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E-Bike-Expedition Teil 4 Vietnam - Online Tagebuch 2016-2017

Albtraum – Bremsversagen, gekochte Eier und stinkendes Wasser

N 18°32’08.4’’ E 105°25’54.5’’
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    Datum:
    17.11.2016 bis 24.11.2016

    Tag: 510 – 517

    Land:
    Vietnam

    Provinz:
    Hà Tĩnh

    Ort:
    Pho Chau

    Breitengrad N:
    18°32’08.4’’

    Längengrad E:
    105°25’54.5’’

    Tageskilometer:
    65 km

    Gesamtkilometer:
    20.792 km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Maximale Höhe:
    120 m

    Gesamthöhenmeter:
    57.005 m

    Sonnenaufgang:
    06:05 Uhr – 06:09 Uhr

    Sonnenuntergang:
    17:20 Uhr – 17:19 Uhr

    Temperatur Tag max:
    29°C

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Siedendheiß durchfährt es meinen Körper als ich während einer steilen Talfahrt bemerke, dass urplötzliche Versagen beider Bremsen. Das war’s, geht es mir durch den Kopf. Um abzuspringen ist es zu spät, da mein Tacho bereits 50 km/h anzeigt. Die nächste Haarnadelkurve rast auf mich zu. 60 km/h erschreckt mich die Tachoanzeige. Die Bäume fliegen links und rechts an mir vorbei. Vom äußersten linken Straßenrand gehe ich die kommende Rechtskurve an. Mit hoher Konzentration lege ich mein schwer beladenes Bike hinein. 70 km/h. Ajacis Anhänger beginnt zu tänzeln. Whhhouuu!, beginnt er wie ein Wolf zu heulen. Dann folgt eine Linkskurve. Wie eine Rakete schießt das Bike durch. Whhhouuu! Whhhouuu!, heult es hinter mir. Mein Vorderrad beginnt zu schlingern. Rechts neben mir taucht ein betonierter Wassergraben auf. Es geht noch immer steil nach unten. Ich hätte bei 50 km/h abspringen sollen, jagt ein Gedanke durch mein Gehirn. „Oh nein!“ Die Zentrifugalkräfte drängen mein Rad vom Asphalt in den Graben. Es schüttelt mich kräftig durch, dann donnern die Reifen über einen kleinen Felsen. Das der Hänger noch nicht gekippt ist grenzt an ein Wunder. Plötzlich ist der Wassergraben zu Ende. Über eine gemauerte Rampe schießt mein Roadtrain aus der vom Mensch betonierten Vertiefung in die Luft. Wir fliegen, denke ich, als wir auch schon in einem Maisfeld landen. Noch immer sitze ich auf dem Bock, bahne mit dem Aluminiumgefährt eine Schneise durch das Feld. Maiskolben fliegen mir um die Ohren und Blätter klatschen mir schmerzhaft ins Gesicht. Whhhouuu! Whhhouuu!, heult mein Hund aufgeregt, der in seinem Anhänger hin und hergeschleudert wird. Die Geschwindigkeit meines Höllenritts verringert sich und nach 500 Metern komme ich zum stehen. Ich blicke mich um und sehe die lange Schneise der Verüstung im Maisfeld. Wild schreiende Bauern rasen wutentbrannt auf uns zu. Ihre erhobenen Stöcke machen mir Angst. Unter den Folgen der schrecklichen Sturzfahrt leidend bin ich wie gelähmt, kann mich nicht bewegen. Schon ist der erste Bauer da. Er brüllt mich an, erhebt seinen schweren Stock und schlägt zu. „Ahhhh“, brülle ich vor Schmerz. „Was ist denn?“, höre ich eine vertraute Stimme. „Ahhhh“, brülle ich antwortend vor Entsetzen. „Denis! Denis! Wach auf, du hast geträumt“, holt mich Tanja in das hübsche Hotelzimmer zurück, in dem wir gestern Abend eingecheckt sind.

