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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Besuch aus der Luft, Verbranntes Land

N 23°08’08.8’’ E 128°49’35.7’’
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    Tag: 139 Etappe Zwei

    Sonnenaufgang:
    04:39

    Sonnenuntergang:
    17:37

    Luftlinie:
    25,4

    Tageskilometer:
    30

    Temperatur - Tag (Maximum):
    41 Grad

    Breitengrad:
    23°08’08.8’’

    Längengrad:
    128°49’35.7’’

Bergzug-Camp — 01.11.2001

Als Tanja kurz nach drei Uhr am Morgen das Zelt verlässt schlagen die Moskitotruppen gnadenlos zu. Ausgehungert und höchst aggressiv stürzen sie sich in Kamikazeeinsätzen auf ihre nackte Haut und nutzen die wenigen Augenblicke bis sie sich Hemd und Hose übergezogen hat, um sie völlig zu zerstechen. „Nein! Nein! Nein! Ich werde verrückt!“ ,höre ich sie laut und wütend aufschreien. Ich bin durch ihren Auftritt und dem entsetzlichen Surren so eingeschüchtert, dass es mich große Überwindung kostet ihr zu folgen.

Obwohl das Laden furchtbar anstrengend ist sind wir froh wieder aufzubrechen und eine der Stechmückenhochburgen hinter uns zu lassen. Obwohl sich die Sonne hinter Gewitterwolken versteckt ist es heiß. Es dauert nicht lange und der geschotterte Weg endet in einem ausgewaschenen Sandtrack. Das Laufen in dem feinem Sand ist schwer. Sebastian jammert von Zeit zu Zeit und lässt sich jetzt auch noch ziehen. „Ich versteh dich nicht Sebastian. Du hattest gutes Fressen, konntest dich voll saufen und bist trotzdem schlecht gelaunt. Was ist bloß los mit dir?“ ,frage ich ihn. „Ob ihm irgend etwas weh tut?“ „Kann schon sein. Ich bin mir nicht sicher ob er leicht humpelt,“ antwortet Tanja nachdenklich. „Ja, ich habe mich auch schon gefragt ob er unrund läuft, dachte aber es war Einbildung,“ sage ich grübelnd. Als wir dann nach einem kurzem Trinkstopp weitergehen bleibt kein Zweifel mehr offen und wir wissen warum Sebastian die letzten Tage soviel gejammert hat. Er hinkt jetzt unübersehbar und hat offensichtlich Schmerzen wenn er mit seinem rechten Vorderbein auftritt. Kurz nach dem Loslaufen hören seine Hinkbewegungen wieder auf. „Er muss sich irgendwo auf den Dünen vertreten haben. Wir müssen ihm ab heute Abend die endzündungshemmende Medizin geben. Auch glaube ich werden ihm die kommenden Rasttage gut tun,“ äußere ich mich und ziehe ihn weiter. Soweit wir nun sehen können gibt es keine Sanddünen mehr. Die Ebene ist feucht, sumpfig und riecht modrig. Das Wasser scheint sich hier zu unserem Glück erst vor wenigen Wochen zurückgezogen zu haben. Wir entdecken ein paar saftige Wassermelonen die am Wegrand wachsen. Vor einem Jahr haben wir auf der Strecke zwischen Wundowie und Broome auch schon mal Melonen am Wegrand gesehen. Freudig habe ich sie damals aufgeschnitten, um hinein zu beißen. Kaum hatte ich meine Zähne in das saftige Fruchtfleisch vergraben musste ich es angewidert ausspucken. Es war entsetzlich bitter und absolut ungenießbar. „Die sehen aus wie echte Melonen. Komm nimm mal die Führungsleine, ich sehe sie mir näher an,“ sage ich und schneide eine von ihren langen Wurzeln ab. Ich halbiere sie mit meinem Messer und lecke vorsichtig über das Fruchtfleisch. „Hm, schmeckt lecker,“ stelle ich fest und gebe Tanja die Hälfte ab. „Wie die wohl hierher gekommen sind?