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Mongolei/Erstes Camp nach Mörön MONGOLEI EXPEDITION - Die Online-Tagebücher Jahr 2011

Aufbruch zur letzten Etappe

N 49°36'413'' E 100°21'771''
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    Tag: 386-387

    Sonnenaufgang:
    06:08

    Sonnenuntergang:
    20:38

    Luftlinie:
    17

    Tageskilometer:
    25

    Gesamtkilometer:
    2107

    Bodenbeschaffenheit:
    Gras

    Temperatur – Tag (Maximum):
    24 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    18 °C

    Temperatur – Nacht:
    8 °C

    Breitengrad:
    49°36’413“

    Längengrad:
    100°21’771“

    Aufbruchzeit:
    13:30 Uhr

    Ankunftszeit:
    18:30 Uhr

Um weiteres Gepäck zu reduzieren schenken wir am Tag des Aufbruchs Ilchelaugsuren und seiner Familie Ausrüstungsgegenstände wie Blecheimer, große Schüssel, Benzinkanister, Nudelholz und andere Kleinigkeiten. Equipment welches wir für die Überwinterung angeschafft hatten und vor einigen Wochen durch Saraa vor 2 ½ Monaten von Tsagaan Nuur nach Mörön transportieren ließen. Eigentlich hatten wir vor unseren gesamten Hausstand auf dem Markt von Mörön wieder an den Mann zu bringen. Jedoch steht der Zeiteinsatz für solch eine Verkaufsaktion in keinem Verhältnis zum erwirtschafteten Gewinn. Wir sind der Meinung, dass es viel gescheiter und sinnvoller ist alles was wir nicht mehr benötigen an diejenigen zu geben die uns wohlgesonnen sind und gut behandeln.

Ilchelaugsuren, der seit gestern wieder von Ulan Bator zurück ist, freut sich sehr über die nützlichen Gegenstände. Sofort werden wir in die Jurte gebeten, um Tee zu trinken. Ein Vetter von ihm ist Mönch. Zufälligerweise gerade heute anwesend. Setzt euch und stärkt euch noch ein wenig bevor ihr aufbrecht“, sagt er. Wir führen eine rudimentäre Unterhaltung. Dann beginnt er mit tiefer Stimme zu singen während Ilchelaugsuren etwas Weihrauch auf ein Tellerchen streut und es entzündet. Sofort füllt sich die Jurte mit angenehmen Duft von Balsam, Zimt, Myrrhe, Sandelholz und Moschus. „Ich segne eure Reise und bete für euren Schutz“, erklärt der Mönch und lässt das rauchende Tellerchen dreimal um seine Hüfte kreisen. Dann übergibt er es anderen Familienmitgliedern die seinem Beispiel folgen bis die wohlriechende Subtanz uns gereicht wird. Auch wir werden aufgefordert den kleinen Räucherteller dreimal um unsere Körpermitte kreisen zu lassen. Nach zehn Minuten ist das Ritual beendet. Wir bedanken uns bei dem Ordensbruder für die Segnung unserer weiteren Reise und bei Ilchelaugsurens Familie für die Gastfreundschaft der vergangenen sechs Wochen. Unter viel Gelächter gehen wir für ein gemeinsames Abschiedsfoto vor die Jurte.

„Daraa bajartaj, sain jawaaraj!“, (Auf Wiedersehen, gute Reise) wünschen sie uns. Dann begeben wir uns zur Jurte von Rezindorj und Gadimaa. Auch ihnen schenken wir einen Blecheimer, eine Stahlschüssel von bester Qualität, einen guten Wasserkannister und andere Kleinigkeiten. Wie schon bei den Nachbarn werden wir ebenfalls zum Tee und Gebäck eingeladen. Gadimaa macht sich wieder am Verschluss ihrer bemalten Truhe zu schaffen und zaubert ein edles Glas eingeweckte Erdbeeren zu Tage. „Das ist für euch“, überrascht sie uns. „Vielen Dank. Wir wissen Erdbeeren zu schätzen. Gerade hier draußen sind sie etwas ganz Besonderes. Aber wir haben bereits jetzt schon zu viel Gepäck. Wir können nichts mehr verstauen“, lehnen wir freundlich ab. Gadimaa nickt verständnisvoll und reicht Tanja indes eine Tüte voller Bonbons. Um sie nicht zu beleidigen nimmt Tanja das Geschenk an. Dann schießen wir auch hier ein paar Abschiedsfotos für die sich Gadimaa und Rezindorj extra umziehen und aufhübschen. „Kommt uns besuchen wenn ihr wieder in der Mongolei seid“, laden sie uns ein. „Die Welt ist klein. Vielleicht sehen wir uns wirklich ein zweites Mal“, antworte ich lachend.

