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E-Bike-Expedition Teil 4 Vietnam - Online Tagebuch 2016-2017

141 km – Dauerregen – Platter Reifen – Skurril

N 17°01’12.3’’ E 107°06’35.0’’
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    Datum:
    29.12.2016

    Tag: 548

    Land:
    Vietnam

    Provinz:
    Quảng Trị

    Ort:
    Vinh Moc Tunnels

    Breitengrad N:
    17°01’12.3’’

    Längengrad E:
    107°06’35.0’’

    Tageskilometer:
    141 km

    Gesamtkilometer:
    21.333 km

    Luftlinie:
    102 km

    Durchschnitts Geschwindigkeit:
    14.0 Km/h

    Maximale Geschwindigkeit:
    44.1 km

    Fahrzeit:
    5:50 Std.

    Bodenbeschaffenheit:
    Asphalt

    Maximale Höhe:
    90 m

    Gesamthöhenmeter:
    58.970 m

    Höhenmeter für den Tag:
    538 m

    Sonnenaufgang:
    06:19 Uhr

    Sonnenuntergang:
    17:26 Uhr

    Temperatur Tag max:
    18°C

    Aufbruch:
    9:00 Uhr

    Ankunftszeit:
    17:00 Uhr

(Fotos zum Tagebucheintrag finden Sie am Ende des Textes.)

LINK ZUR REISEROUTE

Der Abschied vom Lake House war nach dem einmonatigen Aufenthalt wieder nicht leicht. Tham und Tony, die Inhaber des Hotels, hatten uns gestern zu einem üppigen Abschiedessen eingeladen. „Bleibt doch noch bis zu unserer Neujahrsparty“, wollten sie uns überreden. Auch wenn die Versuchung groß war noch weitere drei Tage an diesem schönen Ort zu verweilen, haben wir unseren inneren Schweinehund überwunden und sind trotz des Sauwetters heute Morgen aufgebrochen. Unser heutiges Ziel das am Chinesischem Meer liegende Dörfchen Vin Moc. Dort hat während des Vietnamkrieges die gesamte Dorfbevölkerung ein tiefes Tunnelsystem gegraben, um sich vor dem andauernden Bombehagel der Amerikaner zu verstecken. „Das müsst ihr unbedingt sehen“, hatte uns ein Reisender geraten, weswegen wir nun den Umweg radeln.

Wegen dem Dauerregen halten wir nicht an und fahren Stunde um Stunde weiter. Nach 80 Kilometer beginnt sich mein rechtes Knie zu beschweren. „Ich möchte einen heißen Maiskolben essen!“, ruft Tanja. Ich ziehe die Bremsen und halten neben einem zerfledderten Sonnenschirm an, unterm dem zwei Frauen ihren winzigen Verkaufsstand vor der Nässe schützen. „Xin chào!“, (Hallo) begrüßen sie uns scheu kichernd. Mit steifen Gliedern und vor Anstrengung aufgeblasene Oberschenkel steige ich vom Bock und erstehe für 10.000 Dong (0,42 €) zwei große, heiße Maiskolben. „Man habe ich einen Hunger“, sagt Tanja gierig in das Gemüse beißend. „Und ich erst“, antworte ich meinen beginnenden Heißhunger bemerkend. „Wie weit ist es noch?“, möchte Tanja wissen. „Mindestens noch 40 Kilometer.“ „Ein langer Tag.“ „Ja, vor allem ein Anstrengender. Bin nach der langen Pause nicht mehr gewohnt so viele Stunden im Sattel zu sitzen. Hoffe ich überreize mein Knie nicht“, sage ich, da der Schmerz immer unangenehmer wird.

Nach 110 Kilometer erreichen wir den Highway One, der für den starken Verkehr berüchtigt ist und von ausländischen Moped- und Radfahrern soweit möglich gemieden wird. Laut schmatzend rollen die großen, schwarzen Lastwagenreifen an uns vorbei. Wasser spritzt über uns wenn sie durch tiefe Pfützen donnern. Tuuuhhhht! Tuuuhhhht! Tuuuhhhht!, ertönen die lauten Hupen, die uns das Fürchten leeren, unsere Trommelfelle schwer überstrapazieren und an den Nerven sägen als wären sie 10 Meter dick. Schon nach wenigen Kilometern vermissen wir unseren friedlichen Ho Chi Minh Highway, den wir für ein paar hundert Kilometer verlassen, um das Chinesische Meer zu erreichen.