“ „Keine Ahnung, vielleicht hat hier mal jemand welche gegessen und die Kerne weggeworfen,“ antwortet Tanja. „Vielleicht,“ gebe ich ihr zufrieden schmatzend recht und reiche Sebastian die Schalen. Auf dem weiteren Weg finden wir noch mehr von den saftigen Melonen und laden sie in die Satteltaschen als wir plötzlich einen Hubschrauber kommen hören. Nur Augenblicke später donnert er über unsere Köpfe. Wir winken aufgeregt. „Das könnte Mike sein der die Regierungsleute nach Kiwirrkurra geflogen hat,“ sage ich in den Himmel blickend. Wir sehen dem technischen Wunderwerk der menschlichen Zivilisation hinterher als er ganz unerwartet einen großen Kreis über uns zieht. „Ich kann es kaum glauben aber es sieht so aus als würden sie wegen uns kommen,“ rufe ich und wir sind erstaunt als er hinter einigen Wüsteneichen landet. „Wer das wohl sein mag?“ ,fragt Tanja verwundert. Schnell führen wir unsere Karawane den Weg entlang und sind gespannt wer uns da mitten in der Gibson Desert besucht. Zwei Männer kommen uns entgegen gelaufen. „Kannst du erkennen wer es ist?“ „Ich glaube der eine von ihnen hat ein Gewehr?“ „Ach was, das glaube ich nicht.“ „Mensch es ist Mike Harper von Kiwirrkurra und Michael Findlater der Hubschrauberpilot,“ ruft Tanja. „Wie geht es euch?“ ,fragt Mike mir die Hand schüttelnd. „Sehr gut,“ antworte ich lachend und bin angenehm überrascht diesen netten Menschen unter solch unerwarteten Umständen wiederzutreffen. Auch Michael, der Pilot lacht uns freundlich an und scheint sich über diese Begegnung richtig zu freuen. Wir unterhalten uns angeregt und erzählen von unserem Dünenerlebnissen und der Hitze. „Wird Kiwirrkurra nun wieder aufgebaut?“ ,möchte ich wissen. „Ja, das Expertenteam hat festgestellt woran es lag das dieses Dorf so fürchterlich überschwemmt wurde.“ „Und, woran lag es?“ „Nur 1 ½ Meter unter Kiwirrkurra liegt eine massives Felsplattform die das Wasser nicht abfließen lässt. Auch haben sie festgestellt, dass die Zugangswege sich zu einem Fluss entwickelt haben und das gesamte Wasser der Region ist dort hineingeschossen.“ „Hm, klingt alles recht logisch. Was wollen sie nun dagegen tun, um einer Wiederholung dieser Katastrophe vorzubeugen?“ „Sie werden an den Stellen an welchen das Wasser hineingeflossen Sandbarrieren aufhäufen und die Zugangswege umleiten. Sie denke, dass diese Lösung günstiger kommt als das gesamte Dorf an einem anderen Ort neu aufzubauen.“ „Da werden sich aber die Bewohner freuen.“ „Ganz bestimmt,“ sagt Mike lachend. „Auf unserem Weg hierher sind wir an einer schönen, aber eigenartigen Felsformation vorbeigekommen. Gehört dieser Ort zu der Traumzeit der Aborigines?“ ,möchte Tanja wissen. „Oh ja. Soweit ich weiß sind die kleinen Steine Jungs die zu früh mit Mädchen herumgemacht haben und die größeren sind alte Frauen die auf diese Jungs aufpassen. Aber genau kann ich euch die Geschichte nicht erklären. Ihr müsst Bobby fragen. Bobby ist ein sehr freundlicher Aborigine und lebt im Augenblick in Kintore. Ich habe ihm von euch erzählt. Er will euch unbedingt treffen. Sein Vater hat Kiwirrkurra gegründet. Bobby weiß alles über dieses Land. Wenn ihr ihn antreffen solltet fragt ihn einfach nach den Felsen,“ sagt Mike. Während sich Tanja weiter mit Mike unterhält zeigt mir Michael seinen Hubschrauber.