Obwohl wir unseren Aufbruch schon seit Tagen vorbereiten dauert das Packen und Beladen der Pferde länger als geplant. „Wir besitzen zu viel Gepäck“, stöhne ich und weiß nicht wohin ich unsere Habe verstauen soll. „Wir müssen oben auf den Seesäcken ein paar Taschen verschnüren“, schlägt Tanja vor. „Wie soll das halten?“, frage ich. „Du bist doch der Packmeister.“ „Wieso haben wir soviel Ausrüstung? Vieles ist doch verschenkt. Hast du zu viel Verpflegung eingekauft?“, frage ich bald ein wenig verzweifelt weil es mir unmöglich erscheint das was noch herumliegt auf die Pferderücken zu bringen.

Rezindorjs Enkel Dorchuruu sieht mir beim Verschnüren der Ladung zu. „Warum packst du die Säcke nicht quer auf die Pferde?“, fragt er. „Weil sie so besser halten“, antworte ich. Anscheinend verladen alle Mongolen ihre Bagage auf die gleiche Weise, denke ich mir, lass mich aber nicht aus der Ruhe bringen.

Um 13:30 Uhr haben wir das Wunder vollbracht und bis auf die Schaufel unsere gesamtes Equipment auf den Pferden verschnürt. Wir beschließen sie Ilchelaugsuren zu überlassen der gerade mit seinem Moped vorbeikommt um nach Mörön zu fahren. „Vielen Dank. Die kann ich gut gebrauchen“, sagt er sich das Ding unter den Arm klemmend und in Richtung Stadt davonknatternd. Dann steigen wir in die Sättel und verlassen diesen wunderbaren Ort. Rezindorj und Gadimaa winken uns bis wir wenige Minuten später hinter einem Grasbuckel verschwinden. Weil Bor in den ersten Minuten eines Reittages öfter mal ausgeflippt ist und dabei sogar eines meiner teuren Solarpanel zerstörte, führt ihn Tanja sicherheitshalber. Tuya, der sich anscheinend unbändig über das Weitergehen freut, gebärdet sich bald wie ein Wahnsinniger. Er springt Tenger derart an, dass dieser mit seiner schweren Last immer wieder ins Straucheln gerät. Tuya findet das lustig, rast wie ein Sprinter der um jeden Preis die Olympiade gewinnen möchte, um seine erwachsenen Opfer und zeigt ihnen was ein Harke ist. Wie besessen beißt er unaufhörlich in ihre Beine, den Schweifansatz und in die Seesäcke. „Wenn das so weitergeht mischt er uns noch den gesamten Laden auf!“, sage ich. Tanja lacht obwohl es der Kleine definitiv zu weit treibt.

Bis auf Tuyas übertriebenen Spieltrieb geht die ersten 500 Meter geht alles glatt. Dann verrutscht die Ladung von Sharga. Wir zügeln unsere Reittiere, entladen Sharga und verpacken seine Ladung neu. Weiter geht es. Dann rutscht Bors und Tengers Ladung. Wieder halten wir. Als wir damit beschäftigt sind unsere Pferde anzupflocken, damit wir unsere Hände fürs Packen freihaben, machen sich Bor und Tenger auf den Rückweg zu unserem alten Lagerplatz. „Oh man, ich glaube es nicht“, sage ich. „Ich hole sie. Pass du inzwischen auf Sar und Sharga auf“, beschließt Tanja die Pferdefesseln von Naraa lösend und den beiden Ausreißern hinterhergaloppierend.

Auf den nächsten Kilometern zwingt uns die rutschende Ladung immer wieder zum Anhalten. „Es hat doch sonst immer geklappt?“, wundere ich mich das Gepäck zum x-ten Mal zurechtrückend. „Liegt wahrscheinlich an den zusätzlichen Satteltaschen. Das ist einfach zu viel“, murre ich. Trotz Anfangsschwierigkeiten entfernen wir uns stetig vom alten Lagerplatz und nachdem wir den Bergzug hinter dem sich Mörön in einem Tal ausbreitet umritten haben lassen wir die Stadt zu unserer Rechten liegen. Immer wieder blicke ich auf die Ortschaft, mit ihren vielen Blockhütten und Holzhäusern, die uns so vertraut geworden ist. „Ich bin froh endlich weiter reiten zu können“, sagt Tanja plötzlich. „Ich auch. Wurde Zeit. Wir waren lange genug hier“, antworte ich ab jetzt nur noch nach vorne sehend.

