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/Adayevka Link zum Tagebch: TRANS-OST-EXPEDITION - Etappe 3

Alle weg! Alle tot! Sind an Tuberkulose gestorben!

N 51°48'17.1'' E 062°01'46.5''
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    Tag: 44

    Sonnenaufgang:
    04:39 Uhr

    Sonnenuntergang:
    21:12 Uhr

    Luftlinie:
    78.53 Km

    Tageskilometer:
    94.49 Km

    Gesamtkilometer:
    8220.78 Km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt / Erdpiste

    Temperatur – Tag (Maximum):
    32 °C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    13 °C

    Breitengrad:
    51°48’17.1“

    Längengrad:
    062°01’46.5“

    Maximale Höhe:
    348 m über dem Meer

    Maximale Tiefe:
    331 m über dem Meer

    Aufbruchzeit:
    05.15 Uhr

    Ankunftszeit:
    17.10 Uhr

    Durchschnittsgeschwindigkeit:
    12.73 Km/h

Ein schrecklich lauter Hahnenschrei reißt mich aus dem Tiefschlaf. “Wie kann es hier in der Steppe, abseits jeglicher Zivilisation, einen Hahn geben?”, geht es mir durch den Kopf. Wieder schreit der Hahn, diesmal noch lauter als vorher. Erst jetzt fällt mir ein, dass Tanja es für eine gute Idee hielt ihr in der Steppe funktionsloses Handy als Wecker zu gebrauchen und einen Hahn als Weckruf einzustellen. Wie gerädert erheben wir uns beide und sehen uns an. “Noch 15 Minuten?”, sagt Tanja leise. “Noch 15 Minuten”, antworte ich und lasse mich wieder auf die Isomatte sinken. Kaum habe ich meine Augen geschlossen schreit mich dieser schreckliche Vogel schon wieder an. Wir schießen erneut in die Höhe. Diesmal entscheiden wir unserer Müdigkeit nicht mehr nachzugeben und befinden uns bereits eine Stunde später auf den Rädern. Um 5:15 Uhr schläft der Meister noch. Es ist nahezu windstill. Die ersten schwachen Sonnenstrahlen verstecken sich hinter einer dicken Wolkenfront. Wir kommen gut voran. Nach 30 Kilometer können wir am Ende der Straße eine Siedlung ausmachen. “Sieht groß aus”, meint Tanja. “Ja”, antworte ich knapp. Als wir wenig später den Ort erreichen wirkt er wie viele andere wie eine verlassene und zerfallene Geisterstadt. Wir fragen einen Lastwagenfahrer der am Straßenrand pausiert. “Gibt es im Dorf eine Steppenraststätte?” “Ha! Ha! Ha! Eine Raststätte? Die habe ich schon seit 300 Kilometern nicht mehr gesehen”, ernüchtert uns sein seltsamer Heiterkeitsanfall. “Gibt es eine Raststätte dort vorne?”, möchte er wissen und deutet in die Richtung aus der wir gekommen sind. “Ha! Ha! Ha! Eine Raststätte? Haben wir auch schon seit 300 Kilometer nicht mehr gesehen”, antworten wir. “Ha! Ha! Ha! Alles Steppe. Bekomme langsam Hunger”, erwidert er. “Was glaubst du denn? Wir haben ebenfalls einen Bärenhunger. Müssen unsere Maschinen mit Energie versorgen”, antworten wir auf unsere Oberschenkel deutend und müssen nun gemeinsam über die eigenwillige Situationskomik lachen. “Gibt es in dem Ort hier ein Magazin?”, möchte ich wissen. “Keine Ahnung aber in etwa 30 Kilometer habe ich ein Cafe gesehen. Dort könnt ihr vielleicht etwas bekommen”, schlägt er vor. Wir bedanken uns und fahren weiter.

Vor dem Dorfeingang bleiben wir stehen und überlegen: “Und wenn es kein Magazin gibt fahren wir umsonst hinein”; grüble ich. “Wir haben nicht viel zu verlieren”, antwortet Tanja. Während wir uns noch unschlüssig sind klappert ein alter Jeep heran. Nach dem üblichen Gesprächsaustausch erfahren wir, dass es doch ein Magazin gibt. “Ich fahre ihnen voraus”, bietet uns der Mann freundlicherweise an. “Das ist es”, sagt er wenige hundert Meter weiter auf ein heruntergekommenes Wohnhaus deutend. Vor dem Haus muss ich die Schuhe ausziehen, erst dann darf ich eintreten. Ich schreite durch einen ordentlichen und sauberen kleinen Vorraum. Ein Waschbeckenschrank hinter dessen Spiegel sich ein kleiner Behälter für Wasser befindet dient zum Hände- und Gesichtwaschen. Ein sauberes Handtuch hängt am Haken daneben. Im nächsten kleinen Raum sieht es wie in einem Spielzeugladen aus. Ein etwa 12 Jahre altes Mädchen zeigt mir schüchtern ihre Ware. Im Nebenraum wird leise Gekichert. Immer wieder verstehe ich das Wort Tourist und Deutscher. Obwohl das Platzangebot für die Ware nicht groß ist bekomme ich alles was wir benötigen. Sogar ein paar frische Tomaten und Gurken kann ich ergattern die uns heute Mittag eine wunderbare Vesper garantieren. Ich verabschiede mich von dem Mädchen und trete wieder nach draußen.

