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RED EARTH EXPEDITION - Etappe 2

Uns darf nicht der Himmel auf den Kopf fallen

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    Tag: 73 Etappe Zwei

    Sonnenaufgang:
    05:59

    Sonnenuntergang:
    17:35

    Luftlinie:
    25,1

    Tageskilometer:
    30

    Temperatur - Tag (Maximum):
    29 Grad

Tanjas-Sattel-Näh-Camp — 27.08.2001

Frierend verlassen wir am frühen Morgen unser Zelt. Das Thermometer zeigt nur 7 Grad. Ohne Zeit verstreichen zu lassen sehe ich nach Hardie ob er die Nacht überlebt hat. Noch ruhend liegt er auf den Boden und sieht mich mit seinen großen Augen munter an. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Die Pflanze war also doch nicht giftig. Auch die anderen Jungs sind wohl auf und beginnen an ihren Büschen zu fressen an die sie Tanja gestern gebunden hat.

Wir sind gerade damit beschäftigt die Kamele zu beladen als die Sonne sich mit ihrem weichen Morgenlicht über die Ebene hebt. Das sich im leichten Wind beugende Spinifexgras sieht aus wie Schnee. Fasziniert unterbrechen wir für wenig Augenblicke unsere Tätigkeit und genießen im frühen Licht die gleißende Ebene. „Es ist schön hier draußen,“ sagt Tanja versonnen. „Ja, wunderschön. Ich bin froh mit dir hier sein zu dürfen. Es ist anstrengend aber ohne Zweifel mehr wert als alles Geld der Welt.“

Wie in den letzten Tagen auch kommen wir gut voran. Nichts stört den Ablauf unseres Dahinschreitens. Tanja leidet ab Mittag unter Verspannungen im Nacken. Während des Laufens schwingt sie ihre Arme durch die Luft, hebt die Ellebogen an, um sie vor und zurück zu bewegen, zieht ihren Kopf nach links, um ihn zu strecken und dann nach rechts, um die andere Seite zu dehnen. Auch ich schließe mich der Marschgymnastik an denn Verspannungen gehören bei dem ewigen Laden und langen Märschen zu unseren gewohnten Beschwerden.

Abends im Camp näht Tanja Hardies Sattel. Die Seilverbindung zwischen ihm und Jafar hat den Jutestoff aufgescheuert. Ich bearbeite mit dem Hammer die Strohfüllung der Sättel. Hardie und Jafar haben sich an ihren Hüftknochen Druckstellen zugezogen. Wahrscheinlich habe ich die Sättel im Edgar Kampf Camp zu stark gestopft und nun muss ich die Füllung wieder weich klopfen. Leider sind bald täglich solche Reparatur und Ausbesserungsarbeiten zu tun, so dass uns kaum Zeit zum verschnaufen bleibt. „Ich warte auf den Moment an dem mal alles passt und perfekt sitzt,“ sage ich wie wild auf das Stroh einschlagend und gebe somit meiner Wut freien Lauf.

Später, als ich die Navigationsdaten aus dem Logbuch mit denen der Etappe Eins vergleiche, stelle ich zufrieden fest, dass wir trotz der vielen Zwischenfälle stetig aufholen. Mir ist klar, dass wir auch letztes Jahr unserer Zeit hinterher gelaufen sind und ständig Angst davor hatten vom australischen Sommer eingeholt zu werden, aber letztendlich haben wir unser Ziel erreicht. Auch wenn ich mich darüber freue denke ich noch mit Schrecken daran wie knapp es war dem ausgreifenden Arm des tödlichen Wirbelsturm Sam zu entwischen. Durch die Verspätung sind wir in die Zyklonenzeit gekommen und diesmal kann uns wieder die Hitze des gnadelosen Sommers erwischen und noch dazu die heftigen Regenfälle die er mit sich bringt. Wir sind also gezwungen aufzuholen, um unser Etappenziel überhaupt zu erreichen. Es ist ein Jammer gleich zu Beginn dieser über 2000 Kilometer langen Strecke so viel Hürden überwinden zu müssen, doch wie ich schon oft geschrieben habe, es ist wie es ist. Nachdenklich sitze ich über meinem Logbuch und rechne die verschiedensten Kilometerzahlen zusammen aber leider wird dadurch die Strecke nicht kürzer und die uns verbleibende Zeit nicht mehr. Letztendlich bin ich froh auf den Stand vom letzten Jahr zu kommen. Dafür muss aber weiterhin alles gut gehen und uns darf keiner der Boys an einer Giftpflanze eingehen. Ein Buschfeuer uns den Weg absperren. Uns eine Springfluten wegspülen oder der Himmel auf den Kopf fallen.

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