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AUFGELADEN zu den Polarlichtern im hohen Norden - 2020

Abermillionen Sterne über dem alten Leuchtturm

N 69°19'28.8" E 16°07'05.7"
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    Datum:
    01.10.2020

    Tag: 060

    Land:
    Norwegen

    Ort:
    Andenes

    Tageskilometer:
    232 km

    Gesamtkilometer:
    5444 km

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Fähre
    0

    Brückenüberquerungen:
    13

    Tunneldurchfahrten:
    10

    Sonnenaufgang:
    07:04

    Sonnenuntergang:
    18:39

    Temperatur Tag max:
    14°

    Temperatur Nacht min:

    Aufbruch:
    11:30

    Ankunftszeit:
    17:00

 

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

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Um 19:00 Uhr blicken wir nach draußen und sehen, wie der Vollmond über dem kleinen Fischerhafen aufgeht. Ich schnappe mir die Kamera und verlasse mit Ajaci die Terra Love. „Fantastisch“, sage ich auf den Auslöser drückend, als sich der Mond im strahlenden Licht in einen wolkenlosen Himmel erhebt. „Lass uns mal zu den Häusern am Hafen gehen“, sage ich zu Ajaci der mit einem heftigen Schwanzwedeln und einem leisen Quietscher antwortet. Obwohl hier kaum jemand zu wohnen scheint, ist jedes der Häuser beleuchtet. Wir schreiten durch eine unwirkliche Bilderbuchwelt. Als ginge es darum, einen Wettbewerb zu gewinnen, ist vor jedem Anwesen, egal ob klein oder groß, der grüne Rasen feinsäuberlich geschnitten. Durch die Fenster strahlt warmes Licht nach draußen und erhellt die sternenklare Nacht. Zwei Stunden später beginne ich zu frieren, weswegen ich zur Terra zurückgehe, um mich wärmer anzuziehen. „Du warst aber lange weg“, sagt Tanja, die bereits im Bett liegt und liest. „Ist der Hammer da draußen. Eine unbeschreiblich tolle Stimmung und ich glaube, das erste sanfte Nordlicht gesehen zu haben“, schwärme ich, ziehe mir eine warme Jacke über und eine Mütze auf. Dann verlasse ich mit Ajaci erneut die Terra. „Lass uns zum alten Leuchtturm gehen“, schlage ich meinem Hund vor, worauf ich wieder ein begeistertes Schwanzwedeln ernte. Kurz darauf schleichen wir am eisernen Fuß des Turms entlang. Ich blicke auf die weite Meeresbucht und denke kurz an die 30 Fischer, die hier 1831 in einem Sturm umgekommen sind. Sicherlich auch ein Grund, warum Jahre nach dem verheerenden Unglück der Leuchtturm erbaut wurde, der jetzt mit seinem Feuerstrahl den Fischern und Schiffen einen sicheren Weg weist. Ich richte das Stativ auf, klicke die Kamera darauf, stelle die Belichtungszeit auf 10 Sekunden ein und schieße ein paar Fotos. Abermillionen von glitzernden Sternenpunkten überziehen das Firmament. Ein grüner Aurorafilm legt sich wie ein Filter davor. Die Spitze des Leuchtturms feuert in regelmäßigen Abständen einen gleißenden Lichtstrahl, der die Schwärze der Nacht bricht, über das nordeuropäische Nordmeer. „Das müsste Tanja sehen“, flüstere ich. Ajaci bestätig das mit einem leisen Winseln. Wir laufen weiter, um für die Jagd nach Nordlichtern eine neue Position zu finden. „Shit!“, fluche ich, als ich in der Dunkelheit über eine Eisenstange stolpere und dabei fast die Kamera fallen lasse. Erst im Lichtstrahl meiner nach unten gerichteten Stirnlampe sehe ich eine alte verrostete Bahntrasse, die hier vor langer Zeit mal gebaut wurde, um eine Mole zu errichten. Ajaci und ich wandern weiter durch die fortschreitende Nacht. Mittlerweile ist es 2:00 Uhr am Morgen. Wieder an den charmanten Häusern angelangt, zieht sich ein fetter Aurorastreifen über ihre Dächer hinweg. „Welch ein Glück wir haben“, sage ich. „Wooouuuuiii!“, heult Ajaci. „Lass uns mal zum Fischerhafen gehen“, spreche ich meine Gedanken laut aus. Ajaci und ich schieben einen mobilen Absperrzaun auf die Seite. Vorsichtig betreten wir eine Mole. Es stinkt nach Fisch. Ein paar Fischerboote haben hier festgemacht und schwanken ächzend in den leichten Wogen. Ein großer Vogel sieht mich mit schreckgeweiteten Augen an, gibt ein paar seltsame Laute von sich und hüpft ein paar Meter weiter. Wahrscheinlich haben wir ihn gerade aus dem Tiefschlaf geweckt. „Eine Möwe“, flüstere ich Ajaci zu. „Wooouuuuiii!“ „Psst. Nicht so laut“, ermahne ich ihn. Wir laufen an großen Kübeln vorbei, in denen noch immer Eis liegt, um den gestrigen Fang zu kühlen. Plitsch, plitsch, plitsch fallen die Tropfen leise in eine Pfütze. Aus der Halle, an der wir vorbeilaufen, ist ein dumpfes Knacken zu hören, das mich und Ajaci erschrecken lässt. Eine leichte Windböe fängt sich raschelnd in einer der herumliegenden Plastikbahnen. Es ist schlichtweg unheimlich, hier in finsterer Nacht um 3:00 Uhr herumzulaufen, um die sich ständig verändernden Nordlichter zu einzufangen. „Wir sollten zurückgehen“, schlage ich Ajaci vor, der an den Fischabfällen herumschnuppert. „Wooouuuuiii!“ „Lass das. Du bekommst bald ein leckeres Frühstück“, ermahne ich ihn, als er im Begriff ist, in irgendetwas Undefinierbares zu beißen. Um 3:15 Uhr am Morgen sind wir nach einer interessanten und unvergesslichen Nacht wieder in der Terra. Schnell ziehe ich meine Kleidung aus, schlüpfe in mein Schlafshirt und Hose und versuche, noch ein paar Stunden Energie zu tanken, bevor es in wenigen Stunden hoffentlich auf hohe See geht, um Pottwale zu bestaunen…

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