Ein alter Lada kommt angehustet. Fünf Männer, die noch viel älter als ihr Auto sind, steigen aus. Sie machen auf uns den Eindruck als wären sie gerade einem Marionettentheater entsprungen. Ein etwa 70 Jähriger humpelt auf dem Stock gestützt hektisch heran. Während er beginnt seine Fragen abzufeuern wird er von einem anderen mit großen Warzen überzogenen Gesicht ständig unterbrochen. “Das ist kein Motor hat er doch erklärt”, wirft ein weiterer Fahrgast ein, der bis zu den Ohren in einer Latzhose steckt, die an verschiedenen Stellen geflickt ist und mindestens genauso alt ist wie der Lada. “Ach was, das ist ein Motor.” “Nein, nein das ist kein Motor.” “Und doch ist es einer”, gibt er nicht auf und deutet unaufhörlich auf die Rohloffnabe. “Ich habe zwei Töchter in Deutschland”, wirft ein alter, grauhaariger Mann dazwischen und sieht mich wichtig an. “Das ist sehr schön”, antworte ich. “Die Straße ist übrigens kaputt. Da werdet ihr es schwer haben. Alles aufgerissen. Für mindestens 20 Kilometer nur Schotter und Lehm”, unterbricht nun der Mann mit den vielen Warzen im Gesicht. “Ja, und dann wird es auch nicht viel besser. Ein Lochstreifen bis nach Kustanai”, meint nun der Mann in seiner Latzhose. “Ach sehen sie. Hier sieht es so schlecht aus. So etwas habt ihr in Deutschland nicht. Warum kommt ihr hierher? Ist doch nicht schön”, meint jetzt der Mann mit seinen Krücken, den Motor unseres Rades vergessend. “Die Menschen in Kasachstan sind sehr nett. Darauf kommt es an”, erwidern wir. “Ach was. Schaut doch mal dieses Dorf an. Ist zerfallen. Alle weg. Alle tot. Sind an Tuberkulose gestorben. Und? Was tut der Präsident dagegen? Gar nichts! Sieh wie die Dörfer alle zusammenbrechen und die Städte werden immer reicher”, ereifert er sich und fuchtelt mit seinen Stock in der Luft herum. “Komm jetzt! Nun komm schon!”, rufen seine Freunde die wieder in dem klapprigen Lada sitzen und weiter wollen. Wir verabschieden uns von den alten Herren und verlassen das armselige Dorf.

Wenige hundert Meter hinter der Siedlung versperrt eine Straßenblockade die Weiterfahrt. Wir schieben unsere Räder außen herum und entscheiden uns wie gewohnt weiter den nagelneuen Teerstreifen zu nutzen. Zumindest so lange bis auch er aufhört. Nach etwa fünf Kilometer endet der für uns bequeme Asphaltstreifen in einer Erdaufschüttung. Ich steige darüber, um zu sehen wie es auf der anderen Seite aussieht. “Nichts als Lehm und Schotter!”, rufe ich Tanja zu. “Komm lass uns den Platz nutzen, um unser Mittagessen einzunehmen. Hinter dem Erdwall ist es zumindest Windgeschützt”, schlage ich vor. So kommt es das wir mitten auf der Straße unsere Plane ausbreiten und den Rest Teerdecke als unseren Tisch nutzen.

Gestärkt geht es nach dem leckeren aber einfachen Mahl für 30 Kilometer über Lehm- und Schotterpisten weiter. Dann erreichen wir wieder ein Stück löchrigen Asphalt. Es ist genauso wie die alten Herren es vorhergesagt haben. Wir lassen uns nicht beirren und treten unsere Drahtesel voran. Immer der Stadt Kustanai entgegen, in der wir hoffentlich mal wieder ein paar Tage ausruhen können. Auf dem Weg passieren wir die Raststätte die uns der lustige Lastwagenfahrer empfohlen hatte. Sie ist geschlossen. Da wir erst kräftig gevespert haben macht uns das nichts aus. Dann, gegen Abend, nach knapp 100 Tageskilometern erreichen wir ein kleines Dorf. An der Tankstelle am Ortsausgang fragen wir ob es im Dorf eine Gastiniza gibt. “Gibt es nicht. Die nächste Gastiniza ist in 77 Kilometern von hier”, erklärt die ältere Dame die hinter einem mit Eisengittern abgesicherten Fenster sitzt.

