Es bedarf keiner großen Geschenke um glücklich zu sein
N 33°52’33.8’’ E 109°55’27.7’’Datum:
25.01.2016
Tag: 211
Land:
China
Provinz:
Shaanxi
Ort:
Shangluo
Breitengrad N:
33°52’33.8’’
Längengrad E:
109°55’27.7’’
Gesamtkilometer:
11.835 km
Maximale Höhe:
542 m
Gesamthöhenmeter:
15.830 m
Sonnenaufgang:
07:42 Uhr
Sonnenuntergang:
18:02 Uhr
Temperatur Tag max:
minus 2°C
Temperatur Tag min:
minus 15°C
(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)
Wir haben uns intensiv überlegt wie wir an die gebrochene Deichselaufhängung kommen. Zum Glück hat sich Riese und Müller der Sache angenommen. „Das ist mein größtes Geburtstagsgeschenk“, maile ich unseren Dank in die Heimat
Nachdem wir wissen, dass die Deichselaufhängung zu uns unterwegs ist, ziehen wir aus unserem eisigen Nordzimmer auf die Ostseite, um so wenigsten die Morgensonne in den Raum lassen zu können. Schon kurze Zeit nach dem Umzug hat sich der Aufwand gelohnt, denn in dem neuen Raum ist es nicht nur angenehm hell, sondern funktioniert auch noch die Klimaanlage. „Sehr gut“, freue ich mich, da wir hier höchstwahrscheinlich eine Woche auf das Ersatzteil warten müssen. „Siehst du, nun hast du schon zwei Geburtstagsgeschenke bekommen“, lacht Tanja. „Komm ich lade dich zum Frühstücken in ein Cafe ein.“ „Gibt es denn hier ein richtiges Cafe?“, wundere ich mich, weil so etwas in vielen chinesischen Städten selten ist. „Lass dich überraschen.“ „Okay“, antworte ich, worauf wir unser Zimmerchen verlassen. Draußen empfängt uns blauer Himmel, beißende Kälte und ein wunderschöner Sonneschein. Auf der Straße herrscht, wie bei unserer Ankunft, reges Treiben. Nur dass das Graue, das Triste, die Trostlosigkeit und Hoffnungslosigkeit, die ich bei unserer Ankunft empfand, dem pulsierendem Leben gewichen ist. In den Läden, Verkaufsständen und auf den Gehwegen wird konsumiert und gehandelt. Wir sehen eine Katze die neben einem Pappkarton wohnt. An ihrem Halsband hängt eine Leine, die an einem Haken in der Hauswand befestigt ist. „Armes Tier“, geht es mir durch den Kopf, weil die Katze, auf dem glatten Bodenfliesen des Hausganges mit allen vier Pfoten läuft, ohne voranzukommen. Wie ein Hamster in seinem Rad. Wenn ihr Halter sie frei herumlaufen lassen würde wäre sie wahrscheinlich längst Opfer des Verkehrs geworden. „Ihre Besitzer meinen es gut mit ihr. Schau ihr Fressnapf ist voll“, sagt Tanja. Wir passieren den moslemischen Brotbäcker, der sein Fladenbrot, in einem auf wackligen Rädern stehenden Ofen, bäckt. Er winkt uns freundlich grüßend zu. Als wüsste er das heute mein Geburtstag ist. Alle 50 Meter blicken wir durch die verschmierten Scheiben eines gut besuchten, einfachen Friseursalons, die es in jeder Stadt, genauso wie Restaurants, in endloser Zahl gibt. Neben einem kleinen Obstladen flickt ein Mann Autoreifen. Daneben werden Schuhe zum Verkauf angeboten. Angrenzend ist eine Bank vor der ein Geldautomat steht. Ein gut gekleideter Geschäftsmann steckt gerade seine Bankkarte in den Schlitz. Ein in Lumpen gekleideter Chinese schiebt unter massiver Kraftanstrengung sein schwer beladenes Lastenfahrrad an uns vorbei. Meter hoch stapelt sich auf der Ladefläche alte Pappe. Die Taxis hupen, um auf sich aufmerksam zu machen. Plötzlich rattert ein Maschinengewehr, so könnte man meinen. Es sind Feuerwerkskörper die wie in fast jeder Stadt zu allen Tages- und Nachtzeiten gezündet werden. Die Mixtour aus Geräuschen und exotischen Gerüchen ist umwerfend und trotzdem fällt sie mir kaum noch auf. Offensichtlich haben wir uns daran gewöhnt. Wir sind in China, in Asien, und obwohl es Winter ist, obwohl es kalt ist, fühlen wir uns hier wohl.
