sehr tragischen Schicksalen. Es verschlägt mir die Sprache, macht mich unendlich wütend und abgrundtief traurig, wenn ich die Geschichten von vielen der Kinder höre. Oft stehen Gewalt, Missbrauch, Hunger, schlimme Krankheiten und eine große Ungewissheit ob ihrer Zukunft an der Tagesordnung. Bereits 50 der Kinder konnten wir glücklicherweise aus den tragischen Umständen in unserem Waisenhaus aufnehmen. Hier haben sie ein friedliches, sicheres und sehr familiäres Zuhause gefunden. Eines unserer größten Ziele ist es, das Waisenhaus in naher Zukunft zu erweitern, um noch mehr Kindern Sicherheit bieten zu können. Immer wieder staune ich, was am Barnabas für eine positive Stimmung herrscht, trotz der zahlreichen tragischen Hintergründe.
Um dies alles stemmen zu können, sind wir natürlich auf die Hilfe von vielen Menschen angewiesen.

Man kann das Projekt beispielsweise mit einmaligen Spenden, Fördermitgliedschaften oder Patenschaften für einzelne Kinder unterstützen. Unser gesamter Verein arbeitet ehrenamtlich und unentgeltlich – es kommt also jeder Cent bei den Kindern in Kenia an. Das größte Ziel unseres Vereins ist es, das Projekt so nachhaltig zu gestalten, dass unsere Unterstützung eines Tages nicht mehr gebraucht wird und das Projekt finanziell auf eigenen Beinen steht.

Die Corona-Krise trifft uns auch am Barnabas-Children-Center mit voller Wucht. Unsere Schule ist, wie alle anderen auch, geschlossen. Dies stellt viele Familien zusätzlich vor ein riesiges Problem. Viele der Schülerinnen und Schüler erhalten ihr Mittagessen normalerweise bei uns an der Schule, da die Familien finanziell nicht in der Lage sind, die Kinder zu Hause zu ernähren.

Zusätzlich verlieren momentan sehr viele der Eltern ihre Jobs. Staatliche Hilfspakete, Arbeitslosengeld, Kurzarbeit etc. wie bei uns, gibt es nicht. Damit sind die Menschen von einem auf den anderen Tag nicht mehr in der Lage das Allernötigste wie Wasser und Lebensmittel zu kaufen. Ganze Familien müssen hungern, ohne Chance auf Unterstützung – nicht mal im schlimmsten Fall. Eine Situation, die nicht tragbar und damit zur Eskalation verurteilt ist.

Daher möchten wir alles in unserer Macht Stehende tun, um die Kinder und ihre Familien zu schützen und zu unterstützen. Unser Ziel ist es wöchentlich Essens- und Hygienepakete mit beispielsweise Wasser, Reis, Bohnen und Seife an die Familien der Schülerinnen und Schüler zu verteilen, um einem Krankheitsausbruch, einer Mangelernährung oder Schlimmerem entgegenzuwirken…“ „Wow, was für eine Geschichte“, sagen Tanja und ich gleichzeitig. „So ein Projekt muss doch unendlich viel Kraft kosten?“, möchte Tanja wissen. „Ja, aber wir sind mit vollen Herzen dabei und wir sind unglaublich dankbar, ein so großartiges Projekt mit solch wunderbaren Menschen vor Ort unterstützen zu dürfen“, sagt Lisa. „Ich bewundere euch für eure fantastische Arbeit und wünsche euch weiterhin viel Energie, Zuversicht, Freude und großzügige Unterstützer“, sage ich nachdenklich. „Wie ist denn die Adresse eurer Webseite?“, möchte ich noch wissen. „www.social-traveling.de“, antwortet Patrick um 2:30 Uhr am Morgen…

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