Es ist plötzlich wieder sehr warm. Wir sind beide ausgelaugt und müde. “Frag doch mal ob wir hinter der Tankstelle unser Zelt aufbauen dürfen?”, schlage ich vor. “Meinst du das ist eine gute Idee?” “Na sieh dir die Landschaft an. Alles flach wie ein Brett. Kein Baum weit und breit. Die letzten 100 Kilometer gab es keine einzige Möglichkeit ein Zelt aufzubauen ohne das man es von der Straße aus gesehen hätte. Wo sollen wir denn hin? Ich denke es ist hier noch am besten”, bin ich überzeugt. Während wir beraten hält ein Jeep neben uns. Ein netter Mann begrüßt uns. Er ist der Besitzer der Tankstelle. “Aber gerne dürft ihr euer Zelt hier aufstellen”, sagt er. “Ist es sicher. Ich meine, wird hier gestohlen?”, möchte ich wissen. Der Mann sieht uns nachdenklich an. Dann sagt er wir sollen einen Augenblick warten und fährt davon. Wir setzen uns einstweilen in den Schatten hinter dem Tankstellenhaus. “Was meinst du? Ob er seine Frau fragt?” sagt Tanja müde sich im Gras streckend. “Du denkst er möchte uns einen Übernachtungsplatz organisieren?” “Na vielleicht. Warum sollte er sonst wegfahren.” “Hm, ehrlich gesagt wäre es mir lieber wir könnten uns in unserem Zelt verkriechen. Ich habe einfach keine Kraft mehr um Kommunikation zu betreiben”, stöhne ich. “Na meinst du ich? Ich könnte auf der Stelle einschlafen”, entgegnet Tanja. “Was macht deine Sehne. Tut sie weh?” “Geht schon. Ist geschwollen aber ich bekomme sie schon wieder in den Griff”, antwortet Tanja als der Jeep wieder auftaucht. Ein Mann namens Nurlan stellt sich uns vor und sagt wir sollen dem Jeep mit den Rädern folgen. Sofort schwingen wir uns wieder in die Sättel und strampeln dem Fahrzeug hinterher. Wiedererwartend macht das Dorf einen guten Eindruck auf uns. Die Häuser sind alt aber gepflegt. Auch die größeren Gebäude wirken nicht wie in einer Geisterstadt. Wir stoppen vor einem zweistöckigen Haus. Im Garten wird der Rasen mit der Sichel gemäht. Ein ordentlicher Zaun umgibt das Gebäude. “Hier dürfen sie heute Nacht bleiben”, sagt Nurlan und führt mich in das Bauwerk. Ich traue meinen Augen kaum als ich einen etwa 50 Quadratmeter großen, sauberen Raum betrete. Eine Sitzgruppe steht in der Ecke, ansonsten ist keine Einrichtung vorhanden. Nurlan öffnet die Tür zu einem Nebenzimmer. “Ist das gut für euch?”, möchte er wissen. “Aber ja. Bestens. Besser als in den meisten Gastinzas in denen wir die letzten Wochen hausten”, sage ich begeistert in einen ebenfalls geputzten Raum blickend in dem nur ein paar Stühle und ein Tisch stehen. “Hier können wir unsere Isomatten ausbreiten”, schlage ich vor und gehe wieder zu Tanja, um ihr von unserem Glückstreffer zu berichten.

Als wir die ersten Ausrüstungsgegenstände in das Zimmer tragen haben zwei Arbeiter von nebenan zwei Betten in den Raum gestellt, so dass wir nicht mal unsere Isomatten benötigen. “Eure Räder dürft ihr in den Vorraum bringen. Dort sind sie sicher. Das Plumpsklo ist draußen. Wenn ihr euch waschen wollt findet ihr einen Wassertank vor dem Haus. Es ist sauberes Wasser. Ihr könnt es auch trinken”, erklärt Nurlan, ein Mensch der uns in diesem Moment wie ein Engel vorkommt. “Was kostet das Zimmer?”, möchte ich wissen. “Na, das kostet nichts. Fühlt euch wie Zuhause. Ihr seid unsere Gäste. Das ist ein Gemeindehaus und wird heute Abend nicht genutzt”, erklärt er.