Nur 500 Meter von unserer Bleibe entfernt betreten wir eine moderne, geschmackvoll eingerichtete Konditorei. Die jungen, in netten Uniformen gekleideten Verkäuferinnen, begrüßen uns freudig und tuscheln aufgeregt mit einander. Mit großem Appetit schweifen meine Augen über die vielen liebevoll kreierten Torten. „Ob das echte Sahne ist?“, wundere ich mich. „Such dir aus worauf du Appetit hast“, sagt Tanja.“ „Hm, vielleicht so einen Becher mit Sahnejoghurt und Pfirsichen? Oder ein Stück Schokoladentorte? Die Erdbeertorte sieht auch verführerisch aus. Und die Croissants… Oh man, ich weiß nicht für was ich mich entscheiden soll?“ „Nimm alles.“ „Alles?“ „Ja warum nicht. Was du nicht schaffst können wir mitnehmen und heute Nachmittag essen“, schlägt Tanja vor. Gesagt, getan. Wir bestellen insgesamt drei Stückchen Torte, vier Croissants, einen Becher Sahnejoghurt, einen großen Becher Joghurt mit Kuchenteig und Pfirsichen, einen großen Becher Kakao, ebenfalls mit Pfirsichstückchen drin, und zwei Capuccinos. Im ersten Stock der Konditorei überrascht uns ein sonnendurchflutetes Cafe. Wir setzen uns ans Fenster und warten auf unser Bestelltes. „Ich wünsche ihnen einen guten Tag“, werden wir von einem jungen Chinesen, der mit zwei Freunden am Nebentisch sitzt, in gutem Deutsch begrüßt. Als wir seinen Gruß in unserer Sprache erwidern, kann er kaum glauben tatsächlich verstanden worden zu sein. Er krümmt sich regelrecht vor Freude und zuckt nahezu am ganzen Körper. Seine Freunde lachen aufgeregt. Es stellt sich heraus, dass die Drei Deutsch studieren und zwar an der Universität in Lhasa. „Unglaublich“. Während wir auf unser bestelltes Frühstück warten, nutzt der junge Student seine erworbenen Deutschkenntnisse. „Zum ersten Mal in meinem Leben sehe ich Deutsche in unserer kleinen Stadt und kann ihre Sprache hören. Ich kann mein Glück einfach nicht fassen. Wissen sie, mein Traum ist einmal nach Berlin zu reisen“, sagt er und krümmt sich erneut vor Freude die uns tief berührt. Dann verabschieden sich die Drei von uns. „Wenn sie Hilfe benötigen rufen sie mich an“, sagt er und reicht uns seine Telefonnummer. Dann kommt eines der jungen Mädchen in Uniform und stellt ein Tablett mit all den Kuchen und dampfenden Getränken auf den Tisch. Mit übergroßem Appetit beginnen wir zu schlemmen bis sich unsere Bäuche wölben. Dabei sprechen wir über unsere Reise und unser tolles, spannendes Leben. Ob es an meinem Geburtstag liegt? Ob so ein besonderer Tag eine andere, vielleicht feinstofflichere Energie in sich trägt? Ganz unerwartet laufen mir die Tränen über die Wangen. Es sind keine Tränen der Trauer, sondern definitiv der Freude. „Es ist ein wunderschöner Geburtstag“, sage ich zu meiner Tanja, mit der ich jetzt schon seit 25 Jahren um die Welt reise, und sie mindestens noch genauso liebe wie am ersten Tag. „Das beglückt mich“, antwortet sie mich anlachend.
Als wir nach über zwei Stunden den schönen Ort verlassen wollen, bitten die Verkäuferinnen um ein paar Fotos. „Gerne“, sagen wir. Ihre Begeisterung ist groß. Aufgeregt durcheinander schnatternd stellen sie sich neben einander und lächeln in das Smartphone. „Schön wenn man Menschen mit so wenig Einsatz so viel Freude bereiten kann“, sage ich.
Auf dem Weg zurück zum Hotel schieße ich ein paar Fotos. Wir sind ausgelassen und lachen dabei. Anscheinend ist unsere Heiterkeit ansteckend. Eine Zopfbäckering, die ich gerade fotografierte, schenkt jeden von uns eines ihrer Gebäcke. Ob sie weiß, dass ich Geburtstag habe? Am Abend gehen wir wieder ins Restaurant gegenüber. Die Bedienungen begrüßen uns überschwänglich und bieten uns sofort den Platz unterm dem warmen Luftstrom der Klimaanlage an. Als das Essen kommt hat der Koch mit der Soße ein liebevolles Muster auf den Tellern gezaubert. „Du hast ihm doch nichts von meinem Geburtstag erzählt?“, frage ich verwundert. „Dafür reicht mein Chinesisch sicherlich nicht aus“, antwortet Tanja. „Unglaublich, es ist wirklich ein besonderer Tag. Es bedarf keiner großen Geschenke um jemanden glücklich zu machen…
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