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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Auf dem Grund des Kochtopfs

N 23°03’43.3’’ E 128°35’32.6’’
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    Tag: 138 Etappe Zwei

    Sonnenaufgang:
    04:40

    Sonnenuntergang:
    17:37

    Luftlinie:
    21,8

    Tageskilometer:
    24

    Temperatur - Tag (Maximum):
    41 Grad

    Breitengrad:
    23°03’43.3’’

    Längengrad:
    128°35’32.6’’

Bangara-Camp — 31.10.2001

Auch in dieser Nacht bekomme ich nicht viel mehr Schlaf als drei bis vier Stunden. Zuviel Hitze hat der aufgeladene Sand abgegeben, um von einer Phase der Erholung sprechen zu können. Da ich meine Batterien über Nacht also nicht volladen konnte fällt mir das Laden wieder sehr schwer. Tanja ergeht es natürlich auch nicht anders obwohl sie wie so oft ohne die geringste Unterbrechung durchschlafen konnte. Bereits um 7 Uhr 30 zeigt das Thermometer 34 Grad an. Bevor wir aufbrechen laufe ich ein paar hundert Meter voraus, um den weiteren Verlauf der Düne mit dem Fernglas abzusuchen. Immer noch steckt der Schock in meinen Gliedern, dass auch diese Düne im See versinken könnte. „Sieht gut aus,“ sage ich zuversichtlich, denn soweit ich erkennen kann hört der See neben der Düne auf. Wie gestern auch folgen wir dem Sandgrat um die Bäume und Büsche. Sebastian ist wie in den letzten Tagen schlecht gelaunt und jammert. „Ööööääähhh! Ööööääähhh! Ööööääähhh,“ sägt es an meinen Nerven. Ich beherrsche mich und führe ihn sicher über all die Hindernisse die sich uns in den Weg legen. Als wir das Ende des Sees erreichen atmen wir erleichtert auf. Aus Sicherheitsgründen folgen wir der freundlichen Düne, die uns um die sumpfige und überschwemmte Region gebracht hat, noch eine Weile. Erst als sich die braune Farbe des ertrunkenen Spinifex wieder in Grün verwandelt verlassen wir das Dünenrückrad und schreiten auf die Ebene. „Der Untergrund ist gut,“ stelle ich freudig fest und folge der Kompassnadel in Richtung Osten. „Wir haben wieder eine große Herausforderung gemeistert,“ jubiliere ich und halte Tanja meine rechte Hand hin. Sie schlägt siegessicher ein und lacht.

Nach einer weiteren Stunde erreichen wir den sandigen, ausgefransten Weg. Über große Strecken wird er wie gehabt weich und morastig. Es riecht modrig. Die Sonne hat ihre alte Stärke erreicht und brennt vom Firmament was das Zeug hält. Die Luft ist dampfig und wir haben das Gefühl auf dem Boden eines Topfes zu laufen der gerade auf dem Herd steht. Das Atmen fällt schwer. Wir schweigen und hängen unseren Gedanken nach. Immer seltener müssen wir den schmalen Track verlassen. „Ob wir das Ende der Seenlandschaft erreicht haben?“ ,bricht Tanja die Stille. „Ich weiß nicht aber irgendwann muss sie mal aufhören,“ antworte ich auf meine Füße sehend. Gegen Mittag ernüchtert uns der Blick auf einen weiteren gigantischen Binnensee. „Das ein einziger Zyklon solche Wassermassen auf ein Land laden kann ist mir unbegreiflich. Stell dir vor wir wären genau zu dieser Zeit hier gelaufen.“ „Dann wären wir tot,“ antwortet Tanja trocken. „Stimmt,“ gebe ich ihr recht und bin froh jetzt nur mit den Folgen dieser Naturkatastrophe zu tun zu haben. „Das da vorne sieht doch aus wie ein befestigter Weg,“ sage ich wenige hundert Meter weiter. „Ja, ich glaube schon,“ bestätigt Tanja mit zuversichtlicher Stimme. Etwa 500 Meter vor dem Wüstensee betreten wir einen mit Schotter befestigten Weg. Das muss die Umgehung sein von der Mike Harper gesprochen hat. Soviel ich weiß hat er uns davon berichtet, dass dieser Track von der Aboriginegemeinschaft Kintore gebaut worden ist,“ sage ich freudig erregt. Gut gelaunt nicht wieder über eine der weit entfernten Sanddünen um das Wasser gehen zu müssen schreiten wir auf der von Menschen gebauten Umgehung. Wunderschön, feuerrot blühende Blumen wachsen in Inselform in der Mitte des Tracks. Als Sebastian die prächtige Blumeninsel erspäht erschrickt er derart, dass er sie mit aufgerissenen Augen in einem großen Bogen umgeht. „Was ist denn mit ihm los?“ „Keine Ahnung. Vielleicht erinnert sich irgend ein verlorenes Gen in ihm an die Prähistorische Zeit in der riesige fleischfressende Pflanzen ganze Kamele verschlungen haben,“ scherze ich worauf wir beide herzhaft lachen. Unsere Laune ist auf einem Höhepunkt. Als der Track wenig später links und rechts wieder von Wasser begrenzt wird nutzen wir die Gelegenheit unsere Tiere nieder zu huschen, um sie eimerweise zu tränken.

