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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Vermeintliches Ungetüm

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    Temperatur - Tag (Maximum):
    ca. 30 Grad

Anna Plains Station — 13.05.2001 – 15.05.2001

Tanja hat es geschafft alle Essensäcke zu packen die jetzt fein säuberlich auf gereiht in einem der Räume stehen den Tanja als ihren Arbeitsraum bezeichnet. Ich arbeite an der neuen Route und versuche herauszufinden wo sich auf dieser Strecke die überlebensnotwendigen Wasserlöcher befinden.

An manchen Tagen trainieren wir jetzt nur noch einmal mit den Kamelen und nicht wie vorher am Vormittag und am Nachmittag. Edgar hat manchmal immer noch Durchfall und zittert am ganzen Leib vor Aufregung. Eine der täglichen Traininglektionen ist sie am Nasenrücken anzufassen und zu streicheln. Edgar führt sich dabei wie ein Monster auf und versucht mich immer noch zu beißen, jedoch sind die Fortschritte sichtbar und er wird ruhiger. Bald werden wir sie an die Nasenleinen gewöhnen und in der Lage sein sie an dem Nasenpflock zu befestigen ohne dabei die Hand abgebissen zu bekommen. Die Nasenleine ist wichtig für das Gehen in der Karawane. Wenn einer unserer Jungs faul wird lässt er sich von seinem Fordermann ziehen. Das darf nicht geschehen weil sonst das Kamel vor ihm ermüdet und seine Kraftreserven verliert. In diesem Fall wirkt die Nasenleine. Kurz bevor sich das Nackenseil strafft wird der Faulpelz dann an der Nasenleine gezogen. Um dem unangenehmen Zug zu vermeiden muss er schneller laufen. Diese Methode hat auf den letzten 2238 Kilometern gut funktioniert und wird und wurde von den Karawanen dieser Welt benutzt.

Langsam beginnen wir auch die beiden an einen Sattel zu gewöhnen. Nur der Anblick eines Sattels ist für Edgar und Jasper so furchteinflößend, dass sie sich wieder einmal wie verrückt gebärden. „Riech erst mal daran. Das ist nur ein Sattel,“ sage ich zu Edgar und lege das Gestell vor ihm ab. Tanja und ich setzen uns in der Zwischenzeit auf den Rasen und beobachten ihn. Vorsichtig schnuppert er an dem vermeintlichen Ungetüm bis er seine erste Angst verliert. Dann heben wir den Sattel vorsichtig und langsam vom Boden hoch und berühren sein Fell damit. Edgar möchte wieder aufspringen, doch die Beinseile halten ihn in der Huschstellung. „Ich glaube wir können es jetzt wagen,“ sage ich und setze ihm ganz behutsam den Sattel auf den Rücken. Edgar lässt mich gewähren. Wir führen den Nackenriemen des Sattels um seinen Hals und schließen die Schnalle. Dann nehmen wir die Schnur, die man hier auch Crupper nennt, am Ende des Sattels und wollen sie unter seinen Schwanz legen. Die Crupper ist dafür verantwortlich, dass der Sattel beim Aufstehen des Kameles, diesem nicht in den Nacken fällt. Als ich Edgars Schwanz behutsam berühre, erschrickt er derart, dass er sich ohne Vorwarnung auf die Seite wirft und mit beiden Hinterbeinen gleichzeitig einen riesigen, schnellen und gefährlichen Superschwinger dicht über den Boden zieht. In letzter Sekunde springe ich auf die Seite und verspüre nur noch den Luftzug dieses schrecklichen Sensenschlages. „Er hat wirklich alle Tricks auf Lager die ein Kamel nur haben kann,“ sage ich mit zitternden Stimme. Ich hätte nie für möglich gehalten das Edgar mit zusammengebundenen Forderfüßen in der Lage ist sich so schnell auf die Seite zu werfen und seine Hinterfüße als Waffe einzusetzen. Trotzdem muss ich wieder versuchen seinen Schwanz hochzuheben, denn das wird in Zukunft einer der täglichen Routinehandgriffe des Ladens sein. Wir können uns nicht leisten mitten im Busch einen Knochenbruch zu riskieren nur weil wir hier und jetzt nicht sauber arbeiten. Als ich seinen Schwanz berühre zuckt er wieder zusammen und möchte seine Schwingeraktion wiederholen. „No! No! No! Edgar!“ ,brülle ich aus tiefstem Inneren. Edgar erschrickt durch meine ärgerliche Stimme und bleibt sitzen. Tanja und ich sind uns einig den sichereren Weg zu gehen und binden mit einem 16 Millimeter starken Seil auch seine Hinterbeine zusammen. Jetzt kann er sich eventuell noch auf die Seite werfen, ist aber nicht mehr in der Lage seine Hinterbeine nach uns zu schwingen.

Vorsichtig streichle ich ihn über seinen Hinterteil. Meine Hand kommt seinem Schwanz immer näher. Vor Angst klemmt er ihn zwischen die Arschbacken. Dann bin ich in der Lage ihn zu greifen und hochzuheben. Beachtlich welch eine Muskelkraft darin steckt, denn es ist nicht leicht ihn zu bewegen. Plötzlich kommt er mir aus, wedelt mehrfach rauf und runter und spritz mir seine flüssigen Ausscheidungen über Gesicht und Oberkörper. Nach mehreren Versuchen schaffen wir es dann die Crupperschnur unter seinen Schwanz durchzuziehen. Jetzt schließen wir die beiden Bauchgurte und Edgar ist gesattelt. Wir lassen ihn für eine Weile in Ruhe damit er sich an das neue Gefühl gewöhnen kann. Es sieht so aus als nimmt er keine Notiz von dem Ding auf seinem Rücken. Wir lassen ihn aufstehen und neben dem Pfosten verweilen. Als auch das gut geht binde ich ihn los und er darf mit dem Sattel am Rücken den Nachmittag verbringen.

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