An einer großen Kreuzung halte ich an und prüfe das GPS und das MAPS.ME Kartenprogramm auf dem Smartphone. „Wohin?“, fragt Tanja. Wenn es nach der Himmelsrichtung geht müssen wir geradeaus, aber das Kartenprogramm möchte, dass wir dem Highway weiter folgen. Wahrscheinlich kommt in ein paar Kilometer eine Abzweigung die uns zum Meer führt“, antworte ich zuversichtlich und lenke meinen Roadtrain nach Süden. Gegenwind bläst uns den Regen ins Gesicht. Nicht zum ersten Mal auf diesem Trip sind wir trotz unserer Regenkleidung bis auf die Haut durchnässt. Ständig sehe ich auf das GPS und ärgere mich weil wir uns nun immer weiter von unserem heutigen Zielort entfernen. Da muss doch endlich die Abzweigung kommen oder hätten wir vor fünf Kilometer doch geradeaus weiterfahren sollen? „Stopp!“, rufe ich nach der nächsten langgezogenen Biegung. „Was denn?“ „Ich glaube wir sollten umkehren. Vor uns ist weit und breit keine Abzweigung zu sehen“, antworte ich auf den sich kerzengerade hinziehenden Highway. Weil ich Umwege nicht ausstehen kann quere ich missmutig die Fahrbahn. Der Wind scheint auch Lust darauf zu haben die Richtung zu wechseln und bläst uns erneut die Nässe ins Gesicht. Zu den unerträglich gewordenen Knieschmerzen beschwert sich jetzt auch noch die Achillessehne. Ich werde mir doch durch die Überlastung keine Entzündung eingefangen haben?, blitzt ein ängstlicher Gedanke durchs Gehirn. Wuuuummm!, zerreißt eine Explosion die Luft. „Oh nein!“, brülle ich in den Wind, halte an, stelle mein Bike auf den Ständer und eile zu Tanja. „Nach dem Schlag hat das Rad sofort zu schlingern begonnen. Ich konnte aber ohne zu fallen anhalten.“ „Dein Hinterreifen hat es zerrissen“, antworte ich. „Verdammter Mist! Jetzt muss ich bei diesem Scheißwetter auch noch den Mantel erneuern“, fluche ich ungehalten, beruhige mich aber schnell wieder. Nach dem Entladen des Rades baue ich den Hinterreifen aus und betrachte mir den zerfetzten Schlauch. „Der ist nicht mehr zu gebrauchen. Zum Glück scheint der Mantel allerdings okay zu sein.“ „Aber wie kann es denn den Schlauch derart zerreißen?“, wundert sich Tanja. „Erinnerst du dich noch? In der Mongolei ist das auch schon mal passiert. Ich glaube, ich hatte damals die Reifen zu stark aufgepumpt.“ „Und, meinst du das ist diesmal wieder der Grund?“ „Hm, könnte sein. Ich habe zwar beim Benutzen des Kompressors ständig den Reifendruck geprüft, aber vielleicht stimmte die Anzeige der Pumpe nicht oder 3,5 Bar sind einfach zuviel.“ „Wie viel Bar sind denn zulässig?“ „Vier Bar, aber wenn das Rad schwer beladen ist, ist die Belastung für den Schlauch eventuell zu hoch. Ich weiß es nicht. Werde in Zukunft nur noch drei Bar rein blasen“, sage ich den Hinterreifen wieder einbauend.

Knapp zwei Stunden später erreichen wir die Kreuzung an der uns das Kartenprogramm in die falsche Richtung geschickt hatte. Wir biegen ab und befinden uns in Richtung Vin Moc. „Hast du auch das Meer gesehen?“, ruft Tanja begeistert. Zu unsrer Rechten brechen vom Wind gepeitschte, meterhohe Wellen auf den menschenleeren Strand. Auch wenn meine Laune wegen den Schmerzen nicht bestens ist, spüre ich wie ein euphorisches Gefühl meinen Körper durchdringt. Nach der Wüste Gobi, abertausenden Gebirgskilometern durch China und Vietnam, radeln wir jetzt am aufgewühltem Chinesischen Meer entlang. Durch die Dauernässe hat sich auf der Küstenstraße Moos gebildet und ist teils spiegelglatt. Bedacht setzen wir unsere heutige Mammuttour fort und erreichen nach 141 Tageskilometer und einem zerrissenen Schlauch das kleine Hotel in dem wir gestern telefonisch ein Zimmer reservierten.

