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Mongolei/Tuwa Camp MONGOLEI EXPEDITION - Die Online-Tagebücher Jahr 2011

Verhaltensregeln

N 51°33'336'' E 099°15'341''
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    Tag: 160-162

    Sonnenaufgang:
    09:28/09:28

    Sonnenuntergang:
    17:22/17:24

    Gesamtkilometer:
    1281

    Bodenbeschaffenheit:
    Eis, Schnee

    Temperatur – Tag (Maximum):
    minus 17°C

    Temperatur – Tag (Minimum):
    minus 25°C

    Temperatur – Nacht:
    minus 30°C

    Breitengrad:
    51°33’336“

    Längengrad:
    099°15’341“

    Maximale Höhe:
    1981 m über dem Meer

Am Tag nach Silvester ist es ruhig im Camp der Tuwa. Während ein paar Frauen und die Männer, die nicht zu tief in den Becher geblickt haben, wie jeden Morgen ihre Rentiere von den Bäumen binden und in den Wald zum Flechtenfressen treiben, schlafen einige der gestrigen Festgemeinschaft ihren Rausch aus. Auch wir lassen es wie jeden Morgen ruhig angehen. Da die Sonne erst ab ca. 11:00 Uhr hinter den Höhenzügen vorspitzt und bereits um 16:00 Uhr sich wieder hinter einem der schneebedeckten Berge versteckt, sind die Tage recht kurz und die Nächte sehr lang. Durch die Anpassung an das Tageslicht verbringen wir also eine Art Winterschlaf in der Taiga. Eine feine Sache die vom Industriezeitalter durch künstliches Licht schon vor langer Zeit abgeschafft wurde.

Die Tage im Tuwa-Camp verfliegen. Mittlerweile sind wir ein Teil des Lebens hier draußen geworden. Purvee, die Frau des Schamanen, hat gesagt; „Ihr seid für uns eine neue Familie. Wir freuen uns über eure Anwesenheit.“ Ein schönes Kompliment. Wir hoffen die gute Stimmung aufrechterhalten zu können. Natürlich versuchen wir keine groben Fehler zu machen. Das könnte unser Zusammenleben trüben. Also achten wir darauf kein Holz zu sammeln wo vorher schon mal ein Mensch Hand angelegt hat. Erkennbar daran ob es an irgendeiner Stelle geschnitten ist oder gestapelt wurde. Auch bereits mit Axthieben gekennzeichneten Bäume sind Tabu, da sie jemand für sich ausgewählt hat. Die Tuwa schneiden ihr Holz meist schon ein Jahr vorher. Der Grund dafür liegt darin im darauf folgenden Jahr trockenes Holz zu besitzen mit dem man gut heizen und kochen kann. Bei den extremen Wintern ist ein guter Holzvorrat überlebensnotwendig.

Aber wir achten nicht nur darauf unberührtes Holz zu nehmen sondern auch auf die eine oder andere Verhaltensregel. Stößt man jemanden zum Beispiel aus Versehen mit seinem Fuß gegen den des anderen, reicht man ihm die Hand. Wird uns etwas angeboten berühren wir erst die gereichte Schale mit der rechten Hand, erst dann darf man sich daraus bedienen. Auch darf man während des Essens nicht so sitzen, dass die Fußsohlen darauf deuten. Es gibt das Sprichwort; „Trinkst du deinen Tee nicht aus wird deine Arbeit nicht getan“, was heißt man muss den angebotenen Tee austrinken. Das Regelwerk ist sehr umfangreich. Jeden Tag lernen wir dazu und alsbald wir davon erfahren achten wir darauf und übernehmen diese in unseren Alltag.

Unter anderem ist es wichtig Gäste immer freundlich zu empfangen, egal wann und wie oft sie kommen und ihnen zumindest Tee und Brot anzubieten falls nichts anderes vorhanden. Wie schon erwähnt gibt es bei uns allerdings immer ein paar sehr begehrte Süßigkeiten dazu und zur großen Freude unsere Gäste Kaffee mit Milch und Zucker. Aber es soll nicht so klingen als würden wir einem strengen Regelwerk unterliegen. So ist es nicht. Wir sind frei und können tun was wir wollen.

Da die aufgezählten Regeln mongolischen Ursprungs sind frage ich Ultsan; „Habt ihr auch eigene Verhaltensregeln? Ich meine Regeln die ausschließlich dem Volk der Tuwa zuzurechnen sind?“ „Da kenne ich keine“, antwortet der junge Jäger. So wie es aussieht wurden die Tuwa im Lauf der Zeit sinisiert. Womit ich meine, dass sie seit ihrer Flucht 1944 von Russland die mongolische Kultur nahezu vollständig übernommen haben und ihre eigene in Vergessenheit geraten ist.

Am Abend lädt uns Tsaya zum Bärenfleischessen ein. „Esst nicht zuviel davon. Am Anfang bekommt man wegen dem Fettgehalt Durchfall“, warnt sie uns. Ich bin von dem Geschmack begeistert. Das Fleisch ist zart. Es schmeckt nicht nach Wild, vielleicht eher wie abgehangenes Rindfleisch und besitzt keinen bärentypischen Geschmack. Was auch immer ein bärentypischer Geschmack sein mag? „Möchtest du ein Stück davon?“, fragt Ultsan Tanja einen Streifen rohes Bärenfett abschneidend. „Gerne“, antwortet sie zu seiner Verblüffung. „Am besten du schluckst es, ansonsten wird es dir noch schlecht“, rät Tsaya, worauf Tanja das Fettstück tatsächlich in den Mund steckt und wie geraten hinunterschluckt. „Ist gut für den Magen“, sagt Ultsan sich ebenfalls ein Stück einverleibend.

Wir freuen uns über Kommentare!

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