Traumcamp am Selenge River
N 49°22'220'' E 101°07'482''Tag: 390-394
Sonnenaufgang:
06:10/06:15
Sonnenuntergang:
20:28/2021
Gesamtkilometer:
2187
Bodenbeschaffenheit:
Gras
Temperatur – Tag (Maximum):
18°C/30 °C
Temperatur – Tag (Minimum):
10 °C/14 °C
Temperatur – Nacht:
minus 2 °C/12 °C
Breitengrad:
49°22’220“
Längengrad:
101°07’482“
Maximale Höhe:
1099 m über dem Meer
Das Knattern der Zeltbahn lässt mich hochschrecken. Heftiger Regen peitscht. Sofort sehe ich ins Vorzelt. Tanja liegt auf einer Folie. Wasser hat sich bereits darauf zu einer rasch größer werdenden Pfütze vereint. Ihr Schlafsack, von dem zwei Drittel im Vorzelt und ein Drittel unter dem Vordach liegen, ist am Ende pitschnass. „Tanja! Mensch Tanja!“ Ja?“, schreckt sie hoch. „Du wirst ja klatsch nass! Schnell wir müssen das Vordach einklappen und das Zelt schließen!“, rufe ich worauf wir beide in Aktion treten. „Hier nimm den Lappen und wische deinen Schlafsack trocken“, sage ich und reiche ihr das Tuch. „Hast du den Regen nicht gespürt?“, frage ich nachdem das Chaos im Vorzelt unter Kontrolle gebracht ist. „Nein, bin nicht auf Regen konditioniert sondern auf Mogis Gebell, Wiehern, Quietschen und Schreien.“ „Na wer so ein Wetter überhört muss einen verdammt guten Schlaf haben. Gut das dein Schlafsack nicht komplett nass ist“, antworte ich. „Hoffentlich tritt der Selenge nicht über die Ufer und spült uns fort“, meint Tanja. „Da müsste er noch einen weiteren Meter steigen. Glaube nicht das dies geschehen wird. Aber wir sollten trotzdem seinen Pegel im Auge behalten“, antworte ich mich wieder hinlegend und dem lautem Rauschen des Flusses und dem auf die Zeltbahn trommelnden Regen lauschend.
Seit fünf Tagen befinden wir uns nun schon auf diesem wunderbaren Fleckchen Erde welches wir als unsere versteckte Lichtung bezeichnen. Auf der östlichen Seite strömt der noch immer reißende Selenge vorbei. Im Westen und Norden wird unser Lagerplatz von einer steil abfallenden Felsformation eingegrenzt und im Süden wächst ein Wall aus Büschen und Bäumen. In der Mitte befindet sich das wunderbarste Gras an dem sich unsere immer fetter werdenden Reittiere laben bis sie sich stöhnend niederlassen und ihre Bauch in die Sonne strecken. Nur wer den Platz kennt, oder wie wir damals durch Zufall darauf stößt, weiß welch ein Kleinod an Natur sich hier versteckt. Da es auf der gesamten restlichen Strecke keinen vergleichbaren Campplatz mehr gibt genießen wir die friedliche Zeit hier in vollen Zügen.
In den ersten Tagen ist das Wetter sehr wechselhaft und regnerisch. Seit zwei Tagen hat die Sonne wieder das Zepter in der Hand und lässt die Quecksilbersäule auf 32 °C im Schatten ansteigen. Nachts sinkt das Thermometer bereits auf minus 2 °C und das obwohl wir uns hier nur noch auf einer Höhe von 1.100 Meter befinden. Da man pro 100 Meter Höhenunterschied ein Grad Temperaturunterschied zu Grunde legen kann dürften die nächtlichen Temperaturen in der Taiga mittlerweile auf knapp minus 10 °C gesunken sein. Mitte August ist das schwer zu akzeptieren jedoch ist der Sommer in diesem Land im August schon vorbei.
Fast täglich besuchen uns die zwei Hirten Batuluk und Basangjau, die einzigen Bewohner des Blockhauses welches Tanja am Ankunftstag gesehen hatte. Die Jurten stehen leer. Vater und Sohn erklären uns hier nur für ein paar Tage zu sein, um Heu für den Winter mit ihren Sensen zu mähen. „Wir können uns an euch erinnern. Bilgee ist ein entfernter Verwandter von uns“, sagt Batuluk. „Wie klein die Welt ist“, wundere ich mich. „Das ist für euch. Den Fisch haben wir heute Morgen erst gefangen“, sagt Basangjau, nimmt eine Plastiktüte aus seinem Deel und reicht sie Tanja. „Oh lecker das sind ja Khushuur“, (Teigtaschen. In diesem Fall mit Fisch gefüllt) schwärmt sie. Zur Freude unserer Besucher essen wir die frisch zubereiteten, noch warmen Khushuuur vor ihren Augen. Es sind wieder nette Menschen die uns nach ihrem kurzen Besuch allein lassen um ihrer Arbeit nachzugehen.
Auch wenn wir und die Pferde es auf unserer Traumlichtung gut und gern noch ein oder zwei Wochen aushalten könnten wollen wir morgen weiter. Den noch immer 30 °C warmen Nachmittag nutzen wir um schon mal einen Teil der Ausrüstung zu verpacken. Wegen der verbrauchten Nahrung hat sich das Gewichtsverhältnis der Taschen verschoben und müssen somit zum größten Teil neu organisiert werden. Die Sättel passen nun alle. Auch das Ausschneiden der Filzunterlagen von Bors Sattel war erfolgreich. Mogis Bisswunde scheint verheilt zu sein. Zumindest humpelt er nicht mehr. Somit geht es zurzeit jedem Expeditionsmitglied richtig gut.
Wir freuen uns über Kommentare!