Die Frau im Mond
N 20°39’14.6’’ E 105°04’01.5’’Datum:
14.09.2016
Tag: 446
Land:
Vietnam
Provinz:
Hòa Bình
Ort:
Mai Chau
Breitengrad N:
20°39’14.6’’
Längengrad E:
105°04’01.5’’
Gesamtkilometer:
18.416 km
Maximale Höhe:
180 m
Gesamthöhenmeter:
54.661 m
Sonnenaufgang:
05:46
Sonnenuntergang:
18:04 Uhr
Temperatur Tag max:
31°C
Temperatur Tag min:
23°C
(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)
„Kommst du heute Abend zu unserer Vollmondparty? Vielleicht kannst du da ein paar Bilder für mich fotografieren. Da ich die Feier organisiere habe ich leider keine Zeit dafür“, sagt Manh, der sich erst vor wenigen Wochen eine professionelle Kameraausrüstung gekauft, und damit einen langgehegten Traum erfüllt hat. „Klar komme ich und schieße ein paar Fotos“, sage ich zu.
Als wüsste der koboldblaue Himmel, dass die Menschen ihr Mondfest zelebrieren, ist er seit Monaten heute zum ersten Mal völlig wolkenlos. Luna erhebt sich im strahlend weiß über den dunklen Schatten der über tausend Meter hohen Berge, die das Reisterrassental von Mai Chau in einem schützenden Ring umrahmen und sendet sein diffuses Licht herab. Vor der Höhle, in der sich während des Vietnamkrieges das provisorische Hospital befand, sind Tische aufgereiht die Manh und sein Team mit Bergen von Süßigkeiten und Softdrinks überladen haben. Luftballons in allen Farben hängen an den steilen Felswänden dahinter, die den kleinen Platz auf der Rückseite beschränken. Noch ist es ruhig an dem Ort, der in wenigen Minuten vom Geschrei, dem Gelächter und Jubeln vieler Kinder erobert sein wird. „Für uns war das Mondfest für lange Zeit die Gelegenheit sich für eine gute Ernte und dem Gedeihen unserer Tiere zu bedanken und die Götter zu ehren. Unsere Eltern beteten dabei natürlich auch für die Gesundheit und der Entwicklung ihrer Kinder. Immer richteten sie ihre Dankbarkeit an den Mond“, erklärt Ka, der Manager der Nature Lodge, der plötzlich neben mir erschienen ist. „Und im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich daraus ein Kinderfest?“, frage ich. „Ja, genau so ist es. In den Schulen und Kindergärten organisieren die Lehrer, Erzieher und Eltern eine Feier. Die Kinder bekommen Masken, Laternen und Mondkuchen.“ „Mondkuchen?“ „Ja, das ist eine Spezialität der ursprünglichen chinesischen Küche. Die Füllung ist manchmal süß und manchmal salzig. Ist ein geschichtsträchtiger Kuchen der in der Zeit, als die Mongolen China beherrschten, von aufständischen Chinesen dafür benutzt wurde darin versteckte geheime Botschaften zu transportieren. Man sagt, dass daraus der chinesische Glückskeks entstanden ist.“ „Wer sagt das?“ „Ist eine Legende aber ich glaube das sie wahr ist.“ „Und wie sieht so ein Mondkuchen aus?“, interessiert es mich. „Er ist nur 10 Zentimeter im Durchmesser und vielleicht 5 Zentimeter hoch. Jedes Land und jede Region hat ihre eigenen Mondkuchen die den Vollmond symbolisieren sollen. Zuweilen sind sie mit einer etwas fettigen mit Zucker gesüßten Füllung aus Bohnen, Sesam, Ananas oder Samen der Lotuspflanze gefüllt. Ich bringe dir morgen einen mit. Dann kannst du mal probieren.“ „Gerne, habe schon lange keinen guten Kuchen mehr gegessen“, antworte ich lachend. „Ich suche dir einen aus auf dem der Bäcker einen Schriftzug für ein langes, gesundes Leben gebacken hat.“ „Ja bitte und da soll auch ein Schutz vor kleinen doofen Bambusbrücken draufstehen“, scherze ich. „Ha, ha, ha, guter Witz“, lacht Ka. „Und wann kommen jetzt die Kinder?“ Sie ziehen gerade mit ihren Masken und Laternen durchs Dorf und singen dabei das Mittelherbstfestlied Chiếc đèn ông sao. Aber ich denke in wenigen Minuten werden sie hier eintreffen.“
Tatsächlich wird kurze Zeit später die Nature Lodge von vielleicht 50 Kindern erobert. Sie stürmen zu den mit Süßigkeiten überhäuften Tischen. Ihre Eltern gebieten ihnen erstmal Ruhe. Bevor Manh einige Kinder mit speziellen Geschenken für ihre schulischen Leistungen geehrt hat, darf auf dem Tisch nichts angefasst werden. Geduldig sitzen sie nun da, schnattern aufgeregt durcheinander und hören den Lobpreisungen von Manh kaum zu. Als der offizielle Teil endlich vorbei ist bricht die große Freude aus und die anwesenden kleinen Menschen dürfen sich mit all dem Süßkram den Magen verderben.