Am Nachmittag finden wir einen Lagerplatz in einem feuchten Dünental. Die Kamele finden hier reichlich zu fressen und versinken nur leicht im modrigen Untergrund. Wir sitzen im wandernden Schatten des einzigen Baumes weit und breit und pumpen uns mit Flüssigkeit voll. Ein Bangara kauert im Geäst und sieht uns zu. Rufus würde ihm am liebsten jagen, doch halten wir ihn davon ab. „Ich glaube ich sollte unser Moskitozelt dort oben auf der Sanddüne aufbauen,“ sage ich auf den unbewachsnen großen Sandhügel deutend, der nur 50 Meter entfernt von uns das Tal begrenzt. „Meinst du das uns hier unten die Moskitos fertig machen?“ ,fragt Tanja. „Genau. Ich glaube das wir in dem Sumpfloch hier keine Freude haben werden,“ antworte ich, erhebe mich stöhnend aus dem Stuhl und setze meine Gedanken in die Tat um.

Noch während ich das Zelt aufbaue zieht sich die Wolkenfront, die uns jetzt schon seit vielen Tagen begleitet, wie ein sich schließender Gürtel um uns. Blitze gleißen durch den Abendhimmel und fernes Donnergrollen lässt uns nie vergessen wo wir uns befinden.
Heute bringen wir es fertig schon vor der Dämmerung unser Abendessen einzunehmen. Auf diese Weise versuchen wir der bald einfliegenden Stechmückeninvasion eins auszuwischen. Wir wollen noch vor ihrem nächtlichen Eroberungszügen in unserem Zelt sein. „Komm Rufus lass uns ins Bett gehen,“ rufe ich ihn wie jeden Abend. Rufus springt auf und folgt mir zu seinem Schlafplatz vor meinem Zelteingang. „Leg dich auf deinen Schlafsack,“ befehle ich ihm, worauf er sich zufrieden brummelnd ablegt und wie ein kleine Wurst zusammenrollt. Weil er trotz der anstrengenden Tage immer noch voller Tatendrang ist und nachts manchmal seinem Jagddrang nachgeht kette ich ihn an dem Computerkoffer fest. Dann reibe ich ihn mit Moskitomittel ein und lege für mich einen Wassersack vor den Zelteingang. Die Sonne ist schon seit 1 ½ Stunden untergegangen als wir uns vor den einmarschierenden Moskitotruppen, die schon begonnen haben das Land zu besetzen, in unser Zelt flüchten. Ihr Eroberungszug ist im vollen Gange als wir uns müde hinlegen. Hungrig nach Blut besetzen sie unsere gesamte Behausung. Sie surren so laut, dass man meinen könnte sie werfen uns unbekannte Geheimwaffen auf das Zelt. „Ich hoffe nur, dass es auch heute Nacht nicht regnet. Wenn ich da raus muss, um die Außenhaut drüber zu ziehen machen sie mich alle,“ sage ich. Dumpfes, böses Donnern rollt durch die Wolken unweit von uns. Ich blicke aus den Stechmücken sicheren Netz in den Himmel. Der Vollmond beleuchtet mit seinem fahlen Licht das Dünenrückrad. Schwitzend werfe ich einen Blick auf das Thermometer. „Puh, 32 Grad,“ sage ich zu Tanja, doch sie antwortet nur noch mit gleichmäßigem Atmen.

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