„Ich habe schon auf sie gewartet“, begrüßt uns der Inhaber in relativ gutem Deutsch. „Wo haben sie unsere Sprache gelernt?“, frage ich verblüfft. „Ich lebte für zehn Jahre in Berlin.“ „Gibt es bei Ihnen einen Wasserschlauch mit dem wir unsere Ausrüstung und Räder reinigen können?“, frage ich, weil alles über und über mit Schlamm und Dreck verschmutzt ist. „Dort unten“, deutet er auf einen Wasserhahn gleich neben dem Hühnergehege. Vor Schmerzen humpelnd bringe ich die Räder zum angewiesenen Platz und beginne mit der Arbeit, während Tanja und unser freundlicher Gastgeber die Taschen ins Haus tragen, in dem wir die einzigen Gäste sind. Eine Stunde benötige ich, um die Ausrüstung und Räder vom gröbsten Dreck zu reinigen. Dann rolle ich die edlen Bikes in den Keller des Hotels, sperre sie wie immer ab und decke eine Plane darüber.

Im winzig kleinen Zimmer können wir uns wegen den vielen Taschen kaum rühren. Ajachi muss sich jedes Mal erheben wenn wir ins Bad müssen oder zu Tür gehen. Wegen der fehlenden Heizung ist es kalt und wegen der nassen Kleidung und Taschen feucht und klamm. Es könnte kaum ungemütlicher sein. „Lass uns etwas essen gehen“, schlägt Tanja vor. Müde erhebe ich mich aus dem niedrigen, unbequemen Holzstuhl. Hinkend folge ich ihr durch den dunklen Hotelgang. Alle Lichter sind ausgefallen oder funktionieren einfach nicht. Wir schlurfen durch das finstere Dorfm, weil es keine Straßenbeleuchtung gibt. Sehnsüchtig denke ich an unsere letzte Unterkunft, in der es gemütlich war und jeden Tag leckeres Essen gab. In einem einfachen, zu allen Seiten offenen, ebenfalls äußerst ungemütlichen Raum, stehen ein paar Plastikstühle und Tische. Zwei Mädchen, etwa acht und zwölf Jahre alt, brutzeln gerade ihr Abendessen in einer Pfanne. „Đó là những gì để ăn?“, (Gibt es was zu essen?) fragt Tanja. Die Mädchen nicken und zeigen uns eine Fertigsuppe aus der Packung. Wir verabschieden uns und suchen ein anderes, ebenso hässliches Restaurant am stürmischen Meer auf. Auch hier sind wir die einzigen Gäste. Mit unseren schlechten Vietnamesischkenntnissen, Zeichensprache und Sprachführer schaffen wir es Reis, Eiern, Tofu mit Tomaten aber ohne Geschmacksverstärker zu bestellen. Damit unser Abendessen nicht ganz so traurig schmeckt wie es aussieht, spülen wir es mit ein paar Büchsen Bier hinunter. „Also, ich finde es hier skurril“, sagt Tanja. „Hm, und wie soll ich das verstehen?“ „Mir gefällt es.“ „Manchmal bist du echt seltsam.“ „Stell dir vor ich würde mich bei dir beschweren und dich anklagen wo du mich heute wieder hingeführt hast? Das würde dir sicherlich nicht gefallen.“ „Da hast du recht. Wenn ich mir das so überlege finde ich es hier auch gar nicht so schlecht“, antworte ich lachend und öffne eine weitere Büchse warmes Bier. „Meinst du dein Knie ist morgen wieder okay?“ „Du willst wissen ob wir weiterfahren können?“ „Ja.“ „Sieht glaube ich nicht gut aus. Denke mein Knie braucht ein paar Tage Rast.“ „Das heißt, mein Traum wird wahr und wir werden Silvester am Meer verbringen?“ „Glaube schon.“ „Wie gesagt, mir gefällt es hier. Bin mir sicher, dass wir diesen Jahreswechsel nicht mehr vergessen“…

Wer mehr über unsere Abenteuer erfahren möchte, findet unsere Bücher unter diesem Link.

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