Noch immer unter dem Einfluss meines Albtraumes leidend, sitzen wir in dem schrecklich ungemütlichen Speisesaal beim Frühstück. Hai, der Manager, nimmt an unserem Tisch Platz und leistet uns Gesellschaft. „Ihr müsst unbedingt unsere heißen Quellen sehen“, rät er. „Ist das wirklich etwas Besonderes?“, frage ich, weil wir eigentlich weiterfahren wollen und in keinem Reiseführer oder im Internet über diesen Ort gelesen haben. „Ja, sehr besonders. Viele Vietnamesen kommen extra wegen den heißen Quellen zu uns. Sie sind ein Touristenmagnet, das mineralhaltige Wasser ist sehr gesund und man kann darin sogar Eier kochen. Wenn ihr wollt begleite ich euch dorthin.“ „Können wir da nicht mit dem Rad hinfahren?“, fragt Tanja. „Die Quellen liegen in den Bergen. Dort hinaufzukommen ist sehr anstrengend. Besser ihr mietet unseren Allrad. Ich mache euch einen guten Preis“, bietet er an, weshalb wir zwei Stunden später in dem Auto sitzen und von einem verrückten Kamikazefahrer über die schmalen Straßen gejagt werden. „Und wo sind hier die Berge?“, frage ich Tanja. „Seltsam, vielleicht kommen sie noch“, antwortet sie.

Nachdem wir den Ort erreicht haben, zeigt der Höhenmesser meiner Uhr 70 Meter über Meeresspiegel an. „Ha, ha, ha, das wahr ja wohl echt ein Witz. Das hätten wir mit unseren Bikes im Schlaf geschafft“, sage ich. Da ich Hai nicht bloßstellen möchte, halte ich mich aber zurück und wundere mich über seine eigenwillige Höheneinschätzung. Wir betreten einen einfachen, vom Monsunwetter gezeichneten, Flachbau. Ein paar Vietnamesen spielen Karten, ansonsten gibt es keinen einzigen Touristen. „Die kommen nur in der Hauptsaison“, erklärt Hai. Dann kaufen wir für 40.000 Dong, also den vierfachen Ladenpreis, vier rohe Eier. Auch Hai ersteht ein paar Eier und führt uns zum Fluss an dessen Ufern die heißen Quellen aus der Erde kommen sollen. „Als ich das letztes Mal hier war gab es sie noch“, meint Hai, nachdem wir 20 Minuten suchend am Flussufer entlang gestapft sind. „Und wo sind sie jetzt?“, frage ich interessiert. „Der Fluss hat Hochwasser. Wahrscheinlich sind sie jetzt unterm Wasser. Schaut, dort ist ein kleines Hüttchen. Da wird das Quellwasser mit einer Pumpe aus der Erde geholt und dort in das Haus geleitet.“ „Ist dass das Badehaus?“, will Tanja wissen. „Nein, dort wird das mineralhaltige Wasser in Flaschen abgefüllt, um später verkauft zu werden. Ich zücke meine Kamera, um ein paar Bilder von der primitiven Abfüllanlage und den Arbeiterinnen festzuhalten. Kaum habe ich den Apparat ans Auge gehoben winken die Arbeiterinnen energisch ab. „Fotografieren verboten!“, verstehen wir. Eigenartig, geht es mir durch den Kopf. „Möchtest du die Eier nun im Quellwasser kochen?“, fragt Hai. „Na klar, aber ich dachte die Quelle liegt wegen dem Hochwasser im Fluss?“ „Einer der Arbeiter wird einen Hahn an der Leitung aufdrehen. Unter dem heraus fließenden Wasser können wir dann die Eier kochen.“ „Ganz was Besonderes“, raune ich Tanja zu. Bis der Arbeiter kommt warten wir am Ufer neben einer Gruppe dahindösende Wasserbüffel. Ich hebe meine Kamera erneut, um die Jungs abzulichten. Auch sie scheinen etwas dagegen zu haben fotografiert zu werden, denn sie springen auf, senken ihre behörnten schweren Köpfe und scheinen mir drohen zu wollen. Na dann eben nicht, denke ich mir und laufe zu Tanja zurück. „Denis, die greifen an!“, warnt sie mich. Blitzschnell drehe ich mich um, greife in den Sand und schleudere ihn dem ersten Büffel entgegen. Verdutzt bleibt er stehen. Angriff ist die beste Verteidigung, geht es mir durch den Kopf und renne jetzt auf die Wasserbüffel zu. In Panik brechen sie ihren Angriff ab und stürmen allesamt in den Fluss. „Ha! Ha! Ha!“, triumphiere ich, mich über meinen Erfolg freuend.