Knapp fünf Stunden später entdecken wir in einem saftig, grünen Tal einen kleinen Bach. Unweit neben einer Jurte schlagen wir in der Mitte einer riesigen Ziegenherde unser Zelt auf und entladen unter lautem Gemecker die Pferde. „25 Kilometer. Gar nicht schlecht für den ersten Tag,“ sage ich auf mein GPS blickend. „Trotz ständig rutschender Ladung“, meint Tanja ebenfalls zufrieden. „Das wird ab morgen besser. Die Bauchriemen von Shargas, Tengers und Bors Sätteln werde ich kürzen. Die neuen Sättel sitzen zu locker. Das ist einer der Gründe fürs Rutschen“, stelle ich fest.

Kaum ist das Zelt bezogen und die Pferde angepflockt bekommen wir Besuch. Tanja bietet den freundlichen Mongolen Tee und ein paar Süßigkeiten an. „Gibt es in dieser Gegend ein Problem mit Pferdedieben?“, interessiert es mich. „Nein, bei uns nicht“, meint der Hirte. „Das ist sehr gut“, antwortet Tanja.

Erst vor wenigen Tagen hat Tanja eine junge Deutsche und eine Tschechin kennengelernt. Anna und Marcella arbeiten für drei Monate als Volontäre im Touristeninformationszentrum. Sie berichteten von Pferdedieben. „Wir hatten Beschwerden von einem Touristenpärchen die mit ihren Pferden zum Khuvsgul Nuur geritten sind“, sagt Marcella. „Sie waren schon seit einigen Wochen unterwegs und hatten keine Probleme. Erst als sie Khatgal erreichten wurden ihnen in einer regenreichen Nacht alle Pferde gestohlen. Wegen dem starken Regen der auf das Zelt trommelte hatten sie die Diebe nicht gehört. Erst als sie mit den Tieren davon galoppierten sind sie aus dem Zelt gestürmt. Da war es aber schon zu spät.“ „Um welche Zeit kamen die Diebe?“, fragte Tanja. „Ich glaube sie sprachen von 4:00 Uhr am Morgen.“ „Genau die gleiche Zeit als sie unsere Pferde versuchten zu stehlen. Khatgal ist wirklich ein hot spot. Uns hat man gesagt, dass alle Touristen die dort ohne mongolische Begleitung vorbeikommen ihre Pferde verlieren“, erwähnte Tanja. „Ja, aber es scheint die gesamte Mongolei zu betreffen“, erwiderte Anna. „Warum? Habt ihr von weiteren Zwischenfällen gehört?“ „Nun, wir sind erst seit wenigen Wochen in diesem Infozentrum und hörten bereits tatsächlich von mehreren Fällen. Ein Paar aus Österreich zum Beispiel verlor Pferde auf eine ganz üble Weise. Der Mann viel vom Pferd und verletzte sich. Er benötigte ärztliche Versorgung. Irgendwie haben sie es geschafft für ihn einen Transport zu organisieren. Ich glaube er wurde von einem Kleinbus in das nächstliegende Städtchen mitgenommen während seine Freundin auf die Pferde aufpasste. Ein Hirte kam vorbei und sagte das ihre Pferde fressen müssen. Ich passe auf sie auf und du kannst dich bei uns in der Jurte ein wenig ausruhen, bot er an. Sie freute sich über das großzügige Angebot. Später, als die Beiden ihre Pferde abholen wollten, hat man ihnen gesagt die Pferde seien davongelaufen“, endete sie die Geschichte.

Genau aus diesem Grund fühlen wir uns in dieser Nacht nicht wirklich wohl. Gott sei Dank befindet sich Mogi in unserem Team der jede Regung mit lautem Bellen oder Knurren meldet. Soweit wir bisher gehört haben hatte keiner der Ausländer denen man in diesem Land Pferde stahl einen guten, zuverlässigen Wachhund. Und trotzdem müssen wir in den nächsten Wochen auf der Hut sein.

Wir freuen uns über Kommentare!

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