Bevor der Tankstellenbesitzer und Nurlan uns wieder alleine lassen geben wir ihnen je eine Zigarre die wir für solche Anlässe aus Deutschland mitgebracht haben. Weil Zigarren hier etwas Besonderes sind wollen sie diese erst nicht annehmen. Wir bestehen jedoch darauf und bedanken uns ganz herzlich. Dann steigen sie wieder in ihren Jeep und verschwinden. Wir können es kaum glauben. Gerade eben waren wir noch auf der Straße und wollten hinter der Dorftankstelle unser Zelt aufschlagen und jetzt sitzen wir hier in einem sauberen Gemeindehaus und sind besser untergebracht als in den meisten Unterkünften. Ich lasse meinen müden Körper in einen der Sessel sinken, die in dem großen Vorraum stehen, packe meinen Laptop aus und schreibe diese Zeilen. Die Sonne neigt sich gerade dem Horizont entgegen und wirft ihr glutrotes Licht durch das Fenster. Ein Reiter bringt seine Pferde von der Weide und ein Junge treibt seine Schafe unweit des Fensters vorbei. “Es ist schon seltsam wohin das Schicksal den Reisenden führt”, denke ich laut und freue mich über das Leben und diese wunderbare Reise.

Lieber Leser unseres Tagebuches!!!

Gerne schreiben wir unsere Erlebnisse hier nieder. Gerne teilen wir mit Euch unsere Erfahrungen. Jedoch hat unsere Reise für uns auch eine Bedeutung, einen tieferen Sinn. Nur für die Lust und Laune setzen wir uns solchen Anstrengungen nicht mehr aus. Dafür haben wir zuviel erlebt. Natürlich ist es noch immer unsere Motivation Völker, Kulturen, deren Sitten und Gebräuche zu erleben. Noch immer erforschen wir mit ungestilltem Wissensdurst die für uns unbekannten Winkel unserer Mutter Erde. Es gibt uns Energie und Lebensinhalt. Jedoch haben wir bei all dem Positiven auch viele Schattenseiten der menschlichen Zivilisation erlebt und erfahren. Wir haben mit eigenen Augen ungeheuer viel menschliches Leid und Umweltvernichtung gesehen. Es schmerzt uns als würde ein Messer tief in unsere eigene Haut eindringen. Unsere Lebensprojekt “Die große Reise” hat für uns schon seit Jahren eine andere Dimension erreicht. Es geht uns während der Reise, während unseres Reiselebens auch darum etwas Ausgleichendes zu tun. Etwas an den geplagten Planeten zurückzugeben. Nicht aus Egoismus oder Befriedigung oder Selbstverherrlichung, sondern um wirklich nachhaltig etwas zu tun. Etwas für uns Menschen zu tun. Für unsere Kinder. Damit auch sie morgen noch frische Luft atmen können. Damit auch sie unter freiem Himmel im Sandkasten spielen können, in sauberen Flüssen baden können. Wir wünschen uns für alle Wesenheiten dieses wunderbaren, fantastischen Planeten eine lebenswerten Zukunft. Also bitte wir sie dringend vielleicht einmal im Monat wenigstens einen Baum für die Grüne Ader zu pflanzen. Infos dazu findet ihr auf unserer Webseite. (Ein Baum 5,- Euro) Wir allein können es nicht schaffen. Wir haben nicht die finanziellen Mittel dazu. Noch nicht. Nur wir gemeinsam können etwas bewegen. Unsere Motivation liegt nicht nur darin zu wissen dass unsere Texte von im Augenblick zwischen 40.000 und 50.000 (vierzigtausend und fünfzigtausend) Menschen im Monat gelesen werden. Unsere Motivation liegt darin gemeinsam etwas Nachhaltiges für unsere Menschenzukunft zu schaffen. Gemeinsam heißt mit Euch allen zusammen. Dafür schreiben wir, dafür könnt ihr die Texte ohne finanziellen Einsatz lesen. Also bitten wir um eine Spende an das Bergwaldprojekt. Ein Projekt das ohne Profit arbeitet. Ein Projekt nachdem wir Jahre gesucht haben, um unseren Namen dafür zu geben. Ein Projekt dem wir vertrauen. Wir bitten Euch darum Bäume zu spenden. Bäume die uns Luft zum Amten schenken. Lebensraum für Insekten und Vögel. Lebensraum für die Erdbevölkerung in den zukünftigen Jahren. Von den Spenden haben wir nicht den geringsten finanziellen Vorteil. Alles was ihr gebt kommt Mutter Erde zu Gute!!! Dafür garantieren wir mit unserem Lebensprojekt und unserem Namen.

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