Ein Kindertraum wird wahrRufus, der auf alles steht was einen Motor besitzt liegt bereits unter ihm und lässt es sich in seinem Schatten gut gehen. Michael erklärt mir wie man den Hubschrauber fliegt. Wie man in einem Notfall reagiert. Wie schnell er fliegen kann und wie viel Treibstoff die Tanks enthalten. „Wie kommst du eigentlich zur Fliegerei?“ ,möchte ich wissen. „Ach, ich war Automechaniker und hatte schon immer dem Traum vom Fliegen. Weißt du, ich komme aus Neuseeland. Wir hatten früher sehr viele wilde Rehe in unseren Gebirgsregionen deren Fleisch viel Geld wert war. In dieser Zeit haben sich Abenteurer mit dem Kanu, oder dem Jeep aufgemacht, um sie zu jagen. Später dann sind sie mit den Hubschraubern in die abgelegenen Bergtäler geflogen und schossen die Rehe aus der Luft ab. Es gab viele spannende Filme über diese Zeit und Hubschrauberpiloten deren gefährlicher Job sie zu Helden machte. Als Kind habe ich diese Dokumentationen regelrecht gefressen und mir selbst geschworen einmal Hubschrauberpilot zu werden. Nun, ich wurde aber Automechaniker weil so eine Pilotenausbildung sehr teuer ist. Meinen Traum gab ich nie auf. So legte ich jeden Dollar auf die Seite und finanzierte mir meine Ausbildung selbst. Als ich dann endlich Hubschrauberpilot war, war die Zeit der Rehjagd vorbei. Bevor die Bergrehe und Hirsche ausgestorben sind fingen sie die Jäger mit Netzen aus der Luft und gründeten Zuchtfarmen. Das heutige Rehfleisch, welches Neuseeland nach Europa exportiert, kommt von solchen Farmen. Für mich ist das aber kein Hindernis meine Abenteuerlust zu leben. Im Augenblick fliege ich Touristen um den Ayers Rock oder in entlegene Regionen des Outback wo außer Aborigines nie jemand hinkommt. Weißt du, mit so einem Hubschrauber kann man überall landen.“ „Hast du Lust Goldsucher in Südamerika zu fliegen? Oder vielleicht nach Neuguinea zu gehen?“ „Ach ja. Das werde ich auch tun. Vielleicht gehe ich erst mal nach Kanada zu den Buschfeuerpiloten. Oder vielleicht nach Afrika. Hauptsache es ist abgelegen.“ „Kann ich gut verstehen. Ich habe auch mal Schreibmaschinen repariert und wollte immer ein Abenteurer sein. 10 Jahre sparte ich und jetzt sind wir schon bald elf Jahre auf unserem eigenen Traumpfad unterwegs,“ antworte ich nickend. „Wenn ihr zum Ayers Rock kommt dann rufe mich an. Ich werde für euch einen Flug über den Rock arrangieren,“ sagt er worüber ich mich sehr freue. Wir unterhalten uns noch eine ganze Weile bis es Zeit wird unsere Reise fortzusetzen. Mike und Michael verabschieden sich von uns, steigen in den Hubschrauber und fliegen davon. Von der äußerst angenehmen Begegnung mit guter Energie geladen setzen wir unseren Marsch fort. Das Land um uns herum sieht saftig und fruchtbar aus. Wir überlegen uns ob wir hier unser Rastcamp aufschlagen sollen, doch der Boden ist zu sumpfig. Aus Angst in diesem morastigen Gebiet wieder von Moskitos vernichtet zu werden ziehen wir weiter. Abrupt ändert sich dann das Landschaftsbild und soweit das Auge reicht ist alles abgebrannt. Wir sind mittlerweile hundemüde und wollen nichts anderes als abladen, trinken, essen und schlafen, doch hier ist kein Futter für die Kamele. Wir laufen und laufen und laufen, doch das Buschfeuer hat hier nichts übrig gelassen. Geknickt ziehe ich Sebastian weiter. Wir sind schon sieben Stunden unterwegs und es wird Zeit den Tag zu beenden. Nach acht Stunden bin ich dem Verzweifeln nahe und versuche mich ständig zu beruhigen. Es wird schon mal wieder grünes Buschland kommen. Das Feuer kann doch nicht alles abgebrannt haben. „Es sieht nicht gut aus,“ sage ich entkräftet durch das Fernglas blickend. Ich kann nur Schwarz entdecken. Wir müssen solange gehen bis wir Kamelfutter finden,“ meine ich worauf Tanja nur müde nickt. Dann bemerke ich einen Bergzug zu unserer linken, an dessen Fuße ich mit bloßen Augen einige Bäume erkenne, die vom Feuer verschont wurden. Sofort halte ich an und werfe einen Blick durch das Fernglas. „Es sieht wie eine Insel aus. Alles außen herum ist restlos verbrannt aber dort könnten wir Glück haben.“ Nun führe ich die Karawane über das völlig verbrannte, kahle Land. Tatsächlich entdecken wir an der Südseite des Bergzuges einige ca. drei Meter hohe Nadelbäume die vom Feuer nur angeleckt wurden. Auf einem Streifen von ca. 500 × 200 Meter zieht sich niedriges, frisch aussehendes Gewächs entlang, welches ebenfalls aus für uns unverständlichen Gründen vom Feuer verschont geblieben ist . „Das ist unser Platz,“ rufe ich und führe die Kamele nach über acht Stunden in eine Allee die uns zumindest Halbschatten bietet. Nachdem wir die Tiere abgeladen haben entdecke ich eine Pflanze die Ähnlichkeiten aufweist mit Native Tobacco (natürlicher Tabak). Diese Pflanze wurde von den Aborigines als Rauschmittel benutzt und ist für Kamele absolut tödlich. Verunsichert untersuche ich die Pflanze die vor allem direkt nach Buschfeuern gut gedeiht. „Das ist sie nicht,“ stelle ich erleichtert fest nachdem ich die Beschreibung, die wir immer mit uns führen studiert habe.

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