Inzwischen ist der Arbeiter da. Er öffnet den Hahn und kochendheißes Wasser strömt auf unsere Eier die in einem Bastkorb darunter stehen. 10 Minuten später zeigt uns Hai wie man die nahezu rohen Eier aus der Schale schlürft. „Das ist sehr gesund. Ein Freund von mir hat hier schon mal 15 Eier auf einmal ausgeschlürft.“ Weil uns die Gefahr einer von rohen Eiern übertragenen Salmonellenvergiftung bewusst ist, legen wir sie erneut unter den dampfenden Wasserstrahl. Dann sitzen wir mit Hai auf einem großen Kieselstein, um sie zu essen. „Aber jetzt sollten wir ein Bad nehmen“, schlägt Hai vor und betritt mit uns den Flachbau. Jedem Gast wird ein hässlicher, weißgefliester kleiner Raum zugewiesen. Tanja und ich nehmen einen zusammen, ziehen uns aus, hängen unsere Kleider an einen rostigen Haken, duschen uns mit dem nach Eiern stinkenden Wasser ab und steigen in eine große Badewanne. Im schwefelhaltigen heißen Wasser, aus dem Bauch der Mutter Erde, sitzen wir nun und schwitzen. Mein Blick gleitet durch das schmuddelige Badezimmer. Trübes Licht fällt durch ein fensterloses Loch. „Wellness auf vietnamesisch“, meint Tanja amüsiert. „Hm, und deswegen sind wir extra einen Tag länger geblieben“, entgegne ich. „Was soll’s. Ist eine weitere skurrile Reiseerfahrung.“ „Stimmt, auch so etwas macht das Leben interessant und bleibt unvergesslich in Erinnerung“, antworte ich lachend.

Weil der Monsunregen das Land untergehen lässt, ist an einen Aufbruch nicht zu denken. So kommt es, dass wir, als nahezu einzige Gäste in dem riesigen Resort, acht Tage verbringen. Wenn der Regen etwas nachlässt, gehen wir in dem schön angelegten Park mit seinen kleinen Seen spazieren. In überdimensionalgroßen Vogelkäfigen flattern zahlreiche Vögel herum und schlagen Pfaue ihr Rad. In einem viel zu kleinen Käfig fristen drei Affen ihr Leben und in einem eingezäunten Teich vegetiert ein Alligator.

Ajaci wird wie immer der uneingeschränkte Liebling aller Angestellten. Damit wir noch länger bleiben, reduziert Hai den Zimmerpreis. Als er erfuhr, dass wir in ein paar Werbefilme für die Nature Lodge in Mai Chau mitgespielt haben, besorgt er eine Filmkamera und dreht ein Interview mit uns, um seine Hotelanlage zu bewerben. Am Wochenende findet eine Großhochzeit mit tausend Gästen statt. Events sind in der Nebensaison das Geschäft der Anlage. Im Sommer tummeln sich laut Hai auch an Wochentagen aberhunderte von Gästen in dem Resort herum. Ein Grund warum weiter Swimmingpools und Gebäude gebaut werden. Hai lädt uns zu einem schmackhaften Abendessen ein und erzählt über sein Leben als Manager weit weg von seiner Familie. Dann muss er für eine Woche auf eine Geschäftsreise nach Thailand, weshalb wir mit den Angestellten alleine sind. Bis auf einen Abend, als wir in dem großen Speisesaal einen verlassenen Touristen antreffen, der uns freudig begrüßt und zu sich an den Tisch bittet. Auch Mario, der Vietnam mit einem Moped durchquert, hat eine interessante Lebensgeschichte und erzählt davon wie er seinen Weg von Kroatien nach London gemacht hat, dort sehr viel arbeitete, eine Firma aufbaute, reich wurde, die Firma verkaufte bevor er völlig ausbrannte, nach Madrid zog und jetzt als 38-jähriger Mann genügend Geld besitzt, um nie mehr arbeiten zu müssen…

Wer mehr über unsere Abenteuer erfahren möchte, findet unsere Bücher unter diesem Link.

Die Live-Berichterstattung wird unterstützt durch die Firmen Gesat GmbH: www.gesat.com und roda computer GmbH http://roda-computer.com/ Das Sattelitentelefon Explorer 300 von Gesat und das rugged Notebook Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung. Pegasus RP9 von Roda sind die Stützsäulen der Übertragung.

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