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AUFGELADEN zu den Polarlichtern im hohen Norden - 2020

Am Ende der Welt

N 59°03’55.2’’ E 010°24’24.3’’
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    Datum:
    17.08.2020 bis 18.08.2020

    Tag: 015 – 016

    Land:
    Norwegen

    Ort:
    Verdens Ende

    Gesamtkilometer:
    1802 km

    Sonnenaufgang:
    05:37 – 05:39 Uhr

    Sonnenuntergang:
    21:08 – 21:05 Uhr

    Temperatur Tag max:
    24°

    Temperatur Tag min:
    19°

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

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(Für weitere Beiträge klick auf eines der Fähnchen in der Karte)

Es ist bereits 10:00 Uhr am Morgen und keiner hat uns bisher von dem schönen Platz verscheucht oder gar Geld verlangt. Ich mache wie jeden Morgen, meinen Sport, als die ersten Norweger ihre Autos hier parken. Da nach einem völligen verregneten Juli der August traumhaft schön ist, nutzen viele Einheimische die Gelegenheit, um am Ende der Welt die Welt zu genießen. Manche gehen wandern, andere angeln und einige schwimmen. „Was hältst du davon, unsere E-Bikes auszupacken, um die Gegend zu erkunden. Danach können wir ein Picknick am Verdens Ende genießen?“ „Klar, warum nicht. Klingt nach einem guten Plan“, sage ich, höre mit meiner Arbeit der Bildarchivierung auf, springe euphorisch aus der Terra und entriegele die Box, in der unsere edlen Riese und Müller E-Bikes wohnen. Dann stecke ich die Handkurbel an das Gewinde und lasse die Box auf den Boden. „Brauchst du mich?“, höre ich Tanjas Stimme gedämpft aus der Wohnkabine dringen. „Nö, nö, alles okay!“, antworte ich und hebe das erste Bike aus der Verankerung, die bimobil in die Fahrradgarage eingebaut hat. Nachdem beide Räder vor der Terra stehen, kurble ich die Box wieder hoch und klappe sie auf die Seite, um an die große Klappe der Garage oder um es anders auszudrücken, den Kofferraum der Terra zu kommen. Ich hole die Satteltaschen, Fahrradhelme, Werkzeug und Ersatzteile heraus. Dann stelle ich die Lenker und die Lenkerhörnchen gerade, schraube die Pedale an, klicke die Akkus ein und die Satteltaschen an die Räder. Alles in allem benötige ich für diese Arbeit 1 ½ Stunden. „Wenn man bedenkt, dass wir für die erste Ladung unserer Kamele in Australien insgesamt eine Woche benötigten, sind 1 ½ Stunden gar nicht so schlecht“, sage ich, um mich selbst ein wenig zu motivieren. „Mit Routine konnten wir das Beladen der Kamele auf ca. 1 ½ Stunden verkürzen. Das war ein fantastischer Erfolg. Ich gehe davon aus, dass du mit ein wenig Übung die Räder in Zukunft in 30 Minuten fertig hast“, ermutigt mich Tanja, weil sie hört, wie ich leise vor mich hin fluche. Als würden wir auf große Tour gehen, packe ich Ersatzteile, Flickzeug und Werkzeug in die Satteltaschen. „Gehst du davon aus, unterwegs etwas reparieren zu müssen?“, wundert sich Tanja. „Besser vorgesorgt, als sich irgendwo einen Platten eingefahren und stehen zu bleiben“, schmunzle ich. Zwei Stunden nach Tanjas Idee, mit dem Bike die Gegend zu erkunden, sind wir startbereit. Als Erstes radeln wir zu Verdens Ende, auf Deutsch übersetzt dem Ende der Welt. „Man macht das Freude wieder mit dem Bike unterwegs zu sein!“, jubiliere ich. Unsere Expeditionsbikes laufen fantastisch und schnurren über den Asphalt. Auf sehr gut gepflegten Radwegen erreichen wir wenig später unser erstes Ziel. Wir lassen die E-Bikes zum Hafen herunterrollen, fahren auf Stegen an den kleinen Motorbooten und Jachten vorbei. „Hallo!“, rufen ein paar Norweger uns freundlich zu. „Wooouuuuiii! Wooouuuuiii! Wooouuuuiii!“, quietscht Ajaci, der in seinem extra für ihn konstruierten neuen Anhänger sitzt, aufgeregt zurück.