Dann ist der Spuk plötzlich wieder vorbei. Die kleinsten Bewohner des Mai Chau-Tales sind mit ihren Eltern nach Haus gegangen oder weitergezogen. Ich sitze auf einer aus Bambusrohr gefertigten Bank und genieße noch ein wenig die Ruhe. Manh lässt sich neben mit einem zufriedenen Lächeln nieder. „War ein gelungenes Fest“, sage ich. „Ja, es bereitet viel Freude die Kinder so glücklich zu sehen. Ich bin gestern extra nach Hanoi gefahren, um frisch gebackenen Mondkuchen zu kaufen.“ „Wow, ein ganz schöner Aufwand.“ „Egal, es ist mir wichtig die lachenden Kinder zu sehen und ihnen ein paar unvergessliche Momente zu schenken. Wahrscheinlich, weil ich selbst keine schöne Kindheit hatte.“ „Hm, es ist schön wenn Menschen das Negative im Leben ins Positive wenden und aus ihren Erfahrungen gelernt haben.“ „Weißt du eigentlich wo unser Mondfest seinen Ursprung hat?“ „Ehrlich gesagt nein.“ „Eigentlich gibt es mehrere Sagen. Nach einer Legende, die mir selbst am besten gefällt, liegt der Ursprung im chinesischen Bogenschützen Houyi.“ „Willst du sie mir erzählen?“ „Gerne. Also, vor langer, langer Zeit, im alten China, verwandelten sich die Söhne des Jadekaisers in zehn Sonnen. Sie wurden plötzlich böse und verbrannten mit ihren heißen Strahlen die Erde und vernichteten dabei die gesamte Ernte. Der Jadekaiser befahl seinen Söhnen umgehend mit dieser Zerstörung innezuhalten, jedoch scherten die sich nicht um den Befehl ihres Vaters. Der Jadekaiser bat den Bogenschützen Houyi, der als unsterblicher im Himmel lebte, um Hilfe. Er soll neun der zehn Sonnen vom Himmel schießen, um die Erde vor der totalen Verbrennung zu retten. Houyi packte seinen Bogen aus und erfüllte den Wunsch des Kaisers. Der Jadekaiser kam aber über den Verlust seiner neun Söhne nicht hinweg und wurde sehr unglücklich. Seine Trauer wandelte sich in Ärger und Wut gegen den Bogenschützen Houyi, weswegen er ihn und seine Frau vom Himmel verbannte damit sie als normale Menschen auf der Erde leben und sterben.
Weil Houyis Frau Chang’e über den Verlust ihrer Unsterblichkeit sehr betrübt war, begab sich der Bogenschütze auf eine lange und gefährliche Reise. Er wollte erst zurückkommen wenn er eine Medizin gefunden hatte die seiner Frau die Unsterblichkeit zurückgeben konnte. Er irrte ewig herum und war kurz davor seine Suche aufzugeben, als er im Westen der Königsmutter begegnete, die ihm tatsächlich ein Mittel schenkte das Unsterblichkeit versprach. ‚Ich warne dich’, sagte die Königsmutter zu dem Bogenschützen. ‚Diese Medizin ist für zwei Menschen um die Unsterblichkeit zu erlangen. Wenn nur einer die gesamte Dosis einnimmt ist das sehr gefährlich.’
Houyi nahm die Warnung ernst, hütete das wertvolle Medikament wie einen Schatz und erreichte nach der langen Reise sein Zuhause. Sogleich warnte er seine Frau vor der Arznei und sperrte sie in ein Kästchen während er für kurze Zeit sein Heim verlassen musste. Chang`e war aber sehr neugierig und öffnete das Kästchen. Sie fand das Wundermittel in dem Moment, in dem ihr Mann nach Hause kam. Weil sie Bedenken hatte er könnte das Kästchen sofort an sich nehmen verschluckte sie aus Versehen die gesamte Medizin. Wegen der Überdosis begann sie augenblicklich in den Himmel aufzusteigen. Im Affekt wollte Houyi den weiteren Aufstieg seiner Frau mit einem gezielten Bogenschuss ein Ende setzen. Jedoch brachte er es nicht fertig auf seine geliebte Frau zu schießen. Chang`e stieg als weiter auf bis sie auf dem Mond landete. Dort baute sie einen Palast und lebt noch heute da oben“, endet Manh seine Erzählung mit dem Finger in den nächtlichen Himmel deutend. „Eine schöne Geschichte“, sage ich auf den Mond blickend. „Ob Chang`e gerade auf uns herabschaut?“, frage ich Manh. „Bestimmt“, antwortet er lächelnd…
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