Vor dem aus Naturstein errichteten Wippfeuer, dass man, wie schon erwähnt, 1932 als Werbung für ein Restaurant errichtete, machen wir ein paar Aufnahmen. „Seid ihr den ganzen Weg von Deutschland hierher geradelt?“, fragt uns ein braun gebrannter Mann. „Nein, wir haben unser Expeditionsmobil ein paar Kilometer von hier entfernt auf einem Parkplatz stehen. Wir machen nur einen kleinen Tagesausflug“, antworte ich, erzähle aber davon, dass wir mit den Rädern von Deutschland bis nach Thailand gefahren sind und wegen Corona einen Zwischenstopp in Norwegen einlegen. Patrick ist von Geburt an Norweger, lebt aber seit 30 Jahren in der Schweiz. „In dem Land der ewigen Dunkelheit möchte ich nicht mehr dauerhaft sein. Ich komme hier ab und an im Sommer her, um mit meinem Freund zu segeln“, erklärt er und stellt uns Thore vor. „Wir sind von Oslo hierher gesegelt. Gestern Abend haben wir mitten in einer Walfamilie geankert. Es war eine wundervolle Begegnung, anzusehen, wie das Baby von der Mutter umsorgt wurde“, erzählt er begeistert. Patrick und Thore berichten von ihrem Trip davon, dass sie wegen der Windstille zurzeit nicht weitersegeln können, von dem Ende der Touristensaison, den Polarlichtern im Norden und vielem mehr. Obwohl das Gespräch interessant ist, verabschieden wir uns. „Wir wollen noch vor Sonnenuntergang ein wenig die Küste erkunden und wenn es die Zeit zulässt, ein Picknick auf den Felsen machen“, sagen wir. „Wünschen euch eine tolle Reise zum Nordkap. Und passt auf die Trolle auf!“, ruft uns der lebensfrohe Mann lachend hinterher.

Auf den von der Sonne aufgeheizten Felsen finden wir einen wunderbaren Flecken für unser Picknick. Ajaci kann es kaum erwarten, in die kühlenden Fluten der Nordsee zu springen. Wegen den Felsen ist der Zugang zum Wasser schwierig. Vorsichtig tasten wir uns auf dem teils spiegelglatten Gestein nach vorne. „Puaaah!“, rufen wir, als wir endlich in die windstille See springen. „Wooouuuuiii! Wooouuuuiii! Wooouuuuiii!“, quietscht Ajaci vor purer Lebensfreude. Zusammen ziehen wir ein paar Runden, dann möchte unser Hund wieder an Land. Wir legen uns auf die von der Sonne aufgeheizten Felsen und lassen uns von Mutter Natur trocknen. „Hast du Hunger?“, „Wie ein Wolf“, antworte ich. Tanja hat den glatten Fels mit Knäckebrot, frischer Butter, ein paar Mandeln und leckeren, selbst gemachten Salat gedeckt. Dazu gibt es je eine Büchse von dem schlechten dänischen Bier. „Wenn man das oft genug trinkt, ist es gar nicht mehr so übel“, scherze ich und genieße diese unbeschwerte Zeit in vollen Zügen. „Wir sollten noch so lange hierbleiben, bis die Sonne untergeht und morgen unsere Radtour fortsetzen“, schlägt Tanja vor. „Bin dabei“, antworte ich. Eine Stunde später setzt sich der glühende Feuerball auf das glatte Wasser. Engumschlungen sitzen wir da und beobachten, wie die hellen Strahlen mehr und mehr Farbe annehmen, wie sich das Weißgelb in Orange verwandelt, wie das Gelb und Orange regelrecht verschmelzen, rötlicher werden und sich der verglühende Stern im Meer spiegelt, solange bis die kaum wahrzunehmenden Wogen darüber schwappen. Mit einem imaginären Zischen verschwindet die Reflexion im Salzwasser. Das Firmament ist jetzt zartrosa, verändert sich zu einem noch zarteren Pink, bis ein dunkler werdendes Blau das restliche Tageslicht ausknipst…

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